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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
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K'ju»«vrei«: Monat«» elnlchNeßl.
Maerlohn Anzeiaem
: Die einspaltige Petttzcile
deren Raum M mm breit)
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»°.<!Mk.KON.-. BeiWiederholun-
^"Rachiatzn.Tarif. Seheimmitlel-
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Volkszeitung

S«f»Sst,ftunden8—«vhr. Sprech«
stunden der Redaktion: ti—lü Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr.L2S77,
Tel.-Aor.: Volksjeitung Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unlerbadische»
Verlaasanstalt W. m. b. H., Heide«
berg, weschastsstelle: Schrbderstr.8ch
Tel.: <krveditionM7Il n.RedaI.iIS7>.

logkr-ZeUmg für die «eMügeNevMkrmg Der Amtsbezirke Melbers, Wiesloch, Klarheit». Kvvlngea, Überbach, Mosbach, Dachen, Adelsheim, Norberg, TauSerbischolshelm v. Wetthel»

E». Jahrgang

Heidelberg, Donnerstag,, den 8. März 1923

Nr. 57

Die Ruhrbesetzung vor den Parlamenten.
Bonar Law und die Reparatronsfrage. — Vorschläge Macdonalds. — Reichstag und Kanzler. — Kritik
an der Kanzlerrede. — Was sagt das Ausland?

«r. Heidelberg, 8. Mär».
Just wie im Kriege. Nicht nur hinsichtlich de-
alend- und der Not, sondern auch hinsichtlich des
Echos in den Parlamenten. In England
ein« rublg kalkulierende, auf die reale Wirklichkeit
9ch einstcllende Partetvertretung. In Deutsch-
land (ähnlich wie auch in Frankreich) die Schau-
1'Übn« der groben „Einmütigkeit". Das Resultat
b'cs-r Einmütigkeit sahen wir in der furchtbaren
Katastrophe von 1918. Das Schauspiel scheint sich
wicdcrbolc» zu wolle». Der unersättliche frairzS-
kisch- Militarismus kam infolge vcr Hemmun
lien Wilsons und Lloyd Georgs bcinl Vertrag von
Versailles nicht auf seine Kosten. Nachträglich suchte
-r dann immer wieder unter Vertragsbruch sich das
a boten, was ihm in Versailles verweigert wurde,
^e „Erfüllungs Politik" Wirth-Rathe-
'a»r vcrstmrd es jedoch, den Franzoien immer
nieder den Vorwand wegzunehmen. Do
>ar« diese Ersttlluugspolitik und so sehr sie oft a»s
unbillig und dem nationalen Gefühl schmerzhaft
Unpfunden — sie bildet« und bildet, vis Deutschland
wieder innerlich und äußerlich gefestigt,
das einzige Mittel, um das Reich und sein Volk
^berbaupt über die furchtbare Krise dieses Jahr-
itlnrts Hinwegzubringen. Jedem, der die wcltpolt-
>!che Situation nicht nach den Wünschen seines Her-
tenskämmerleins, sondern mit offenen Augen für
^e Einstellung der groben Weltmächte, unter denen
Deutschland nur ei» Samenkörnchen ausmacht, be
^achtet, mutzte dies Nar sein. Umso mehr nlutzte je
doch das Verhäng «tS -zu geeignrtcr Stunde
-bird hierüber noch sehr ernst zu reden sein —
"'«-dauert werden, datz unter der Nachfolgerschaft
^irthK durch die Brutalität Poineares diese au!
^"thrzebnte eingestellt« Politik der Entwicklung in
V»e Politik des Biegens oder Brechens mmvanoeue:
eine Politik, au» der wir nach zweimouamcyer Dau.t
voch keinen Ausweg ins Frei« sehen.
Wie fern wir noch dem Ausweg sind, das bewei
ie» di« letzten Verhandlungen im englische» Unter-
bus und im deutschen Reichstag. Mit Absicht diese
^cihenfolge. Nicht nur wegen des Frage- lind Ant-
^'ortspieles, sondern auch deshalb, weil Wir bei ob
^^tivster Betrachtung konstatieren müssen, datz wir
den Verhandlungen des englischen Unterhauses
bedeutend mehr Staats Weisheit findet
'bnnen als im Deutschen Reichstag. Das Fazit der
^Slischen Unterhausdebatte ist Wohl jenes
England angesichts der Festlegung der sranzösi
^>c» Politik noch keine Jnterventionsvor-
^lägc macht, datz es jedoch darauf wartet, das
Eilens der deutschen Reichsregierung brauchbar
Vorschläge zur Reparationssrage (an der auch
^"gland ein vitales Interesse hat) gemacht werden
Voraussetzung einer später«» Intervention. Die
Konsequenzen für Deutschland liegen wahrlich
^"kach genug da: Einerseits Fortsetzung des vom
^»tzeu deulschen Volkes getragerien Abwehr
oinpfes, anderseits passende Reparations
or s ch sqge, um Frankreichs Gewaltgier vor aller
^dl, zu demaskieren.

