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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

DOI Heft:
1./2. Maiheft
DOI Artikel:
Rosenbacher, Paul: Einiges über die Museen in Konstantinopel
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0401

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und den großen Dimensionen, die reiche Yerschieden-
heit in der Abstufung der Farben. Von Dunkelgrün bis
hellem Blaugrün ist jede Schattierung vertreten und
fast alles in einzigartiger Erhaltung.

Die Schiisseln sind meist glattwandig mit cin-
fachem Umriß getöpfert. Die Verzierung ist entweder
durcli Einschneiden oder Einpressen der Ornamente
geschaffen. Die Ornamentik ist iiberreich. Man findet
im Serai niclit nur Pflanzenmotive, wie sie meistens in
westlichen Sammlungen erscheinen. Als große Selten-
heiten kommen ganze Landschaften, die aclit kostbaren
Dinge und Schriftzeichen vor. Außer den Schiisseln
sieht man aber auch Hohlgefäße, Kannen in persischer
Form und vor allem fällt eine 75 cm holie Vase mit
wundervollem Umriß auf. Sie ist nur durch herum-
laufende Wiilste geschmückt. Gut wirken auch einige
Stiicke mit unglasierten und darum durch Oxydation
des eisenhaltigen Scherbens rotbraun gefärbten Reliefs.
Nicht alle Seladone sind im Brande gleich gut geraten.

Zimmermann hat gesondert die fehlerhaften Stiicke
aufgestellt und ebenso Stticke geringwertiger Qualität.
Er wird wohl Recht haben, wenn er diese der Mingzeit
zuweist, aber das letzte Wort ist iiber die Zeitstellung
noch lange nicht gesprochen.

Es läßt sicli nicht leugnen, daß die Sung-Zeit, die
vielleicht den Höhepunkt chinesischer Keramik sah,
durch die wenn auch hervorragend schönen Seladone
etwas einseitig vertreten ist. Aber man darf nicht ver-
gessen, daß es gerade die Seladone waren, die wohl
infolge ihrer großen Haltbarkeit im Mittelalter den
Hauptexportartikel bildeten. Nach Persien, nach Afrika
und nacli Vorderasien, selbst, wenn auch nur in kleinen
Mengen, nach Europa wurde die Ware versandt,
überall geschätzt und begehrt nicht nur wegen ihrer an
den Glanz echter Steine erinnernden Schönheit. Man
schrieb den Seladonen überirdische Kräfte zu. Wenn
den Edlen Gift in die Speisen gemischt war, verrieten
die Schüsseln durch Farbveränderung die verbreche-
rische Absicht. Wie in Europa herrschte dieser Aber-
glaube auch im Orient, wo ja das Gift eine noch größcre
Rolle spielte als im Occident.

Zahlenmäßig wird der Bestand der Seladone weit
übertroffen durch den der Ming-Porzellane, deren Zahl
vielleicht an 4000 herankommt. Aber auch hier muß
man eine Einseitigkeit bedauernd feststellen. Es über-
wiegen die Stücke mit blauer Untergiasurmalerei und
zwar späte Porzellane, d. h. aus der Zeit des Kaisers
Kia-tsing (1522—1566). Ungefähr 70 Stück zeigen die
Marke des Kaisers und geben einen Anhalt für die
Datierung der anderen Stücke. Große und kleine
Stücke, riesige Fischkübel und zierliche Tellerchen,
große tiefe Schalen und Wasserkannen von einem
Reichtum der Formen und der Ornamentik, die den
Beschauer überrascht, sind zu sehen. Reiherfriese
wechseln ab mit Felseninseln. Wir sahen ein Stück,
das ein großes Schiff im Spiegel trug.

Nirgendwo auch nicht in dem reichen Bestand in
Ardebil Persien wird man wieder einen solchen Ein-

Abb. 5. China, Sung-Zeit

druck von der Kunst der chinesischen Blaumalerei er-
halten. Auch die anderen Farben sind vertreten,
wunderschön wirken kleine monochrome gelbe und
rote Stücke.

Auch Kanghi ist vorhanden. Reclit gute grüne
Familie, selbstverständlich ohne die Dresdner Samm-
lung entfernt zu erreichen.

Sehr lehrreicli, wenn aucli gerade nicht erfreu-
lich, wirkt ein Schrank mit b.au-weißem Japan-
Porzellan, dem wißbegierigen Forscher eine will-
kommene Ergänzung der großen Dresdner Bestände.
Es war gewiß nicht leicht, den Porzellanschätzen
eine würdige Aufstehung zu bereiten. Schon ihre
starke Einförm'igkeit hinderte. Dazu kam der zur
Verfügung stehende Raum. Zwei mittelgroße, durch
dicke Eisenstäbe an den Fenstern etwas verdunkelte
Gemächer hatten die Sammlung aufzunehmen.

Wer Kunstwerke aufsteilt, baut. Wie selten kann
ein Baumeister frei schalten. Er ist zu Kompromissen
gezwungen.

Halil Bey und Zimmermann haben ihre schwere
Aufgabe gut gelöst.

Die in den Schränken stehenden und die Wände bis
oben bedeckenden Porzellane wirken in ihren schönen
Farben höchst eindrucksvoll.

Nun erhebt sich die Frage, wie kamen die
Porzellane an den Bosporus?

Es besteht wohl kaum ein Zweifel darüber, daß es
Soliman der Prächtige war, der bei der Eroberung von

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