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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 4 (April 1930)
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Frantzen: Über die gegenwärtige Lage des Kunstunterrichts
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0094

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(iO ^

Äber die

gegenwärtige Lage des Kunstunterrichts

Av» F >' n » he

^inch »llei», w»!> wic nejie»Mnrl>^ vom Feiche»-
»»d jui»ll»»lernchl zu sehe», lese» »»d höre» be-
liv»u»e», »uih »>»» de» Elndi'iick jiewimie», dnjz sich
»»leie Aibeit in eiiier liinslige» ÄttswnrlsbeweMig
besindel, Diese Aewbü»»g wird »mso sruchlbnrer
sei», je ,;nhlreicher die Gesichtspuiilile siiid, vo» deiie»
sie geleilel wird, »»d je e friger dlese Gesichlspuiilile
»mjlrllle» werde». Die perschiedene» Auffnssuiige»,
die die gegemvärlige-Lnge uiisers Aiiterrichts bediu-
ge», lnsse» sich >» vier Gruppeii zusnmmeiisnsse». Ls
isl ei» schöiier Aeweis s»r dns Tempo uiiserer bis-
herlge» Leisluiig, dns; diese vier Gruppe», vo» deiie»
dle elue immer nus der Ablehiiuiig oder Erweileruiig
der »udere» in seiikrecht^m Ausbnu eiitstniide» isl,
heule »och i» wngerechter-Lngerung mehr oder weiii-
ger eug »iilerei»niide!r verbuiiden nm Werke siud.

Die erste Grihppö sesjt sich nus deu Amls-
geuosse» zusnmme», hie heuke »och nusschliesjlich nuf
der Aesorm vo» lvll'L susieu, die die Eiilwicklnug der
dniinch nuslrekeiide» ! Ei'ziehuiigsgedniiken »icht im
^luge behnlle» hnbeil oder nber »nch eiiier Aiiler-
suchung derselbe» zui eiiidm nblehneiide» Arteil ge-
liomme» siud.

Froh dnrüber, i» ihrer Zeit selbst eiiimnl im Knmpfe
gegeu verslnuble Gipsköppe uiid schmierige Alume»-
pölle ersolgreich geslrilleii zu hnbe», slellen sie nuch
heule »och nls Zielilhrer Arbeil die Erziehmig zu
bewuszlem Sehe» uiid nisschnuuiigsgemnszeii Dnrstel-
le» nus, wobei sie diese -Forderuug mit praktische»
uiid küiistlerischeii Aokweiidigkeiteii begrüiide». Sie
lege» de» Lnuplwerl nus eiue gröszlmögliche Aeber-
eiuslimmuug zwischeu-deurAiodell uud desseu Wieder-
gnbe uud siud infolgedelse» nus dns iiiimitkelbnre
Arbeile» unch der Aatur-niigewiese». Hierbei ist »»»
gleichgültig, ob dns Zeichue» vor dem Modell vder
aus dem Gedächkiils gesäsiehl. Die Fauptsnche bleibt
die geunue Aiischnuuiig ünd die geiiaue Wiedergnbe
der Snche, daS bewuszte Mnliirstudium.

Am ANljverstniidiiisseiil nus dem Wege zu gehen,
sei beloul, dnsz imter geunuer Aeobachtuiig uiid ge-
unuer Wiedergabe .nuch die Ersnssimg der groszen
Zusnmmeiihniige mik weizig ANtlelu uiid keiueswegS
die photographische Aollskäiidigkeik geuieiut sein kaim.
Erwähiit sei nuch, dajz die Amtsgeiivsse», mit dieser
Aiiterrichlseiiislelluiig ost! groszeu Wert auf eiu fri-
sches uud persöiiliches Arbeile» legen, woruiiter sie
nllerdiiigS immer elwns 'reiu ANokorisches verstehe».
Aud »ichl »iiberücksichliül bleibe die Tntsnche, dnsz
nuch eiue vberslächliche Äüclisicht nuf die Eiitwickluiig
der geislige» Kräsle im Schülec geiiomiiieii wird.

Der slreuge Aufbau des Lehrplanes dreht slch auS-
schlieszlich um daS projekliv oder erscheiiiungsgemäb
belrnchleke Modell. ES!iii!kerscheidek ei» Darstellen
unch slächige» uud körperliche» Gegeiiskäiide».

