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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 81 - Nr. 90 (7. April - 18. April)
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6. Jahrgang Heidelberg, Montag, den 16. April 1923 Nr. 88
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MWGSlllWk MWtzW.
Berlin, 14. April 1923.
Die Ard eitslosi gleit und die Kurzarbeit
Kreisen infolge der unverminderten Stockung des
Warenabsatzes weiter um sich. Auf diese Weise
tritt das ein, was von einer Stabilisierungskrise
nach den Erfahrungen anderer Länder auch für
Deutschland befürchtet wurde, nämlich, daß die Ar-
beiterschaft, die schon von der fortgesetzten Entwer-
tung der Mark auf das schwerste betroffen wurde,
nun auch bei einer Stabilisierung des Markkurses
und der damit notwendig verbundenen Umstellung
der Wirtschaft den wesentlichen Teil der Kosten zu
tragen hat. Noch deckt die fieberhaft tätige Noten-
presse über diese Tatsache den Mantel der christli-
chen Nächstenliebe. Als ob aus der unseligen Fi-
nanzwirtschaft des Krieges nichts gelernt worden
wäre, überläßt die bürgerliche Reichstagsmehrheit
die Deckung der Aufwendungen für den Ruhrkrieg
der so verlängnisvollen Schuldcnwirtschaft. Es ist
daher kein Wunder, daß selbst Finanzkreise, die an
der Markverschlechterung kein Interesse haben, —
und deren gibt eS leider nicht viele — die kommende
Entwicklung in einem privatkapitalistisch günstigen,
volkswirtschaftlich aber außerordentlich schädlichen
Sinne beurteilen. Man rechnet so: die Mark ist
zur Not stabilisiert, die Grundlagen der Stabilisie-
rung aber sind durchaus schwach, besonders, solange
die Notenflut kein Ende nimmt. Solange die Be-
setzung des Ruhrgevietes anhält, ist die Reichsbank
aus außen- und innenpolitischen Gründen genötigt,
an der ihr wider ihren Willen ausgezwungenen Sia-
bilisierungSpolitik feftznhalten. Wenn aber die
Ruhrfrage gelöst Wird, dann Wird Deutschland so
oder so wieder zu zahlen haben, dann wird die Mart
nicht mehr zu halten sein.
Diese Grundstimmung ist es auch, die — nur ro-
her und unverfälschter noch — auch an der Börse
immer wieder in kleineren Anläufen zur Hausse, ven
Ausschlag gibt und die bestärkt wird durch den Um-
stand, daß die Geldknappheit infolge der unermüd-
lichen Tätigkeit der Notenpresse bereits nachgelassen
bar. Soweit diese Grundsttmmung sich aus den De-
visenmarkt übertrug, war die Reichsbank der ver-
stärkten Nachfrage noch immer gewachsen, und so
konnte eine neue Valutaverschlechterung verhindert
werden. Am Effektenmarkt dagegen kam« sich die
Nachfrage ungehemmt entfalten, und hier ist der
Gesamteindruck der, daß man sich mit dem Rück-
schlag des Februar bereits abgesunden hat. Von
einzelnen Ausnahmen abgesehen ist die Stimmung
fest, zum mindesten widerstandsfähig. Die Kurse
verharren aus ihrem hohen Niveau oder steigen so-
gar noch. Und wenn auch richtig ist, daß der „Gold-
wert" der Aktien auch bei den jetzigen Kursen wüt
Unter dem des Vorkriegsstandes steht, so ist die Fe-
stigkeit der Aktienkurse doch immerhin recht auffal-
lend im Hinblick auf die Tatsache der Absatzstockung
und darauf, daß sich heute ja noch nicht übersehen
läßt, welchen Verlauf diese nehmen wird. Es ist
eben im Grunde ein verhaltener oder künstlich nie-
oe"gehaltener Markpesstmismus, der in dieser Ent-
wicklung seinen Ausdruck findet.
