Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

DOI Kapitel:
Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48725#0249
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ös s Ml 'K
lisaal ver 3

bereitung
LudwialttE
ihr VorStre
>e. Stadtp!^


immel

L»^
Kill'

trüb 74l-i

0 mm


rid«lK,7
rzugsp^'^
MNU!^^
nfell^
lröincüll'
her^^e"
elbM-vA
mobrl'
si'^^
;en
Rappe*
traße 47-,

^ostcn ^
A. M
Fklköö^A,
Werktags
i . s
hmengirm
iheim^^
alle

Lrucd
» liolteo
«WS» ,
, ttei-te^e
»8sct>ei>
HlbreN
LrenKM«
.ffon'atz"
Tig-I
KIl Hücb^
^jss
tirnu<^
>16-, Silb^
ieprualuo
itte »ul' „
GAM
,i empN^.a
MörzgB^
g Plöck-

i8!Zkj88!öI>H
öttnet.
Neickeld«-^

Jahrgang

Heidelberg, Do«aer»tag, den 1. März 1923

M ^AO ^MO MG
MU R U WM MM7 AssN»WU^
ReNamcan;etgen<74mm ^WWW^WWtz. MsL Mp ffMU, WM, ^W» ^WM ZGL WM, KM KWU MM MN MM MM» Truck ». e'-rlaa der Unurbadüchen
tzUWÄNÜss«: W W /M Ws W W WM W M MW
'«»>«-» fiüdä.leine«u" ahme SM T-l.^xucd..iu.,L«7tu.R-dak.W78.
lsges-Settvüg für dke weMSltaeBevvlkerMg der AmtsSezttte Sewelverg, WiesloS. SWeiA. Wlngev, KSerbach. Mosbach. Bachen, Melshelm, Borberg, rauberbWossheim u. Wertheim
Nr. 51

