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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 1 - Nr. 10 (2. Januar - 12. Januar)
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Heidelberg, Freitag, den 12. Januar 1923

Nr. 10

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Lder deren Raum M MN, breit, ^SM MA Mf WA MM MWWM« VWt VW WU UW DM KW KW WM Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
l>r^.?^ ^^""^^"^'gen tVImm W" MM WAL Druck u. Verlag der Unterbadische»
Mk.l-,in—. Bei Wiederholun» WWA Verlagsanstalk W. m. b. H., Heidel»
vkbRachlabn.Toris.lLcheinimittel- HM M ^WWM WWMWWM MWr berg.Neschäfirstellc:Schröderstr.«,.
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Jahrgang

UM WM BklMitiSIM
Essen und Gelsenkirchen besetzt. — Belagerungszustand in Essen.
Kundgebungen der Reichsregierung und der badischen Re-
gierung. — Ein Aufruf des Bezirksvorstandes der sozialdemo-
kratischen Partei Badens für nationale Würde und gegen na-
ionalistische Treibereien. — Die französische Kammer hinter
Poincare.

er. .Heidelberg, 12. Januar.
Der Frieden ist gebrochen. Die Franzosen und
Belgier haben die im Friedensvertrag sesigelegte
Demarkationslinie überschritten, mit einer Begrün-
dung nicht erfüllter Kriegsverpfltchkungen, wie sie
Nur den Gehirnen subaltenrer Chauvinisten ent-
Wringen kann. Denn, inag man über den guten
Willen Deutschlands zur Erfüllung seiner Verpflich-
tungen denken wie man will, eines ist sicher: zu
solcher Gewalttat war kein Anlatz. Sie fiitdet
daher ihren wahren Grund auch nicht in den uuer-
siUlten Reparationsverpflichtungen, sondern einzig
und allein in den imperialistisch-militaristischen Plä-
Uen Frankreichs nach der Beherrschung des linken
Rbeinufers und nach den Bodenschätzen des
^Uhrgebieis. Der Ruf deutscher Annexionisten nach
Aufsaugung Belgiens und Eroberung Brieys und
^ongmvs tönt jetzt — genau so unzart und gewalt-
sam klingend — in französischer Sprache im Ver-
gangen nach „he ttlün et le Kubr" zurück. Die Na -
gsonalisten beider Länder haben sich nichts vor-
iuwerfen. Sie sind einander würdig.
Umso mehr aber haben wir Sozialisten das
Recht und sowohl im nationalen wie im internatio-
nalen Interesse die Pflicht, vor aller Welt gegen diese
Verletzung des Rechtsgedankens und völkerrechts-
widrigen Einbruch in ein friedlich gestirntes Land
feicrlichst Protest einzureichen. Wir haben keine
Ursache, alle Maßnahmen der Auswärtigen Politik
des Reiches zu billigen; ja wir hallen es sogar für
unsere Gcwissenspflicht, das deutsche Volk auf die
>evr merkwürdige Tatsache yinzuweisen, daß allemal
unter der Aegtde sozialtstenreiner Regie-
rungen (1921 unter Fe h renb ach-S imon>
jetzt 1923 unter Cuno-Becker-V. Rosenberg)
das deutsche Volk in die stärkste Gefahrdrohung sei-
ner Existenz gekommen ist. Aber all das kann, darf
Und wird uns nicht hindern, in der Stunde der
bedrohten Einheit des Reiches mit fester Entschlos-
senheit Vinter die Regierung zu treten, auf datz es
Wr gelingen möge, die schwere Gefahr abzuwenden
und sie in ihren Folgen für das deutsche Volk ab-
znmildern.
Avacwendet und abgeschwücht wird diese Gefahr
jedoch inchi durch die Tiraden unserer Na-
tionalisten, welciw die mit Recht über die fran-
zösische Vergewaltigung aufgeregte Volksstimmung
benutzen möchten, Parteigewinne einzuheimsen, selbst
'Henn dadurch Reich und Volk unermeßlich ge-
kchädigt wird. Denn alle Drohgesten unserer
Nationalistischen Parteijünger können angesichts un-
serer völligen Wehrlosigkeit- Ludendorff gab
w 1918 seine Machtpläne nicht eher auf, bis wir
tödlich erschöpft am Boden lagen und den ehemali-
6cn Feinden aus der Hand fressen mutzten — im
Auslande nur lächerlich genommen werden, lie-
fern anderseits aber den französischen Natignaltsten
nur willkommenes Material, unter Hinweis aus
diese Drohungen das französische Volk immer wieder
aufs neue aufzupeitschen. Das deutsche Volk würde
deshalb seinem staatlichen Sein nur selbst das Grab
schaufeln, wenn es auch nur irgendwie den Lockun-
gen nationalistischer Hetze Folge leisten würde. Die
deutsch« Regierung jedoch hat die Pflicht, in
strenger Konsequenz der von WIrih-Rachenau (heute
fehlt uns der von nationalistischer Meuchelhand ge-
mordete Ratbenau mehr als je, heure zeigt sich sein
Hinscheiden als unersetzlicher Verlust für das Deut-
sche Reich) durcvgeführwn und damit ähnliche Krisen
verhindernden Erfüllungspolitik dem unbefangenen
Ausland zu zeigen, datz es n tcht D e u t sch l a nd s
Schuld ist, die diese Krise herbeisitbrte, sondern
jiUur der napoleonische Eroberungsirieb Poiucarös
und seiner militaristisch-großkapitalistischen Hinter-
männer.
Feste Entschlossenheit zur Sicherung der
.Nationalen Einbeit, kühler Verstand gegen
chauvinistische Leidenschaftlichkeit und diploma-
tische Geschicklichkeit in der Ausnützung der
Politischen Situation müssen daher die Grundlagen
der Reichsvolttik in der jetzigen Stunde sein, wobei
sie außerdem sofort mit praktischen Matz-
nahmen zur Beseitigung der jetzigen
Krise hervortrrten mutz. Das deutsche Volk
ist in all seinen Schichten und Parteien — von ein-
zelnen dynastischen Partikularisten vielleicht abge-
sehen, denen eine Krone mehr bedeutet als die
Reichseinhett — fest entschlossen, treu zum
Reichezu stehen, koste es, was es wolle. Es wird
der Regierung ein Leichtes sein, das ganze Volk nm
das nationale Banner zu scharen, wenn sie frei
von nationalistischen Provokationen
^nd herausfordernden Gesten-militärischen Macht-
sitzels als klare Linie ihrer Politik dieSicherung