Für die Arbeiterschaft ist diese Feststellung umso
schmerzlicher, als die wachsenden Opfer, zu denen sie
durch die Stabilisierung gezwungen ist, nutzlos ver-
tan sein würden, wenn anstatt der notwendigen
Umstellung auf rationellere Methoden der Wirtschaft
und der Kalkulation der Preise, die letzten Endes
in einem erheblichen Preisabbau gipfeln müssen, der
alte Schlendrian der Valutakonjunktur wieder ein-
treten würde. Es ist daher immerhin bemerkens-
wert, daß der inoffizielle Unterhändler Frankreichs,
Herr Lauch enr, anläßlich seiner viel erörterten
Londoner Reise erklärt hat, daß die Stabilisierung
der Mark die Voraussetzung für alle weiteren
Schritte in der Rcparationsfrage sei. Noch vor kur-
zem ist die Reparaiionskommisston anderer Meinung
gewesen, als sie gegen die Auflegung der Dollar-
anleihe des Reiches Einspruch erhob. Aber auch in
Frankreich wird man sich darüber klar werden müs-
sen, daß jede Stabilisierung der Mark zur Aussichts-
losigkeit verurteilt ist, wenn sie durch übermäßige
Zahlungsforderungen an Deutschland wieder in
einer unerträglichen Weise vorbelastet wird. Wie
ldeit diese Erkenntnis in Frankreich bereits gedie-
hen ist, läßt sich vorläufig noch nicht übersehen. Ohne
eine stabile Währung aber sind die Staatsfinanzen
dicht zu sanieren, ohne die Sanierung der Staats-
iinanzen wieder sind Garantien für internationale
Anleihen, deren Ertrag Frankreich zugut«"kommen
könnten, ohne die Last der Zahlungen in ihrer vol-
len Schwere schon dann auf Deutschland zu legen,
lvo es selbst noch der Erholung bedarf, undenkbar.
Die Warenmärkte stehen, wie bereits erwähnt,
wnner noch im Zeichen der Absatzstockung. Nach-
ohm die Kohlenpreise herabgesetzt worden sind,
haben einige Industrien ebenfalls Preisermätzigun-
de» beschlossen, so daß, wie aus den verschiedenen
Berechnungen der Metzziffern ersichtlich wird, auch
die industriellen Rohstoffe allmählich in den Preis-
abbau hineingezogen werden. Allerdings sind die
Preisermäßigungen fast überall derart gering, daß
"e den Verarbeitern keine Wesentlichen Erleich-
'brungen gewähren. Das Gesamtniveau der Groß-
handelspreise zeigt jedoch keine Veränderung. Das
'egt daran, daß den Preisermäßigungen am Markt
er Jnduftriestoffe, die, wie gesagt, gering sind,
'cht unbeträchtliche Preissteigerungen am Markt
er Lebensmittel gegenüberstehen. Dem dringend-

sten Lebensbedarf droht daraus eins neue Ver-
teuerung. Am stärksten tritt diese Verteuerung her-
vor bei dem freien Getreide. So notierten an der
Berliner Börse Weizen und Roggen, verglichen mit
dem eingeführten Mais je 50 Kilo:

am
Weizen
Roggen
Mais
2. 1.
15 250
14 050
15 700
8. 2.
68 500
60 750
70 000
1. 3.
44 500
41500
41000
15. 3.
38 500
36000
83000
3. 4.
46000
41 500
45 500
9. 4.
