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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 11 (November 1930)
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Steen: Sekundaner zeichnen im Lübecker Katharineum
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Wiedermann, Fritz: Treibt Dorfkunde!
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0305

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Heichneii ist doch Vercuilassunjl,: »icht erlernbar!" --
Auch hier ein Aein — „Heichuen ist bis zu einein
Newissen Grnd erlernbnr. icich linnn Sie nuch ver-
nnlnssen, dnsz sie bis zu eineiii gewissen Grnde fechten
lernen!" Dennoch will mlr scheine», dnsz Zeichnen
einen Sinn verlnngt, nhnlich dein, den dns Musi-
.jieren verlnngt. EinMensch, dem Homer nufgeLivun-
gen ivird, der ivird die griechische Literatur vergessen.
Und nun: Ein Arensch, der gequält wird init Zeich-
nen, der dnbei die Kunst siebt,' still vor Gemälden
steht und denkk, dnbei iinjner nvieder seine Ilnfer-
tigkeit vorgehnlten belioinink, wührend ein Knmerad
sich wenlg nus dein Geist mncht, sondern die Mnterie
hnndwerlisinäjzig virtuos behexrscht, wird gequülk
und leicht schivindel Liebe".'^ -

„Ünben Sie einen erwachsenchi Freund, inik dem
Sie sich nussprechen liönneij übch' nlles, was Sie be-
ivegt?" --- Melde», wer hnt einen erwnchsenen
Freund?" Zwei oder drei vvn dxeiszig Zungen nielden
sich. Eine Arnhnung, eine Pflichk enthält diese Tat-
snche. Sleht unsere chigend wirklich nllen Probleinen
n l l e i n gegenüber, die sie;bewegen und vedrücken?
Wnruin wollen wir nicht helfenl? Liegt es ani „Kön-
nen"? 2ch will ineinen, es tiegt am „Wollen". Auch
hier ist Hunger der slungen —> Hunger nach Llebe
oder Hilfe, der eine Pslichk sür uns enthält, die höher
steht, nls dns, wnS uns bewegt cknd beschäftigt.

An den Wänden eine Fülle >von Plnkaten, teils
zuin Abschrecken, teils zunii Nächinnchen. Die Jun-
gen zeichnen Plnkate. Teiltveisä mit einer Wirkung,
die die Amgebung verblasseii läszt snber es fehlt dns
Geld, sie zu vervielsälkigejn!) Au der Wand ein

Lnenfstaengl-Druck von Brueghel. „Mehr zu er-
stehen ist nichk inöglich! Anser Ekat ist zu klein. Wür-
den ivir den Pnnzerkreuzer nicht gebnut hnben, 3un-
gens, so hütten sämtliche Zeichensäle in Deulschlnnd
Projektioiisapvarnt und Aildinaterial." ciin Fenster
eineS VlumenladenS leuchket Lalla." DaS inüszte inan
den chingen zuin Zeichnen mitbringe», aber dazu hat
die Schule kein Geld!" —

„Anser Zeichenunterricht ist herrlich" sagt der
2unge, in ehrlicher Begeisterung, als er inich hinauS
geleitet. Zwei Gefühle kainen in mir auf, Aeid und
Aeschämung. Neid: ich möchte solchen Anterricht
haben dürfeii. Beschä m u n g : An unsere r
ltugend, über die s i ch jeder b e iu f e n
fühlt, zu reden und Ak itgefühl z u h e u -
cheln, wird gespart! Ilebernll erkennl mnn
die Beichränkung der Bildungsmittel. ^Urgends ist
nusreichendes Arbeits- und linterrlchlsmaterial. Die
3ugend von heuke braucht qber mehr Entwicklungs-
möglichkeiken, nlS die äugend vor 20 liahren. Sie
inujz nus jedem Gebiet die Möglichkeik habe», sich
ganz ihrer konkreten Besähigung nach, zu bilden.
Denn: drauszen lauerk ein harter Kampf auf die
jnnge Generation, der Kampf mit dem Leben. Kunst
aber Ist in jeder Form eine Auselnandersehung mit
dem Leben, d e S w e g e n a u ch e i n e Hilse
gegen das Leben.

