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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 3 (März 1930)
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Kellermann, Elisabeth: "Holz"
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0075

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>,tz°lz"

Bo» Elisabeth Kellerman», lltzehoe i» Holstei».

sirgendwo l»i Walde
das alle 8ch>»erze>>, di^
deslilgelie, so das; sie e
de» ossene» Aluine» la
Die Siebe»steriie!glä»z
»ia»d war ii» Wasoe,
leaie >cl> inei» Gesicht l»
nieine Gedanke» gehe»,
ie» i»ir ei» Zauberwort
der Somiuerduft yes
Sl»»e, davo» wurüe»
»>id geduldig wie daS

Gr

siel »ilr plöhlich etwaS ein,
je auf de» Grund saiilre»,
» panr Atemzüge lang über
»melte».

ke» im MilkagSlicht, — »ie-
>er »ichk hiuel» gehörke. Da
die strahleude Helle und lie^
wohi» sle wollte». Sie slüster-
ms üsrz, das hiejz „Holz" -
GraseS streichelle sachk die
ie still wie die Siebensteriie
caS. - - >--

Z» blanlier 5Zn»i»ier steht eine Wiege lm Soimeii-
schel». Üb die Eriuiiecjiiigeii d^s Holzes a» Wald,
Wlnd und Slerne vielle ''
seiide» Kinde liomme»?

damals war es
»iiker de» Bnlime» auf
Üaiid lng leicbt aus der

cht als Trciume zu dem schla-
— oder »ur zu üer Mukter?
Sommeriinchk. Sie warkete
de» Vaker ihres Kiudes, lhre
rauhe» M»de der Airlie, sie
sühlle wie die Birlie a inete im Winde, eS war e>»

göi,liches Atnie», zeitlo
lies geschivlskerllch

wie die Liebe u»d deiiuoch

lieber dle helszei troaiene Landslrasze holpert e!»
grüiier Wage». i

Zigeuner. !

Dist du daruuker?

Bi» ich dnbei? !

Eiue magere braun^ Kiuderhaud hält ei» paar
wellie Gloclieiiblume», milke» durch die Slaubwollie
iäule» sle vo» Wnldliühle u»d Trost. — — —-

Auü eluer goldskrahie ide» Kirche des Südeus wau-
dere Ich laugsam zuni 2 usgang, — da fällt vo» drau-
lze» der scharse Schakten eiuer Krücke über das 2Nar-
morgeleuchl: e i » Krüp>sel stüht den anderenlge-
duldiger als Meuscseii vermöge» —, llcbes Holz!

Helligeiibildei! auf Holz gemalk, auü Holz geschuit-
le»! wer ziihlt ihre Zahi? Wer wagt ei» Urtell: „hle
Welk, hie Heiligkum"s? lZeue schiclisalgezeichnete»
3lio»e», russische Heiligenbilder, wer sah ihne» i»
das vernarble Ängesicht!?

Ei» Engel mit schwarze» Flügel» begegnete
mir, -- dieseü Schwari schie» sich erschöpst a» das
milleidige Holz zu lehiien, daü trug förmlich dlese
übeigroge» Flügel u»d swie ei» Gelübde slaiiimte ei»
breimeiideü 2!oi danebchi nus, dle Tvtenblnsse eineS
Gesichles wie eine Aetlgule beschüszend. Wie vlele»
Beter» jah dies Holz hiS Herz? Koiiige» und Aekt-
ler»? Läsleriide» niid Liebende»? Wle vlele Hände,
zitkerude u»d zeugeiidt, kanzlen ihre» unfaßliche»
Tempeltanz, um diese sHolzmuuder inü Werd?» zu
hebe»? Diese Döllierivaiideruiig vo» 2ttültern, weiche
»u» zu iiurzer 2iasl ruh i» de» 2i!usee» aller Länder!
W»S lul eS, das> jeiies Kroiie» der Aiadoimen nuS
Holz sind sinil vo» Golöe! leuchlel dir »icht das Gold
der eiust schassende» Herze» hell wie Harz aus de»
weil osseiie» Schttümchilel» der Marie» eiiigege»?
Zwiiigt es dich »icht, iene zu liebe», die vor 2ahr-
hunderie» ichlasei» giuge», als sie wusztcii: das Holz
lösl deiue Wache ab, sjene unablässige Wache über
»lüdgeweiiile» Menjchruherze»