52 750
43 500
46 500
Der Tiefpunkt am
Getreidemarkt,
Wo Roggen

unter 30 000 Mark je Zentner käuflich war, wurde
demnach rasch'überwunden, und am Anfang der
Woche hatte inländisches Brotgetreide den dreifachen
Preisstand von Anfang Januar erheblich überschrit-
ten. Das Jnlandgetreide hat die Grenze erreicht,
die durch die Weltmarktpreise gezogen ist. Sehr in-
teressant ist ein Vergleich der Getreidepreise unter-
einander. Anfang Januar und selbst Anfang Fe-
bruar marschierte Futtergetreide des Auslandes,
hier also Mais, an der Spitze, er war teurer als
selbst der Weizen. Mit dem Eintritt der Flaute
mn Getreidemarkt und den folgenden Zwangsver-
kaufen wurde Mais zum billigsten Artikel, um sich
dann zwischen Roggen und Weizen zu stellen. Die
Spannung zwischen Roggen und Weizen war zeit-
weilig, so besonders am Anfang März, sehr gering
und hat sich erst neuerdings wieder vergrößert.

Daß Roggen wesentlich billiger als Weizen ist, liegt
daran, daß nordrussischer Roggen in nicht unerheb-
lichen Mengen am Markt austaucht. Dieser drückt
auf den Weltmarktpreis. Wenn auch die Mengen
vorläufig noch im Verhältnis zu dem deutschen Ge-
treidebedarf gering sind, so ist es doch beachtlich, daß
diese Konkurrenz sich bereits jetzt spürbar macht. Sie
Wird für die Agrarier, die nur zu hohen Preisen
produzieren zu können vorgeben, einmal sehr unan-
genehm werden, dann nämlich, wenn die industrielle
Produktion ergiebig genug geworden ist, um deut-
sche Jndustrieprodukte mit Vorteil auch bei stabiler
Valuta gegen ausländische Lebensmittel einzulau-
schen.
Die verhältnismäßig lebhaften Preisschwankun-
gen am Getreidemarkt treten um so stärker hervor,
Wenn man ihnen die Preise am Metallmarkt in der
Zeit der Markstützung gegenüberstellt. Nach der
Stabilisierung der Mark ist an dem Markt der Me-
talle, wo die Spekulationen sich am stärksten der Va-
luta angepatzt hat, vollkommene Ruhe eingekehrt,
die auch durch vereinzelte Zahlungseinstellungen
nicht unterbrochen wurde. Ganz geringe Schwan-
kungen, die vom Weltmarkt oder von den geringen
Veränderungen des Dollarkurses Herkommen — das
ist alles. In Nahrungsmitteln aber gedeiht die
Preistreiberei, dank der freien Wirtschaft und der
noch in letzter Stunde erhöhten Umlagepretse, die
den Landwirten das „Durchhalten" ihrer Bestände
ermöglichens

sei, auf das Herz von England gerichtet. Sie ent-
schlossen sich, niemand zu gestalten, daß diese fran-
zösische Waffe wieder aufgerichtet würde. Also wenn
England sah oder glaubte, daß in der Nähe
feiner Grenze eine militärische oder m«Utme Ge-
fahr bestehe, zögerte es nicht, in voller Freiheit
Maßnahmen zu ergreifen, die es aus lange Zeit
hinaus zur Wahrung seine-r Sicherheit für notwen-
dig erachtet hat. Der Friede hat uns nur unvoll-
kommene und provisorische Garantien gegeben. Man
hatte uns andere versprochen, die uns alsdann ver-
weigert wurden. Wer kann also annehmen, oaß
wir nicht das Recht hätten, im Einverständnis mit
unseren Alliierten uns gegen diese Gefahr zu sichern,
wie sich früher England gesichert hat.
Eine Erklärung Smuts.
London, 15. April. Der südafrikanische Mi-
nisterpräsident Smuts läßt eine Rede verbreiten, wo-
nach er u. a. ausführte, daß, wenn man de» Frieden
nicht zu einer Lösung bringe, dies den Zusam-
menbruch und das Ende der europäischen Zivili-
sation herbeiführen würde. Der Völkerbund
ist an sichmachtlos und er ist vollständig ungeeig-
net, wichtige Unterstützung denjenigen Mächten zu
bringen, di« Großmächte sind, ohne dabet eigen-
nützige Ziele zu verfolgen. In der ersten Reihe
dieser Mächte steht das britische Weltreich,
das jetzt zweifellos am meisten am Weltfrieden
interessiert ist. Seine Stellungnahme zu dem Welt-

Die neuen französisch-belgischen
Ministerbesprechrmgen.

