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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 9 (September 1930)
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Die Schule vom Schüler gesehen
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Nicklass, Elsa: Die Begabtenprüfung an der Berliner Akademie
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0242

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i

besprochene posilive! Eiiislellung der „Vraven" zu»i
Vegrisf „Schule". Das Vymbolische kritl gern in den
Vordergrund und niuiini Geslallungen an, wie sie
flir das fauslische Vingen uiii Schule und Leben in
oieser Vilersstnfe charalrteristisch sind. Daneben zeigk
sich aber auch uilverhtillt die lialke Dlelchgiilkiglreit
derjenigen cilkeren Schliler, die das Abgangszeugnis
alleln durch dle Dauerhafkiglieik Ihres tzosenbodens,
oder die Ergiebigliesk des elterlichen Geldbeukels zu
ersihen hoffen und, > abgebriiht gegen alle nichk zur
Prkifung gehörigen ^Fächer, slch eine Vearbeltung
des gegebenen Theuias ersparen.

Wle liberzeugend! läszt sich liberhaupk an diesen
Arbeiken die seelischs unö gelskige Veife des Schülers
ableseu. Weun da ein lö lähriger Schliler zum Thema
„Schule" »ichls anöeres; zu zeichnen welsz als eine
laugweilige Veihe bunler Vechleclie, die Farben der
Klasseiiuilihen zeigend, sa war das ein geiskiges Ar-
uiukszeugnis, wie es.dieser eigenklich zum Äoxlrämp-
ser vorbeskimmke Schliler ehrlicherivsise auch gar
nichk anders hätle äblegen liöniien. Und wenn ein
sehr begabter, aber äuch sehr fahrlger und nervöser
Schliler vor lnuler !?deen, „was" er alles darstellen
wolle, in der gegebenen Zeik zu lielnem Aesulkat ge-
langke, so war sllr jmich doch eins da, nämllch die
Doliumentieruiig seiusr haskigen Unlilarheik, die ihn
zu lieiner Geslalkung! liommen liesz. Wie in einem
Spiegel erlieunt man In diesen Arbelken die Wesen-
heit jedes Schülers, echk und unverskellk, denn lreiner
weisz i»n diese Selbstdarskellung.

Ileberblickk maii zusamsnenfassend noch einmal die
Ergebuisse meliies Versuches, so sind sie zwar meist
ersreulich als zeichnerische Leiskung zum Thema
„Vchule", aber fiir diese sslbst freilich alles andere als
ersreulich. Ilnd uian ist versucht zu fragen: sind also
alle Aesormen veriseblich? Wird dle Schule der

Mehrheik der Schliler immer als das grosze, unver-
meidbare Aebel gegenüberstehen? lich möchte diese
schwere Frage, so welt ich mir dazu überhaupk eine
Ankwork erlauben liann, mit „2a" und mit „Nein"
beankworken.

Mik „2a", wenn alle Aeformversuche nur auf dem
geduldlgen Papier stehen, slakt wirklich prakllich
üurchgesiihrk zu werden. Wenn Inimer nur Halb-
heiken zustnnde kouimen, an denen sich Lehrer und
Schüler aufreiben. Wenn mit (ach meist so lchiefen!)
Noken und Zeugnissen Nangordnungen sich aufbauen.
Wenn tzaupt- und Nebenfächer sich abstufen bis herab
zum technischen (I) Fach.

Mlk „Nein", wenn die Neformen von Grund aus
und einheiklich durchgeflihrk werden. Wenn uian sich
darauf besinnen wird, dasz Aulerrichlen eiue Kuust
isk, und dajz Lehrer und Lehrslosf eine künsklerlsche
Durchdringung erfahren müssen, wenn sie den Schüler
nlchk bis In selnen Körper hineln schädigen sollen.
Wenn der Lehrer sich nichk nur stosflich fiir de»
Ankerrichk vorbereiket, sonder» auch geiskig: durch ei»
Durchschauenlernen des Menschenivesens und selner
Verbundenheik mik den Nnkurreichen und dem Kos-
mos, und seelisch: durch eine Vervollkomuinung seiner
eigenen Person, durch ein „sich liebenswert machen".