des Reiches gegen die französischen Raubpläne
hervortreten läßt. Aber auch außenpolitisch
wird die Negierung erfolgreich sein, wenn sie in ge-
schickter Diplomatie gegenüber den französischen
Machtgelüsten, die das Selbstbestimmungsrecht der
Völker illusorisch «rachen, unter Ablehnung wir-
kungsloser Bluffpolttik sich auf ihr gutes Recht
stützt. Denn wenn auch heute noch die fremden
Mächte dem französischen Machttreiben mit einer
gewissen Gelassenheit zusehen, so werden die Ret -
bungsflächen zwischen Frankreichs Imperialis-
mus und den Interessen der übrigen Welt doch
immer größer. England und Amerika wer-
den. so ungern sie es auch sehen, heute Frankreich
noch nicht in die Arme fallen. Aber die Zeit wird
kommen, wo sich die Interessen scheiden werden.
Diesen Zeitpunkt nicht durch übereilte Maßnahmen
binauszuschieben, mutz Deutschlands Aufgabe sein.
Wirth-Rathen au haben es verstanden, durch
ihre Erfüllungspolitik die Zeitstrecke gangbar zu
machen. Wenn Cuno nicht an falscher Stelle steht,
so «ruß auch er — und zwar eiligst, denn die fran-
zösische» Pläne verlangen schnelle politische Ent-
schlüsse — mit Vorschlägen herausrücken, die dem
deutschen Volke das Weiterlebeu ermöglichen rmd
die uns die Sympathie der anderen Mächte sichern.
Deutschland geht daher einen falschen Weg,
wenn es durch leere Gesten, wie sie jetzt wieder
durch rednerische Floskeln und Theatergekte an-
scheinend an die Tagesordnung kommen sollen;
glaubt moralische Eroberungen z« machen. .Na-
tionale Trau erläge" wirken zwar stim-
mungsvoll; sie machen aber in einer trüben Zett, die
nichts als einen einzigen Trauertag bildet, keinen
Eindruck. „Botschasterabb erufung" läßt
zwar das Herz eines jeden Generals wieder jung
werden, autzenpolitisch wirkt eine solche Maßnahme
jedoch schädlich und erinnert an die Mätzchen der
wilhelminischen Aera. Wir warnen, diesen Weg
weitcrzugehen; denn er führt nicht zum Ziele.
Zum Ziele der Rettung des deutschen
Reiches aus der schweren Bedrängnis eines
hcrrschsüchtigen Erobererwillens kommen wir nur,
wenn wir der nationalen Entschlossenheit
die Klugheit in der Wahl der Mittel zugesellen.
Möge es der Regierung gelingen, den rechten und
kürzesten Weg zur Freiheit zu finden: sowohl
um desgeiamten deutschen Volkes wie vor allem
um der schwer veimgesuchten Brüder in den be-
setzten Gebieten willen.