, Was tut jedoch Cuno? Was tut der Reichs
o «? Der Reichskanzler erklärt — ähnlich wie Mi
o«liz und andere Heroen der großen Zeit von 1914
1918 —, datz Deutschland verhandlungsbereit ist,
es jedoch ab, praktische Vorschläge zu
.^che». Und der deutsche Reichstag in seiner Mehr
(mit den staatsfeindlichen Parteien sich zu be
t ftigen, erübrigt sich) stellt sich in Einmtt 1 ig -
mir die bürgerlichen Blätter in Balkenschrist
^'''istden, hinter die Regierungsaktion, über deren
°^a»f weltpolitisch, speziell mit den englischen
^niungen vertraute Berliner Mitarbeiter der
Ztg." folgendes Urteil fällt:

-Wer von der großen Reichstagsdebatte über
französische Jnvastonspolitik mehr als em
, ^^ttntnis der großen Mehrheit des Parlaments
. entschlossenen Abwehr und zur Untersttttznnc
schwerleidcnden Bevölkerung im Kampfgebie
^Ibarte, hatte, hat das Recht, heute, nach Abschlu,
Debatte, sich enttünschtzu beschweren."

Wir haben dieser Feststellmtg nicht» anzufügen
und können nur die gestrigen Worte nach d«r «roßen
Kanzlerrede wiederholen,: „Die Entwicklung wird
also weiterhin ihren Lauf nehmen ''
Kritik an der Kanzlerrede.
Die rechtsdemokratische „Voss. Ztg." schreibt:
Cunos Worte mutzten autzenpolttisch wirken,
ohne nach inne» hin die Einheit zu zerstören. Nach
beiden Seiten wäre es ihm leichter gewesen, solch«
Wirkungen zu erzielen, wenn die Rede kürzer ge-
wesen Wäre. Sie enthielt eine große Reche wir-
kungsv oller Stellen. Aber zwischen solchen
Sätzen von starker Schlagkraft mW zwingender Be-
wcislogik sagen weite Strecken, in denen we-
sentlich solche Tatsachen alketnaudergereiht waren, die
in den Zeitungen fast aller Schattierungen bereits
bekanntgegeben worden sind.
Die demokratische „Franks. Ztg." fügt ihrer
gestrigen Kritik noch die Bemerkung cm: Was die
Mehrheit des deutschen Volkes verlangt und im
Interesse des Reiches verlängert mutz, ist, daß die
Regierung ihre inneren Vorbereitungen
für die künftigen Verhandlungen treffe, datz sie Be -
rettwilligkeit zeige, zu gegebener Stunde in
Verhandlungen einzutretcn und keine VerhandlnngS-
möglichkeit auszuschlagen. In der gestrigen Sitzung
des Unterhauses hat der Führer der englischen
Opposition denr Wunsche Ausdruck gegeben, die deut-
sche Negierung möge bekunden, welche Leistun-
gen sie aus sich zu nehmen bereit sei. Dieser Ge-
danke ist bereits wiederholt aus England an uns
herangetreleu. Was ibn betrifft, mag vielleicht die
Rede des Herrn Dr. Cuno in der großen Welt
enttäusche u. Man versteht dort »sicht, wie groß
unsere Schwierigkeiten angesichts der ungezügelten
französischen Begehrlichkeit sind. Aber anderseits
dürfen wir uns der Einsicht «licht verschließen, datz
wir mit einem völligen diesbezüglichen Still-
schweigen in der politischen Behandlmrg des
ttovfliktgegenstandes nicht vorankomme».
Ausland und Kanzlerrede.
London, 7. März. Obwohl die gestrige Red«
des Reichskanzlers hier einigermaßen ent-
tänscht, da vielfach genauere Angaben
über den Nmfcnrg deutscher Angebote erwar-
tet wurden, hält selbst die rechtsstehende Press« mit
jedem Urteil zurück.
Newyork, 7. März. Die Rsde Dr. Cunos
wird hier güitstig beurteilt. Die Blätter anerkemten
die Konzilia»;, jedoch fordert die „Post" konkrete
Vorschläge Deutschlmeds. Halbamtlich wird konsta-
tiert. daß der amerikanische Standpunkt unverändert
sei.
Rom, 7. März. Der durch seine jüngste Kam-
pagne bervorgetretenr „Messagers" meint, der deut-
sche Widerstand dürste in absehbarer Zelt erlawnen,
denn trotz der stolzen Worte beton« Dr. Cuno seine
Vechandlnngsbereiischast und riefe fremde Vermitt-
lung an.
Paris, 7. März. Der „Temps" zieht ein«
Parallele zwischen der Erklärung CunoS und -den
denr Sinne nach fast gleichlautenden Ausfiihvungen,
mit denen im Juli 1917 der damalige Reichskanzler
Michaelis in Beantwortung des vom Vatikan
uitternvimncuen Vermittlungsversuches die deutsche
FrwdenSbcrettfchast präzisiert bade. Auch damals
habe sich DeutzMand zu VerhmMungen bereit
erklärt, aber die Grundlage, auf der dies hätte ge-
schehen könne», sei völlig nndiSkittterbar gewesen.
Genau so denke heute die deutsch« Regierung nicht
daran, die Reparationen zu zahlen oder dafür Ga-
rairtien zu vi«ten.
Mül Lw W Mnilisn.
London, 7. März. Zu einer RcichSdrbatte
des englischen Unterhauses erklärte Bo nar Law
auf di« Kritik des Arbeiterführers RamsahMac-
do »ald, in der Politik der Regierung sei keine
Acndcrun g cingctreten. Wörtlich fuhr er fort:
„Wir glauben in diesen, Augenblick nicht, daß rin
Eingreifen nützlich wäre; cs würde von Frankreich
als rinr feindliche Handlung anfgcfatzt werden.
Wir sind nicht bereit, einen solchen Schritt zu un-
ternehmen." Sodann tvics Bonar Law darauf hin,
daß die Frage der Reparationen keine Frage
fei, an der nur Frankreich und Belgien beteiligt
seien: cs sei eine europäische Frage, an der
England interessiert sei und in der es einiges zu
sagen habe. Die Besorgnisse, die der Ein-
marsch ins Ruhrgebiet im Unterhaus hervorgcrusen
habe, würde» von der Regierung geteilt. Die
französischen Staatsmänner seien des Glaubens,
doch der Druck auf Deutschland seine Wirkung aus-
üben -vcr re: solmtZe sie au diesem Glauben fest-
hieltcn, wäre cs nach Auffassung der britischen Re-
gierung nutzlos, Eue Vermittlung anzubieten.
Niemand wünsche eine» Konflikt mit Frank-

