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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 71 - Nr. 80 (24. März - 6. April)
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6. Jahrgang

Heidelberg, Dienstag, den 3. April 1923

Nr. 77

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«cnNachlatzn. Tarif. EetzaiMlir I-
""ieige,! si«Len keine Auknahme.

Weich Sftkstund« u?—8 Uhr. Spre q-
Hunde» der Redaktion: li—!»Uhr,
S ofticheSkonto Karlsruhe S!r.SLS7k.
Tel.-A^r.:Vokszetuing Heidelberg.
Druck u. Verlag dir Nnterbadischen
Verla isansta^c G. m. b. H., Heidel-
berg. Geichäst-stelke: Schrodcrstr. SA
Tel.: LrpeditionrNL u. Redak.2Z7A,

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in gewissen Beziehungen zu einzelnen Kommando-
stellen der Reichswehr standen. Sicherlich ist es
nur der Verhaftung der Reichswehrossiziere zu ver-
danken, wenn über die „Geburtstagsfeier" bei Roß-
bach überhaupt ein Bericht in die Hände der amt-
lichen Stellen gelangte. Die verhafteten Offiziere
haben aber im Auftrag ihrer Regimentskomman-
deure an der Besprechung bei Roßbach teilgenommen.
Deshalb muß vor aller Oessentlichkeij die Frage ge-
stellt werden: Was geschieht mit diesen Regi-

mentskommandeuren, die einer Einladung des Pri-
vatmannes Roßbach Folge leisteten? Nur wenn in
der Reichswehr scharf durchgegrisfen wird und die
nicht uniformierten Putschisten der Gratse und Wulle
den Eindruck gewinnen, daß ihnen von der repu-
blikanischen Wehr des Reiches keine Unterstützung
irgendwelcher Art zuteil wird, ist die Gefahr eines
gewaltsamen Umsturzes endgültig, gebannt, und nur
dann kann das Vertrauen der Bevölkerung zu diesem
Staate gestärkt werden.

Die Lage im Ausland.
Verurteilte bulgarische Generale.
Während in Deutschland die Generale und Poli-
tiker, die uns den Krieg verloren haben, als Halb-
götter gefeiert werden, setzt man in anderen Staaten
Kriegsgerichte zur Bestrafung der Generale ein, die
ihr Volk ins Unglück stürzten. Vor einiger Zeit ver-
urteilte Griechenland seine schuldigen Generale. Jetzt
bestraft Bulgarien seine Staatsmänner und Gene-
rale. Wie aus Sofia gemeldet wird, verurteilte der
bulgarische Staatsgcrichtshos Radoslawow, Tont-
schew, Peschew, Ehr. Iw. Popow, Diiftschew und
Petkow zur Haft aus Lebenszeit, General
Naidenow zu fünfzehn Jahren Haft, den
Generalissimus Schckow und die Minister Apostolow,
Kosnitschki und Chr. G. Popow zuzehnIahren
und den General Bojadjew zufünfIahren Haft,
Außerdem wurde gegen sämtliche "Verurteilte auf
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit
erkannt und ihnen solidarische Haftung für dir

