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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
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rkms-Zelkung U vke mttMgeBkvSlttnmg Ser Amtsbezirke Melbers, Wiesloch, kivsbekm, kpvüigea. Verbrich. Mssboch. Nuchm. Abeksbekm. Vorberg. rauberbWolsbew a. Wertheim

Heidelberg, Mittwoch, den 14. Februar 1923

c». Jahrgang

Nr. 38




WSW!

i 'Ti;

der

di- wir jetzt am weirigste«
die Kraftpbrase. Trotz des
ini Kriegs scheint rroch ein ge-

denke ich nur zurück an die Haltung der DeMckmalto«
nalcn im proutztschen Landtag, ats das Gesetz »der
den Verlebr mir Grundstücken beraten wurde. Da
tmt das .Nationale- ganz zurück gegen de« «ackien
Hmisbesitzerstandpunkt.

- dies Wort ist zu betonen - positive und konkrete
Vorschlüge eines Erfüllungsprogramms bekanntgibt,
die zum mindesten den unparteiisch denkenden Teil
der Menschheit davon überzeugen, daß Deutschland
auch jetzt noch» sobald man eS nur in Ruhe läßt, be-
reit ist, bis an die äußersten Grenzen seiner Kraft
Erfüllungspolitik zu treiben.
Natürlich Weitz ich sehr gut, datz ehrliche (d. h.
ausführbare) Vorschläge, die auch Herrn Poin-
cars befriedigen, sich nicht machen lassen. Aber
immer wieder mutz davor gewarnt werden, Herrn
PoincarS mit Frankreich zu verwechseln. Man hat
m. E. viel zu wenig die letzten Vorgänge in der
französischen Kammer beachtet. Man hat nur die
Zahlen des Vertrauensvotums jür Poincars fest
gestellt. Aber diese Zahlen ergeben durchaus kein
richtiges Bild der wirklichen Gefolgschaft, über die
der französische Ministerpräsidem verfügt. Die Ra
Malen und die Sozialradtkolen haben zwar größten-
teils für Poincars votiert, aber mit der ausdrückli-
chen Einschränkung, datz sie grundsätzlich Gegner sei-
ner Politik seien und nur in der jetzigen gefahrvollen
Siuation di: Einigkeit nicht stören wollten. Tas be-
deutet: diese Parteien wollen Herrn Poiucarö Schem
und Vorwand nehmen, datz infolge i hier Opposi-
tion die Ruhraktion scheitere, sie wollen einer franzö-
sischen „Dolchstoßlegende" vorbauen. Ich glaube,
gerade in Deutschland sollte man eine solche Taktik

Der Reichspräsident in Darmstadt.
Darmstadt, 13. Febr. Der R c i ch s p r ä s i -
denk traf beute mittag in Begleitung hier ein. Er
wurde durch Staatspräsident Ulrich begrüßt. Ar
der folgenden Aussprache legte auch Hesse«
das Gelöbnis der Treu- '

folgschaft unterscheiden und sollte vor allem aus der
Haltung der beiden linksbürgerlichün Parteien, die
doch tmnl«r ctzvas sind und oft sckon die Majorität
der Kanrmer besessen haben, die entsprechenden
Schlüsse für dir deutsche Politik Oebe-nr
Es gibt dock) nur zweierlei: errtwsder halten wir
Herrn Poineaw sür ewig und unabsetzbar, dann
können wir überhaupt mit allem Schluß machen.
Oder aber wir glauben an die Möglichkeit, datz eine
Opposition PoincarLs zu stürzen Vermag, daun ist es
unsere Pflicht, dieser Opposition durch unser Verhol
tön joden tatsächlichen Rückhalt zu verschaffen. Der
Widerstand gegen Poincars ist nur einbedingtes
Mittel zu seine») Sturz. Würde dieser Widerstand
bedeuten: „wir wollen überhaupt nicht zahlen", so
würde er automatisch ganz Frankreich zu einem
Block gegen uns zusammenschwoitzen und Herrn
Poincares Stellung bis dort hinaus befestigen. Je
stärker dagegen gleichzeilig mit dem Widerstand un
scre tatsächliche Leistungswitligkeit in Erscheinung
tritt, desto sicherer führt er zum Sturz der Poinca-
rsschen Gewaltpolitik.

