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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 2 (Februar 1930)
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Lachmann, Werner: Ist Zeichnen Ausdrucksmittel?
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0040

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elmnS üa, dieul irjiüud!ei»em desli»l»ilL» »der jissesj-
le» Ziveck, Fer»er i<»m> dieseS Zeichiie» „fiir sich" be-
lriede» werde», iiisosern, »ls eS fiir de» Werl eiiier
solche» darslelleiidesi Zeichiiuiig völliji helaiijiloS isl,
oh sie flir de» vorneüeheiie» Zwecli jpäter nuch wirli-
lich iiiihhar pemnchs ivsrd oder »icht, U»d schlieszlich
i t darstelleiideS Z^ichiie» ichloü: die BeriveiidiuigS-
möglichlieit, die Brcuichvarlreit ist flir jede üarstelleiide
Zeichiuuig üer ailsschlnggeheiide Gesichtüpunkl, ja
üherhaup! Werkniaszstab: u»d die e Brauchbarkeit
hnugk »ichl vo» pcrsölsticher Hand christ vder Auf-
sassuug ab, sondernl prniinr vo» fnchlicher snicht per-
sönlicher) LrslillungideS jeiveilü vorhesliiiimte» Zivek-
kes der Zeichiuuig': !die 'Ersehharkeit deS Schaffeiide»
isl ei» auszeichnendess Merkmal des darstellende»
ZeichneiiS. Zeder, der de» vorgegebeiieii, abgesonderk
vo» jeder zeichiierischeit Täligkeit existlereiideii, ver-
slaiideüniäszlg zu lersassende» Zweck einer solche»
Zeichiuuig hegrifse» hi^t, wird sie ziveckeulsprecheiid
auserkige» kö»»e».ZBup leider vorausgeseht, das; er
zeichne» kn»», möchte Ich, iveit vorausgreifeiid, scho»
hler eliischnllen. !!

Bechk uiid Pslicht deü ErzieherS ist es, gegenüher
üem darslelleiide» Zeichnen zu frnge», ivelche,» Zivecke
eü als Milkel diene» soll. Ls sleht zu hoffe», dasz hier-
sür der hiSlnng nhsicptlich belseike gelassene Äegriss
ües AuSdrucks Klarheit hriugt.

Wir, als Geiierntioni sind durch eine Zeit hindurch
gegange», die de» Begj'iss AuSdruck zum Schlagivort
entiverlele. Diese Cpoche sah »ur ei» e Koinponeiite
des Ausdrucksprohleiiich iiämlich die physiognoiuische.
Sie heachleke ledigljch, dasz der Aiensch s i ch ausdrückt
u»d vcr»nchlässigke!damiher, das; er doch dabei u»d
damit zugleich »otwendsg e l iva s ausdrlickt.

Ohne Zweisel heslehls ei» giileü Becht, init Dilthei)
u»d Aergson sür diei Werke des SichausdrückeuS Par-
lei zu iieyine». Aber jede einseitige Beivertuiig der
(Liiimnligkeit uud Liiizigarligkeik, der Ainvlederhol-
hnrkeit deS lebendige», zeitverhafletc» AuSdrucks-
geschehenS führt zu einer Bersätschuiig deü wirkliche»,

ivirkeiide» SeinS, iveil
dnim auch die zeillose
halle anpasse» inüsse»,

einer solche» Beivertung sich
i, heharreiide» AuSdrucksge-
wodurch sie »vtweiidig eine
entsprecheiiöe Uiicheuhmg erfahre». Aoinankische
Schwärmerei und Selbsthejpiegetuiig, üsthetisierende
Weichlichkeit und Verschivviiiiiieiiheit, verdächlig frei-
gebiger Gebrauch vp» Äegriffe» wie schöpferisch oder
gesühlsmäszig, sind i dis äuszere» Merkmale jener
selhstherrlich schaltendeji Subjektivität, die »ur das
Molle» uiid schaffende T"", "llci» de» seelische» Ab-
lnus, lediglich die sehiendige Aeweguiig deS
Geisles lni Sichausdrücke» hewertel.

Die kleiue Welt ttuse^er spezielle» Unterrichtspraris
blieh vo» dieser shizzihrle» Aufsassung »icht uiibe-
rührk. ,Aber wir niüsse» »ilt grosze» Bedenke» sragen:
Zst Zeichne» wirklich i»! diesem Siime AuSd r » ck S-
iiiislel? Solle» wir! deShalb Zeicheiiuuterricht ertei-
le», daiuik unsere Schijler init Mittel» vertraut ge-
»incht werde», mit deiie» sie s i ch ausdrücke» köuiie»?
Wir verübel» eS nieiiiaiidein, weii» er eiiimal „eigen-
lriehig" i» Farbe» schiyelge» oder i» kühiie» Schnör-
kel» zeichiierisch sich au^lebe» will. Aber dnrauf eiiie»
Uiilerrlchk ausbaueus zu swolle», der so etwaS »ur ganz
vorsichlig aiiregk, däiiiir die zarte Seele vo» eiiiem
jede» lieben iöch »ur jn snicht für „s r e i e" Gestaltung
iiiierwüiischt „beei»fliis;k" werde, das erjcheint uiis als
eine ebenso hegueiije wie gesährliche Pndagogik des

blosze» WachsenlajseiiS. Wer ernle» will, der iiius;
a u ch säe», sonsi gedeiht das Uiikrau! bcsser ais der
Weize».