Die Lage im Reich.
Parteitag der Ledebourmänner.
Ans Berlin wird unL berichtet:
Herr Ledebour soll seines Lebens nicht froh wer-
den. Statt Einigkeit lebt in seiner Sekte Uneinig-
keit, zwei Flügel, die in Wirklichkeit nichts hinter
sich haben, bekämpfen sich zur Erheiterung der Oes-
sentlichkeit leidenschaftlich. Eine kommunistische Ra-
danvcrsammlung, wie sie heute an der Tagesordnung
sind, ist das Ebenbild für den jetzt in Berlin tagen*
den Parteitag der sogenannten „U. S. P."
Bei der Beratung über die Nuhrsrage kommt es fast
zu Prügeleien, und als die Liebknecht-Grupp-e
eine Resolution einbringt, die eine internationale
Ak ion und schärfsten Kamps gegen den deutschen
Kapitalismus verlangt, sagt Ledebour: „Selbst-
mord der U.S.P." Er bezeichnet die Ausführungen
Liebknechts, der in erster Linie den Kampf gegen
das deutsche Kapital führen will und dann erst so
nebenbei an einen Abwehrkampf im Ruhrgebiet
denkt, als einen Schlag ins Gesicht,der iwernalio-
nalen Sozialisten und eine Blamage für die deut-
schen Sozialisten. Mit solchen Anschauungen lehnt
Ledebour jede Gemeinschaft ab, da nichts getan wer-
den dürfe, was so ausgelcgt werden könnte, als soll-e
Poincare und seine Soldateska unterstützt werden
Aber trotzdem ging die Mehrheit des Parteitags
gegen Ledebour mit Liebknecht (ein Bruder
Karl Liebknechts), nicht nur in der Abstimmung über
die erste Resolution, sondern auch, als über eine
Entschließung avgestimmt wurde, in der die U.S.P.
die „E i n h e i t s f r-sm t", ebenso die Passive Resi-
stenz entschieden ab lehnt und die Arbeiterschaft
auffordert, den Ruhrkonflikt zu benutzen, um das
deutsche Kapital zu der von ihm verschuldeten Wie-
dergutmachung zu zwingen.
Diese Partei der Uneinigkeit, der Zersetzung will
die Massen sammeln, um sie der Weltrevolution ent-
gegenzusühren!

Mannheim.
Zur Weiteren Besetzung.
Zur bereits gemeldeten Ausdehnung der Mann-
heimer Besetzung wird amtlich noch gemeldet: Am
Samstag früh 5.30 Uhr haben Franzosen, 300 Mann
stark, von Ludwigshafen kommend die Friedrichs-
brücke von Ncckarvorstadt überschritten und mit einer
Abteilung das alte Benzwerk besetzt. Die Ar-
beiter haben die A r b e i t n i e d e r g e! e g t. Ferner
wurde Unterkunft verlangt im evangelischen Waisen-
haus in der Liebigstraße, wo aste Säle mit Aus-
nahme der Schlafsäle angeforder? wurden. Weiter-
hin wurden beide Turnhallen der Humboldschüle
verlangt. Ein Kommando, das aus zwei Offizieren
und etiva 50 Mann besteht, befindet sich auf dem
hessischen Bahnhof NcSarstadt.
D»e Besetzung des alten Benzwerks.
Mannheim, 31. März. Ueber die Besetzung
des alten Benz Werkes werden von dessen Direk-
tion folgende Einzelheiten mitgcteilt: Heute früh um