Tas Ergebnis.
Paris, 14. April. Die belgisch - französische
Konferenz, die am heutigen Samstag in Paris statt-
fand, ist um 11.45 Uhr zu Ende gegangen. Heute
nachmittag sand keine Sitzung mehr statt. Di« bel-
gischen Minister sind bereits abgereist. Nach der
Konferenz wurde folgende amtliche Mitteilung
ausgegeben:
Die französischen und belgischen Minister sind
heute vormittags aufs neue zusanmreugetreten. Sie
haben die gemeinsamen Weisungen vor-
bereitet, die an ihre Oberkommissare in den Rhein-
landen und an General Degoutre ergehen sollen und
die die in den neubesetzten Gebieten eingeführte Zen-
tralverrcchnung und deren Kontrolle, wie die Ver-
wendung des Ertrages der Beschlagnahmungen usw.
betreffen. Es wurde beschlossen, daß die verschiede-
nen Waren und Produkte, die in den besetzten Ge-
bieten beschlagnahmt wurden, um die von den beiden
Negierungen ode>r ihren Staatsangehörigen gemach-
ten Bestellungen von Sachlieferungen zu decken, die-
sen direkt zur Verfügung gestellt werden sollen. Der
Ueberschuß der beschlagnahmten Waren und Pro-
dukte wird von den französischen und belgischen Be-
hörden verkauft werden.
Die beiden Regierungen haben ihre Entschlie-
ßungen von Brüssel dahin bekräftigt, daß
sie dieRäumung des Ruhrgebietes und der
auf der rechten Seite des Rheins neubesetzten Ge-
biete nicht von einfachen Besprechungen
abhängig machen, sondern daß sie sie nach Maß-
gabe der Erfüllung der deutschen Repara-
lionsverpflichtungen durchführen werden.
Eine neue Alliiertenkonferenz im
Mai?
Paris, 14. April. Die Pariser Ausgabe des
„Daily Mail" will wissen, daß Bonar Law demnächst
eine Einladung zugehen würde, sich auf eine große
Alliiertenkonfcrenz im Mai nach Paris zu begeben.
Die Regierung gebe ihrer Ueberzeugung Ausdruck,
daß man zwar in dem Ruhrgebiet ein Pfand erhalte,
daß man dieses aber wieder erstatten müsse, sobald
das Deutsche Reich die Reparationszahlungen auf-
genommen habe: denn jedes Pfand müsse dein
Schuldner wiedergegcben werden, wenn dieser seine
Verpflichtungen erfülle.
Paris, 14. April. Havas zufolge haben die
Ministerpräsidenten Franksreichs und Belgiens be-
schlossen, demnächst aufs neu« in Brüssel zu konfe-
rieren, d. h. Aufsichtsratssitzungen abzuhalten, wie
sie cs nennen.
Französische Pressemeldungen.
Paris, 14. April. Der „Petit Parisien" schreibt:
Die Ministerpräsidenten Frankreichs und Belgiens
Haven in voller Uebereinstimmung die Fortfüh-
rung der Ruhraktion beschlossen, solange
Deutschland nicht seinen Widerstand einstelle und sich
zu neuen Vorschlägen bereit erkläre. Man habe sich
auf der Konferenz mit den zur Erreichung dieses
Zieles führenden Maßnahmen beschäftigt.