Für üieses Zeichne», das üei» persönliche», eigen-
triehige» Schasfe» als solchem höchste Aeachtuiig u»d
Aewertung schenkt, dem üie Gesiiinuiig, dns Wvlle»
wichtiger ist als das gejchassene Werk, jiiibei sich
heute vielfach der Aegriss „Geslalteii" niigeweiidet.
Ma» betont »ichl ganz mil Unrechl, die Schüler fän-
den nuf dieje Weise de» Wcg z» sich selbcr: aber
diese Art üeü Geslalleiis dient einer swir greise»
voraus: höchst zweifelhasleiii G e sl a l i » » » der
Seele: »iemals handelt es sich hierbei »m ei» Ge-
stalte» im z e i ch » e r i s ch e » Siime, joiider» gerade
wle beim Äarstelle», so ist nuch hler das Zeichne»
lediglich ANtkel zwecks tvermeiiillicher) Seeleiibii-
dung.

Das Gegeiistück zu üieser Aussassuiig, die niiei» i»
der lebeiidige» AuSdrucks h e w e g u » g alles L»l-
scheidende siehk, bildet die Ueberzeugung, das; »ichl
der Ao rg a u g, souder» der 3 » h a l! des ^lus-
drucksgescheheiis die höchsle Aeüeutuiig hesihl. Diese
Meiiiuiig gründel aus der ErkeiiiitiiiS, das; über allem
zeitgehuiideiie» Gescliehe» doch zugleich a»ch ei»e zeit-
lose, beharrende chihnlllichkeit beskeht, die wir mit
Aegrisfe» wie Aedeulung, Zdee, Gesej; oder Siim he-
zeichne». Gewis; isl sür »achlrägliche Analyse die Tat-
jache, das; der Aiensch e!» zeiilvses, üheriiidividuelles
Etwas ausdrückl, logisch primär gegeittiber üer Tal-
sacbe. dnsz er s i ch, seine persöiiliche Eigenarl zum
Ausdruck bringk. Wird aber iiu» wiederui» dieses
Ltwas zum nllein aiiLschlaggebeiide» Fnklor erhobe»,
sv gewiiiiil insolge der Eiiirechiuiig alles Aesondere»
u»d Persöiiliche» jede Ausdriicksiäiigkeii repräsen-
tative» Eharnkter, sie wird tedigiich „besonderer Fall"
für dieses jeweilige LlwaS.

3» der zeichc»u»lerrichtliche» Prazis hal dieses
Ltwas i» der Fvrm des Geseges eine hesonders gros;e
Aolle gespiell: vo» hier aus glaubte das srüher ae-
schilderte darslelleude Zeichue» seiue Aerechiiguiig
empfaiige» zu kömie». Ata» studierie die Gesege des
Ausbaues vo» Aaturgegenskäiide» u»d dle physiv-
logische» Gesege der Augeittvahriiehmuiig, wie sie sich
i» Form- uiid Farbperspekkive der kühl sesisieileii-
de» Aevhachiuiig darbote». 3i» Zeichne» »»d Male»
jah ma» ei» Atiktel, diese hei geiiauer Aeohachiuiig
durch verstaiideümäsjige Abstrakiio» nhieiihnre» Ge-
sehe aiischnulich zu mache», üieses „3 s o l i e r i -
O p t i s ch e" itz. Aolkelk) im Siime eines vermesseiie»
Durchdriiiguiigs- oder Aehha»ihildes richlig auszu-
drücke».

Dieser Ausfassung entgehl meist, dns; sie eine über-
aus schrosse Tremiuiig vo» beharreiide» Aaturge-
sehe», einei» lebendige» 3ch imd einer zeichiierische»
Tätigkeik vollzieht. Gewis; isi es ci» durchaus legi-
limeü wisseiischastliches Problem, >» » a ch i r ä g -
licher Annlyse derart geireimt eiiizelne Falikore»
oder gar Elemeiite heraus- u»d »ebeiieiiinnder zu
stelle». Aesteht aber ei» jolches iiiiverbiiiideiies Für-
sichsei» abgesoiiüerler Gegeheuheile» jemals i» der
Koiikrete» Wirklichkeil zeichiieiijche» Tu»s? U»d läs;l
sich, weii» maii »u» schv» eiiimnl i» kühier Aerstnn-
desnrbeii eiiizetne Faktore» erknmit hat, läs;l sich,
wieder rückwürks schreitend, dieses gehabte und daii»
zerschlagene Ganze „Zeicyneii" wieder gewiiiiie»? Es
isl doch eine suiidnmeiitale Lrkeiiiilnis vv» Philojophie
u»d Psychologie, das; das Gnnze »ichl »ur srüher isl
 
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