Unser von wirtschaftlicher Not und feindlicher
Drangsalierung ohnehin schon schwer niedergedrück-
tes Volk ist durch den französischen Ein-
bruch ins Ruhrgebie t in neue Erregung ver-
setzt worden.
Die Bereinigte Sozialdemokratische
Partei stellt sich diesem lediglich auf Gewalt ge-
stützten, das Recht des Versailler Vertrages wie die
Menschenrechte der betroffenen Bevölkerung brutal
vergewaltigenden Willkürakt des französi-
schen Imperialismus gegenüber ohne Ein-
schränkung hinter die Kundgebung^ in der der
Reichspräsident am Dienstag vor aller Welt gegen
ihn die Anklage erhoben hat. Und die gesamte
sozialistische Internationale teilte diesen
ihren Standpunkt.
Das enthebt uns jedoch nicht der Pflicht, der von
nationalistischer Seite betriebenen Aufpulschung drS
Volkes zur Anwendung von Gewalt gegen unsere
Bedränger den entschiedensten Widerstand entgegcn-
zusctzcn. Seien wir uns darüber klar, datz das
deutsche Volk außerstande ist, der französischen Ge-
waltanwendung seinerseits erfolgreich mit Gewalt
zu begegnen! Und lassen wir uns nicht darüber
täuschen, datz hinter den Putschplänen, die nnfere
Nationalisten jetzt gegen Frankreich schmieden, sich
die Absicht eines Anschlages aus die Republik und
die Weimarer Verfassung verbirgt.
Das ist eS auch, was es der Sozialdemokratie un-
möglich macht, sich mit d«n Parteien der monarchi-
stischen Reaktion in dieser schwersten Schicksals-
stunde des deutschen Volkes in eine sogen, „nationale
Einheitsfront" gegen den fremden Bedrücker zu
stellet». Die von außen drohenden Gefahren, die sich
jetzt in dem furchtbare» Schlag gegen das Kcrnge-
biet der deutschen Wirtschaft entlanden haben, ver-
mochten die Nationalsozialisten, Demschvölkischen
Mannheim, 11. Januar 1923.

