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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 81 - Nr. 90 (7. April - 18. April)
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Volkszeitung

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stunden »er Redaktton: ll —lL Uh«.
Postscheckkonto Karlsruhe Rr.SLS77.
Tei.-ASr.: Volks-eitung Heidelberg,
Druck u. Verlag der Unterbadische»
verlaoranfialt G. m. b. tz., Heidel-
berg. iLeschSsirstclle: Echröderftr.zg.
Del..- Ervedition «7S u. Redak. A7».

rkkks-Z?iMig für die werMgeZMUerMg der Amlsßezftte Seldelbttg. NlesW, ENHeim. KüvWkll. LverSach. MsSaS. VMen. Nklrhellll. Vorberg. rallSerbNosshew v. WeMew

sa

5. Jahrgang
Heidelberg, Mittwoch, den 18. April 1923 Nr. 90
Die Rede v. Rosenbergs wirkungslos.
Die Wandlung Stresemanns.

» H«idelb tr g,l8. AMl.
Unsere gestrige Erklärung, daß die Rede des
Reicktsanßenministers v. Rosenberg trotz ihrer nicht
ungeschickten Form angesichts des Mangels an jeg-
lichen positiven Vorschlägen im Ausland völlig
wirkungslos Verhallen werde, Hai sehr schnell
ihre Bestätigung gefunden. Unsere Feststellung, daß
Herr v. Rosenberg nur Diplomat ist, das sormellc
Rüstzeug des Diplomaten beherrscht, dem jedoch die
Kraft und der Elan fehlt, eine verworrene Situation
zu entwirren und den schwierigen außenpolitischen
Konflikt zu lösen, wird bekräftigt durch das Echo
des Ausrandes auf v. Rosenbergs Rede.
Die Presse stimmen des Auslandes
bestätigen in jeder Hinsicht unsere Auffassung, daß
die vorgestrige Rede des Reichsaußenministers von
Rosenberg in keiner Weise der Situation ent-
spricht. Keinen Schritt vorwärts I Das ist das all-
gemeine Echo. Vor allem ist London unzu-
frieden, daß die Reichsregierung keine Möglich-
keit schasst, aus der Misere herauszukommen. Nur
die stark pazifistischen „Daily News" finden in
v. Rosenbergs Rede einen versöhnlichen Ton. Die
übrige englische Presse ist jedoch unzufrieden.
Der „Daily Telegraph" schreibt halboffi-
ziös: Das neue deutsche Angebot stellt einen wesent-
lichen Fortschritt gegenüber den früheren deutschen
Vorschlägen dar, ist aber nicht ausreichend,
lim Frankreich zu befriedigen oder es den anderen
alliierten Regierungen zu ermöglichen, das Angebot
»u unterstützen. Es ist sehr bedauerlich, das;
Politische Quertreibereien den Reichskanzler Cuno
und seine Regierung daran gehindert haben, eine
Ziffer von etwa 4 0 Milliarden Gold mark
zu nennen, die als Vorhandlungsbasis nicht ohne
weiteres von der Hand gewiesen worden wäre. —
Die frankophile „M o r n in g p o st" erklärt, der
deutsche Außenminister bringe keine Garan-
tien, die Frankreich veranlassen könnten, sich aus
dem Ruhrgebiet zurückzuziehen. Das amtliche
Deutschland glaubt anscheinend immer noch, durch
die Waffe der passiven Resistenz st« genzu können.
— Die „Times" stellen fest, die Rede v. Rosen-
bergs bringen die Dinge keinen Schritt vor-
wärts. Von einer schöpferischen Politik
oder einer Annäherung cm eine solch« war in der
Rede nichts zu bemerke«.
