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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 7 (Juli 1930)
DOI Artikel:
Meinhardt, K.: Die Kunsttheorie Konrad Fiedlers, [1]
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Herrmann, Hans: Die Geburt des Bildes
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0185

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liel bleibeii mübleii, weiui nlcht deii Meiischen die
liiinslleiische Fühinkelt üescheiikt ivvrden ivcire."

Freliich kiiini eiiie Pslej,e iiiischiiiilicher Aeziehimg
znr Welt weder daS Kunslverstäiidiiis fördern, iioch
jeiimiideii zum Klinstler inachen. Dns Leben gibt ge-
niig Beispiele. Der möderiie Wissenschaftler brauchk
slir seine Arbeit niehr als andere Menschen das
Feugnls seiner Augen.s Aber seine Gesichtswahrneh-
iiilliigen iioiniiie» jnnr! seinem Wissen zuguke. An
einein geivissen Pijiikle hörk das Sehen anf und die
slir ihn wesentliche Arbelt selnes Denkens beginilk.
So kvninit es, dasz nur ivenige von ihnen wahreS
kiinstlerisches Äerständnis habe», weil sie in Lem
seslen Glanben, dah sie die Aatur doch auch kenneii,
sich zu der liberhebllchew Areiiinng verleiken lassen, dah
'le >n ihrem Wissen elnen geeigneten Maszftab fiir
>ie Benrleilung bildklinstlerischer Werke besüszen.
Es glbt auäi Areilschen, die frei von jenein Zweck
sich niischauend liii die Makur versenken. Zndeni sie
iininer slärker hinfintauchen in das geheimnisvolle
Aeich der Slchlbackeik, slihlen sie an einei» Punkle,
dasz die lreniiende Scdraiike zwischen Menfch und
Aalnr plöhlich sällt. Wie eine Osfeiibarung ströint
diesem Menschen allessz», in uiieriiieszlicheni Aeich-
lnni kritt ihin dle kchlbare Welt enkgegen, biekek ihm
alle Schlnssel zu ihren Aäkseln, niit deiien er sich zu-
vor denkend heruniplagte. Er slihlk sich ganz von ihr
ausgenoinnie». Mie Brlider trekrn ihin alle Mit-
geschöpfe enlgege»! Ei» solcher Mensch ift andern
gegenliber so gllicklich, dasj >hn ekwas zilerschütkern ver-
niag nnd kroszdei» sind diese Gefühlsmächke a l l e i n
»ichl iniskande, ih» znr hüiistlerischen Tak zu befähigen
oder ihin einen wirklichen Zugang in die Werke dec

k

bildenden Kunst zu verschaffen. Lr verlierl, wenn er
sich in solchen Zuständen beobachten würde, bald den
festen Boden der Aiischanung. Eine Anzahl von Bil-
dern, die vor seineni innere» Auge vorbeijage», ver-
drängt dns anschnuende Berhalten. „Skatk von Aniur-
besih, könnke man von Aakurbesessenheit sprechen."
„Bei hervorragenden Künftlerii inögen wir wohl
jenem oben erwähnten innigen Empfindniigszusain-
menhang mit der Gesamkheit der gegenstäiidlichen
Nakur begegnen. Es ist die Borbedingung zur küiisk-
lerischen wie zn jeder andern gciskigen Prodnklion,
denn wer die Welk nichk schon mit de» instinkliven
Kräften seiner Aakur zu packen suchk, der wird auch
niemals dahln gelangen, sie endlich einem höhere»
geistigen Bewuszkseiii zu unkerwerfen. Was den
Künstler zum Künstler macht, isl, dasz er sich in seiner
Weise über den Skandpuiikt der Empsindung erhebt.
Wohl begleikek ihn die Eiiipfinduiig in allen Phasen
seines künstlerischeii Tuns, sie erhält ihn in beskändig
naher Veziehung zu den Dingen, fie nährk die Lebens-
wärme, i» der er alS ein Teil der Welt mit dieser
verbunden ist, sie sührl ihm unaushörlich Alalerial zn,
in dessen Berarbeilung sein geiskiges Dasein besteht;
aber so geskeigerl sie isk, so mujz er sie doch Imiiier
noch mik der Klarheit seines Geistes beherrschen liö»-
nen, und wenn das künstlerische Aesultak anch nnr
auf Grund elner nuszerordenlllchen Slärke des Ge-
fühls denkbar isk, so wird es doch erst durch die noch
auszerordenklichere Skärke des Geiskes möglich, die
dem Künstler selbst in den Momenieii inkensivsler
Einpfindung die Auhe objekkiven 3nkeresses und die
Energie der Geskallungskrask bewahrk."

