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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 8 (August 1930)
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Kellermann, Elisabeth: Italienfahrt 1929, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0222

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210

>irökik' Ewdnlck d^'r Fnhrl, ,!- lch lnuljle illiliiersort
mi dc'li hc'ilijjc'ii Ac'rjj Iirpniid denken.

Am 'ck Feliriliir in der Friihe liuichle ein dliineü
l.'iind iiin üori.>onl »ns -i — Sizilien! Schnell niiherle
sich iinser schlviliiinendeS-Schlosj Si)rc>luiS. Die Mor-
Ijc'nsonne lnl ihr Alöglichste^, diese Siiinde zu ver-
»oldeli. i)lus nüch ivirlike der 'jlnhlick dieser vielen
runden fiuppel» und ^tniiern ivie der Kindhelis-
deiiriss „herusiileln"! Lüslinisi hinzu, dnsz dnü Schiff
„>il iinnz sellsnine» Hornrufen bejirüszt ivurde von
der Hnsen-Fc'slunji n»S.-Dns Aool, ivelcheS nun nn
Bord iinlc'jile, unS zu holen,! lriig einen Alönch, der
nichlS (Lilijiere-- zu lun hnlle, nls seine Knsse vorzu-
hnllen und iinü nllen Heilijienbildchen in die Hände
zu drücken. 3ch giickle lneinen Auclisncli nn, der so
viele Fnhrten iiiiljieinncht hnsle und freule inich, dnjz
er nls einziiier deulscher jAucksnck so ein nelteS Ge-
sichl innchle zivischen nll den Lnckliossern. Ün SyrnliuS

iii der ünsenhnlle jinb es no'ch innl-zuni uiijie-

znhllen Alnle! - eine Äepncliliontrolle, die nber niir
den Fivecli hnlle, i.'ire euiziihrinjien. Dnnn snjz mnn
in seinei» Holelivnjien i,nd liejz in Geduld Bnll nüt
sich spielen nus einein etnfnch uiibeschreiblichen Pfln-
ster. Doin tzolel nus nnhin ich ȟr einen Wnjien und
einen deulsch sprechendetl Führer und tnuchke unker
in eine iveil wnhrhnsligese Gpschichte nls die nn Aord
jieschnule. DieS hier iv'qr MeiischheilSgeschichte —
bliilige — nlle, nlle Alütensüsje dieser Gnrten lionnte
diese» e i n e n Ton iiicl>l üherlnuben, der ihn nicht
hörl, der inöge nicht SyrnliiiS betreten, dessen Füsje
inögen lieber nus der -Leipziger Slrnsze in Aerlin
ivniidc'ln, slnll in diesen nslen Wngenspuren der Grie-
chen und ^löiner - slnlt nn senein Altnr zu stehe» in
den Knlnlivinben von Sirncnsn, nn ivelchein lrein ge-
ringerer nls Pnulus gepredsgt hnben soll. (Apostel-
gc'schichle 2«, 12.)

Mnn gehl ȟl nngehijllenhin Atein, mlt gespihtcn
Shren durch diese Lntoiiiien von SyrnkuS. LS lst die
urnlte Snche, — ninn hnl n)i zivei Augen zu ivenig
und 'nn einein Herzen zu iviel s— „eS gibl nichts AeueS
unler der Sonne"! — lnstenü legt sich der Anuch die-
jer Geschichle c'inein nus dih Arust, — von keiiien
Blüten überlnubt. Möjiches und Gnrtner schenklen
„ür nie gesehene Aluinen, Aögel, nie gehörle, snngen
iiiigesehvn, Früchke lngen' insnieiner Hnnd — — uith

doch- Llend snh üch i i jeder Gnsse, (Llend und

Ldelgnng der Frnuen linker schivnrzen Tüchern, —
plüsjllch begreist innn, dnjz 'nichls ein Frnuengesichk
slnrker isolieren knnn nls splch ein schivnrzes Tuch
voin Scheitei biS zuin Knöchel, ich snh nlte Frnue»,
kerzengernde, so schreiteg, „jsehen" ist dnü nicht mehr.