Schautest du je, wie eine Dürerhand eine 2lnbeku»g
ioiiiieiibloude» Frauenhaares dem Holz aiiverkraute?
mit der gleiche» Hiiigerisseiiheik wie sel» Pinsel die
gewölbte 2i»muk vo» Slaubgesäszen malle! -

Es gab eiiien 2Na»ii, den hiejz man den grosze»
Schweiger" — wie lilei» war sei» Schmeige» gege»
de» Schweiger, welcher „Holz" heiszt —! cist dieser
»icht würdig, »ebe» seinem groszen Äruder zu schrei-
te», dem Freund Hei»? Ist er »icht ehrfürchlig, weii»
er ih» eiiitreke» sieht? blttek er nicht im uralte», ur-
zuverlässigen Ahrkaske» de» Zeiger, zu warte», bis
jener vorübergiug?

2luS allem Holze muiikelt dtteiischheitsglaube,
2ttenjchheitSzeug»is, Berzwelsiuiig und Hosliiung.
Götter wurde» gebete», im Holze zu wohiie», Dämo-
»eiikämpfe und Gölkersiege, sie raune» u»s ihre
aberkauseud Märche» zu, — weii» wir wach sind vo»
Deiike» u»d Leide». Wir glaube» uiis allei» i» mil-
ternüchtiger Kaminer wir irre»! daS Holz hörl
uiis zu! allduldend verbirgt es die Schakle» unsereS
Klelnmutes, die Hi)»i»e» unseres EnkzllckeiiS i» sei-
»em wunderliche» Gnäder dem Linieiispiel des Him-
mels. Welleichk ist es der uiibeskechlichste Aeichkvater
auf diesem Plauele». Wer kaii» eS wisse»? —

AlS Tilina» Aiemeuschiieider VO Üiahre alt war,
hat das Holz zugesehe», wie nia» de» alken Maii»
folkerke, ebe» denselben Maii», vor desse» Werken
»euke, »ach WO sinhre», Ilnzählige sllll de» Huk vom
Hauple zieh». Doch! — mache dich selbst aus uiid
schnue, vlelleichk slehst du viel mehr wie ich, vielleichl
erzählt ei» Gelgenholz oder eine Hirkenslöke dir »»-
ausspreüzliche Dinge. 2i!ir sang eine Geige de» kies-
sten und de» höchske» To» — und siehe, er war
derselbe, cr war »ur verwandelt uiid er
hatte Flügel. Die Geige gehörke Frisz Kreisler. Es
gibt wenige Gebende unker u»S. Beinah alle knau-
sern. Wie wohlluend ist es, weii» einer sich verschweu-
det, so wie die Elevnora Duse sich verschwendet hal,
von dere» Weiiien auch daS Holz mehr weilz deii»
die dtteiische», — oder wie Schubert sich verschwe»-
dete i» seiner „Unvolleiideten". 2llle 2!akur ver-
schwendet sich. Dle 2Nasse aber ist so uiiiialürllch, dasz
ie die panr Aerschwender hajzt und skeinigl, bis
spälere Geschlechker aus ihiie» ihre HerzenSheilige»
machen. Slarb Äembrandl »ichl im 2lri»e»hauS?

-- — -- .- — u»d .- -

starb »icht der Heiland am Holze? —.— — - -

2Ue»sche» koinine» zn uns. Aiensche» verlasse»
unS. Das Holz blelbt bei uns, der Geführte uuseres
LebenS. s!» seiiiem uralle» Veslcht wechselt »ur der
2luSdruck, der isk so sprechend, dasi der Laul der
Sprache ih» eine Torheil dünkl. I» der Slunde
unsereü Todes, da die Summe jeiuer Liebe »nd
unserer Schmerzen, die Sunime seiner Geheimiiislasl
um uns ih» beslürml, erdrückt, — stürzt er mit uns
i» Lie Tiese und legt seine stille» 2irme unker unse-
re» ermlldele» Rllcke».

Die Siebensteriie glüiize» im Mittagslicht. Aie-
maiid schreitek durch de» Wald.
 
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