2ch bin mlr bewuszk, dafz uieiue Ankersuchung iiber
die Euipfiiidungen des Schülers seiner Schule gegen-
über nichk fiir alle Verhälknisse aelken kann, und Ich
möchke ja gerade durch diesen Bericht zu ähnlichen
Versuchen anregen. Sicher werden z. B. Schtilerin-
nen oder die Schüler der Landerziehuiigsheluie und
ähnlicher Auskalken, sich ganz auders zu jeiiem Theiua
verhalken. dlber ich glaube doch auch, dnsz mein Ne-
sulkak ein Duräzschnlkksernebnis ist, also gewisser-
uiaszen eine Norm darskellk, und gerade deshalb zu
denken gibk.

Die Begabtenprüfung an der Berliner Akademie

! z ^

j (Elsa N ickla sz, Berl.-Friedenau, Siidweskkorso 111).

Wlr Zeichenlehrer sindmichk dazu da, Kiinskler auS-
zubilden, nein — jeher pon uus weisz, dnsz er mit
seiuer Arbeit eineui einzigeu groszen, für unS alle
gleich verblndllchem Werke dient, dem der Volks-
veredeluug. Ilud dles dnrch Velv»u»b eiuer besou-
dereu Kiiliur uiil deii Nlillel» der Kiiuslerzlehuug.
Diese Erziehuug dieut der breilen Nlasse. Wie der
Prediger nuch in erster Linie der ganzen Gemeinde
dieut, uilk seiuer Predigtrsich an nlle wendend, auch
üas schlechkesle Gued der Gemeinde nichk ausschlie-
jzeud — so ist uuser wichkigstes Ziel, das der Empor-
erziehuug aller. Erst aus der Wirkung des Seel-
sorgers aus viele werdeu seine Qualikäten bestiuimt.
Aus uuserer küusligen Ausstellung in Vreslan wer-
de» hosseullich nichk j u»r? Spitzenleiskungen prangen,
soudern die Äeweise ei»er Förderung der Masse
durch kullurelle Giilrr.

Aber da alle, ohne Aichaahme, »nserem Ilnterrichk
iiulersiehen, so uiüsseu wis unS auch mit ganz indivi-
duell heraiisleuchleuden iLiuzelschicksnlen innerhalb
der Nleuge besassen. > Das siud diejenigeu, denen ein
giiliges oder — ungistlges Geschick das Los der be-
soudereu kiiuslleriicheu Vpgabuug eintrug.

Das Leben solcher kleinen, aus der Menge der Llll-
tagsmenschen hernusrageiiden Persönlichkeiken bedeu-
ket, wie wir ahnen, oder wisseu, iu den meisten Fällen
schon im Schulleben mik Leid »nkermlschke Freude.
Das iiiilerbeivus>le Gesühl eiuer iuuereu Krasl »ud
eiuer üaraus solgeudeu Vesliminiiug gibl ihuen wohl
eiu unbestiuimles Gliicksgesiihl u»d hebt sie iiber deu
Allkag. Äber ueben diesem erhebenden Gefühle skeht
doch immer wieder unerbikklich hark das kägsiche
„Aiusz" der Schule.

Sle quälen sich häufig in den Sprachstunden, einige
von ihnen ganz besouders im Nechen- oder Makhe-
makikunterrichk. Dngegen sind die melsken auszeror-
denkllch begabk In Deulsch und krelen in Geschichke be-
soudershervor. Veinahe alle von ihnensindhochmusikn-
lisch. AbergukeNoken in all diesen Fächern,geniigen
nichk, wenii diegefürchlekenVIeren in den obengenan»-
ten Skuiide» am Horizont aufskeige». Nian guält sie
mit Nachhilfeunkerricht und ihre kostbaren Nach-
mitkagsstunden, die der heijzersehnten kiinstlerischen
Bekätigung dienen sollten, werden ihnen gestohlen.

Das Los dieser Kinder wird von ihrer jüngsten
Kindheit an vom Kuuslerzieher mikgelragen. Er ver-
 
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