Karlsruhe, 13. Febr. Gestern abend wurde
dem Reichspräsidenten von der Karlsruher
Bevölkerung, Arbeiter-, Bürger- und Slü-
de n t e n s ch a f t, ans dein Schlossplatz eine Kund-
gebung dargebracht. Nach einem Licdervor rag
durch die Vereinigten Arbeitergesangver-
eine richtete Bürgermeister Saueran den Michs-
prästdcnten eine Ansprache, in der er erneut der
Freude der Karlsruher Bevölkerung über diesen
Besuch des Reichspräsidenten und der Reichsminister
und der u-nersckü terlichen Treue der Stadt zum Reich
Ausdruck gab. Der Redner schloß mit einein Hoch
auf das Vaterland und den Reichspräsidenten.
Reichspräsident Ebert richtete hierauf einige
Worte an die Menge, indem er daraus hinwies, datz
diese mach.volte, aus eigenem Antrieb entstandene
Kundgebung ein Zeichen des entschlossenen Willens
zur Abwehr sei und eine alle Schichten der Be-
völkerung umfassende Einigkeit beweise! „Wir
müssen," so sagte der Reichspräsident, „gegen einen
mit allen militärischen Mackins teln ausgerüsteten
Gegner den Kamps als wehrloses B-olk sichren nur
mit den Waffen des Rechtes, des Geistes
u n d d e r A r be i t. Hierzu brauchen wir die Einig-
keit und Mitarbeit Aller. Nur als einiges Volk
mit einigem Willen können wir das Ziel erreichen,
das da heisst: Freiheit und glückliche Zukunft unseres
Volkes!" Die Menge, die die Ausführungen des
Reichspräsidenten mit starkem Beifall ausnahm,
stimm « mit Begeisterung in den Hochruf ans daS
Vaterland ein und sang dann das Deutschlandlied
— Damit hatte die Kundgebung ihr Ende erreicht.

doch Wohl Gegenstand der Verhandlung, ihr Haupt-
punkt sein, den man nichr vorder eskanrotieren kamt.
Wer überhaupt zu Verhandlungen gelangen will,
mutz den Niut haben, unzweideutig vor der Welt zu
erklären: „Wir verhandel», sobald sich die Möglich-
keit zu Verwandlungen bietet." Den Gegner, der
einstweilen nicht verhandeln will — wenigstens
nicht über die Kernfrage der Räumung —, hierzu
geneigt zu machen, nrutz das Ziel energischsten und
rntschlossendsten Widerstandes gegen den Ruhveinfall
lein, wenigstens für eine Politik, die rnit realen
Möglichkeiten, nicht rnit Wünschen uns Phanta-
stereien rechnet.
Aber auch der Satz „sobald sich die Möglichkeit
zu Verhandlungen bietet" bedarf noch einer kon-
kreten Auslegung. Es ist nicht damit -getan, datz
man sagt, vorläufig habe sich noch kein Vsrnrittier
cm-geboten DaS Ziel einer über Proteste und Gesten
üiuauSreichendet!, Politik mutz sein» VernrittlnngS
willigen eine erfolgversprechende Basis für ihr
Eingreifen zu vcrsckmsfcn. Diese Basis kann die
deutsche Regierung err eichen, indem sie öffentlich

Mannheim 1". Febr. Von Karlsruhe aus
fuhr Neichsvräsidem Eberl rach Mannheim, wo
selbst ebenfalls einmütige Kundgebungen gegen den
französischen Einbruch siattfarrdrn. " In Begleitung
des Reichspräsidenten befanden sich außer den
Reichsmtnistern Oeser und Albert u. a. der ba-
disch: Staatspräsident Nemmele. Das Rathaus
hatte ans Anlas; des Besuches geflaggt. Gegen 10
Uhr tvaf der Reichspräsident im Vürgcr--
au s schnß saial ein, der ebenfalls durch zwei
große PEmcn geschmückt war. Im Saale waren
Vertreter der Behörden und der Berus s -
verbände vers....unelt
Zunächst ergriff
Oberbürgermeister Dr. Küster
das Wort, der u. a. ausfübrte: Stach dem furcht-
baren Unglück von Oppau führt heute wiede>um
N o t das Neicksobcrhaupt zu »ns, Not, gewollt von
einem Volke, das im Rhetntale und um den Rhein
seit Jahrhunderten mit der deutschen Nation in
Fehde liegt, das diesen Strom und seine Fluren
unserem Volke niemals gönnte, das hier seine eigene
Macht aufrichten wollte. Im Jahre 1689 hat Lud-
wig XIV., den Namen eiuer deutschen Fürstin, der,
darob tiefbekiinunerten Liselotte von
Pfalz mißbrauchend Mannheim völlig zer-
stören lassen, so datz kein Stein auf dem andern
blieb. Diesen Befehl haben seine Generäle wörtlich
ausgesührt- Sie haben dem Rate der Stadt nur
die Wahl gestellt, entweder selbst ihre Häuser abzu-
brechen, daun dürsten sie die Baumaterialien aus
die linke Rheinseite transportieren, oder die Stadt
durch die Soldaten zerstören zu lassen; dann 'eien
Plünderungnr nicht zu vermeiden. Die Mannhei-
mer sollten nach dem Elsaß, nach Straßburg oder
Landau übersiedeln — sie würden dann sicheres Ge-
leit, unentgeltliche .Hausplätze und zehnjährige Frei-
heiten erhalten. Der Rat lehnte es aber am
Tage vor der Zerstörung ab, selbst Hand an die
Häuser zu legen und auf französischen Boden irbrr-
zusiedeln.
Heute fordert die Negierung Frankreichs im
Namen des F ri c d e n s v e r r,a ges wie-