Wieder Ruhe.
Essen, 2. April. Der gestrige-und heutige Tag
verliefen in der Stadt Essen trotz der großen Er-
regung, in die die Bevölkerung durch das von den
Franzosey angerichtete Blutbad versetzt ist, bis jetzt
ruhig.
Die Namen der Toten sind: Franz Oell-
mann, Joseph Zander, Arthur Blüm, Hermann
Hoegemeier, Fritz Pieper, Walter Schwccrs, Kasimir
Janick, Helmut Seel, Willy Wichartz, Hans Müller,
Ernst Mannertz. Die ersten zehn sind sämtlich Bu
reaubeamte, Arbeiter oder Lehrlinge der Kruppwerke,
der elfte ist ein Bergmann. Im Krankenhaus be-
finden sich noch zehn Schwerverletzte. Es
steht zu befürchten, daß noch einige von ihnen ster-
ben. Ferner sind 11 Personen leicht verletzt.
Verhaftungen.
Essen, 2. April. Am Sonntag früh sind vier
Direktoren der Kruppwerke, Bruhn, Hartwig,
Oesterle und Ritter, von den Franzosen ver-
haftet worden. Zwei weitere, die ebenfalls ver-
haftet werden sollten, waren nicht in Essen.
Die allgemeine Lage.
Bochum, 31. März. In Bochum sind hand-
schriftlich hergestellte Zettel angeklebt worden, worin
die Bevölkerung ausgesordert wird, Lebensmittel in
französischen Verkaufsstellen zu kaufen. Die Preist
wllen 25 Vrozenr billiger sein, als die ortsüblichen
Preise.
Essen, 31. März. Das Rcichsverkchrs-
ministcrium und die Gewerkschaften er-
lassen an die Eisenbahner einen Aufruf, in dem es
u. a. heißt, daß das deutsche Reichsbahnpersonal nach
wie vor allein derdeutschen Regierung und
der Neichsbahnverwaltung untersteht und nur den
deutschen Anordnungen zu gehorchen hat. Alle Wei-
sungen und Anordnungen der Regie sind ungültig.
Exhumierung der Mordopfer von
Buer.
Dortmund, 31. März. Da auf die deutsche
Note wegen der Erschießung der beiden Deutschen,
die ohne jeden Beweis der Ermordung der franzö-
sischen Offiziere beschuldigt wurden, von französischer
Seite keine Erledigung erfolgt ist, wurde jetzt eine
Exhumierung der ermordeten Deutschen und eine
Untersuchung durchcheulsche und neutrale Aerzte ver-
anlaßt. Der Ausgrabung wohnten ein Berliner
Professor sowie ein holländischer und schwedischer
Arzt bet.
. Wiederum 10 Milliarden
beschlagnahmt.
Paris, 31. März. Aus Wiesbaden wird-der
T.-U. gemeldet, daß die Franzosen in Höchst a. M.
ans einem Kraftwagen der Reichsbank -P Mil-
liarden Mark, und 400 000 französische Franken
beschlagnahmt haben. Das Geld sollte von
der Frankfurter Stelle der Reichsbank an die Wies-
badener Filiale abgeliefert werden und angeblich zur
Unterstützung von Streiks bestimmt sein. Die Be-
satzungsbehörde hat.zusammen mit der Rhermcmds-
kommifsion verfügt, daß die beschlaffullfftme Summe
zur Begleichung für die Besatzungskosten bestimmt
sein soll.