In Parts mißt man der Rede keine große
Bedeutung bei. Das „Oeuvre" äußert: D°e
Alliierten erwarten von Deutschland direkte und
offene Vorschläge. Die gestrige Rede bat das nicht
ersetzt. Sie bringt jedoch den Beweis, daß die gegen-
seitigen Standpunkte sich immer mehr nähern. —
Der „Pettt Parisien" meint, v. Rosenberg sehe
nicht, was Deutschland ruiniert: Nicht die Ruhr-
besetzung, sondern der passive Widerstand, der nahe-
zu eine Goldmillinrde das deutsche Reich gekostet
habe. Deutschland stehe es zu, zu entscheiden, ob
es seinen Ruin der Erfüllung der in den Ver-
trägen vorgeschriebenen Verpflichtung vorziehe. —
Das „Petit Journal" zieht aus der Rede den
Schluß, daß di« Deutschen es nicht eilig haben,
di« Räumung des Ruhrgebietes beginnen zu sehen
und man fühle, daß die Aussichten noch weit aus-
einandergehe«.
Angesichts dieser unbefriedigenden Auslands-
stimmen, die uns aufs neue die Schwierigkeit der
Situation enthüllen, ist es bedauerlich, daß das Gros
der bürgerlichen Parteien nichts Besseres weiß, als
sich hinter den Reichsautzenministcr zu stellen. So
blieb der vorgestrige Sprecher der Sozialdemokratie,
Genosse Hermann Müller mit seiner hervorragen-
den praktisch-positiven außenpolitischen Rede fast
allein auf weiter Flur. In gewissem Abstande folgte
ihm nur der Sprecher der Deutschen Liberalen Volks-
dariei, Herr Stresemann. Herr Stresemann,
der es allzeit verstand, sich geschickt den Politischen
Sstuat'onen anzupafsen, hielt gestern eine außen-
politische Rede starken staatsmännischen Formats,
wie man sie aus dem Munde eines Führers der
Deutschen Liberalen Volkspartei bis dato nicht zu
hören gewohnt war. Wenn auch an dieser Wand-
lung Stresemanns stark dir Sprungbereitschaft zum
Reichskanzleramt mitbeteiligt war, so mutz
doch gesagt werden, daß sich in den Auffassungen des
dolksparteilichen Führers die Vernunft immer stär-
ker Bahn bricht. So stark Bahn bricht, datz der soz.
Varlamentsdienst schreibt, die sachlichen Argumente
Stresemanns, die den Zweck hatten, die so stark wus-
einanderstrebenden Völker der Verständigung näher
w führen, kann auch die Sozialdemokratie im all-
gemeinen unterschreiben. Es zeigt sich hier, datz der
Gedanke einer Erfüllungspolitik im Rahmen der Lei-
stungsfähigkeit bei den einsichtigen Elementen aller
Parteien wieder mehr Bahn bricht, als zu jener
Ait, als gewisse Kreise es als Nobilttät empfanden,
Wirth und Nathenau darob des Verrats zu zeihen.
Fraglich bleibt allerdings, ob die guten Gedanken
des Herrn Stresemann die Zustimmung seiner Frak-
wn finden, wie wir dies schon öfters erlebten. So
steuern wir aus dieser Debatte, die bisher außer den
Reden von Müller-Franken und Stresemann ziem-

lich bedeutungslos war, immer noch ins Ungewisse
und der rettend« Hafen scheint noch in weiter Ferne
zu liegen.
Fortsetzung der
Reichstagsaussprache
Berlin, 17. April.
Der Reichstag setzte heute di« Aussprache über
die Rede v. Rosenbergs fort.
Abg. Gothei n(Dem.) kritisiert dasVerhalten des
Völkerbundes und findet in der Rede v. Rosenbergs
eine konkrete Verhandlungsgrundlage. Ueber die
Forderung, das Ruhrrevier nur nach Maßgabe der
geleisteten Zahlungen zu räumen, kann es keine
Diskussion geben, ebensowenig über den Plan einer
internationalen Kontrolle dieses Gebie-
tes durch den Völkerbund. Was das bedeutet, haben
wir im Saargcbiet erlebt.