reich, wem» er sich nur irgend verineiden lasse.
(Allgemeiner Beifall.) Hinsichtlich des Plane» der
Bildung eines europäischen Blocks
ohu« Großbritannien erklärte Bonar Law,
er glaube »i«hch daß irgend ein französischer Staats
man» ernstlich an etwas Derartiges denke.
Ramrfay Atacdonald hätte in seinen Ausfuhr»»
gen betont: Niommrd werde behaupten, datz sich die
Sage bessere. Statt Sicherheit habe das französische
Unternehmen Unsicherheit geschaffen. Diese werde
nicht enden, wenn Deutschland wieder auslebe, son-
dern sie werde ein« Generation lang andauern. Es
gebe doch keine Nation in der Welt, die besser i»
der Lase sei, sich aus die Psychologie der Revan-
che zu verstehen als Frankreich. Die Politik Frank
reich? lrvrst auf eine Katastrophe hinaus. Wenn
Frankreich in seinen» eigenen Interesse die in Ver-
sailles geregelte Frage wieder anschneide und einen
neuen Vertrag herstelle, ohne sich zuvor mit seinen
früheren Alliierten zu beraten,-könnten sich daraus
schwere Gefahre» für den europäischen Frieden er
geben. Vielleicht werde das, was jetzt seinen An-
fang nehme, schließlich rnit einen» Kriege enden,
wenn nicht große Sorgfalt angeivandt iverde. Eng-
land müsse Europa den Weg weisen.
lieber die Stellung Englands in der Repara-
tion?- und Rheinlandkommission sagte der Redner:
Diese beiden Kommissionen übernehmen die Ber
anckvortting für die Dinge, wofür sich England
nicht v«vantwortlich machen wolle. Trotzdem stehe
der Vertreter Großbritanniens stillschweigend da.
England müsse versuchen, sein Bestes zu tun, um
Deutschland M veranlassen, sich zu erklären, zu sa-
gen, fvÄi- es als ein« vernünftige Verpflichtung an-
sehen IMllde. Er, Ramsay Macdonald, habe des-
halb vorgeschlagen, daß »sau mit d«n Kammern in
Belgien und Frankreich den Anfang mache. Sobald
dl-se Beratung stattgefunden, hoffe er ans die Mög-
lickMl eines Zusammengehens mit dem deutsche^
Reichstag, der zu Nate zu ziehen sei.
Lord Robert Cecil fordert die Regierung auf.
ihre Haltung deutlich.darzulogen. Er sei der An-
sicht, daß der VölterbundSrat unmöglich in einer
kochen Lasse zusammentreten könnte, ohne etwas zu
tun,
Fisher sagte, der Wog, um Frankreich vor einer
Wiederholung des Krieges zu sichern, bestehe nicht
in der Zerstückelung Deutschlands, sondern der Weg
dazu sei, wem» man mit dem republikanisch-demo-
kratischen Deutschland Freundschaft schlösse und es
ermöglichte, daß die deutschen Bürger die Empfin-
dung bekämen, daß Deutschland eit» blühender Staat
werden und in Sicherheit unter der demokratischen
Republik leben körrnte. Der Kurs, den Frankreich
gegenwärtig verfolg«, rufe in vielen Deutschen
Zweifel hervor, ob sic gut daran getan bäitem das
inolvarchifche System gegen das repnblikanisch-,uemo-
kratische System einzutauschen. Es liege nicht nur
im Jrtterrsfe Frankreichs, sondern im Interesse von
ganz Europa, datz mar» d«r deutschen republikani-
schen Regierung die Hand reiche, sobald es klar ge-
wovdei» sei, daß die deutsche Regierung gewillt sei,
ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Archer She« sagte, die Mehrheit des britischen
Volkes unterstütze das französische Borsehen. (Rufe
bet der Arbeiterpartei: Nein!)
Hieraus wurde die Debatte auf unbestimmte
Zeit vertagt.

