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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 8 (August 1930)
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Busse, Wilhelm: Über die Erhaltung der Gestaltungskraft des jungen Menschen während der Pubertät, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0230

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sühlmiji solMideü Lsestäjidiuü: Der Zeicheiiuiiteriicht
sei doch tiberslüsslg für jhii, diiü Liiieiirzeichiieii, doü
ihii noch am meisteii inseressiere, würde iiiuiier iiur
kurze Zelt gepslegt.! Lüiwürde ihm viel lieber sei»,
wen» eine Sliiiide Physili mehr im Stiiiideiiplaii
stnnde. Er »itisjle zwar) aiierlieniie», dasz der Z.A.
ihn i»it nllerlei Lrscheiiiiliige» i» der Kunst beliannt
geuinchk habe, dasz doch äber iin aligeiueiiieii heute im
Zeikalter der Technik ftit: Kuust nicht viel Verskrtiid-
»is vorhnnde» sei. Weiter stellke ich fest, datz diesem
Schüler daü snchliche Zelchue» nnch Gegeiistiiiide» zu
„langweilig" sei, beijdeii isogenniinlen frele» Arbeike»
aber selue Vorstellung versnge.

Das snh nuü, als ob Spranger recht hätte, welcher
der Meinuiig Äusdrucli gibt, datz i» dei» Kunstschaf-
fe» der lZugendlichen di^ Künste, dere» Aiiüoruclis-
iniktei u»d (Legenstäiide eug inil der Aenlikät verbun-
de» sind, ausfnliend zurticktrekeu. „Die Lust ai» Zeich-
ue» hört jeszt aus, uicht jiur weil die Seibstkritilr be-
giiiiik, svlidern well man iauf dlesein schweren Gebiete
»ichtü „heraus bekoniuit's, was niaii eigenklich „sageu
uiöchte". s

3ch weisz »icht, wie wdit sich Spranger hierbei auf
eigeue Lrfahrung oder die anderer fkiitzk. Er ftihrk
nur Gotlsried Kellef uifd Goethe ats Beispiel des
iinch seiner Ansicht lseltenen Tvps einer lZugendent-
wicklung a», welchifr die Malerei als Ausdrucks-
sorm wählk, dle nachsseiifeii Worten doch wieder u»r
als „üilsskuiist" fllr! die dichkerische Gestalkungskraft
dienk. Solche nuserwählten Beispiele treffen aber
nicht die Allgenieinheik der lZugendlichen. Aus wel-
cheni Grunde gerade die bildküiistlerische Kraft des
3ugendllchen versiegen soll, ist uicht überzeugend nach-
gewiefen. Eine sehs äuherliche Sache ist nebeu der
erwncvenüen Selbsttzritik angeführk, näinlich die Ab-
sage des llugendlichen gsgenüber dem Stuoium einer
Technik: „Diese Künfkx inüfsen gelernt werde».
Dnran liegt aber deni lZugendiichen nichks."

VII'

Deni inöchte ich entgegenhalten:

1. Bon sämtlichen Schülern der oberen Klassen hnk

sich nur der oben erwähsike Ilntersekundnner in der-
nrtig knlegorischer Weise gegen die Geftaltungs-
fächer ausgesprochen. Aile nnüeren, auch oie ihreni
eigenen Ceflihl nnch init weniger stark ausgeslaktelen
Gestalkungskrüften, begrfitzen es, datz die Schule ihnen
die Alögllchkeit gibt, sich nach dieser Aichtung hin
belälige» ,>» können. Aleine Bersuche erslrecke» sich
über einen Zeilrauni vois vier ckihren und abgesehen
von dieser eiuen Ausnqhnie habe ich stets nur be-
jahende Beobnchlungen zu verzeichnen. Man könnte
auf den Gedanlien koinuie», diesec lZunge hat eben
eininnl gerade und ehrlich seine Meinung gesagt, was
die nnderen nichk gewagk habcn. Durch die Art
ineines Ilniganges mit den Schlitern glaube ich jedoch
das Berlrauen aller zu hnben. Alan KLniite auch an-
nehinen, datz den Jungeii die Antworteii nahegelegt
ivurden. Aber ich hqbe Suggeslion skeks zu verineiden
gesuchl. Zur weileren: Klärung wurde auch der
Schriftsatz Herangezhgeii,: ohne dasz den 2unge» zum
Bewuszlsein kain, um welchen Endzweck eS sich han-
delle. !