Und Llonnen snh ich in rio te n Gewnndern! tief-
roten, ivie Wein, so rot, —- — dnrin leuchtete dns
Llsenbein dieser Hnut unds Augen glilhten, deren
Fnrbe inn» nicht nenneis, nur fttrchlen knnn. Es gibt
Augen, vo» denen innn ivoh glnubt, dnsz sie sunkeln
köiiiien, nber innn glnubt »jcht, dnsz sie zu leuchten
vc'rmögen. —

3,n Dom erblickle ich Ezuins ersten Mnle in meinem
Leben eine griechische Säule,-— ein pnnr rein dorijche
Snulen slnnden noch nls Zeugen deü nlten Mlnervn-
TempelS n» diesen ockergoldnen Wnnden. Diese Snii-
len iverde ich nicht vergessen.i Eü gibt Dinge, die plötz-

ii

lich nuf einen einreden, — lüemnnd hörl es, niemnnd
glnubt es, — — nlS vlslleicht dns loke (??) „Ding"

selbst, ivnrum, — jn, ivnrum? --Der blinde

Aeltler zog seine verslümmelle Hnnd zurück im
Augenblick der Gnbe, — ein sremder Alnnn, ein
Sizilinner sicherlich, beobnchkeke eS und ich snh in ein
wunderschönes, liesbrüderlich menlchliches Milleid,
er strnhlte, nlS ein Weilchen spnter der Alinde zu
seinem nrmen Aechke knm. Schon zweimnl snh ich
nuf Sjziiien üiese geheime Fürsprnche in Auge» deS
Drikten, dnS eine Mnl wnr eS weit oben in den sizilin-
nischen Aergen, — ein nrmer Mensch kroch nus Knien
und Händen —, die Tiere hätle es erbnrmen köiinen.
Hinker ihm stnnd ein gesunder Atensch, „üt juiigem
Gesicht, — es ist gnnz unglnublich, „ül welcher Ein-
dringlichkeit deü wortlosen AuSdrucks diese Men-
schen reden köniien.

3n Svrnkus ivohnke ich iveiüge Schrille enlsernl
von der Quelle der Arelhusn. Pnpi)rus-Sknuden
ivnchsen dort, bunke Aögel nisten dn. Aus nlken Mttn-
zen snh ich die Arelhusn, einen schönen, kühnen Kvos,

— Fische rnhmken dns Aund ein. Die Snge ist diejei
die Nvmphe Arethusa floh von dem PeloponneS hier-
her, von dem Fluggott 'Zllpheus verfolgk. Dinnn
verivnndelte sie in eine Quelle. Mnn ginuvle in der
Tat, dnsz die Quelle „ük dem Flusse DllpheuS im Pelo-
ponneS einen iiiikerirdischeii Ziisnmmeiihnng hnbe.

Aom Aalkon meineü Ziminerü snh ich iveil über
den Hafen. Am Abend wurde eS so slill, dnsz ich den
Ton der Arethusn-Quelle vernahm.

An einein Sonnlng fuhr ich nnch Tnoriiünn.

Tnorminn — Aelnn — Anlike -- Meer — Alü-
kenbäume - Sonneiifttlle und Aeilchen, Acilche»,
Aeilchen in einem verwunschenen Gnrlen, — so be-
gnnn Tnormina.

Skunden um Stunden hockke ich nuf dcn urnlten
Steinen oben im griechischen Thenter, — den Alick
weit draujzen nuf diesen, i n diesen Ilnendlichkeits-
träumen. Schnde, dnsz übernll in der Well diese s
Mumien von Lngländerii, die in keine einzige Gegenü
pnsse», herumlnufen, — sie sind einem irgendwie nicht
fromm genug mit ihrer linmöglichen Sprnche. — 2ch
sah einen sizilinnischen liüngling lnnzen, leichl wie
eine Feder, lächelnd mie ein Alädchen — und ich
hörke schöne, traurige, gule Streichmusik.

Ach — — »nd diese Esel von Tnorminn. Diese
Lsel von ganz Sizilien! ich kenne nur ein einzigeS
Wesen nuf der Erde, daS diesen Eseln nn Geduld
gleich ist — und dnü isk cine SchleSivig-Holsteinerin.

3n SchleSivig-Holslein glnubl jeder Mensch, der im
Taufschein stehen hnl, dnsz er in SchleSwig-Holstein
geboren ist, er hätle den Weilblick ded Erdreichs.

So iange man noch nichk in den Aiünen deS griechi-
schen TheakerS vvn Tnorminn sasz, die Meere zu
Fttszen, den Aelnn zu Häiipten, so lnnge darf mnn
knum behnupten, schon einmal weik gesehen zu hnben
„üt seinen körperlichen ?)lugen. Wie cin edler 'Ziniisch
kommt eS über einen, wenn der dnhinrnsende Zug
einen Taormina-wärtü trägt. Dn liegt es, das nlte
AnxoS.-

(Fortsehung folgt.)
 
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