Der Reichstag zur
Kanzlerrede.
Berlin, 7. März.
Abg. Dr. David (Soz.) erklärt: Die Kern-
fr a g e, um die es sich handle, sei, ob Frankreich
nur Reparationen wolle oder ob es auf die
Absprengung des R ü e i»l a n d e ö und des
Ruhrgebietes vom Reiche abzielt. Davon hänge die
Beurteilung der ganzen Situation ab. Man habe
zwar offizielle Erklärungen der französischen Regie-
rung gehört, datz keine Amwklion geplant sei, aber
das systematische Vorgehen der französischen Be-
satzungstruppen im Nheinlande und im Ruhrgebiet
beweise, datz Frankreich sich in den dauernden
Besitz des Rheines setzen wolle, und da
müssen wir sagen: Mit einem Frankreich, das nur
Reparationen will, können wir uns jeder-
zeit v erst ä n d i ge n; mit einem Frankreich aber,
das uns den Rhei n und die N u h r e n t r e i tze n
will, ist eine Verständigung nie und n i m -
m er möglich.
Die ErfttllungsPolittk ist zwar gescheitert,
sie war jedoch richtig. Unsere Steuerpolitik
mutz so eingerichtet werden, datz die Besitzend e u
Wirklich Opfer bringen. Die deutsche Sozi-
aldemokratie bietet Frankreich die größte Si-
cherheit gegen einen Angriffskrieg. Dor deutsche Ar-
beiter jcdock wird sich nicht zum Sklaven des
I m pcria > is m n s und Militarismus, am
wenigsten zum Sklaven eines fremden MilUnns-
mus und Kapitalismus machen lassen