Der französische Einmarsch in Essen
Essen, 11. Jan. Um 10.3V Uhr früh bereits
sind tnEssenetngerückt eine französische
Kavallerieabteilung in Stärke von 50V
Mann mit 1v Tanks, daraus folgend eine französische
Jngenieurkom Mission. Nördlich Essens
sollen die alliierten Truppen bis in die Gegend von
Horst-Emscher vorgegange» fein.
Essen, 11. Jan. Ueber die Besetzung Essens
wird miigeteilt; Nachdem die kleine Kavallerie-
patrouille, die um 1 Uhr die Stadt durchritt, den
zurückliegenden Truppen den Weg frei gemeldet
hatte, erschienen um 1.40 Uhr sieben Panzer-
automobile — das achte war unterwegs mit
einer Panne liegen geblieben —, gefolgt von Rad-
fahrern, Futzvolk und Rettern. Es waren
Truppen vom 50. und 14. Infanterie-Regiment, zwei
Radsabrerkompagnien, Panzerwagen der Alpenjäger
und Reiter der vierten Kavallertediviston.
Es wurden sogleich die Post, das Kohlen-
syndikat, die Eisendahndirektion und
andere Reichsgebäude besetzt. Der Besetzung der
Post folgte die sofortige Unterbindung
aller Drähte eine Stunde lang. Die Unterbrechung
erfolgte zu dein Zweck, um den französischen
Berichterstattern die Absendung ihrer langen Situa-
tionsberichte zu ermöglichen. Alle anderen Jour-
nalisten waren von der Benutzung der Drähte aus-
geschlossen. Darüber hinaus tvurden sie län-
gere Zeit im Postgebände sestgesetz t. Um 3 Uhr
Wurde der Verkehr auf der Post nach Beschla»-
nähme einiger Fernleitungen für die Franzosen
wiederfreigegcbeir, das Gebäude bleibt aber
besetzt.
Nach 8 Uhr tvurden die Truppen tn die Außen-
bezirke zurückgezogen, wobei der Automobil- und
Magenverkehr in und aus der Stadt Mr längere
Zeit unterbrochen wurde, und dann erfolgte nach
längerem Hin und Her der Besuch des Generals
Ramont bet Oberbürgermeister Dr.
Luther und Bürgermeister Schäfer im Rat-
haus. Zuerst hatte der General gefordert, datz Bür-
germeister Schäfer zu ihm komme und dann hatte
er gewünscht, vom Oberbürgermeister an der
Schwelle des Rathauses empfangen zu werden. Dies
alles wurde abgelehnt.
Der französische General, der in Villa Hügel
Wohnsitz nahm, teilte dann mit, datz der Belage-
rung s r u st a n d verhängt werde. Hiergegen Pro-
testierte der Oberbürgermeister energisch.
Nach der Unterredung zwischen -Stadtoberhaupt
und General nach Einbruch der Dunkelheit wurden
wieder Truppe» auf dem Bahnhossplatz
aufgestellt. Gegen 7 Uhr kamen dort französische
Verstärkungen an, die auf dem Bahnhofsplatz
lagerten. Der Verkehr ist dadurch sehr behindert,
da sich eine sehr grotze Menschenmenge um
den Bahnhossplatz anstellte, die nicht vor- noch rück-
wärts kann. Die BahnhofSausgänge sind nach zwei
Seiten geschlossen und nur zwei schmale Türen nach
der Nordsette sind offen gehalten.
Erst in später Abendstunde trat wieder
etwas Ruh« ein. Ernstliche Zwischenfälle
haben sich bisher glücklicherweise nicht ereignet. Der