Abg. Stresemann (L.V.) erklärt, der Außen-
minister habe in seiner gestrigen Rede die aktive
Politikder Regierung in glücklicher Weise fori-
ge führt. Entscheidend in der Rede fei, datz sie
eine geeignete Grundlage für internationale Ab-
machungen biete, wenn Frankreich die Verständigung
Wolle. Deutschlands Leistungsfähigkeit und Kredit
muß der Ausgangspunkt für die Entscheidung der
Reparatioussrage sein. Wenn England über die
Kapitalflucht und Steuerflucht in
Deutschland spricht, so frage ich: Welche Regierung
kann die Kapitalflucht bekämpfen, wenn ihre Auto-
rität nach außen hin so mit Füßen getreten wird,
datz sie nach innen Yin gar keine Autorität auszu-
bringen vermag? (Lebh. Sehr richtig!) Die Vor-
aussetzungen der Staatsautorität sind feste Grenzen
nach außerr und Souveränität nach innen. Die En-
tente aber achtet weder unsere Grenzen noch unsere
Souveränität. Es gibt keine ärgeren Angriffe auf
die Souveränität als die Art, wie Deutschland be-
handelt wird. (Lebh. Zustimmung.) Ist die deutsche
Freiheit und Selbständigkeit damit zu erringen, datz
Industrie, Finanzen und Landwirt-
schaft veranlaßt werden, sich dem Staate zur Ver-
fügung zu stellen als Garanten für inter-
nationale Leistungen, dann werden sie sich
nicht sträuben. Der französische Ministerpräsident
hat als eine der Garantien an erster Stelle eine
internationale Anleihe genannt. Dann
soll man uns eine international« Anleihe aber doch
nicht unmöglich machen durch Zerstörungen, wie
man sie an der Ruhr betreibt. (Lebh. Zustimmung.)
Es ist notwendig, einmal vor der Welt festzustellen,
datz eine Verständigung in der Reparalionssrage
nicht an Deutschland scheitert. Fragen mutz man
sich, ob die Aufrechterhaltung einer Zollgrenze
bei dem heutigen Zustand Europas überhaupt
noch möglich sei. Ein« Unterstellung des
Rb «Inlandes unter den Völkerbund kann
iricht in Frage kommen. Ganz entschieden mutz ich
mich dagegen verwahren, wenn heute in der „D e u t-
schen Zeitung" erklärt wird: „Wir wollen nicht
zahlen!" (Hört, hört!) Nichts schadet uns im
Kampf um unsere Freiheit an der Ruhr mehr als
diejenigen, di« mit solchen Auslassungen unseren
Gegnern Gelegenheit geben, sich gegen uns zu
wenden. (Lebh. Sehr wahr!) Eine weitere Voraus-
setzung für alle Verhandlungen ist die Freilassung
aller Verbakteten und Ausgewiesenen aus dem be-
setzten Gebiete. Unendlich schwer ist die Stellung
jeder Regierung gegenüber diesen Extremen. Selt-
sam sind diejenigen, die sich aus Bismarck be-
ziehen und in ihrer innen- und antzenpolitischen Be-
urteilung von Bismarck keineSpurerkennen
lassen, sonst würden sie alles daransetzen, alle Kräfte
zusammenzufassen, um die Einhett für den deut-
schen Staat zu retten. (Lebh. Sehr richtig!) Sonst
würden sie begreifen, daß wir in einer Ueb er-
gänz s z c t t sind, in der es darauf ankommt, all«
Kräfte zu Vereinen, um den Staat zu sichern. Ich
habe volles Verständnis für das Aufschäumen der
Kritik. Die Regierung kann gegenüber
zu weitgehenden nationalen Forderungen
nur die Politik des Erreichbaren befolgen. Unsere
Aufgabe ist es, durch alle Entschiedenheit den Staat
zu verteidigen, so wie er st, durch nationale Beson-
nenheit und Zusammenfassung aller Kräfte die Zu-
kunft zu sichern, aus der einmal andere weiter aus-
bauen werden, die uns dankbarer sein werden als
manche Kritiker der Gegenwart, die an dem Staat
lediglich negative Kritik üben. (Lebh. Beifall.)