2. DaS „Aushoreis det' Lust ain Jeichiien" ist gar
keine so allgeineine Erscheinung, wie Spranger an-
ittinuil. Arelue Erfahrusigen stehen in Widerspruch

inik dieser Ansicht. llch sühre einige Schüleräuszerun-
gen an, aus denen hervorgeht, dntz die Lust ani Zeich-
uen iinuier noch vorhanden isl: H. tli I.: „Ki den
unkeren Klassen bis IV halke ich für Zeichnen groszes
linteresse, in U lll lietz es nach, und ich erhielt elne
denientsprechende 'Zlole. lln tlli regten inich die z»r
Bearbeilung gestelllen Aufgaben derart an, datz ich
heute wieder inik groszer Lust zeichne und inich auch
wieder zu Hause bekätige, wns in tl lll nie vorkani."
A. löck: „llch bln kein guker Zeichuer u»d die Lö-
sung inancher Ausgabe sällt inir schwer, weiin ich
nlchk zuiu Zelchnen ausgelegl bln. Aleislens koniinl
dle Lust aber mll deni Boriinschreilen der Arbeil
wieder." D. tli ll.: „Auf nieiner srüheren Schule hnlle
ich keine Lust zum Zeichnen. Ietzl niachl inir die
Arbeit viel Frende." Dr. 16 3.: „3ch habe jeht viel-
inehr bewuszkes 3nleresse ain Zeichnen als friiher."

Die in diesein Lebensaller auslrekenden üeinninn-
gen können also durch richlige Pflege der Gestal-
tungskraft überwnnden werden. EineS solcher ^in-
dernisse, und dainik gebe ich Spranger vollkomnien
rechk, ift die erwachende Selbslkrllik. 3n lhr suche
ich z. Ä. den Grund, wenn ein Zugendlicher plötzlicb
seine Arbeik vernlchket. Trilk das eininal auf, so wird
eine verskändnisvolle Hilfe, sei es ein Hinweis niil
Worken, fel es eine Skizze von der Hand des Leh-
rers, häufig über die Skockung hinweghelfe». Trilk
lehkere aber in der Klasse allgeiuein ein, so isk wnhr-
scheinlich ein Miszgrisf iin Theina die Ilrsache. Dann
soll iiian sich nichk tcheuen, die Bearbeilung desselben
abzubrechen, es anders zu sorniullere» oder ein nenes
zu wählen.

3. Li» weikeres HlnderniS siehl Spranger ini Slu-
diuni des Technischen, daS dein 3ugendlichen nichl zu-
sagk. Ls hak langen KampseS bedursk, um das Bor-
urteil derjenigen, die den heuligen Itnlerricht nichl
kennen, die lni Z. iniiner noch ein „kechnisches" Fach
sehen, zu liberwinden. DaS Technische spielk in den
bildenden Geftnllungsfächern gar keine Aolle. Tech-
nische Ilnvolllioniineiiheiteii an sich hindern den 3u-
geudlichen nichk, init den Mitteln zu gestalten, die
ihin von Aakur zur Berfügung stehen. Das eigenl-
liche Skudiuin der Zeichen- »nd Maltechnilie», der
Anatoniie und der Perspeklive gehört auf die Fach-
schulen. Wenn der juiige Atensch ersk einnial begris-
fen hat, datz eS sich uni ganz andere Werte handell,
oann wird er auch nichl mehr der Meinung sein,
Zeichnen sei eine Talenkfache, sondern eS als elwns
SelbstverständlicheS ansel-eii. Ein Sechzehnjühriger
fagle eininal, er hielle es sür duinin, wenn jeniand
behauple, nichl zeichnen zu könne». 3ch sühre das
nur a», weil daraus hervorgehl, datz dieser Schüler
in seiner eigenen Arbeil nichls von eineni „lernen
inüssen" fvon Techniken nänilich) beinerk! hat.

Dagegen isk es wichlig, de» Trieb des Zugend-
lichen, hinter die Bielheil der Erfahrungsdinge zu
koininen, zu berücksichligen und die Thenien so zu
wählen, datz sowohl deni Erkennknis- alS auch dein
Geflihlsuiüjzigen zuin Aechk verholfen wird.

VUI.

Die Schliler inlissen Anregungen in solcher Aich-
lung erhallen. Wir holen sie uns auf Waude-
rungen und Spaziergängen, die auch während deS
lehrpla»inäizigen Unkerrichks unlernoiiiinen werden.
Der grojze Koinplex des Hallischen GaswerkS z. B. isk
ein wlllkoinineiies Motiv. 3n eineui gewaltigen Block
 
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