Auf der Aiikerstuse zeichiie» die Schüler aiifnugS
ruude uud gerndliutge Gruiidsormeii. Von hier auS
kvmmeii sie dniiu zu der Wiedergabe erweilerker
Souderforme». Sie eirtwickel» belspielsweise nus
der Ellipse ei» Türschild, eiue Pflnume vder eiue
Brille. De» Aebergaiig!zu schwierigeren Aebunge»
bilde» Aläkter, Fcdern i u»d Schmetterliiige. Sollte

»- Hniiiivver.

das Modell eiiimnl körperlich beschnsse» sei», wie
z. A. ein Tisch, so wird es durch eiue projeklive Ae-
trnchkung i» zwei chnrnkteriskische Teile.zerlegl. Der
Tisch wird ersl vo» vvr» uud dnii» vo» der Seile
gezeichnet. Mn» sieht, der Aulerrichl sühri u»ier
Aerücksichtigung füiuinler Schwierigkeile», die sich
vom G e g e n s t n » d nus ergebeu, vom Leichle» zum
Schweren. Der entscheideiide Eiuschnilt liegk nus der
Mittelskufe.

Fier brichl mn» dns Zeichiie» »nch slnchige» Aio-
delle» endgülkig nb. Mn» hält i» der Eiilwickluiig
des Schülerü den Zeitpunkl fttr gekommen, wo dns
perspektivische Zeichnen nach körperliche» Gege»-
ständen beginiien musz und weilerlaufen knu».

Die Schttler beobnchke» de» erscheiiiuiigsgemäszeu
Zusammeiilnuf nn sich pnrnlleler Eisenbnhuschieue»
und Häuserkniiten, die Wirkung des Lichkes uud
der Almosphäre. Die Aegrisfe der Aerkürzuug
und Aerjüuguiig knucheu nuf. Als Hilssmiltel zur
Anlnge und Aerbesserung der Arbeik dienl dns
Aergleiche». Die Schüler soileu zwnr »ur mil dem
Auge vergleiche», sie deulre» iu Wirklichlieii nber
lraiim dara». Sie messen Aichluiige» uiid ^lus-
dehiittiigen mik dem Aleiskisl, nrbeike» nlso mil ver-
stnndesmäszig ersuiidene» u»d mechnuisch beuukleu
ANllel» nls Ersnk. Ebeuso weude» sie dnu» nuch
spüker perspeklivische Kvusirukliouen n». Der Zei-
cheiiuiikerricht schwimml nlsv im Fnhrwnsser des Aer-
skandeS nls kleiuer Appelknhn »ebe» üe» grosze»
Dampfer» der wisseiischasllicheu tzauplsächer i» glei-
cher Aichkuug dahiu.

Diese Mchluug im sreie» Zeichiie» wird durch dno
gleichzeikig lauseude Liiienrzeichueu obeudrei» uoch
verstärkt. Aeide gehöre» iiisvser» e»g zusnmmeu, nlo
daS Liuearzeichiie» die im Freihniidzeichue» geschns-
feue Wiedergnbe eiues Aiodells i» koiisirukliver
Weise begleitel, beslnligk vder verbesserl. Der Begriss
der „malerischen Perspekkive" verräl de» vrgniiisch
verwnchseue» Eiidzweck der beide» Geblele.

Die Anhänger der Aiiterrichlsresorm vv» IW2
ziehen begreiflicherweise dnS skereomekrisch gebnule
Akodell vor, den» eS läszt sich nm leichkeste» mil koii-
struktiven Hilssmitkel» wiedergebe». Weu» sie nus
dei» Gebiete des Pflnuzeu- uud Tierzeichueus nuer-
kannkermaszen »icht zu gleich hohe» Leisluiigen kom-
men, so liege» die Gründe »ur nllzu deuilich nus der
Fand.

Weun wir heuke diese ^lrl des ZeichueuS i» eiu-
schränkendem Sinne nls D n r s l e l l e » bezeichne»
und diesem dns Gesinlle» nls »eue Forderuug
der Kunslerziehuug zur Seile slellen, so luu lvir dns,
uui die vollige Aerschiedeiinrligkeil dieser beideu
ArbeikS- uud Ausgnbeugebiele zu keiiiizeichiie», eiue
Aerschiedeunrligkeil, die »nchher behnndell werde»
soll.

Die zweile Gruppe euislniid zu der Zeil, wo
i» üer Kunst des MalerinliSmiis, i» der Erziehuug der
Inkelleklualismiis und im Zeichenuiilerrichl die Ae-
sorm voii ilM zu erstnrrten Formelu geworde» ivnre»,
u»d sich der Drnng »nch eiuer Aeriniierlichuug, »nch
 
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