Esse«, 31. MSrz. (Meldung unseres Spezial-
korrtspondenten.) Am Samstagvormittag kam cs
anläßlich der Besetzung der Kruppschen Automobil-
Garage durch starke französische TruppenaLteilungen
zu einem blutigen Zwisct/enfall, der nach der bis jetzt
vorliegenden Uebersicht 11 Tote und 32 Ver-
wundete gekostet hat.
Diese Menschenopfer fallen der Nervosität der
französischen Soldaten, die schwerbewaffnet in die
AulomoSilgaragen einzogcn, zur Last. Bereits tags
zuvor wurchc von den Franzosen in einzelnen Kraft-
wagenhallen des Kruppschen Werkes Autos
beschlagnahmt. Am Samstagvormittag sollte ein
neuer Eingriff in den Betrieb versucht werden. So-
fort ertönten die Fabriksirenen, zehntauscnde von Ar-
beitern begaben sich auf die Altcndorfer Straße, die
mitten durch das Krupp-Werk führt. Infolgedessen
muffte der Straßenbahnverkehr hier eingestellt
werden. Dis Kraftwagenhalle 3 wurde inzwischen
wieder geräumt. Der Betriebsrat setzte sich ver-
mittelrrd ins Werk, er versuchte, die Arbeiter zu be-
ruhigen und die Franzosen zum Abzug zu bewegen.
Trotzdem machten sich die noch in der Kraftwagen-
halle 1 befindlichen Truppen schußbereit. Gegen 10
Uhr käme,, sic aus der Kraftvagentzalk heran*, ihnen
voran schritt das Mitglied des Betriebsrats, Gen.
Zander. Plötzlich feuerten die Franzosen ohne
Anlaß, als erster blieb Zander tot auf der Stelle lie-
gen. Außerdem waren 8 Tote und 37 Schwer- bezw.
Leichtverletzte zu beklagen, von denen inzwischen nock
drei gestorben sind.
Nach dieseur Blutvergießen stob die Masse panik-
artig auseinander.
Dis Pariser Darstellung.
Von dm Pariser amtlichen Stellen wird Wer die
blutigen Zwischenfälle in Essen folgende Darstellung
gegeben:
„Während eines Besuchs in den Essener Krupp-
weAen wurde eine französische Abteilung von Arbei-
tern der Kruppwerke angegriffen. Man ließ heißen
Dampf sagen Die Franzosen ausströmen und be-
drohte sie mit Revolvern. Die französischen Solda-
ten feuerten nach der üblichen Warnung zunächst in
die Luft, sahen sich dann aber gezwungen, auf die
Arbeiter M schießen. Fünf oder sechs Deutsche
wurden getötet und etwa 30 verwundet. Der zweite
Zwischenfall ereignete sich während der Fahrt eines
französischen Milftärautomobils durch die Stadt
Essen. Das Automobil wurde von der Menge ange-
halten; die Insassen, zwei französische „Kontrol-
leure", wurden in eine Fabrik geführt und mißhan-
delt. Der eine erlitt dabei Verletzungen, während
es dem anderen möglich war, zu flüchten."
Diese Darstellung französischer amtlicher Stellen
ist, so meldet hierzu der Sozialdemokratische Pavla-
nveutsdienst, in Ihrem wesentlichen Teil erlogen.
Zunächst handelte es sich nicht um einen „Besuch",
sondern um einen Einbruch in friedliches Ar-
bcitsgelände, um dort den unzähligen Diebstählen
der Besahungsarmee einen weiteren hinznzusügen.
Wahrheiiswidrig ist z. B. die Behauptung, daß die
Arbeiterschaft auf die Franzosen heißen Dampf auS-
strömen ließ und sie mit Revolvern bedrohte. Wahr-
hcitswidrig ist ebenso die Feststellung^ daß die fran-
zösischen Soldaten erst nach der üblichen Warnung
gefeuert haben. Richtig ist, daß ihnen ein BetriebS-
ratsmitglicd, unser Genosse Zander, voranschritt und
den Weg bahnte, daß die AnSeitxrichast den Auffor-
derungen Zanders, den Weg srei zu machen, nach-
kam, die Franzosen aber trotzdem sinnlos in die
Menge hEiuschossen. Zutreffend ist an den fran-
zösischen Feststellungen lediglich, daß sich ein zweiter
Zwischenfall ereignet hat, der aber ohne Zweifel
verhindert worden wäre, wenn die französischen Sol-
daten das Gemetzel erspart hätten. Es ist richtig,
daß ein Auto mit zwei Franzosen nach dem Zwi-
schenfall die Altendorser Straße Passierte. Die er-
regte Arbeiterschaft fordertest die Insassen auf, das
Auto freizugdbcn, weil es zum Abtransport der
schmählich nicdergcmetzelten Arbeitskollegen benutzt
werden sollte. Diese Forderung wurde abgelehnt,
so daß sich die Arbeiterschaft mit Gewalt des Wa-
gens bemächtigte. Sie hat jedoch nicht daran ge-
dacht, die Insassen, zwei französische Kontrolleure
in eine Fabrik zu führen, nm sie dort zu mißhan-
deln.

