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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 8 (August 1930)
DOI Artikel:
Spangenberg, Thea: Der neuzeitliche Schriftunterricht
DOI Artikel:
Kellermann, Elisabeth: Italienfahrt 1929, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0218

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206

pralUiich nnwe»he» hönnen. Wie Hewnhren wir da-
hel die jniijien Arenjchen vor einem schliminen Dilel-
lniilisinnS?

ornnnientnle ^chrift niiij; vor nllen Dingen fest
vernnliert sein in deisi Stil ihrer Jeit, um lebendig
m hleibe». Sie hönnte uns svns! nichts bringen wie
hohle iinverstnndene borinen vergangener 2ahrhun-
derle. Ileberbliclchn ipir die historische Enlwicklung
der Schrifk, so zeigt sie unü eineS iininer wieder lrlnr
und deutllch: DieiAildung neuer Schriften geht nichk
plöglich vor sich, pfk sfnd es nur kleine, anfangS un-
benchteke Dernnderungen, die sie bedingen. Diese
vom Zeitstil getrcsgen,: dringen durch und stellen die
neue Schrist sicher und unnnknstbnr in ihre Zeik hin-
ein, sie zeigt alle chärnlikeiisiischen Merkmale deS
neuen SlileS. s l s

'Dersuchen wir dieseß Ineinandergreifen in unserer
Zeik zn erkennen.! Dek heutige Architekturstil bevor-
zugt klnre einsnche Forine», bedingt durch Technik
und Mnkerinl. IlisseresZeik hnt nuch lüngst schon die
einfachflen nnd sorinklarsten Auchslnben nller Zeiten
nls Grundlnge gewnhlt: die Forinen der röinischen
dliiligun. 2edoch sinseije Sknhlinstruinente geben sie
hnrler und schnrfer wieder nls die röinische Bohrseder.
Aeuzeitliche Aeklainesi dringen auf Fernwirkung,
dnher verzichten wjr nnf innnche reizvolie Linzelheit.
Die Aienge des (Üeschriebenen zwingt uns weiier, dns
Gn»ze inehr zn belonen nls dnS (Linzelne: der dem
röinischen Aiichsknben eigene öindivldunlisinus hnt sich
bei uns der Jeile,' dens Alock, der Seite unterzuord-
»en. Dns nlles ist siichts AeueS inehr, es ist nber noch
lnngst nicht tles genug churchgedrungen.

iLrfnhiiingsgeinäs; bseiben diese Grundscihe leicht
nnwendbnr bei der stpts nin Anfang zu lehrenden
grohen Alockschrifs. sinskruinente, wie die Aedisteder,
Aufgnben nus dem prnkkischen Leben, feststeyende
Forinen der heutigen Zeik ftihren von selber darnuf
hin. Dnrum knnni diese Schrifk gnr nicht griindlich
genug skudiert werden. sUiu die Kinder vor Lnngweile
zn bewnhren, wechselt uinn mit der Federgrösze und
lnhk dem Schriftblock jinnier neue interessnnte For-
inen gebe», schneidei die Schrist in Papier aus odrr
lnszk inil breiter Ltceide nn der Wandtafel nrbeiten:
nuch svlike innn nnfnngsi nnr init groszen Federn arbei-
ken, dninik die Forniens klar und dentlich merden. —
Aber diese Groszbuchstnbenschrifk nllei» geiiiigt unS

nichk: sie ist nichk recht siiissig für gröszere Te^rle,
unter tlinstnnden schwer leseriich, wir sinü eben n»
Kleinbuchstaben gewöhnt. Da iiun die Kleinblichstnben
in Vlockschrift geschrieben nichk wirksai» sind, grei-
fen wir vorlnusig zur Areikknntfeder und wnhlen
eine ältere Schrlsk nls Grundlnge. Zur Wahl hnben
wir die forinstrenge gerade Federschrist, die leichker
zu schreibende schräge ArinuSkel, nuch Knrolinger-
schrift genannt, und die flüssige Kursive der Huinn-
nisten nls beste Forinen. Legtere nllerdlngs verinngt
eigenllich die Aorkenntniü der Knrolinnerschrisi, »>n
voll verstanden zu werden, sie isl dnsttr nber die
brauchbnrste. Die (Lnkscheidung für eine der drei
Schrlsken hängt nb von dein zu erreichenden Ziel und
üer verfügbnren Ilnkerrichküzeik. (Lin knrzes Skudium
der (Linzelform sollke hier dein Schreiben vornns-
gehen, was bei der grvfzen Blockschrlft nicht unbedingt
nötig erscheint. Bor nllein nber isk jede heule nnge-
bräuchliche hiskorische Forin zu vcrineiden, jeder un-
nölige Schnörkel inusz unbedingt snllen.

