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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 8 (August 1930)
DOI Artikel:
Meinhardt, K.: Die Kunsttheorie Konrad Fiedlers, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0224

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Kunsttheorie Konrad Fiedlers

K. Al e i n h a r d k - Suhl - ^ ^

(Schlub.)

Veinüeüenüber ist dnS Äermögen von anschaulicher
Wnhliiehinung uninillelbar zuin nnschnulichen AnS-
driick überzugehen, hnS Ligenlliche Kennzeichen der
liünsilerischen Äegabnug. i CS ist lilnr, dnsz nur durch
die ^inlur ein Individuuin zu solcher Tntigkeit be-
snhigt werde» llnnn, lvilleniliches Aeinühen inuh slets
zu AHljbildungen führenl T)ielen, die den Werlien
der Knnst nnhestehen, mird es zuivider sein, sie nls
üns LrgebniS solch beivuszler Tnliglieit geschilderl zn
sehen. Sie inöchlen sie höheren üffenbnrungen, Cin-
gebungen, die dein Künstler geivorden sind, dnnlien.
Sie sehen ihn fernnh voni TageSbeivugtsein in ge-
heiinniSvolien 'Zieichen schöpsen. Äur der im Leben
Hnndelnde nnd deri Wissenschafller arbeiten nnch
ihrer Ansicht inlt Bisiviiszlsein. Dein liegt die irrige
Aieinnng zugrunde, chasp es ein Norinnlbeivichtsein
gibt. Aeivnsztfein nber ist liein allgenieiner Zustnnd,
sondern eine vestiniinte Täligkeit verschieden jeweils
nnch Arl und Grnd deS TunS. „ES stellt sich in den
verschiedenartigen Tsitigheiten als ein der verschie-
denarligslen Enlwickslung Fähiges dnr. Das Worl
(Aewuhlsein) „isl nichtS wndereü nlü der Ansdrnck
sür die jeweiüge Lebendigkeil des DenkenS". Der
Künsiler enlsernl sich, ivenn er gestaltend tätig isk,
voin Bewnszlsein seiner Piilinenschen. Je intensiver
er nrbeilel, uinso inelir inusj dnS Aeiviisjtsein, dns !n
seiner Täligkeil sich entivichell, jeneS nndere verdrän-
ge». llnd ivenn er nlles, idnS nlchk zu ihr gehörk, ver-
gejsen hnl, ivenn er gnr keine Trennung inehr ninchen
knnn zwischen dein Tun seines Auges und dem seiner
Hnnd, ivenn nile Kräfle cheS Aienschen nur dieser
einen Aufgnbe diene», dchin er erlebt er dle inten-
sivslen Sleigernngen jeineS AeivusztseinS. AlleS Dun-
kel, ünü über der Sichlbnrkeit gebreitet lag, schwindet
ihni nnd es beginnt licht ujn ihn zu werden, die Flucht
der Aiider inncht einer liuiner gröszeren Vestiinnitheit
Plnh. „Er nieinl nllererst;zun> Lrfnssen der sichkbnren
Erscheinung erwncht ^zn sein." Dnnn ivird es ver-
ständlich, ivnruin dein.Äichtkünstler die Quellen dieser
Tätigkeit unzugänglich bjeiben inüssen, weil er sie
slels'ivo nnders sucheji inüsz nls dn, wo sie tatsächlich
liegen, weil er keine Möglichkeit hnk, von sich aus
ein solcheS Aewuszlsejn zus enlwickein. Aiele werden
dnrnushin die Kunsl nnch ihrein Pslichileil frngen,
den nuch sie innerhnlb dsr geisligen Tüiigkeilen sür
die Lniwichlung des: AkSnschengeschlechls zu leisten
hnl. Gewisz hängt sie init inancheii Seiten mit dein
nllgeineinen MenschheilSstreben »nch einein fernen
Ziei znsnninien. Aber dnS sind nnr nnlergeordnets,
wnü sie den Asenschen unentbehrlich
innch l, ist, dnsz s > e e'in Weg ist, „a u f deni
d n S in enschliche Aewusztsein z u höchste n
Grnden j e > n e r E n l^w i ck! u n g S f ä h i g k e i k
geln n g t.'^