Abg. Hrrgt (D.N.) betont, was man bei deck
Franzose» erlebe, sei der reinste Sadismus
(Auf Zwischenrufe von liukS entwickelte sich «in hef-
tiger Lärm, aus dem man von de!» Bänken der Rech-
nen gegen eine sozialistische Abgeordnete den Ruf
!.,aUe Megäre" hörte.) Man hört vei der Bevölke-
rung nur de» Ruf nach Vergottung und das Ver-
lange» nach Taten der Regierung. Di«
dcutschnattonal« Partei hätte den Abbruch der
diplomatischen Bezirhmrgen und Vergeltungs-
maßnahmen gessen Frankreich und Belgien er-
wünscht.
Abg. Marx (Ztr.) weist auf den Haß hin, den
das französische Vorgehen erzeugt. Seine Partei
habe zu dem Reichskanzler das Vertrauen, datz
er jed« annehmbare Möglichkeit für eine Verstän-
digung wahrnehmen werde. Jetzt aber müff«
Frankreich endlich von seiner Seite aus d«n
VerständigungSwtllen zeigen.
Abg. Stresemann (L.VP.) wendet sich gegen
das Gerückt, datz die Firma K ruPp sich unter anre-
rikanischen Schutz gestellt üat, um sich damit mate-
riellen Opfern zu entziehen. Hinsichtlich einer Ver-
ständigung mit Frankreich trete die deutsche
Volkspartoi an die Seite de? Reichskanzlers, aber
Frankreich habe alle Voraussetzungen zer-
stört und müsse sic erst wieder schassen.
Abg. Dernburg (Dem.) erilärte: Nur im
Ausharren liegt der Weg zur Rettung, die uns
werden soll unter dem Dreigestirn republikanischer
Freiheit, deutscher nationaler Einheit und d-rtl
Rechtes.
Abg. v. Gräfe (deutschvött.) Verlangte de» Ab-
bruch der diplomatischen Beziehungen und dbe „Tat", v
Abg. Frau Zetkin (Komm.) betont, di« Kanz-
lerrede habe enttäuscht und erklärt, der Jml>«rialiS-
mus kann nur durch das internationale Proletariat
überwunden iverde».
Abg. Ledebour (witd) betonte, datz in der
Bernrteilung des Ruhrcinsalles k e i n cMei-
lt» n g s v e rieb i e d e n h e i t bestehe, wohl aber
gingen die Auffassungen auseinander über die
besten Mittel zur Nückgängtgumchung dieser
barbarischen Tat. Alle Verhandluugsmöglichkeiten:
müßte»» benutzt werden.
Abg. Leicht (Bayr.Vp.) ruft dein Reichskanzler
zu: Reichskanzler, bleibe bart. (Ein deutsch,mtionaler
Abgeordneter machte den rnit großer Heiterkeit auf-
genommenen Zwijchenrus: Reickskanzler, bleib«
stabil!)
Vizepräsident Dr. Bell (Ztr.) stellt das Ergeb-
nis der Aussprache dahin zusammen, das; das ganz«
deutsche Volk hinter den Rnhrkämpsern steh«.
Hierauf vertagt sich das Haus auf Donucrsma.

Die Lage im Reich.
Ein bayerischer Umsturzkomplott.
München,?. März. Ueber ein Komplott zu»»»
Sturze der bayerischen Verfassung erfährt der Mün
chener Vertreter der „Franks. Ztg." folgendes: End«
Februar ist an amtlichen Stellen bekannt gewor-
den, daß eine Reihe vor» Persönlichkeiten, die außer-
halb der polttifchen Parteien stehen, den Entschluß
gefaßt hatten, in allernächster Zett eine gewalt-
same Aenderung der bayerischen Verfassung
hrrbetzuführen. Bisher wurden 15 B e rh af 1 n »»-
gen vorgenommen. Bon den Festgcnommcnen wur-
den sieben Personen dem Richter übergrbrlt, während
die übrigen »rach Feststellung des Sachverhalt«»
wieder aus der Haft entlassen wurden. Die Haupt-
beteiligten sind der Professor Georg Fuchs und
der Kapellmeister Hugo MachhauS, beide nuS
München. In derselben HochverratSsnche wurde an»
Mittwoch, den 28. Februar, auch der frühere Rechts-
rat der Stadt München, Dr. Kühles, feftgeuom-
men, jedoch nach einigen Stunden mangels Be-
lastungsme.terials wieder entlassen. Dr. Kühles hat
sich aber gestern in seiner Wohnnug in Solln er-
schösse«.
Berlin, 7. März. Nach einer Meldung des
Ucht-Uhr-Mattes aus Müncken sott in Zusammen-
hang mit der ausgedeckten Verschwörung auch Gras
Bo ihm er, der frühere Vorsitzende der bayerischen
Königspariei, sestgeuoiumen worden sein.
Eine Rede Eberts.
Leipzig, 7. März. Reichspräsident Eberl
tmf heute vormittag -jll Uhr mit andere» Herren
der Reicksrcgiernng mittels Flugzeuges von Ver-^
lin so».- i.-eud. «uf dmn Flugplatz Leipzig-Mockau
zum Besuch der Leipziger Messe ein. Er
wurde von de» Spitzen der staatlichen und sitt.nische«
Behörden sowie von Dem kurz vorher ebenfalls in»
 
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