Auf dem Schulhof toben unbekümmert wieder die
Jungen. Mit Tornister und Brottasche rutschen und
kugelii die Kleinen die Treppen heimwärts. Würde-
voil schreiten Primaner. —

Dr. jur. S t e e n.

j! ! Treibt Dorfkunde!

!

tlnsere Dörfer und nuchs idie; kleinen Städke sind
nus dein besten Wege, völlig ihre Eigenart zu ver-
lieren. An die Skelle der altem bodenständigen Kir-
chen krelen lnngweilige Steinkisten, ohne Beziehung
zum Lnndschnftsbild. Die qinlsrischen Bauernhäuser
iveiche» chnrnkterlosen Zweckbaiiten oder den schlecht
kopierlen „Billen" der Sküdtelund alle die vielen
kleinen Zeichen einer reich bewegten Geschichke fallen
dein rnsenden Berkehr zum Äpfer. !ln den letzten
ünhren ist soviel von der alten lirsprünglichen Schön-
heit zerstört worden, dasz eine Besinniing an der
Zeit wäre. Aber auch öie j dörfliche Kultuc ist zum
Aussterben verurteilk, weiin es nicht in zwölfter
Slunde gelingt, den StolzZdex Bauern wieder zu
ivecken imd sie sür ihre Ligennrl zu begeislern, Aoch
immer sind die Lnndbezirke dieswnhre» Krnslquelle»
nnseres Bolkes und ivir müssech alleü lun, um deren
Aeinheit und Schöpserkrnft zu erhnlte». ANt den
Gesetzen, die heule zuin Schutzs der Denkmäler be-
slehen, isk eü nichl getnn. Aur die Liebe und dns
BersländniS können nus die Dguer nlle Werle er-
hnllen und, wns noch wichligers isl, alle Aeubaute»
in die nlle Formenwelt eingliederii. Hier öffnet sich
ein breiles Bekätigungsfeld für- die Schule und die
Ellernschnft. 3»> Zeichenunterricht soilen die nlten
Kuiisldenkmnle und Heimatfchätze dargestellt und be-
sprochen werden. 3st erst elumal dns Dnleresse wie-
der geweckl, dnn» isi eü leichs, sür die Erhnllung

zu werben. Daiin wird sich ein Weg zur Bewahcung
aller Dorsschätze sinden und die Bauern werden
einander in der Fürsorge zu überlreffen versuchen.
Gleichzeitig gewinnk die Heimaksvrschung werlvolle
Mitarbeiker und mit der Liebe Hand in Hand geht
das BerskändniS stir geschichlliche u»d künsllerische
Frage».

Wie sollen wir Dorfkunde treiben? Beginnen ivir
bei der K i r ch e. Wie mnlerisch ragt ihr schlnnker
Helm über den Giebeln der Häuser auf, wie wehr-
haft truhig schlietzt ihre Mauer den Kirchberg nb.
Die nlten Alinen, dazu die Schlehdornhecken nm
Fusz der Pfeiler, daS nlles sind dnnkbnre Motive,
um sie mil Pinsei »nd Zeichenslisl oder mil dem
Folokoslen einzusnngen. Forl mil den kilschige» Sel-
druckbildern nus den Sluben, ein Ehrenplntz gehörl
dem heimallichen GokteShnuse. Die Burgruine nus
dein »ahen Hügel, die Dorskirche im Schmucke öer
blühende» Kastnnien oder das innlerische Tor mii
weichen Schneeflocken hnuchsein verzierl, dns sind
nlieü Moiive, die zur Dnrslellung lohnen. Gute Posl-
karten oder kleine Radierungen. Lin Bild in die
Schulstube und heimakliche FotoS im Gnsthnus, dns
heitzt ftir seine Heimat werben und ihr Aild in Ehren
halten. Wie würden sich die Söhne und Töchler m
der fremdeii groszen Slndi freuen, bekämen sie einen
lebendigen Einblick in ihr Heimaldors. Aichl die
 
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