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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
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6. Jahrgang

Heidelberg, Montag, den 12. März 1923

Nr. 60

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Trübe Ausfichten

liierten und die DMÄNions schulden Grotzvriiann.ien
1 Milliarde 280 Millionen Pfnitd. Wenn Deutsch-
land Grofchvitaiiiiwu 020 Millionen Pfund zahlt,
so erklärt sich Groschritannien bereit, Me ihn« aus
dem Kriege gefchulldeten Dummen zu stretchen.
Wenn Amerika die 920 Millionen Pfund, die ihm
von Englan-d gsschuüdet werden, erhält, so erklärt es
sich bereit, alle Kriegsschulden, die lbm von
den Übrigen Staaten, ausgenommen Grotzbrikan-
nicn, geschuldet werden, zu streiche n.
3. Es ivürde -am« streichen: Großbritannien 1
Milliarde 280 Millionen Pfund, die Vereinigten
Staaten 1 Milliarde 380 Millionen Pfund, Frank-
reich 421 Millionen Pfund, Italien 14 Millionen
Pfund, die Dominions 33 Millionen Pfund und
die übrigen Staaten 6 Millionen Pfund Sterling.
4. Deutschland nmtz ausreichende Bürgschaften
gelben.
5. Deutschlands ßtesanntschuld wird fundiert und
ihm «tt« Moratorium von wenigstens zwei
Jahren zur Ordmmg seiner Finanzen bewilligt.
6. Die verschiedenen Länder garantieren die öst-
lichen Grenzen FrcntkrcichS in Kchereinstttmnung
mit dem Friedensvertvag, Frankreich zieht sich auf
die Linie z u r ti ck, d« es vor den« Einbruch in
das Mchrgvbtet ottrnialhm.

* Heidelberg, 12. März.
Die Woche sängt gut an: Das Pariser „Journal"
Wt die französische Zeitungsente aufflicgen, die
deutsche Regierung arbeite verbesserte Reparations-
vorschläge aus. Die deutsche Regierung wiederum
läßt dir Meldung prompt dementieren. In London
fit die Durchfahrtsfrage im Kötner Gebiet zwischen
»wischen Frankreich und England gütlich erledigt
worden und Lloyd George macht gleichzeitig aller-
hand Enthüllungen über neue Gewaltpläne Poin-
rareS, der jetzt zur Aussprache bei seinem belgischen
Bundesgenossen weilt.
So zeigt sich die Welt grautngrau, genau so
winterlich als das Wetter. Welches wird der Aus-
gang des gewaltigen Abwehrkampfes fein, in dessen
dienst sich das deutsche Volk so opferwillig stellt?
Vb das Ziel des deutschen Bolkes erreicht wird?
Poincars in Brüssel.
Paris, 10. März. Die Bedeutung der am
Dio mag beginnenden Brüsseler Konferenz geht
daraus hervor, daß Herr Potncare nicht nur von
den Ministern der öffentlichen Arbeiten und des
Krieges, sowie dem« Direktor im Ministerium des
Aeuftern Percttt della Nocea, begleitet sein wirw,
sondern, daß auch der Vorsitzende der Rheinland-
kommission, Herr Tirard, sowie der französische
Oberkommissarchef, General Degoutte, Ordre
erhalten haben, sich in Brüssel einzusinden. Der
diplomatische Redakteur des „Newyork Herald" er-
klärt, dast die Konferenz in erster Linie die Absicht
gesie, sich über die gemeinsamen Ziele des
gegen Deutschland unternommenen WirlschaftSkrlc
Les zu einigen und ein Mindestprogramm für
eventuelle Verhandlungen mit Deutschland auszu
arbeiten. Rach dem „Petit Paristen" soll weiterhin
ein neuer Plan der Herren Degouette und Coste zur
V-rscbärfuns der Blockade im Ruhrgebiet dtSkuttiert
stürben.