Augenblicklich fei man imstande, täglich 7000 Tonnen
Kohlen fortzuführen. Bei allmählicher Verbesse-
rung der Zustände hoffe man 10 000 Tonnen täglich
zu erreichen. Außerdem sind strenge Maßnahmen
zur Eintreibung der Kohlensteuer ergriffen, der
sich die Minenbesitzer bisher zu entziehen versucht
hätten. Man beschäftige außer dem französisch-bel-
gische» Etse»bah«p«rs»nal znv Zett unge-

fähr 2000 deutscheAngestellte. Man will die Zahl
durch Neueinstellungen erheblich vermehren. Die
französisch-belgischen Minister betonten, daß die Nie-
derzwingung des deutschen Widerstandes eine grö-
ßere Bedeutung beanspruche, als die Festsetzung eines
Reparationsprogramms. Mit England soll vor-
erst nicht gemeinsam verhandelt werden, da der
Standpunkt zur Zeit auseinander geht.
Die Herren Theunis und Jaspar erklären sich als
z u sr t ed e n geste l l t, da sich ergab, daß die bel-
gische Priorität nicht in Frage gestellt sei. Es seien
beiderseits Verhandlungen mit London angebaynt,
sodaß ein französisch-belgischer Reparationsplan auS-
gearbeitet und selbst auch das System der Sicherun-
gen festgesetzt ist. Sie sind dafür, daß so rasch als
möglich an die Ausarbeitung dieses Plaues heran-
getreten wird.
Paris, 14. April. Der .lTemps" bezweifelt die
Ausführbarkeit des vom „Matiw' veröffentlichten
Neparationsplanes.
Paris, 14. April. Der „Temps" erfährt aus
Brüssel, in hiesigen Kreisen vertrete man die Auf-
fassung, daß es sich anläßlich der Ministerkonferenz
nur um Periodische Besprechungen handle,
die regelmäßig seit der Ruhrbesetzung vor sich gehe.
Die Verschärfung.
Paris, 16. April. Nach dem „Echo de Paris"
soll durch rücksichtslose Ausweisung von Beamten,
Wegnahme von Verfügbaven Hausvorräten und Be-
schlagnahme von Kohlen und Jndustriematerialien
das Besetzungsregiment verstärkt werden.
Noten.
Berlin, 14. April. Wie verlautet, ist bei der
Reichsregierung eine französische Note eingelausen,
in der sich die französische Regierung gegen dis Stelle
der Rede des Reichskanzlers anläßlich der Trauer-
feier für die getöteten Essener Arbeiter im Reichs-
tag wendet, in welcher der Kanzler von feindlichen
Nationen gesprochen habe.
Berlin, 14. April. Eine Note der deutschen
Regierung Protestiert gegen die Beschlagnahme
deutscher Reichsbankgelder sowie gegen die Einbe-
haltung und Unbrauchbarmachung von Druckplat-
ten für die Herstellung deutschen Papiergldcs.
Eine Rede Poineares.
Paris, 15. April. Anläßlich der Enthüllung
eines Kriegerdenkmals in Dünkirchen hielt Po -
incarö eine Rede, in der auf die Ereignisse des
Weltkrieges, soweit sie zu Dünkirchen in Beziehung
stehen, einging, um sich alsdann über die Repa-
rationsprobleme zu verbreiten. Poincarö
führte aus:
Wir haben die Gewißheit gewonnen, daß, wenn
man Deutschland ein zweijähriges Mora-
torium mit Bürgschaften gewährt Hütte, es nach
Ablauf dieser Frist auf unser Zahlungsverlangcn
mit einer Weigerung und Herausforderung
geantwortet hätte. In diese Sackgasse hätte uns in
fataler Weife die Politikder Mäßigung und
der Schwäche geführt. Die Pfänder, die Deutsch-
land uns nicht geben wollte und die gewisse Alliierte
im besten Glauben für unnötig hielten, halten wir
für unerläßlich.
Weiter erklärte Poincars: Im 18. Jahrhun-
dert waren unsere Nachbarn jenseits des
Kanals zu Recht oder Unrecht davon überzeugt,
daß Dünkirchen wie Calais ein Revolver

frieden und seine Politik muß aller Welt klar ge-
sagt und Von allen Zweifeln und Mißtrauen befreit
werden.