Akzugsperts: Monatlichewschlleßl.
?ogacrloi>» Mk.I8>0.—. Anzeifam
sie: Die cln'paltlge Petitzeile
e»er deren Raum M mm breit)
-vlk.8».—, ReUameanzeioen (74mm
'rcit) Mk.rvv.--. BeiWiederholun-
^nNachlatzu.Tarif. (Scheimmittel-
->tzeigeu Hilden leine Auwaknte-

Staglspräsident Nemmele
, erklärte nochmals den Willen der badischen Regie-
rung sich hiuter die Rcicksregicrung zu stellen und
> bcronte weitcr, datz bei aller Kundgebung des Wil-
lens, in einheitlicher Linie den schweren Leidens-
weg zu gehen, der uns vorgeschrieben ist, wir nicht
in den Fehler verfallen dürfen, die Vorkehrungen
und Maßnahme» autzer Acht z>« lassen, die geeignet
sind, bald wieder zu geordnete» Verhältnissen in
Deutschland zu kommen. Dieses Leitmotiv habe sich
auch die badische Negierung gegeben, noch ehe
das Unglück über das Ruhrgebiet herelnbrmh, um
an geeigneter Stelle in Berlin darüber helfend
zu bereuen, ob und wie etwa das Unglück abgewcrr-
dci werden kann. Der Staatspräsident gab der
Hoffnung Ausdruck, daß es möglich sein werde, we-
nigstens für die nächste Zeit die schweren Aus-
wirkungen des französischen Einbruchs in Form
bon Arbeitslosigkeit zu bann:» und eine» Rot.
verkehr zur H-rbeischasfung der Rohsis,fe
einzurichten, die erforderlich sind, um die W r'-
schasr einigermatzen aufrecht erhalten zu können,
Im wetteren Verlauf der Versanwuung sprachen
im gleichen Sinne der nationalen Entschlossenheit
HandelswmMerpräsident Lenel, Handwerkskam-
merpräsident Groß, Roedereidirek or Jaeger,
Fröhlich vom Allgemeinen Deutschen Gewerk-
schaftsbund, Dr. Kraus von der Asa, Knhn vom
Deutschen Gewerkschaftsbnnd, Hahn vom Gewerk-
schaftsring, Roemer vom Deutschen Beamtenbund,
Rek.or Rumpf von der Handelshochschule.
Hierauf dankte
N.'ichsmiuister O«ser
für Vic Lreucgelöbnisse und führte iveiier aus: Ais
Reichsminister sehe Ich Tag für Tag die Bericht«
über die ungeheure Not in den weitesten Schich-
ten unseres Volkes, über die grauenvollen Ver-
heerungen, die diese Not un.er der heranwach-
sinden deutschen Jugend anrickstet. Hier i>!
Mannheim, der Stadt, die durch den Fleig ihrer
Bürger ausgebaut ist, wird es besonders bwer
empfunden, Latz au der B r ü cke, die über den Rhein
führt, ein fremdes Volk die Wacht hält und daß Tag
sür Tag die Gefahr droht, daß wo ch m e h r von dem
heiligen Mutterboden und darrst! mehr und mehr
von Arbeitsinöglichkeiten weggenomrncn werden. Die
Regier»-!.» ist durachrungcn von der Noiwe,wichest,
die Bevölkerung rrach besten Kräften zu schütze«
vor den Folgen der Brdrückungon durch den Gegner.
Alle Folgen kann sie natürlich nichi aufh-eben, da
muß der Einzelne einen Teil der Opfer über-
nehmen. Aber die. R-eicksregierung ist bereit, allen
Vertriebenen und Ausgewiesenen ihre Lage zu er-
leichtern. Die Negierung führt den Kamps nicht um
Les Kampfes willen. Je früher dieses Ereignis
herbeigcsübrt wird, umso besser ist es für unser Va-
terland. Glauben Sie nicht daran, datz die Negie-
rung auch nur einen Tag zögern würde, wenn
sie Gelegenheit sähe, dieses Ergebnis durch
Verhandlungen yerbcizuführen, aber sic ist
auch tief durchdrungen von der Erkenntnis, nutz es
ein maßloses Unglück bedeuten würde, wenn sie
Verhandlungen unter u u g ü u ftigen Verhältnissen
aufnähme.
Damit halte die eimnütige Kundgebung ihr Ende
erreicht.