ARkiNM Ms.
Von Reinhard Strecker, ehenml. Hess.
Unkerrichtsminister.
Marchfteld, Wiscoresiir, 25. Jan. 19-23.
Uebe» eines erstaune ich bet meinen Reisen tm
Rande hier immer wieder von neuern, das ist die
Unkenntnis gegenüber den politischen Wand-
innyen in Deutschland, die Unkenntnis unserer neuen
Verfassung und der neuen Richtlinien der deutschen
Politik. Letzteres ist noch am ehesten zu begreifen;
denn bei den ewigen Regierung «wechseln in Deutsch-
lanh gaben sich ja ivirklich klare, überzeugende Richt-
Unikn noch gar nicht herausarbeiten lassem Am che-
bkg war noch der Name Wirth ein Programm.
Aber als dieses eben ansing, verstanden zu werden,
'ca; Du Wirth zurück. Nun sollte doch wenigstens
die neue republikanische Verfassung im Laufe von
drei Jahren zu einem Faktor der auswärtigen deut-
iu.n Politik geworden sein. Daß sie es nicht wurde,
dafür lann man wohl den offiziellen Vertretern der
i'cncn deutsch. Republik im Anstande hier die schwer
ben Vorwürfe »richt ersparen: Sie traben nichts getan
"n-d alles unterlassen, um den letzten Simr der deut-
schen Revolution deutsch-amerikanischen wie eng-
chch amerikanischen Kreisen verständlich zu machen.
Vi-d dabei wäre wirklich die Ausgabe gar 'licht so
schwer zu lösen. Wie lebendig sind hier noch unter
den Deutsch-Amerikanern die Erinnerungen an 1848,
chic manchen traf ich, der noch von seinem Vater
"der gar noch aus dem eigenen Leben die eindrucks-
vollste Erinnerung an jenen politischen Frühlittg
Deutschlands hatte. Und einen Mann wie Karl
T ebn r z haben viele noch persönlich kennen gelernt
Mrd reden gehört. Hätte doch Deutsch'««» das gei-
lUge Kapital, das in solchen politischen Köpscn zu
chu-nr Verfügung stand, -lieber ausgeuutzt, statt es
llicderzukartätschcn oder über den Ozean zu jagen.
den Händen solcher Männer wäre unser natio-
'kcrles Schicksal aller Wahrscheinlichkeit irach rnn cini-
r-s klüger verwaltet worden, als in den Händen be-
"Itänkter Generäle und cigeirnütziger Dynastien.
Vijx scheint es fast noch wichtiger, das; inan einen Ab
^Vlck unserer ncueir Verfassung jedenr Deutsch Ame
"UkanLr in dir Hände gäbe -Ms. unseren Dckutiiiudcrn
Daheim. Und auch fttr die Verbreitung in enMscher
^brache sollten wir Sorge tragen, was um so leich-
fallen lnüvde, Äs die amerikanische Friedeusge-
''Uschast eine vortressliche Ucversetzung mit guter
Nulleitung herausgegeben bat. Aber es ist hier of-
fnes Geheimnis, daß die hiesigen offiziellen Vertrc-
der deutschen Repstülik selbst kein Verständnis
Uir o^n Geist der neuen Verfassung Haven, auf dir
VemwUk und ihre Faüne schimpfen und sich als Be-
E'«!>rer der kaiserlichen Tradition betrachten bis zu
shugenblicke, wo Deutschland tviodeli den Segen
"'anarchistischer Führung und Kriegführung genie-
soll.
Politisch kann mair die Stinnnuug hier Wohl un-
^4äl>r fokgeudcvinastcn charaklerisieren: die Aaneri-
^ler saugen an zu erkennen, und zu einem grotzen
^'il a„ch schon zu belemken, daß Amerikas kriegeri-
'ch-s Eingreifen in Europa ein Kehler war. Von
e,g verstossenen Präsidenten Wilson und seinen
.'lrzehn Punkten spricht man stellenweise ganz of
a^s von einer grasten Blamage. Trotz der Ame-
League ist die Stimmung -der heimgekchrten
lsw-daieu fjir Frankreich und England nicht febr
Mündlich für Deutschland nicht ungünstig. Man
"" in deutschen Quartieren bessere Erfahrungen ge-
?"cht, als in srairzösischen, namentlich was die Sau-
chAeit a-nbetrifft. Der französische Militarismus
ja nun auch selbst dafür, das; er über alle
hinüber deutlich erkannt werden kann. All-
''»lein verbreitet ist die Ansicht, dast das aiinerikani-
Kapital, weil cs sich so eng mit dein englischen
wUeresse verbunden hatte, zuletzt das amerikanische
^"lk sn. den Krieg Hetzen musste, um sein Geld zu
-''ni. Die verbrecherische Pressepropaganda gegen
f "b-sstümrd verliert deshalb sichtlich von ihrer Wir-
ivozu auch beiträgt, dast England heute das
, "wl Frankreichs nicht nrchr mitspielt. Auch hin
der American League vermutet man übrigens
n^fach anrerikünifches Kapitalinteresse. Bedauerlich
Ruh die Stellmrg von Saumes Goinpers, der
v At heute noch nicht von der französischen Bajonett-
lw ,'k ab rücken will- Aber man ist in sozialistischen
,,.^'sen andererseits nicht davon überrascht, weil
lgu kom'ervative Gesinnung des Mannes seit
g,,4chl- kennt und weil urmr von den Führern der
dgk etkschastcn leider glaubt annchinen zu Essen,
eg„. ^'e häufig kapitalistische und stellenweise sogar
b«l lfche Gesichtspunkte über das Interesse der Ar-
sti-h "wsim stellen, von internationalen Ideen gar
erst zu reden. Die amerikanische Politik steckt
Aür lief im alten Manchester-Liberalismus,
d^'^icht ist es das 18. Amendement znr Verfassung,
Au "'wtliclre Mkobolvcrbot, das erste Aufwachen des
tere Ar Gowissens, aus dem sich nach und nach svei-
Einschränkungen der soacnannteit „persönlichen
tth,b"At" zugunsten sozialer Verpslichtnugen ergeben
Ru r ' Manches mag auch der Krieg dazu beigetra-
tw! ,"nbcn, u.m die Augen für die -Gefährlichkeit des
sh j»j l'swus 5" öffnen. Man kann darüber auch
stiv^E.ststN" Kreisen so scharfe Urteile hören, das; cs
itzx? überrascht, wenn man die vorwiegend rcaktio-
Haltung der deutschen Slaatskirche kennt.
ein schweres Hindenlis für den Fortschritt
niistischer Erkenntnis erweist sich leider auch hier

Eine hochpolitische Fälschung.
Der Fall Hektor.