Abg. Leicht (Bayr.VP.) erklärt: Nachdem die
Negierung oft genug ihre Bereitwilligkeit zu Ver-
handlungen ausgesprochen hat, braucht sie kein neues
Angebot zu machen.
Abg. Stöcker (Komm.) betont: Der Einbruch
des französischen Imperialismus ist ein unerhörter
Ueberfall, gegen den sich die ganze deutsche Arbeiter-
schaft mit Recht auflehnt und weiter auflehnen wird.
Die Arbeiterschaft im Ruhrgebiet führt in Wahrheit
einen zweifachen Krieg gegen den französischen und
den deuschen Kapitalismus. Wir verlangen eine

proletarische Kontrolle der Rhein- und Ruhrhilfe,
um di« wahren Landesverräter und die wahren Pa-
trioten zu kennzeichnen. Jetzt wäre Gelegenheit, dir
alt« Forderung des Sechsstundentages zu bewilli-
gen. Wir verlangen den Generalstreik der Arbeiter-
schaft, um auf diese Weise di« Arbeiterschaft der
ganzen Wett aufzurufen. Die Arbeiterschaft wird
den schärfsten Kampf ausnehmen gegen jeden Ver-
such, das Rheinland oder das Ruhrgebiet von
Deutschland oder auch nur von Preußen loszulösen.
Ein Sturz der Regierung Cuno und die Errichtung
einer Proletarischen Arbetterregierung würde dem
Abwehrkampf den Erfolg garantieren. Eine Ar-
beiterregisrung, die sich auf Sowjetrußland (Heiter-
keit) und auf die Arbeitermasien von England, Frank-
reich und Italien (Erneute Heiterkeit) stützen könnte,
hätte die Macht zum Widerstand. (Abg. Brcitscheid:
Wie denn?) Durch Mobilisierung des gesamten Pro-
letariats dieser Länder. (Beifall bei den Kommu-
nisten, Gelächter bei den übrigen Parteien.)
Abg. Alpers (Deutschhannov.) wendet sich ge-
gen die rheinischen Separatisten.
Abg. v. Graefe (Dtschv. Freiheits),.) begrüßt
die vaterländischen Töne in der Rede des Außen-
ministers und Wendel sich gegen Sevcring.
Nächste Sitzung: Mittwoch Nachmittag. Hierbei
wird für die Sozialdetnokratie Gen. Brettscheid
sprechen.

Internationale Lage.
Wiederherstellungs-Besprechungen.
Paris, 17. April. Die gestrigen Besprechungen
über die Neuregelung der Wiederhorstellungssragen
und die Ausarbeitung des neuen französischen Pla-
nes für die kommende Brüsseler Konferenz zwischen
Poincarö, Barlhou,Delacroix und Sey -
doux haben nach dem „Petit Puristen" zu folgen-
den Ergebnissen! geführt: Das Londoner Zah-
lungsabkommen vom 5. Mai 21 bleibt im
großen und ganzen unverändert. Franzosen
und Belgier bekümmern sich bei den kommenden Be-
ratungen nur um ihre eigenen Anteil«, so daß di«
Forderungen der übrigen Verbündeten später be-
rücksichtigt werden.
Ein Aufruf des Fr'redenskartells.
Das Deutsche Friedeuskartell sendet uns einen
Aufruf, in dem es u. a. heißt: Wir fordern, datz die
deutsche Regierung die Summe nennt, die nach
ihrem Ermessen der äußersten deutschen Leistungs-
fähigkeit entspricht, und di« den berechtigten An-
sprüchen Frankreichs aus Wiederaufbau der zerstör-
ten Gebiete, soweit es irgend möglich ist, entgegen-
konmnen sollte. Wir fordern Vorschläge für die
gegenseitige Sicherung Frankreichs und Deutschlands
gegen neue Kriege. Di« Entmilitarisierung der
deutschen Rheinuser auf ewige Zeiten unter Beauf-
sichtigung des Völkerbundes ist bereits durch den
Versailler Vertrag festgesetzt (Artikel 42 bis 44); wir
verlangen aber, daß die deutsche Regierung ihre Be-
reitschaft erklärt, auch darüber hinaus Sicherheiten
zu schassen, soweit diese auf freier Vereinba-
rung und Gegenseitigkeit beruhen; und
daß sie in diesem Zusammenhänge den Eintritt
Deutschlands in den Völkerbund als beste
Bürgschaft gegen jede Kriegsgefahr beantragt.