Hunden ter Redaktion: II—IL Uhr,
PuWcheMonto »ai Isruhe Nr.2S57d
Tel.-Ain.:BE»zeikung Heidelberg,
Druck u. Verlag der Unierbadische»
Perlaasausiail (K. m.d. H., tzcided
berg.Grick,<>it»stehe: Lchrödersrr.8».
Lei.: «rprduio» 2873 u. Reval. MS,

Nicht Triebe, nicht Hatz und Rache, nicht Ver-
..... und ent- zweiflung, nicht ferne Hoffnungen sollen uns feiten;
Jahrhunderte Hohcnzollernscher das sind schlechte Ratgeber und irrende Wegweiser,
sit Nuhrkampf ist nur zu führen Unser Entschluß sei Abwehr, Ehre, Würde;
licht j- die von innerem Freiheitsgefühl durck" die zahlreichen erhebenden B e t s p i e l e dieser Tage
«mv, u-.rd wenn Vic Ruhmrbeiter !

ZkSiskk Gkllk«, lllkhl Ale»!
Von Erich Kuttner.
Der Abwchrkamps gegen PoincareS Rnhrein-

Sittliche zu tun. Ein solcher. Entschluß aber
aus klarer Erkenntnis geboren, sein: wir müssen
wissen, daß uns Schweres, S ch Werstes drohl,
und trvydem entschlossen sein. Die Stadt
Mannheim, von ihren Gründer» ans Handel
und Verkehr gestellt, die Stadt der Arbeit und der
Arbeiter, deren Erzeugnisse in die Welt gehen und
gehen müssen, die Stadt, -er Eisen, Kohle, Holz,
Schiffe, Verkehr nölig sind, wie das tägliche Brot,
die Stadt, an deren Brücke heute ein fremdes Volk
Wache hält, nmß bereit sein, aus kurze oder lange
Zeit alle diese Lebensnotwendigkeiter) zu entbehren.
Ich habe die Zuversicht, datz die Einwohner die-
ser Stadt genauso Händen würden, wäe vor
234 Jahren ihr „Rat" deutsch zu handeln verstand,
der lieber auf denlscher Scholle bettelarm bin
svvÄe, als reich im fremden Lande.
Reich-Präsident Ebert
dankte dem Oberbürgermeister für die Begrüßung
und erklärte für sich und die anwesenden Rclchs-
rnftrtster:
Wir sind nach Vaden gekommett, um nichi nur
vor thrw sondern auch vor der ganzen Welt
damit zu bekunden, datz die Neichslet! ung und
ntit ihr das ganze deutsche Volk geschlossen und
, einstimmig hinter dem badischen Volke steht und
mit ihm das Schicksal teilt, das in den letzten Ta
gen über Baden bereingebrochcn ist. Der Geg-
ner hat vielleicht den Gedanken, gerade mit dem
Schlage, den er gegen Bade n geführt hat, die Ein-
mütigkeit und Geschlossenheit des Micks zu stören,
im Reiche Gedanken der Zerklüftung des deut-
schen Volkes und des Deutschen Neickws zu bilden..
Wir sind nach den Eindrücken, die wir gestern er-
fahren haben, fest überzeugt, baß kein Gedanke
daran sein kann, d ie Treue Süddeutsch-
lands, die alte Treue der Bavener zum Reiche zu
erschüttern. (Bravo!)
Wir sind nack Mannheim gekommen, weil
wir uns sagten, vier liegt der Brennpunkt des Wirt-
schaftslebens Badens, hier liegt -er Brennpunkt
des Landesverkehrs.
Wir werden schwere Opfer bringen müssen
und insbesondere wird sich das in Mannheim
geltend macken. Es ist auch möglich, datz der
Gegner die Hand nach dieser Siavt ausfirccken wird
Da ist es mir ein Bedürfnis, gerade Manntzcin
int Namen der Rcichsrogterung ch irklären, datz wir
ohne Vorbehalt entschlossen und bereit sind, dem
Lande und auch Mannheim bei all diesen Eintzrtf-
ßen. bei all den Schäden, Vie daraus entstehe» kön-
__ nen, mit unserer ganzen rlraft .hcüderlich zur Seite
das besitz« n, sollen uns anscuerw Leid zu trage«, das wahrbaftzu stehen, -m helfen und auszugietchen.