* In geradezu furchtbarer Welse wird seit dem
Kriege mit der schönen Idee „Selbstbestimmungs-
recht" Schindluderet getrieben. Zuerst wurden deut-
scherseits in der „Randstaatenpolitik" damit w'"
merkwürdigsten Konstruktionen ausgeführt, danach
muhte der „Vertrag von Versailles" das ForumAiir
bedenklichste nationale Schöpfungen abgeben. 1 wo
Folge dieser Gcschichtsvergewaltigungen war ssr
unter Völkerrechtsprotektorat stehende S a a r st r"-.!,
in dem die Franzosen nunmehr versuchen, mit ge-
linder Frankenunterstützung eine „friedliche Inva-
sion" zu vollziehen.
Da sind nun die Enthüllungen interessant, Vie
sich aus einem Presscprozcst gegen den ehemai-zcn
Bürgermeister von Saarlouis und jetzigen „saar-
ländischen" Vertreter des Völkerbundes in der Re-
gierungskommission des Säargebicts, Dr. Jo ob
Hektor, ergeben. Danach bat Dr. Hektor, wie
sich auf Grund schriftlicher Aktenstücke nachiMlU»
lieh, eine für den Völkerbund bestimmte Denkschrift
vom Jahre 1919 in eine Lovalitätskundge-
bung gegenüber Frankreich um ge-
fälscht, woraus dann weitgehende politische
Schlüsse gezogen wnrden.
Der Verlauf des Prozesses wird in Gens, in
Paris und in der Alleestrahc verdutzte Gesielter
gebracht habe». Wie mag es dem Engländer B a l -
sour zumute seit!, der den Einspruch der politischen
Parteien des Saargebietes und des Landesrates in
der Völkerbnndsversammlung im vergangenen Sep-
tember glaubte damit abtun zu können, daß er be-
hauptete, es gingen gewisse Leute aus dem Saar-
gebiet in Genf von Hans zu Haus, um Hektor

den das sogenannte „einheimische" Mitglied
der Saar Regierung, Dr. Hektor, gegen
den demokratischen Redakteur Franke angestrengt
hat. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht der
Vorwurf, Hektor habe als Bürgermeister der
Stadt Saarlouis während der Friedensverhandlun-
gen eine im deutschen Sinn gehaltene.
Eingabe der Gemeindebehörden
seiner Stadt an Clemcnceau als Vorsitzenden der
Friedenskonferenz in einer Weise weiiergegeSen, daß
durch die Art der Ucbersetzung einem von ihm ver-
faßte« Geleitbrief die Absicht der Eingabe
in ihr Gegenteil verkehrt
wurde. Es wurde der Anschein erweckt, als wünsch-
ten die Bewohner von Saarlouis und die Deutschen
des Saargebiets überhaupt nichts sehnlicher als die
Annexion durch Frankreich.
In der Verhandlung bestritt Dr. Heltor u n -
ter seinem Eide, daß er die Eingabe irgendwie
verändert habe. Auch von einem Begleitbrief wollte
er nichts wissen. Auf Antrag der Verteidigung wur-
den die Akten der Stadt Saarlouis nachgesehen.
Wie der Vorsitzende der Verhandlung heute mittettte,
hat sich dabei der von Hektor
avgeleugneie Brief gefunden.
Die Verteidigung beantragte darauf, zumal Hektor
sich krank gemeldet hatte, dessen sofortige Verhaf-
tung wegen Meineids und Fluchtverdachtes. Den
Antrag auf Durchsuchung der Wohnung Hektors
lehnte der Gerichtshof nach clnstiindigcr Beratung
ab, da Herr Hektor laut Fricdcnsvertrag und nach
dem Statut des Saargebietcs diplomatische
Immunität genießt. Dann wurde die Verband-
lang vertagt.
q-
Saarbrücken, 28. Fevr. Der Prozeß des
saarländischen Negierungsmitalicdes Dr. Hektor
heute nwEn ans Samstag vertagt, da
Dr. Hektor nach dem amtlichen Attest des Kreisarztes
voraussichtlich erst Ende der'Woche vor Gericht er-
scheinen könne.