Di« Erfüllung dieser Forderungen ist die notwen-
dige Voraussetzung für die weitere ungeschwächte
Abwehr militaristischer Gewalt und für das un-
entbehrliche Vertrauen, ohne das keine
deutsche Regierung geeignet bleiben kann, das deut-
sche Volk in der gegenwärtigen Schicksalsstunde zu
führen.
Ruhr.
Das Reichskommiffariat in
Koblenz aufgehoben.
Berltn, 17. April. Der Präsident der inter -
alliierten Rheinlandkommisfton hat
heute den deutschen RetchSkommissar für
die besetztem rheinischen Gebiete, Für st Hatzfeld-
Wilden bürg durch eine Note verständigt, datz
die Aufrechterhaltung eines rheinischen
Kommissariats für die besetzten Gebiete die Autorität
der interalliierten Rheinlandskommisston und die
Ausführung ihrer Verordnungen beeinträchtige und
datz daher die Mission des deutschen Reichskommif-
sarS als beendet betrachtet werden müsse.
Fürst Hatzfeld hat gegen die Aufhebung des
Reichskommissariats sofort Einspruch erhoben.
Fürst Hatzfeld verläßt einstweilen der Gewalt
weichend mit seinem gesamten Beamtenstab das be-
setzte Gebiet.
Durch die Aufhebung des Reichskommissariats
Würde der rheinischen Bevölkerung die Möglichkeit
genommen, Beschwerden über Ucbergriffe der
Besatznngsbehörd«n durch den beglaubigten Ver-
treter der deutschen Negierung bei der Rheinlands-
kommission vorzubringen.

Zur Lage.
I» Dortmund haben die Franzosen a«
Montag morgen das Warenhaus Altstoff besetzt,
anscheinend, weil es ihnen nicht gelungen ist, den
bereits mehrfach gesuchien Geschäftsführer zu ver-
haften. In Recklinghausen sind erneut meh-
rere Schulen für Truppen sowie Krankenbaracken
angefordert worden. Außer der Zeche „Victor" und
dem Schacht „Ickern" südlich Welttov staben Fran-
zosen bezw. Belgier, soweit bisher bekannt ist, im
Laufs des Sonntags auch die Zechen „Nordstern"
S und 4 bei Gelsenkirchen, Vereinigte Welheim bei
Horst-Emscher, „Gms Mottke" bei Gladbeck und
„Roland" bei Oberhausen besetzt.
Von den Kontrollstellen in Wetter und Haßling-
hausen wird eine zunehmende Verschärfung der Gü-
terkontrolle, in der Hauptsache von Kohlentrans-
porten, gemeldet.
In Witten sind zur Beschlagnahme von Koh-
lenfahrzeugen französische Posten aufgestellt. Im
Landkreise Schwelm findet zurzeit eine allgenreine
Ablösung der französischen Truppen statt.
Essen, 17. April. Ueber di« V e r k e h r s l a ge
im Ruhrgebiet ist folgendes zu berichten: Von den
206 Bahnhöfen des Ruhrgebietes sind im ganzen
170 von den Feinden besetzt. Auf 60 von diesen
ruht der deutsche Betrieb, während die übrigen be-
setzten Bahnhöfe noch immer inr deutschen Betrieb
sind. Von den 60 deutschen Betriebsleitungen unter-
stehenden Bahnhöfen werden 44 im mäßigen Zug-
verkehr von den Gegnern befahren; 10 liegen still.