Ruhr.
Mainz, 14. April. Ausgewtesen wurden Stadt-
verordneter Lehrer Wirch und Studienassessor Dr.
Bell; beides Mitglieder der sozialdemokratischen
Partei.
Dortmund, 15. April. In Herne besetz-
ten gestern morgen französische Truppen das Ge-
werkschaftshaus, das evangelische und das katholi-
sche Vereinshaus.
Essen, 15. April. Die in Solingen von den
Franzosen verhängte Berkehrssperre ist wieder auf-
gehoben worden.
Paris, 16. April. Der „TemPS" meldet: Ge-
neral Dcgourte hat eine Verordnung erlassen über
den Transport von Kohlen und Koks.
Danach wird den VerOverksbesitzern, da sie die Zah-
lung von Steuern ablehnen, vorgeschrieben, von jetzt
ab Kohlen und Koks nicht mehr ohne Erlaubnis-
scheine zu transportieren. Diejenigen, die um diese
Erlaubnisscheine nicht einkommen wollen, müssen auf
den Kohlentransport verzichten. Schmuggel wird
schwer bestraft, unrd zwar mit Geldstrafe bis
100 Mill. Mk. oder mit Gefängnis bis zu fünf
Jahren.
Paris, 16. April. Heute treffen drei französi-
sche Minister im Ruhrgebiet ein, nämlich der
Minister für öffentliche Arbeiten, der Finanz- und
der Kriegsminister. Ihre Reise wird mit den Be-
schlüssen der Pariser Ministerkonferenz in Zusam-
menhang gebracht.
Bielefeld, 16. April. Am 13. und 14. April
tagte hier die Rcichskonssrenz des Geiamtvorstandes
und der Bezirksleiter des Verbandes der Berg-
arbeiter Deutschlands. In einer einstimmig an-
genommenen Resolution wurde der ungebrochene
Wille, sich der französischen Willkür und Brutalität
nicht zu beugen, bekundet.
Darmstadt.
Darmstadt, 15. April. Gestern nachmittag
ZH6 Uhr traf aus der Richtung Griesheim ein Eisen«
bahnzug mit ausgewiesenen Eisenbahnern zwischen
Weiterstadt und Darmstadt ein. Der Zug hielt aus
freier Strecke. Die Ausgewiesenen mußten zu Fuß
nach Darmstadt geben. Es waren Eisenbahner aus
Goddelau, Wolfskehlen, Dornheim, Groß-Gerau u.
Klein-Gerau. Ein zweiter Zug mit Ausgcwiesenen
wurde bet Gernsheim angehallen. Die hier abgesctz-
ten Eisenbahner stammen aus Budenheim und
Stockstadt. Die Familien sämtlicher Ausgewiesenen
müssen innerhalb vier Tagen folgen. Insgesamt
waren es über 100 Eisenbahner. Der Grund del
Ausweisung ist, daß die Eisenbahner auf wieder,
holles Befragen, ob sie für die Franzosen arbeiteis
wollen, dies verweigert haben. Die Behörden ns
Darmstadt sind bemüht, die Ausgewiesenen uniert
zubringen.
Mannheim.
Mannheim, 15. April. Seit einigen Lagers
ist auch das Lagerhaus des badischen Bauern)
Vereins in Rheinau-Mannheim in das besetzte Ges
biet einbezogen worden.
Offenburg.
Offenburg, 14. April. Nachdem man vors
der Offenburger Staatsanwaltschaft verlangt hatlh
die Namen der Kriminalisten zu uennen, wurde dis
dem Landgericht angegliederte K r i m i n a l a b t e ic
lungausgelöst und somit der letzte Schutz Preis«
gegeben, den Offenburg nach der Ausweisung des
städtischen Polizei und der Kreisgendarmcric noch
besaß.
Ein Gastwirt aus Renchen, der unter Zwanß
einen Gendarmen nach Offenburg fahren mußte.
 
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