schlecht zu «nachen. Man darf auf den Ein-
druck des Prozesses gespannt sein. 'stvuroe
*
S a arb r tt cke n, 28. Febr. Seit Samstag wird
in Saarbrücken ein Beleidignngsprozeß verhandelt,

!«!!»>« c..
der Kommunismus. Er crfiiltt einen großen Teil
der Arbeiterschaft mit naiven Illusionen. Anderer-
seits verffchwi'.nnu in den Augen des Bürgertums
die Grenze zwischen SoziaLisMus und Kommunis-
mus und die Angst vor beiden erschivert nicht nur
das Vordringen des auterikanischen Sozialismus,
sondern auch ein besseres Verstärvdnis Amerikas für
hie deutsche Republik, in welcher der Sozialismus
eine entscheidende Rolle spielen kann.
Das schwerste Hindernis aber für eine
Verständigung Deutschlands mA Amerika liegt nach
wie vor darin, daß auch das neue Denlschland immer
noch nicht nachdrücklich genug die Verantwortung
für die dumme kaiserliche Politik von sich abschüttM.
Alldeutsche Großmäuligkeit erdrückt in hiesigen
deutsch-amerikanischen Kreisen leider immer noch die
Stimmender Vernunft. Und unsere offiziellen Ver-
treter gehe» mehr mit diesen Kreisen als mit den
geistigen Erben der 48er Ideen, als mit den deutsch
amerikanischen Republikanern. So schleppt auch das
heutige Deutschland immer noch die Bleikugeln der
Verantwortung für den llbootkrieg, fttr die wahn-
sinnige AnnektionspEtik Lndendorffs, für den deut-
schen Militarismus mit sich. Sobald nmn in eilg-
ltsch-amerikauifchen Kreisen piese Bleikugeln der heu-
tigen deutschen Republik ab nimmt, ist die Verständi-
gung gar nicht mehr schwer. Einer deutschen Re-
publik, Vie toirklich demokratisch fein tot«, die wirk-
lich in Frieden mit den Amerikanern zusammen an
der Schaffung einer besseren Wcltovdnnng einsMieß-
lich der Korrektur des Versailler Friedens arbeiten
will, kommt man schon jetzt mit vollem Verständnis
entgegen, gerade auch in bürgerlichen Kreisen.
Bei den englischen Sozialisten finden die Sozia-
lisierungsParagraphrn unserer neuen Verfassung
lebhaftes Interesse und man versteht, welches Ver-
brechen der französische Kapitalismus beacht, wenn
er das deutsche Volk mit Waffengewalt an der Aus-
führung solcher schönen Aufgaben hindert. Es ließe
sich hier politisch leicht und viel wirken, wenn statt
der Vertreter alldeutsch-imperialistischer Ideen lie-
ber einmal Vertreter unserer republikanischen Gei-
steswelt hier aufträten. Die Aentzerungen des ame-
rikanischen Botschafters in Berlin haben hier ein
starkes Echo gefunden, wonach das deutsche Volk an
der Entstehung des Weltkrieges ebenso unschuldig
ist wie die anderen Völker, wonach nur ein paar
Tausend Militaristen und alldeutsche Schreier die
Kriegsstintimung künstlich erzeugten. Wenn alber
dann hier deutsche Vertreter erscheinen, die statt sol-
chen Eindruck * zu vertiefen, ihn wieder ver-
wischen, Indem sie mit dem'deutschen Volke zu-
gleich jene SäbelraUer und Lstldkarienverschlinger
zu rechtfertigen versuchen, dann ist es natürlich dom
Auslände außerordentlich erschwert, sich ein besseres
Bild vom heutigen DcutsWand und vom wirklichen
deutschen Volk zn machen.