Durch diese Aewubljejnslüligkeit deü KttnstlerS
wird sür den Aienschen hie Anlur erst erzeugl, er-
knnnt. DnS kttnjtlerische ßchnssen bnut keine zweile
Welt neben eine nndere. iWnS in ihr zuin Anüdrnck
gelnngl, hnlle nirgendwo vorher oder auszerhalb von
ihr Eznslenz. Dnher kqun auch nuc der Künsller jeinen
Mitnienschen osfenbaren, j wns die Anlur ist, nicht

uingekehrl. „DnS geij'lige Leben deü KünsllerS beslehl
in der besländigen Fervorbringling dieses künstleri-
schen AewusikseinS." Dns vermng nie, in seiner Ge-
snintheik zuin AuSdruck gebrnchl zu werden. Die Kunst-
iverke sind »nr nls Ariichslücke dieses beslündigen
inneren LebenS zu versleheii, sie sinü nie dessen
Suinine. Es kriskallisierl sich in ihnen nichk, sondern
arbeitek weiler wie vordeni. „Die innere Tätigkeil,
die der Künsller, gelrieben von seiner ^inlnr, enlwili-
kell, steigert sich nur hie und nnd znr änszeren künsl-
lerischen Tnt, nnd diese repräjenliert nicht die künsl-
lerische ^lrbeit in ihrein gesainlen Aerlnuse, jondern
nur In einein besliiniiiken Sladiuin. Sie erössnel den
Allck in eine Well deS kttnsllerischen AewnsztseinS,
indeni sie eine Geslnll nnS dieser Welt zuin sichtbnren
initteilbnren AnSdruck bringl; sie erschöpft diese Well
nicht und schlieszt sie nichl nb. Die künstlerische Fori»
ist der unniilleibnre nnd einzige AiiSdrnck sür dieseS
Aewuszlsein, er brnuchk sie nicht zu suchen, uni in ihr
einen Ünhalt dnrzustellen, der, gestnltloS enlskanden,
nnch einein Körper snchle, in dein er unlerkoininen
köiinte, DnS Knnflwerk ist nichl der AnSdruck sür
etwaS, waS auch ohne dlesen Anüdruck ein Dnsein
hätke, ein Abbild der im künsllerischen Aewuszljein
lebenden Gestnlk — dnnn wäre die Jervorbringnng
deS Kunstwerks sür den Künsller selbst nicht »ol-
wendig — vielinehr isl eS dnS künstlerische Aewnszl-
sein seibst, wie eS iin einzelnen Fnlle znr höchslen dein
Individuuin erreichbnren Enlwicklung gelangt. Die
lechilische Ainnupulnkion, dnrch die dns Knnskwerk
hergestellt wird, wird zur Aolwendigkeik sür den
künstlerischen Geist, wenn derselbe dnS Aedürsnis
fühlt, dnS, was in ihin lebl, bis zuni höchsten Dnsein
zu bringen." Selbslzweck hal die Technik nicht. „Iin
Kunstwerk findel die nesknltende Tätlgkelt ihren
äuszeren Abjchlusz, der vnhnlt des KunslwerkS isl
nichts nnderes nlS die GestnllNng selbst." Der Stil
eineü Merkes ist nichk die Fruchk eines besonderen
StilwollenS beiin Schnffenden, sondern die nalürliche
Folge des SkrebenS nnch iininer deuklicherer Entwick-
lung seiner nnschnulichen Vorskellungen be! jedein
einzelnen Künslier. Aerinng er die Erscheinung ge-
slnllend zn solcher Klnrheil zn enlwickeln, dnsz sie ihin
von seinein Werke inil innerer ^rolwendigkeik enl-
gegentritt, dann hnt dns künsllerische Slreben seinen
lehten Löhepunkt erreichl. So verslanden isk dns
Knnstwerk »ur in diesein einen ^lugenblick lebendig
nlS AuSdruck sür einen gnnz einninligen Aewuszl-
seinSzusland. Der isl nuch sür den Kttnstler nie wieder
zurückzurusen. Sein Werk, dns in jener einen Slunde
notwendig auS ihin hervorging, inusz anch ihm späler
inehr oder weniger rälselhnsl eischeinen, in welch'
höherein Ainjze ersl jedeni Freinden! Und doch bleibl
jedein, der ein ehrliches AerhäitniS zu den Werken
der bildenden Kunst sucht, »ichtS anderes übrig, nls
zn verslehen versuchen, wie eS auS deni künstlerijchen
Aewuszlsein hervorgehen konnte. Der Aelrnchtende
inujz den SchnffenSprozejz iin Geisle wiederholen,
wenn ihi» inne werden soll, weShnlb eS überhanpl
hervorgebrachl wnrde. LS genügt nicht, dnsz er sich
einpfindungSgeinüIz all den Wirkungen hingibt, die
 
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