(Schlusz folgl.)

Die Geburt des Bildes ^

!j

Bon Hans Herrmanii S ch o n d o r f am Ammersee.

Kürzlich is! bri 3. Posfmann in Siuttgart ei» Buch
erschienen, das sich niit den Problemen der Kinder-
zeichnuiig befaszk: „Diie Geburk des Bildes"
von P f l e i d e r e r. :3m Borwort heiht es dork,
maii könne nur dan»j sinnvoll iiber die kindliche
Zeichnung sprechen, wenn nian ein Gefühl fiir ihre
besondere künsklerische Qnalltäk habe: die hält
Pfleiderer nichk sür ekwas Llebensüchliches, das da
sein oder fehlen könne, vielmehr für das Wesen.

Es ist erfrenlich, autz Philvlogenmund so unlike-
rarische Meinung über die kindliche Bildnerei zu
hören, die sich auch iir den, schönen Wort kundtut,
nur die kiinsllerische Qpaliküt blirge dafiir, „das', der
im Kinde lich vollziehende Geftalkungsprozes, im
Sinn des Äakurgesehes verlaufe."

Alan krikk also mik diner gewissen Erwartung an
das Buch heran. Ein leijes Mihkrauen allerdings
erweckk scho» beim ersken Ansehen die Art der Bild-
beignben und dns koiniizk nichl zi»n Schweigen, wenn
man die Sonde genaner nnlegi: der Berfnsser hat
kein »nmikkelbnres Äerhäilnis zu den bildkünst-
ierische» Werken der Kindcrzeichnung: kros, seiner
schönen Worke. Das Bild, das er nus den Umschlag
geseszl hnk, zeigk das in merkwürdiger Weise: da ist
eln Skück Pnpier mlk jvillkürlichen Spirallinien be-

deckk, wie mit einem Gewirr von Laaren; aus die-
sem Labyrinkh von Linien suchke das Kind folche aus,
die sich zu einein gegenständlichen Gebilde zusaininen.
schliehen wollten, so wie inan aus abenkeuerlichen
Wolkenzügen nach den Eingebungen der Laune
deutbare Gebilde herauslesen kann.

Kanin jeinand, der nnr einige Berührung mik dem
besonderen Werken früher Knnsk hak, wird sich her-
beilassen, über solche verderblichen Spiefereien zu
diskutieren. Den merkwürdig ernsihafken Skandpnnkk
öes Berfassers aber kann man sich schon erkiären,
wenn man die Akeinung liest, die er über gewisse
Skadie» üer Bildwerdnng hal: er sagk, das, das Kind
in seinem Gekriszel da nnd dork eine unwillkiirlich
hervorgebrachte Form enldecke, die eine gegenskänd-
llche Deukung herausfordere. So gehe die Entwick-
lung vom Zufülligen zum Absichtlichen.

Die unmittelbaren Werke der Form, die z» ihrer
Aechtfertigung u»d Schühung keiner Beziehung auf
irgendivelche 3nhalke und Bedeutungen bedllcfen,
iverden von Pfleiderer nichk gesehen, alle Kunst ist
ihm unmiikelbares Zeichen, Hinweis auf ekwas An-
deres, eben „Form" sür einen 3nhalk, Symbol in der
verderbten Bedeutung des Worts. 3n seinen Bild-
analysen zeigt sich das unverkennbar, Linie und
 
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