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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 7 (Juli 1930)
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Umschau / Sprechsaal / Schreibe in Angelegenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0200

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Amschau

'rlttssiellung der Freien Maldorfschttle in Slullgart.

^ltts Anlasz der 8. Esziehungslagung der freien
Waldoi'fschule in Siiiilgarl war voin 10—10. April
d. 0. elne Ausslellnng von Schülerarbelten zu sehen.
Sle uinfafzke Arbellen, yller Allersskufen und ver-
schiedener Technllieni Kohlezeichiiiingeii, Aguarelle,
Plaslllie» »nd andere Werliarbelken. Dem Vesucher
siel sosvrk ei» gsivisser einhetklicher Stil auf, der in
den Atalereien besonders ausgeprägt war. Die
Agiiarelle weisen eisie Bevorzugung der reinen
Glnndfarben Aot, Vlauiund Gelb sowie ihrer Mi-
schiingen iiilt Wasser auf. Späker lioinmen noch
Grttn iind Violekt hinzu.! Schwarz und Vraun schei-
nen a»sgeschleden zu seip. Diese elgenarkige Arbeiks-
welse wird nur dem verskändlich, der die Anthro-
posophie und ihre besonderes Farbenlehre, dle n»f
(Üoelhe aufbaut, liennt. iGewisse kechnische Arbeiks-
versahren sind aiifschluszreich! sür unS: DaS Malen
aus angenäszkes Papier l unb mit groszen Plnseln.
Üieraus erlilärk sich die allgemeine Verwaschenheik
der Arbeiken und das Fehlen von Einzelheiten. Ge-
gensinnde liommen erst a»f her Oberskufe und auch
hler »ur in groszen Ilmrissen vor. Diese „absoluke"
Aialerei will wohl dem Elgenwerl dcr Farbe zuin Aechl
verhelfen. Ilnd das isk guk. Aur so elnseikig bekonk
hal sie ».m. Ansicht denIAachteil: sie ist nicht kind-
gemäsz. Das Kind ist doch auch dinghaft gerichlet.
Schon vou Anfang an wsrd die Aalvität deS KindeS
beeintrüchklgk. üieraus erklärt sich die niangelnde
Ondividualikäk der Arbeiken: sie kdnnten alle von ein
iind demselben Schüler sein. Die Veeinflussung, die
»ach unseren heuligen Grundsäszen zu weit geht, zeigk
sich anch in den ausgestsllken Kohlezeichiiungen, die
im Raumbild wie in der Technik eine auffallende
Aehnlichkeik nusweisen. Ob ^ dies wohl Im Sinne
Slciners, deS Schöpfers der „Philosophie derFrei -
heil"isk? ! l

Dlesen Aachleilen aufi derieinen Seike gegenüber
iiiulz andererseiks aus manches hingewiesen werden,
das nnziierkeniien ist. Die Vedeutung des
Vildhafken Gestaltechs im Gesamk-
erzi e hungsp < a n der Schule findek man selken
so ruckhnllloS belonk wie in der Waldorsschule. Fä-
cher wie Erdkunde, Aakurkuiide, Geschichte, Deuksch
iverden durch das Zeichneis und Alalen belebt.
Aian^hat'erkannk, dajz hier das Wesenhafte
der Formenwelt u»d der geschichklichen Vorgänge
dein Klnde durch die Farh- u»d Formgesialkung
vlel eiiidilngllcher zum Erlebnis wlrd als durch
einen rein begrisslichen Worl;inlerrichl. stn der Erd-
iiaiide mall man z. V. den „düsteren Schwarzwald",
die Alb, den Vlaukopf aus der Phankasie, in der ger-
iiianischen Mplhologie viele Saoen, in der Bokanik
die Keiiiiende Pslanze u.stf. Dadurch werden die ein-
zeinen Fächer zu einem Gesamkorganismiis verbun-
de„, wie ihn ivohl keine andere Schule in gleichem
Acasje aiisweisl.