und die hinter ihnen stehenden Deulschnationalc»
nicht von der wildesten Gewalthetze gegen die Re
publik und ihre Anhänger abzuhatten. Sie sind cs,
die die nationalistische Einheitsfront von vornherein
zerschlagen haben und denen wir es verdanken,
wenn das deutsche Volk dem äußeren Feind jetzt in-
nerlich zerrissen grgenübertritt.
Das besagt ,sicht, daß die sozialdeinokrchische
Arbeiterschaft nun den französischen Einbruch ins
Ruhrgebiet geduldig und widerstandslos hinneh-
men würde. Die Methoden^ die man »ins von na-
tionalistischer Seite dagegen empfiehlt, lehnen wir
jedoch als gefährlich, ja selbstmörderisch mit Ent-
schiedenheit ab. Vor allem empfehlen wir unseren
Anhängern, den Anfputschungsvcrfuchen von rechts
gegenüber überall im Lande Ruhe und Besonnen-
heit zu bewahren und die Parolen abzuwartcn, die
ihnen von der Zentmlleitnng drr Partei zugehen
werde«».
Das gilt auch gegenüber den« Versuch von l o m
munistischer Seite, die Gelegenheit zu eincr
General st reik-Aktion auszunützen. Auch
diesen dunkeln Treibereien! gegenüber ist äußerste
Vorsicht gebvtcu. Ein Generalstreik im unbc
setzten Deutschland wäre im Augenblick so ziemlich
das unsinnigste, was jetzt unternommen wer-
den könnte.
Die sozialistische Arbeiterschaft hat in den schwe-
ren nationalen Heimsuchungen der letzten Jahre ihre
Treue zum Reich durch ungezählte Opfer der Tat
bekundet. Sie wird cs auch im gegenwärtigen
Augenblick einer neuen schweren Gefahr nicht an
solchen fehlen lasten. Auch jetzt lautet für sie die
Parole: Besonnene Festigkeit in der Abwehr der von
außen drohenden Gefahr! Alles für die Aufrecht-
erhaltung der Reichseinhett! Entschlossenster Wi-
derstand gegen jeden Anschlag aus die Republik!

Der Bezirksvorstand der Bereinigten Sozialdem. Partei Badens.