Auf 6 Bahnhöfen ist der Betrieb infolge der Be-
setzung angrenzender Strecken lahmgelegi.
Werden, 17. April. Vor dem Untersuchungs-
echter des französischen Kriegsgerichtes ist gestern
Dr. Krupp von Bohlen-Halbach in der
Angelegenheit der verhafteten Kruppdirektoren als
Zeug« vernommen worden.
Mannheim.
Mannh ei m, 17. April. Nach einer Mittest
lung des Bezirksamts Ludwigshafen ist der Ver-
kehr zwischen dem besetzten und unbesetz-
ten Gebiet über die R'heinbrücke in der Zeit von
8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens für Fußgänger
und Wagen mit Pferdegespann wieder freige-
geben worden. Dagegen ist die Rhcinbrücke in
der genannten Zeit für den Verkehr mit Kraftwagen
und Krafträdern, mit Fahrrädern und mit -er Stra-
ßenbahn verboten. Alle Kraftwagen, Motor- und
Fahrräder, für di« nicht ein Begleitschreiben von
dem französischen Zollamt in Wiesbaden (Rhein-
bahnstratze) ausgestellt ist, werden an den Zollspcr-
ren aus dem besetzten ins unbesetzte Gebiet reicht
dunchgelassen.
Der jüngst eingerichtet« Paketverkehr auf
den Rheindampsern ist auf Veranlassung der Fran-
zosen eingestellt worden. Der Brie^verkehr
geht noch.
Wie kürzlich berichtet wurde, haben die franzö-
sischen Soldaten auf der Gemarkung Brühl bei
Schwetzingen Hasenjagden veranstaltet, Da die
Einwohnerschaft von Brühl dabei erheblich gefähr-
det wurde, beschloß der Bezirksrat Schwetzingen,
an den Oberkommandierenden der französischen
Rheinarmee ein Schreiben zu richten, in dem die
Einstellung der Hasenjagden gefordert lvlrd.
Offenburg.
Offenburg, 17. April. Der SlaüsnSvorstand
von Offenburg-Rangierbahnhof, Eiseubahninfpektor
Gall und Amtsgahilse Borho, die im Verwaltungs-
gebäude des Rangierbahnhoses wohnen, müssen ihre
Dienstwohnungen innerhalb 48 Stunden
räumen, weil im Bahnhof angeblich Sabotage-
akte vorgekommen sein sollen. Wenn wirklich Beschä-
digungen entstanden sind, dann dürften sie, so
schreibt man uns, nur auf die Unkcmttnis dar Fran-
zosen selbst in der Handhabung der Einrichtungen
zurückMführen sein.
Kehl, 17. April. Nachdem es der Stations-
vorsteher von Kehl abgelehnt hatte, unter den Fran-
zosen Dienst zu tun, soll das übrige Bahnpersonal
zu einer Aussprache bei dem französischen Komman-
danten eingeladen werden, um es zur Wiederauf-
nahme des Dienstes zu veranlassen.
Der Geschäftsverkehr mit Offenburg'
Offenburg, 17. April. Das „Offenburger
Tagblatt" wendet sich in seiner gestrigen Nummer
gegen die im unbesetzten Deutschland, ganz beson-
ders in Baden und Württemberg bestehende falsche
Einsicht, daß man Offenburg nur mit Gefahr betreten
könne. Es sei die irrige Meinung vertreten, datz
Waren beschlagnahmt, Gelder abgenommen Werden.
Das Blatt stellt fest, daß solche Befürchtun-
gen der auswärtigen mit Offenburg in Verbindung
stehenden Geschäftswelt grundlos sind. Alle
Geschäft« könne wie früher abgewickelt
werden, nur wird sich infolge der Zug- und Postt
Umleitung die Erledigung etwas verzögern.
Die Offenburger Geschäfte, so schreibt das genannte
Blatt weiter» find in den letzten Wochen sehr zurück-
 
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