Die Phrase aber,
bramben können, ist
enormen Verbrauchs
wisser Vorrat geblieben zu sein. Gewiß, über Haib-
ttüchsige, die „Siegreich woll'n wir Frankreich schla-
gen" gröhlen, kann man die Achseln zucken und zur
Tagesordnung übergehen, nicht aber über Minister,
die ihre Sätze beginnen: „Solange noch ein fran-
zösischer Soldat im Ruhrgebiet steht" . und dann
folgt etwa . . „verhandeln ivtr nicht."
Das beißt nämlich zu deutsch: wir wollen über-.
Haupt nicht verhandeln. Denn die Räumung mutz Wegreisen, man sollte sie schärfstenS von blinder Ge

so ist es ihnen nicht von» Preußischen Kommißstiefel
und der Pickelhaube her eingedmngen, sondem ihr
Selbstbewusstsein erwachte trotz konservativer Au-
iorstiitslchre, trotz wilhelminischer Gottesgnaden-
herrschaft durch ein Menschenalter sozialistischen
üruch tritt nun in den zweiten Monat. Was har! Klassenkampfes.
die deutsche Rcichsregierung bisher getan, um durch! Aber mag vor solcher Erkenntnis ein Junkerbirn
gesetzgeberische Maßnahmen die Abwehrkraft des! auch bocken, eine Erkenntnis sollte sogar dcr Mist-
deutschen Volkes zur höchsten Möglichkeit zu steigern» l beethorizont umgreifen: daß Phrasen das fragwür-
Ede diese Frage beantwortet wird, eine Benrer-Zigste Stärkungsmittel sind, zumal wenn die T a t e n
küng: fiir viele Leute ist es ausgemacht, daß nur - schreiend kontrastiere». Und bei dem Worte „Taten"
in Deutschland fachlich und gewilsenhaf« gcarbcUer '
Pird, während unsere jeweiligen Gegner nur wür-
dige Rauchmacher sind. Im Kriege verspotteten
diese Hellsichtigen die englische Ftnanzgebarmrg, weil
England durch unerhörte Steuewnspannung einen
llroßen Teil der Kriegsausgaben aus laufenden Mil-
lern deckte, dagegen pries man unser Finanzgenie
Helfferick, den Mann des unbegrenzten PumpeS.
Wir WEN nämlich so sachlich, die Krtegsbegeisterung
der Krieasgewinnenden nicht durch döse Steuer-
keniintfzenzen trüli-en zu wollen...
Danach zur Frage: Was tut die Reichsregierung
dcuer? Frankreich— Verzeihung, datz ich auch
dieses vorwcgnevn« — erhöht sämtliche Stenern
lstn zwei Zehntel. Deutschland ergreift — ab
llesehon von Proteste») Noten, Demonstrationen —
folgende wirtschaftlichen Maßnahmen:
Erstens: ein Trauersonntag.
Zweitens: Verbot der Tanzlustbaokeiien.
Drittens: Verbot des Frühstückes von Eiern
tn Hotels.
Mertens: Polizeistunde um 11 Uhr.
Fünftens: Bekämpfung des Wuchers durch ver-
stärkte — öffentliche Bekanntgabe der Namen
der Wucherer.
Sechstens: usw. usw.
Vielleicht kann hier jemand einsVringen und zu
dem verbotenen Eicrfrübstück noch Dinge wie das
^fannkilchcn-Backverbot und einiges Äebnliches er-
gänzen; aber daraus kommt es nicht an. Sollte hier
g»ck wirklich dies oder das vergessen sein, so ändert
das nichts an dem Gesamtbild, datz der größte mit
lei» wirtschaftlichen Mitteln — von unsrer Seite —
^führte Kampf, den je die Welt sah, bisher die
deutsche Rcicksregiernng nur zu wirtschaftlichen
Maßnahmen in bezug aus das unbesetzte, aber doch
'-P-tämpsende Gebiet veranlatzt hat, die norb. nick»