l s

Die p l a s I i s ch e n Arjieiteii gehören zum
Veslen der Aiissiellung. Die Oberklassen modellieren
rlopse aus der Phanlasie, die ksils frahenhaft sind, teils
individiielle oder lnpische Züge ausweisen. Sie sind
in annähernder A'beiisgrösze' gearbeitek. Die weib-
iichen Fandarbeilcn wirken ! sarbig, srisch und im

Ausdruck naiv. Der W e r k u n t e r r i ch t ist schon
in den untersten Klassen Pslichlunlerrichk. Eine der
ersten Arbeilen isk die üerstellung eineS Kochlössels,
der aus Holz geschnihk wird. Sehhölzer, Salallösfel,
Quirls, Mehischaufeln, Schnilkbretlcheii, Federkaslen,
Schalen folgen. Dieses Arbeiten mit dem Schnihmes-
ser erforoert vom 10—12 jährigen Kinde gewijz schon
grojze körperliche Anskrengung. Späker werden
Spielzeuge hergestellt mik beweglichen Figure»,
deren Mechanismus zwar keine Erfindung der Wal-
dorsschule ist, aber doch durch sie weithin bekannt
wuroe. Man sieht eigenarkige Modelle, wie den
chzel, Straujz, das Pferd am Wagen, Aukoss Wiegen-
pferde, Tigerwagen u. a. Aianchmal glaubt man auch
hier einen zu grojzen Einflujz von Vilderbüchern und
der Hand Erwachsener wnhrzunehmen.

2m Ganzen genommen ist diese Ausstellung das
Vild eineS regen ArbeikenS aus dem Gebiete des
Vildhaften Gesialkens. Abgesehen vo» einer gewis-
fen Dogmakik, die besonders beim Mnle» nnsfülll,
kann man doch sagen, dajz die Schule den Wert die-
fes Faches erkannt hat und dah sie ihm im Aahmen
deS Ilnterrichksplanes die nötige Enlwickliiiigsmög-
lichkeit gibt. 2n dieser Hinsicht können unsere SiaalS-
schulen von der Wnldorsschnle lernen.

H. Kol b.

Muf, der Zeichenlehrer ausübender Künsller sein?

Vielfach liegt noch alle Kunsterziehiing im argen.
Die Ausuiirkungen der Kunst i,n erziehlichen Sinne
sind bescheidener Ark. Wie weik die Verwirrung selbst
gegenüber dem Wesenkliche» schon gestiegen, zeigk daS
Schlagwort: „Der Lehrer soll Künstler sein" — sicher
von einem erfunden, der weder von der Kunst noch vom
Kllnstlerlum eine haibwegs genügenüe Linsichk besiht."

„Und doch mus, maii für die Kunst erziehen, am
besten dadurch, das, man die Kunsk als Kunst wirke»
läsik, und sich für ihr Verständnis immer mehr be-
fähigk.

siosef Popp im Kunskwart, Aprilheft 1027.

Frankreichs höhere Schule im Lichke französischer
Kritik.

Unter diesem Tilel veröffenkiicht Wernher Mohr-
henn im „Pädagogischen Zentralblalk" einen Aussah,
in dem der Aückgang der Schiilleiskungen und zu-
gleich eine Ueberbiirduiig der 2»gend sesigeslelll wird.

Der Kongrejz der Ellernvereinigiing von Schülern
höherer Lehranslalken wandke sich an den Unter-
richksminister mit der Forderung: die Lehrpläne sollen
genügend Aaum schaffen für Freizeit zu Sport und
Spiel, und dies im Aahmsn der Anstnlt jelbst. Aicht
darauf komme es an, dajz man einige Tiirnsiiinden
mehr in den Skundenplan aufnehme, sondern üarauf,
„das, das Turnen unker der Leikung wirkllch berufener
Lehrer zu einer körperlichen Erziehung ausgeweilek
werde, die — im Verein mit K u n st - und At u s i k-
unterricht — den ganzen Menschen ersasil
und zur Vildung des Charakters beikrägt". Acan be-
glnnt also auch i» Frankreich die Vedeukung des
Kunstunterrichts für die „humane Persönlichkeiks-
bildung" einzusehen.
 
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