6 Uhr erschien eine Abteilung französischer Infan-
terie, und zwar die 7. Kompagnie eines marolka -
irischen Regiments vor der Fabrik und verlangte
Einlaß. Die Truppen besetzten das Werk um 6!4
Uhr, und zwar zunächst drn Großmotorcnbau. I»
den Verhandlungen mit den Franzosen ergab sich,
daß sie mutmaßen, es würden in dem Werk Die-
selmotoren für eine neue besonders sormidabls
Art von Tauchbooten gebaut, weShalb der Betrieb
überwacht werden müsse. Die Direktion machte den
Eindringlingen klar, daß solche Maschinen längst
nicht mehr gebaut werden. Der Kommission, die die
Werke stets kontrolliert habe, sei Wohl belannt, daß
die Motoren nur während des Krieges angefertigt
werden seien. Die Franzosen besahen sich nun eine
grobe Schisssmaschtne für Handelszwecke, die die
Fabrik fertig montiert hatte, und rieben den Raum
besonders scharf bewachen. Die Direktion ver-
ständigte den Betriebsrat, und da der Großmotorcn-
bau besetzt war und die Leute aus dem Betrieb
herausgewiesen wurden, verließen die
Arbeiter um 8 Uhr dieFabrik. Im Kleinmotoren-
bau, der durch die Liebigstraße vom Großmotorenbau
getrennt ist, wurde schließlich ein größerer Raum
gegen Nequisilionsschein unter Protest der Werks-
liitung in Anspruch genommen. Darauf verließ auch
die Belegschaft des Kleinmotorenbaus den Betrieb.
Offenburg.
E'n trauriger Karfreitag.
Offenburg, 31. März. Am Karfreitag sind
20 Beamtenfamilien (Polizeibeamte) von
der französischen Besätzungsbchörde aus gewie-
sen worden. Die Polizeibcamtcn hatten vor un-
gefähr acht Tagen den Dienst niedergelegt, weil sie
der Verordnung, die französischen Offiziere zu grü-
ßen, nicht Folge leisten wollten. Die Polizcibeamtcn
haben Offenburg vor vier Tagen verlassen.

