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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 10.1930

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Heft 11 (November 1930)
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Reupke, Ernst: Freigestaltendes Formen: Gedanken zur Reform
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https://doi.org/10.11588/diglit.28000#0295

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Z« dem Aiifsaji: „Freigestalteiides Formeii" vo» L Neupke, Fraiikfint >1. M.

- L70

attseinimder scheiden". DieiAraierei ist also nnch ihm
Äligendetrug, eine Bortäuschung von Körper und
Anuin uuf einer Ebene und dis Schwiertgkeiten die-
ser dlugentäuschung, dieser^Aebersetzung von Körper
uud Äauin in die Fläche, warensihni durchaus bewutzt.
Ä. Äollaud jagt dazu: „Äiichelnngelo erschien die
Malerei -uninännlicher und! unreiner als die Plastili!
,,„sie lst Berführung, bekrtigerische Zauberel, die den
Schein der Dinge vortäuscht."" Er verachkeke sie uin so
uiehr, je eifriger sie die ^lusuierksainlieik von der lZdee
weg auf die Farbe lenkte."! s
Diese Ansicht über das VedhälkniS der Malerei
zur Plastik, von zwei Kunstheroen geäutzert, fiiiden
wir bestätigt durch unsere Kleiisen und zwar m der
Art, wie sie sich die liinwelt aiieigneii und erobern,
wie sie darln spielen und sich sbeschäftigen. Das
neugeborene Kind isk der Am- und Autzenwelt gegen-
über zunächst einpfindungslos,! hilflos, unbeteiligt.
Der ersle Anreiz, durch deii esiauS dein Aichts inS
Dasein der Ilinwelt gezogen wird, ist das Licht. !Zn
-en zunächst nur alS Augenreizierlrannten und emp-
sundenen Lichkkreis krikt nun sehr bald ein Körper
als Erscheinuiig, die eigene Hand. Sie wird von allen
Seltsn beslaunt, gedreht, besühlt, ja sogar init den
Lippen belaslet. Nach lmrzer Zeit folgt der Futz. Ani
ihn zu erhaschen, inusi es niit den Händchen bereits
ein Slüclichen Äauni durcheilenumd eS dürsle, nach
uuzähiigeii Dersuchen nalürlich, sinit der Dorslellung
»Fiitz" als körperliche Erscheiimng nach und nach
den ersten schwachen Aegriff von Entfevnung und
Aauin erwerben. Aiit deig Zitnehinen der Kräfte
und der Fühig'keik, iin Lichtkresse zu sehen und zu
erkennen, wüchst auch der Aegriff der Autzennwelk
alS elwaS aujzer lhin SeiendeS, iu die es nun voin
Aellchen, Wagen oder Stüllchen auS kleine Skreif-
und Aaubzüge unteriiiinint, Ziin sich iinmer inehr da-
von anzueignen. ES neigt sich vor, zur Seike, greift,
suchk Nichlung und Ziel zu aewiiinen imd üen erspäh-
len Gegenstand aus dein Ocaunie an iich zu ziehen.
Gesichk und Tastsinn siud dabeis zunäcyst die haupt-

sächlichsken AneignungSinittel, doch scheinen Hände und
Lippen als Tastorgane fast eine grötzere Aolle zu spie-
len als die Augen. Hat es nun Autschen und Gehen
gelernk, so folgen glrötzere Slreifziige uud dainit
grötzere Lntdeckersreuden. 3etzl geht eü in den wirk-
lichen Aauin, der init üein ganzen Körper geinessen
und durcheilt wird, uud wenn eS eine, wenn auch
unklare uud unbewuszle Aorskellung davon gewonnen
hat, so beginnt nun bald daS Spielen im Aauine.
Gegenskände werden nufgeliirint, uingeworfen, weg-
gestotzen. Das Spielzeug inleressiert zunächsk nicht als
dargestellter Gegeustand, sonderu als beweglicher, ver-
schiebbarer und vielleicht lärininacheuder KLrper. lle-
oes Spiel aber briugt Aereicherung an Erkennt-
nissen, Erlebnisseu und Erfahrunge», unter anderem
auch daS Erkennen der Forin in einer bestiminken
Aedeutung. Dein gesellt sich, nauieiitlich bei Buben,
oft sehc srüh ein lebhaftes linteresse sür die Zusain-
inensetzuug und Aauweise bel, deui uun auch bald
daS Aauen und Formen iin Sandhaufen, im Knalsch,
in Ton und Plastilin folgt. A»s der Häufigkeit der
Wiederholung und dein dabei gezeiglen Liser lätzt sich
wohl der Schlusz ziehen, datz diese Arl des Spielens
der Aorstellung des KindeS ain ineisten entgegen-
koinink und der Nachahiiiuug'ü- und Darslellungsab-
sicht die geringsten Schwierigkeiten bietet, da die Forin
und Gestalt uninillelbar erreichl wird. Absichl u»d
Ersolg sind ineisl schon deullich zu erkenneii, so dasj
inan darin den erslen Ausatz kindlicher Geskaltung er-
blicken und erkennen kann. Denselben im ersken Ge-
kritzel auf der Fläche init dem Slisl zu erkennen,
inacht unS Erwachsene» viel inehr Schwierigkeil, weil
rü abstrakter und inillelbarer ist, »ud inan deSwenen
viel lünger iin Zweisel darüber sein knnn, ob ihin
mehr die Freude an der Aewegung oder schon eine
DarstellungSabsicht zu Grunde Zieg't. 2st jedoch diese
Absicht bereits erkenubar, so handelt es sich doch
iininer wieder uin körperlich oder räuinlich Gedachtes,
uud welche Schwierigkeiten die Kleinen bei de.r
Uebersetzung desselben i» eine Flüche zu überwinden
 
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