WkUWMÜ M PMigkWßky iS WM NW

Eisenbahnverkehr ist ungestört. Abends
fand dann eine grotze Trauersttzung der
Stadtverordneten statt, in der der einmütige
Protest aller Parteien wiederholt worden ist.
Essen, 11. Jmr. Nach den vorliegenden Ve-
fehlen des französischen Generals werden heute
zwetDivistonendcr französischen Rheinarme«
das nachgenannte Gebiet besetzen: 1. Division:
Oberhausen, einen Teil des Landkreises Esten,
einen Teil des Landkreises Recklinghausen,
einen Teil des Landkreises Dinslaken. Divl-
sionsstavSquartier: Alterrestrn. S. Division: Stadt
Mülheim, Stadt Essen, einen Teil des Land-
kreises Efsen, ev. Kreis Mettmann. Divisions-
staüsquarticr: Werden a. d. Ruhr.
Parts, ist. Jan. Kriegsminister Maginot de-
mentiert in allerbesttmmtester Form, datz an dem
Vormarsch im Ruhrgebiet schwarze Truppen
beteiligt wären.
Paris, 11. Jarr. Nach eincr Meldung deS
„Petit Parisien" soll Die Ueberstediung des Kohlen-
syndikats von Essen nach Hamburg wahrscheinlich
zur Folge haben, daß nicht nur Essen, sondern daS
ganze Ruhrgebiet besetzt werde. Das
„Echo de Paris" schreibt, datz durch diese Uebcrsied-
lung die französischen Sanktionspläne, wovon die
Ueberwachung der Kohlenförderung im Ruhrgebiet
dir erste Etappe sei, schneller dnrchgcsührt werde, als
sie geplant worden seien.
Weitere Ausdehnung der Besetzung
Essen, 12. Jan. Nach den Mitteilungen ver-
schiedener Blätter sind weitere französische Vorposten
in die Gegend von Wattenscheid und Bochum
gelangt. Die Grenz« des neu besetzten Gebietes er-
streckt sich bis jetzt vom Norden von Esse» bis nach
Oberhansen.
Gelsenkirchen, 12. Jan. Die Franzose«
sind im Laufe des gestrigen AbendS einmar-
schiert und habe» die Stadt besetz».
Belagerungszustand in Essen.
Esse«, 11. Jan. Der französisch« kommandie»
rcude General verhängte in dem neu besetzten Gebiet
den Belagerungszustand. Die Presse
darf ohneZensur weiter erscheinen. Der Post-,
Telegraphen- und Telephonverkehr bleibt unbehin-
d rt bestehen, der Verkehr erleidet keine Einschrän-
kung. Waffen und Munition sind an die Gemeinde-
behörden abzuliefern.
Essen, 11. Jan. Vor dein Einmarsch fand in
Essen eine riesige Volkskundgebung statt, tn der fol-
gende Entschließung angenommen wurde: „Der Auf-
ruf des Reichspräsidenten und der Neichsregierung
findet vollen Widerhall in den Herzen aller
Essener. Angesichts der Gefahr scharfer Gewaltpoli-
tik und harter Not halten wir fcst an deutschent
Gemeinst nn, OPserfreudigkeil und Vaterlands-
liebe. Bor der ganzen Welt legen wir lauten Ein-
spruch ein gegen Rechtsbruch und Gewaltpolitik.
Was auch kommen mag, wir bekennen uns fest in
unerschütterlicher Treue zu Volk und Vaterland."
Eine Kundgebung der
Reichsregierung.
Berlin, 11. Jan. Der Reichspräsident u>ch
Reichsregierung erlassen folgenden Ausruf:
An das deutsche Volk!
Ei» neuer Gewaltstreich ist auf uns heruieder-
gcgauge». Mit Wohl berechneter Wucht trifft der
Schlag der französischen Faust den ungeschützten
Lebensnerv der deutschen Wirtschaft,
längst vorausgesehen und erwartet. Vorausgesehen;
denn die Pläne und Wünsche der Pariser Macht-
politik sind ohne Scherl auf Gassen und Märkten
erörtert worden, erwartet, denn immer blieb die
Hoffnung, datz die wirtschaftliche Vernunft des
französischen Volkes die Politische Begehrlichkeit sei-
ner Machthaber zügeln würde. Hat wirklich der
Glaube geherrscht, datz den französischen Nöten durch
Zerstörung des deutschen Arbeitszentrums ab-
geholfen würde, so mutz die schwere Enttäuschung
solgetl. Gegen den Rat der Fachmänner aller Welt
will Frankreich die Probe machen. Datz es bei dem
Versuche scheitern mutz, ist unsere Ueberzeugung.
Uns fehlt die Macht, diese Tat der Verb len-
düng, die sich gegen Deutschland wie gegen die
gesamte Wirtschaft richtet, mit eigener Kraft zu Ver-
bindern. Was geschehen konnte, um das Unheil ab-
zuwehren, haben wir versucht. Das hereingebrochene
Unheil zu mildern und zubeende n, wird un-
ser Denken und Trachten sein. Dabei leitet uns die
Würde und das Recht der Nation, mit der wir nns
eins fühlen auch in der Kraft des guten Gewissens.
Alle Herzen erfüllt die Bitterkeit dieser
Stunde ungeheuer, wo über weitere Teile unseres
Vaterlandes das Schicksal hereinbricht, die Leiden
der Fremdherrschaft ertragen zu müssen. Ver-
mehrte Not für unser sorgenbedrängtes Volk
wird der Einbruch in die Hauptstätte unserer Arbeit
im Gefolge haben. Umso dringlicher aber ergeht der
Ruf an alle Volksgenossen: Erschwert nicht das Los
der am härtesten betrofsenen Landsleute, erfüllt auf-
richtigen Willens und klaren Kopfes die Forderun-
gen des Tages. Keine Handlung darf geschehen, die
unserer gerechten Sache schadet. Schwerste Schuld
am eigenen Volke würde auf fick) laden, der sich hin-
reißen lietzc, durch eine unüberlegte Tat dem
Gegner tri die Hände zu arbeiten. Von energischer
 
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