Bun sieht der Lehrplnn nvch die goiische oder Frnk-
turschrist vor. Golik, die Schrisi init dein einsnchsle»
und slrengsten BhplhinuS, bei dein der (Linzelbuchslnbe
ganz untergehk, wäre zur (Lrziehung der Hnnd
wohl geeignek, wenn sie nicht so unleserlich würe.
Leserlicher ist die Frnkkur, nber sie hni sehr koinpli-
zierte Grojzvuchsinben, die n»r eine Belnsiung sind
und schneli wieder vergessen werden. Beide Schris-
ten sind absolut »ichk leichker nls die Aniigunschristen.
Seien wir eimnnl ehrlich: wer knnii heute noch eine
wirklich lebendige Gotik oder Frnktur schreiben,
die nicht historisch nninulel? (Linige wenige Künsller
beherrschen sie nnch lnnger llebung. Ilnd stehen deren
Arbeiken wirklich iin Zeitgeschehen drin, sind sie nichl
vielmehr schöne LiijEiiSblüten?

Auch eine Liij'ttsschrifl hnk ihre Berechkigung, nber
sie innsz echt sein, srei von historischein Äeiwerk und
von Nnchnhniung, chnrnktervoil, forinstreng, einsnch,
klar und leserlich. Ls fragt sich nur, ob die Schule
dnfür das richtige Täkigkeiksfeld ist. — Auf seden
Fall aber ist eS besser, dnk die Kinder eine Schrifl-
form voll nnd gnnz gelernk hnben, nlS dnsz sie inehrere
Schriflen, die sie doch nicht beherrschen, zn verwenden
suchen. Reichk die Zeit .nur für eine Schrisl, dann isl
die inoderne grosze Biockschrlst die geeigneksle znr
(Lntwicklung des Gefühls sür Forni, Ahplhinus nnd
Stil.

Italienfahrt 1929

Bvn Elisnbelh K e l l e r in n n n, Itzehoe in Holstein


Lugäno, 24., 25. 5anuar 1820.

Ain 24. ckinuar Zni A(orgengrnuen Abschied von
München, — nllesswnr! so jchön leise vom frisch ge-
snllenen Schnee. Sognr: dec Zug schien leise nus dein
Bnhnhos zu gieileis. Dje Aiünchener Tnuben slogen
ein Weilche» niit. i BiS Bregenz blieb ich nllein im
Ableil. Wie ein NichtS verrnnn die Zeil — ohne
dnsz ich inich nnderS rührle nlS in ineinen Gednnken.
Der Bodensee spielle ein bischen Nordsee, so grnu,
so verhnngen, so unerbijllich snh er auS, — eine ein-
zige Alöve skrich dnriiber. ^lach der Tunneldurchfahrt
deS Gokthnrd knt der Plond inir den Gefallen, auf

einige Augenblicke die Gegend zu zeigen. Die wilde
Grojznrtigkeil der Abgründe, und der Firne tat wohl.
Kurz vor Lugnnv siieg ein Herr ein, zweifellos ein
Künstler. 5n inenschlich schöner Weise sorgle er sich
uin ineine Begueinlichkeil hinsichllich des Gepncks,
ebenso ein Schassner, — ich begriff nichl, wnruin sie
wirklich zark und ritkerlich niil mir uingingen. —

Mein Ziminer im Hotel Lonlinenknl ging aus den
See hinnuS, als ich die ersten Ahiiiingen lrotz der
Dunkelheit um 0 Ilhr voni Bnlkon nus durch die
Wirklichkeit zu bestäligen suchle, blickle ich lnnge
nuf die ersten Pnliiien, - hoch und slolz stnnden sie
 
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