einmal den Namen von wirtschaftlichen Spielereien
verdienen.
Vielleicht sagt eiuer: die Hauptsache kommt spä-
Ja bit:e, wann? Glaubt man, das; die Rnhr-
gsfare wie dcr Weltkrieg vier Jahre und drei Mo
"ate dauern wird? Oder glaubt man, datz das aus-
gepowerie Deutschland von 1923 wie das mit Gütern
dollgestopfte Deutschland von 1914 erst über Jahr
P-d Tag die Folgen des Kampfes spüret) wird?
Oder braucht die Negierung für den Kamps kein
'^lv? Gewiß, die Notcnpresse sicht zu ihrer Ver-
^g'Nng. Aber den Kampf mit dcr Notcnpresse füh-
/d, hcis>l seine Kosten ausschließlich auf die Schul-
An der Lphn .und Gehalt beziehenden - Schichten ab-
AälzenI Schon vor Wochen, ehe der Konflikt an der
'"U'r aus brock, habe» die Gewerkschaften die Nc-
daraus hingewiesen, daß der Anteil des
^»hnabzuges auf 84 Prozent der gesamten Eiuionr-
.. usteuer angeschwollen ist Unwiderleglich haben
berechnet, daß die verspätete Steuerabliefenmg
c* Besitzenden beim Anhalten der Markcntwcnung
bi-e Ricfenstenerüinterziehuttg bedeutet, denn in gn-
Mark geschuldete Steuern werden in sckleckter
..Pk entrichtet. Was ist nun geschehen, nm dieses
^gltige Unrecht auszugleichen? Erwägungen.
' Wehingen, Praktisch nichts! Eine ganz ungenü-
Vorlage ist jetzt da. Die wahnsinnige Unter-
H°'ornn!g der groben Verürög«) mach veralteten
stMe» bestehen. Und während die Nichtbe-
j^uden vier Fünftel der Steuer): zahlen, ist deren
l>°!. sicher Ertrag, wie Parvus iin „Wiederaufbau"
von über 100 Millionen Dollars Pro Mo-
h- üm Mar und Juni 1922) auf etwa acht Millio-
Dollars Um November und Dezember 1922)
^gesunken.
Frage: Was sagt die Regierung zu den
eriw^cMn? Sicher ist ihr ausgefallen, daß von
Äls 14 Börsentagen des Januar mindestens sieben
te„^"^c>tastrophenhausse, Rtcsenhausse" usw. fignricr-
Das; aus vier- und fünfstelligen sechs- und
bevtz^Mgc Kutszissern geworden sind? Datz Kurs-
Kew oppeiungen von einem Tag zum andern sich zu
»vch Mttn Erscheinungen einbürgern? Das sind
i>,T; ^lieblich Vorgänge, aus denen — namentlich
kNhg^wr Situation — der Gesetzgeber eher Folge-
ziehen sollte als aus dem Anblick eines eier-
ehrenden Frübstücksgastes im Hotel!
^i, hi neulich aus führte, datz es nutzlos
beseh-E Franzosen als Sadisten und Degenerierte zu
digst. ^cn, bemerkte die „Kreuzzeitung" mrgnü-
bes uH bewnc zwar, datz ich die Widerstandskraft
?»lchZ,°"rs nickst schwächen wolle, aber -gerade mit
' Mitteln untergrabe man sie.
ües ^crs die Widerstandskraft eines Wol-
erlaube ich nrtr anderer Ansicht zu sein
Tunkerorgatt. Ich erlaube mir z. B. die
Ar»k ' daß —- --
Süelst^tet, wo zähe!
Machthaber die einzige Waffe
^rvtVolkMmrafter verböget»
^rigsp-°t "'s Zwei Jahrhutkdcrte Hohen

vNv ermnoe mrr z. die vramcn orv ,v»v-
^^c>aß gerade sür die jetzige Situation im derum, datz Deutschland sein eigenes Haus zvr-
Widerfchllchkeit gegen den tat- störe, wiederum sucht es, Betörte zu verlocken.
' die einzige Waffe ist, nichts !
 
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