Vom besetzten Baden.
Oberbürgermeister Holler und
Bürgermeister Bührer verha t i.
Offenburg, 28. FeSr. Der Oberbürgermeister
von Offenburg, Holler, w,rrde heute vormittag
lüft Uhr von de» Franzosen verhaftet.
Der Oberbürgermeister von OffenbuW hatte die
voll deut französischen Befehlshaber verlangte Un-
terstellung der Polizei unter französischen Befehl
abgelehnt. Als weiterer Grund wird genannt, daß
sich Haller weigerte, ein Adreßbuch von Offenburg
ausznltefern.
Offenburg, 28. Febr. Heute nachmittag
wurde Bürgermeister Genosse Dr. Bührer-ver-
hafiet. Er hatte sich geweigert, die Personalien der
Familien der Ansgewiefenen anzugeben.
Der weiter verhaftete Gendarmerieoberwacht-
meister Kaiserist zuverlässigen Nachrichten zufolge
nach Mainz in das MiMärgefängni-s verbracht
worden.

Um Rhein und Ruhr.
Hardings Anirag vertagt.
London, 28. Febr. Aus Washington wird
gemeldet: Eine von dem Senator Kind (Demokrat)
im Senat eiugebrachte Entschließung zur Durchfüh-
rung des Vorschlages des Präsidenten Harbins,
daß die Vereinigten Staaten Mitglied des vom Völ-
kerbund organisierten internationalen Gerichtshofes
werden sollen, wurde ohne Erörterung auf unbe-
stimmte Zeit verschoben Die Anzeichen
mehren sich, daß der Vorschlag wenigAussicht
auf Ratifizierung während der Woche hat, die noch
zur Verfügung des augenblicklich tagenden Kon-
gresses übrig bleibt, trotz der Unterstütziing zahl-
reicher Persönlichkeilen des öffentlichen Lebens und
führender Blätter im Lande.
Die Internationale.
London, 28. Febr. Die Arbeiterpartei hat
folgenden von Ra m sah Macdonald, Ctynes
und Henderson unterzeichneten Antrag im Unter-
hause eingebracht: „Das Unterhaus glaubt, daß die
Völker Europas die Aufrechterhaltung des Friedens
wünschen, sowie die Durchführung einer Politik,
die im Sinne der Aufrechterhaltung des Friedens
arbeitet, und ist somit der Ansicht, daß die Parla-
mente von Frankreich uns Belgien ein geladen wer-
den sollten, je eine Kommission zu bilden, die aus
allen Parteien zusammengesetzt, ist, nm mit einer