Roßbach L Cie.
Gegenüber veutschnationalen AbleugmrngSvcrsu-
chen wird uns aus Berlin geschrieben:
Es steht fest, daß die „Freiheitspartei" lediglich
als Sammelbecken aller bereits aufgelösten Gcheim-
Bgcmisationen zu betrachten ist, daß sie sich selbst
ois a n t i p a r l a m e n 1 a r i s ch in ihren Richtlinien
bezeichnet und zur Durchführung ihrer Pläne mit
Gewalt außergewöhnliche Vorbereitungen getroffen
bat. Insbesondere Herrn Wulle dürste es nicht
Unbekannt sein, daß in seinem Schreibtisch ein O r--
tla n i s a t i o n s p l a n der Deutschvölkischen Frci-
heitspartei gefunden wurde, in dem u. a. der Ausbau
des sogenannten „Aktionsbnreaus 36" verzeichnet ist.
Dieses Aktionsbureau gliedert sich in mehrere Unter-
abteilungen, und zwar: Schutzorganisation, Saal-
'chutz, Streikterror, Kampsorganisalion, mobile
Druppe, Bewaffnung und Verpflegung. In dem
gleichzeitig beschlagnahmten schriftlichen Kommentar
bber die Aufgaben des Akttonsbureaus heißt es n. a.
ausdrücklich, daß seine Aufgabe ausschließlich militä-
rischer Natur ist und daß es nur rein militäri-
sch e F r a g e n oder solche des Bürgerkrieges
iu bearbeiten hat. Um diese Bestrebungen nach außen
Uicht bekannt werden zu lassen, soll inoffiziell der
Eaalschutz gebildet werden, der offiziell jedoch als
Ultlitärische Kampflruppe organisiert, ausgerüstet und
ausgebildet wird und dessen Zweck zunächst die Be-
reinigung Deutschlands im Innern und anschließend
der Freiheitskamps gegen den äußeren Feind sein
Wil. Die „T u r n e r s ch a f te n" der Deutschvölki-
ichen Partei wurden aus dem gleichen Grunde ge-
bildet. Wie sich aus Briefen an Rotzbach und andere
Deu schvölkische cinwandfvei ergibt, haben sich diese
'Turnerfchasten" ausschließlich mit Schießübun-
gen u. dgl. beschäftigt. Es ist einwandfrei fcstge-
bellt, daß z. B. auch in Döberitz unter Duldung des
Lagerkommandanten derartige Schießübungen abge-
baften wurden.
Insbesondere die Instruktionen, die der Ober-
leutnant Roßbach am 17. März in Berlin
einer von ihm einberusenen Versammlung, die zur
Halste aus Retcysweh rosst zieren und zur
Bweren Halste aus eigenen V ert r a u e ns le u
lcn bestand, gemacht hat, zeigen den Ernst der Ge-
lak>r, durch Severing vorgebeugi wurde. Diese
Versammlung war unter dem Vorwand einberufen,
den „Geburtstag" des Adjutanten von Roßbach,
bwes inzwischen verhafteten Leutnants a. D. Tetten-
zu feiern. In der fraglichen Besprechung war
'iber weder Tettenborn anwesend, noch hatte er am
März seinen Geburtstag. Nach der Niederschrift
^neZ RetchswehrossizicrS, der an dieser Geburts-
iagZsrier teilnahm, hat Roßbach die Absicht eines
Bürgerkrieges für Ende März bzw. Anfang April
zum Ausdruck gebracht. Er begründete diese Absicht
bsit einem geplanten Verbot aller Selbstschutzorga-
bisaiionen durch die preußische Regierung und hafte
we Ncichswchrofstzsere zu seiner vertraulichen Be-
wrechung geladen, um ihnen gegenüber die Erwar-
^ng auszusprechen, daß die Reichswehr in diesem
Kampf wenigstens vorläufige Neutralität üben
werde. Ein weiterer Beweis für die Durchführung
^'8 Puffches ist ein vertrauliches Rund-
schreiben, nach dem bis zum 28. März 1923 sämt-
!^che Kampforganisationen der Deutschvölkischen
^reibeftspartei eine lückenlose Aufstellung über die
z'Zrhandenen Waffen machen sollten. Auch
Mitteilung, die der inzwischen verhaftete Ober-
r/Utnant Müller in Pommern einem seiner
vemaligen Vertrauensleute gemacht hat, der zu fei-
ler Organisa ion als Kriminalbeamter zurückkehrte,
vrcchcn für bevorstehende Gewaltakte der Roßbach
Co. Müller erklärte, daß bis Mitte April die AuS-
5wandcrsctzung mit dem äußeren Feind und vorher
dem inneren Feind beginnen würde. Alles sei
das Losschlagen vorbereitet, es brauche nur
,wch von der 'Zentrale der Wink hierfür gegeben zu
Werden. Geld sei genügend vorhanden, auch für
Z-offen wäre gesorgt. Bei dem in Hannover ver-
asteim Redakteur Qu in del wurden außerdem
marschplsine gegen Berlin gefunden,
k eine genaue Etappcncinteilung enthielten und im
«"sauimcnhang mit einem Vormarsch nach Mittel-
?utschm„d säuberlich ausgearbcitet waren. Dieser
>Windel war ferner im Besitz einer genauen Auf-
l'l'.nng über die Stärke der in Hannover zur Ver-
. chung stehenden Organisafton, die Dauer ihrer Mo-
lrnachung und die notwendige Mwrschzeit bis zu
^wissen Punkten.
- Bei den ganzen Vorbereitungsmaßnahmen, die
nur zum Teil wiedergegeben werden können,
n die Voruntersuchung nicht zu gefährden,
auch her vom Kapp-Putsch bekannte Oberst
a uer seine Hände im Spiel. Aus den Aufzeich-
. -Pen eines in Breslau verhafteten Oberstleutnants
Hervor, daß Bauer sich in Wien aufhält und
dbi- h"' aus unter dem Namen Bernhard telegra-
ber-^' Die Aufzeichnungen dieses Oberleutnants
eic^ a., daß die Putschisten sich auch eine
ro,,'"ZDeIegrammsPrache ausgescrtigt hatten. „Wann
^aket abgeschickt werden?" heißt z. B.: „Besteht
Ist d zum Losschlagen?" und „Wie schwer
bringt die Frage nach der Stärke der
Effcft-on zum Ausdruck.
ftdZ"der Putschgefahr ergibt sich aber dar»
say die deiftschvölkischetl Kampforganisationcn
 
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