vom Unterhaus zu bildenden ähnlichen Kom-
mission ihre Ansichten über die Besetzung der Ruhr
und die damit zusammenhängenden Revaraltons-
nnd Sichcrheitsprodleme auszutauschen."
London, 28. Febr. Der allgemeine Rat deS
Gewerkschaftskongresses beschloß, der
deut s ch e n Gewerkschaftsbewegung 5 0 0 Pfund
Sterling zu überweifen für den Kamps gegen
die „Versklavung der Arbeiter im Ruhrgebiet". De«
Rat beschloß ferner, die ihm angeschlossenen Orga-
nisationen zu finanzieller Unterstützung de«
Ruhrarbeiter aufzufordern.
Die Beschlagnahme der dreizehn
Milliarden.
Berlin, 28. Febr. In der Sitzung de«
Haushaltausschusscs des Reichstags er-
teilte der Vizepräsident der Reichsbank Dr. v. Gla-
se n a p p Auskunft über den französischen Rmib der
12,8 Milliarden Mark Reichsbankgelder. Darnach
wurde ein von der Reichsbank am 23. Februar
abends mit dcm D-Zug 38 von Berlin nach Köln
abgesandter G c i d 1 r an s p o r t am 24. Februar
morgens auf Blockstation Hengste- von französischen
Truppen gewaltsam beschlagnahmt. Der Transport
enthielt 12 800 Millionen Mark in Reichs-
banknoten, 100 Mi Mk. in Darlehnökassenschcinen,
zwei Koffer mit 210 DruckPla 1 ten zur Herstel-
lung von üOOO Mark Noten und vier Koffer mit
160 Druckplatten zur Herstellung von 20000-
Mark-Noten. Von der Rcichsbauknotensendung
waren 300 Millionen Mark für die Reicbsbaukneben-
stclle OhligS, 500 Millionen Mark fttr die Reichs-
banknebeustelle Solingen, die restlichen zwölf
Milliarden Mark für die Reichsbankhauptstelle
Köln bestimmt. Die 100 000 Mark Darlehnskasssn-
scheine sollte die Reichsbankstelle Elberfeld erhaltene
Die Druckplatten waren für die von der Reichsbank
im besetzten Gebiet zum Notendruck benutzten Drucke-
reien bestimmt. Das gesamte Papiergeld war zur
Versorgung des besetzten rheinischen Gebietes mit
Zahlungsmitteln bestimmt. Gegen die Beschlag-
nahme dieser Reichsbankgelder wurde bereits an den
zuständigen Stellen feierlich Verwahrung ein-
gelegt. Aus dem bisherigen Verhallen der Fran-
zosen sei »fit Bestimmtheit z» schließen gewesen, daß
die Einfuhr/ von Geld gefahrlos geschehen
könnt« Dit GsHtstEstzS»- rn das Rich'/gebiet seien
bisher stets, so auch am Samstag, 24. Februar, ohne
Belästigung seitens der von den Franzose» in
Scharnhorst vor Dortmund eingerichteten Kontroll-
stelle am Bestimmungsort eingetrofsen.
In der hierauf folgenden Debatte gaben di« Ab-
geordneten ihrer Empörung über den französischen
Raub an Privateigentum Ausdruck.
Zur Lüge.
Paris, 28. Febr. Di« französische und die bel-
gische Regierung überreichten den deutschen Ge-
schäftsträgern in Paris und Brüssel eine gleich-
lautende Note, worin die deutsche Regierung von
der Besetzung von Königsw nter, Lorch und
Caub unterrichtet und worin crnärt wird, daß
diese Besetzung vorgononunen worden sei, um dis
Zollmatznahmen zu erleichtern.
Essen, 28. Febr. Gestern wurden 60 Schupo-
beamte in Esten von den Franzosen verhaftet
und nach Bredeuev abtransporticrt.
Bochum, 28. Febr. Eine Abteilung französi-
scher Soldaten verhaftete die 12 an eine» Be-
ratung teilnehmenden Direktoren der Bochumer In-
dustrie. Darunter befinden sich u. a.: Von der Ma-
schinenbananstalt Bälcke der Geucraldirektor Han«
Balcke und der Direktor und Ingenieur Bal cke,
ferner Direktor Schumacher, Direktor und Oben-
ingeuicur Klüwer, Fabrikbesitzer Eickhorst und
Fabrikbesitze» und Diplomingenieur Dreye«.

Reichstag.
Berlin, 28. Fett.
DaN Ermächtigungsgesetz für Vie
Goldanleive
offiziell der „Entwurf eines Wer die Beschaffung
von Mitteln zur Bildung eines Devisenfonds",
ist dem Reichstag am Mittwoch zngegangen^md vom
Plenum nach debatteloser erster Lesung sozort dsm
Haushaltsansschutz über wiesen wor-
den, aus dem nmn es am Freitag zurückerwartei.
In der Begründu'ng des sehr kurzen Ge-
setzes wird darauf hingewiescn, datz das Reich zu«
Stützung der Währung eines bestimmter«
jederzeit greifbaren Vorrates an Devi-
sen bedarf. Um die in der Privatwirtschaft vor-
handenen Devisen dem allgemeinen Interesse dienst-
bar zu machen, soll eine Anleihe in Höhe von 5Ü
Millionen Dollars ausgegeiben werden.
Es folgte die Beratung des
Marinectats.
Abg. Hünlich (Soz.) erkannte an, daß di«
dienstliche Ausbildung der Marine gute Fortschritts
zeige, dagegen kritisierte er scharf den Mangel an
staatsbürgerlichem Geist und an staatsbürgerliche«
Erziehung und verbreitete sich sehr ausführlich übe«
die Zustände auf derMarineschuleMürwick.
Hier tuns; der Minister energisch durchgreife».
Rcichswehrminister Gcßler erklärte, gegen auti-
republilanischc Ausschreitungen werde energisch vor-
 
Annotationen