Poinearss Ziel.
lieber die gewaltsamen Ziele Poincarös erzählt
der Pariser Vertreter der „Franks. Ztg." anläßlich
der Brüsseler Besprechung:
Im Gegensatz zu den offiziösen Erklärungen
scheint Vie französische Regierung, getrieben von den
»ntcr dem besorweren Protektorat des Elysee stehen-
den Nationalisten und der Militärpaktes, und er-
mutigt durch die Gleichgültigkeit der Welt, immer
wehr darauf auszugehen, ihre militärische
lieb er macht auszunutzen, um Deutschland
"sie diejenigen Forderungen territorialer, wirtschaft-
licher und militärischer Natur aufzuzwingen, die sie
in Versailles bei den eigenen Verbündeten
u! ch t d u rch z u se tz e n vermocht hat. Was Frank
reich heute anstrebt, ist nicht mehr und nicht weniger
nrs eine v ö llt g e R ev t sto n des V c r fa i ll e r
Vertrags.
Kein neues deutsches Reparations-
programm.
Parts, 10. März. Der Berliner Korrespondent
des „Journal" übermittelt seinem Blatt ein
stusationelicü Telegramm, worin er erklärt, von
Massgebenden diplomatischen Kreisen sei ihm mir-
«eteilt worden, datz die deutsche Regierung
Kit mehreren Tagen an der Fertigstellung eines
iieue» RcparalionsprogrammS arbeite. Dieses Pro-
Ostrmm »ehe über das Programm, das Deutschland
ver Pariser Konferenz vorlege» wolle, hinaus.
Die „Telegraph en Union" erfährt hierzu,
^»ß diese Mitteilung des „Jounml" unzutref-
fend sei. Der Reichskanzler habe in seiner Rctchö-
iagÄrevr deutlich genug erklärt,, es sei uicht an
Deutschland im gegenwärtige» Augenblick Vor-
'n machen. Die deutsche Negierung werde
"der jede Gclegetcheit zu freien Verband-
^'Ug e n, we >>ch bieten, ergreifen. Es ist jedoch
selbstverständlich, dass die Reparationsfrage als solche
von den zuständigen Stellen weiter bearbeitet wird,
vwnit wir im geeigneten Augenblick gerüstet da-
skehen.
Der Durchgangsverkehr gebilligt.
Paris, 10. März. In London ist gestern das
Kölner Abkommen über den französischen
Durchgangsverkehr durch das Kölner Gebiet von
vcr englischen Regierung gebilligt worden. Der
^sttlischr Kricgsminister hat die mit General Go-
, ? h und General Payot vereinbarte» Bedingun-
gen dem Ministerpräsidenten zur -Annahme rwpsoh-
eu. formst an der offiziellen Anerkennung des Ver-
lages nicht mehr zu zweifeln ist. Der Vertrag
glhi, >oie bereits gemeldet, eine,» tägliche» Durch-
U'tgsverkehr von 10 französisch belgischen Militär-
hae» über Köln vor.
. Baris, 12. März. In London ivurde gestem
halbamtliche Note übergeben, wonach die eng-
l lwe Negierung das Abkommen der Generale God -
Uim ""d Payot über die französische» Truppen-
° Lebensmttteltransporte durch die englische Zone
''erkannt hat. Die Note fügt hinzu, daß mit

Zur Lage.
MtS Dorckuung wird uns von unserem Sp>
zkalkorrespondeuten geschrieben:
Die bisher aus -cm Ruhrgebiet gekommenen
Meldungen Wer das Treiben der Besatzungstrup«
Pc» stammten zumeist aus den Großstädten.
Slber auch in den L a ndb e z i r k e » haben die
fremde» Gewalthaber kein humaneres Regiment ge-
Soldat. Für die Zwecke der Besatzungstruppe«
rücksichtslos die Durchfithrung -er mililäri-
scheu, Anordnungen. In dein Dortmunder Land-
kreise kontMt auf je 10 Bergarbeiter eilt französischer
Svlda. Für die Zweck« der Besatznngstnippen
wurden in diesem Bezirk 122 Schulräume beschlag-
nahmt. Infolgedessen mutzte der Schulunterricht
Mr 1533 Kinder eingestellt werden. Ohne jede Rück-
sicht werden die Requisitionen durchgesührt- Einem
unserer Genossen, -er irr seiner Gernelnde «inen her-
vorragenden Berwaltmrgspostcn einuimnrt, wurde
das einzige ihm zur Verfügung stehende Bett ge-
nommen. Waschkessel sind fast koine mehr Vorbau«
der«. Man nimmt an, datz die Franzosen sie re«
quirlert habe«, mrr mit ihrer Hilfe Volks«
ksich en einzurichten, Nie wiederum dazu dienert
sollen, di« Arbeiterschaft zu ködern. Wie in deck
Städten, so Werden auch auf den« Land Photo-
graphien mttcr Anwendung von Gewalt her«
gestellt, utn den P-mhsern zu zeigen, wie „begoisterG
ihre „Helden" bogriitzt werden. Mit vorgchaltenern
Revolver zlviiigt man die Stratzenpaffmiten, oi<
Hände zu erheben. U. a. wurde ein Arbeiter dazu
gezwungen, etuenr reitenden Offizier die Hand zrt
reichen. Der Photograph trat tn Funktion und we-
nige Tage später konnte inan in Pariser Blätter se-
hen, wie „herzlich" die deutschen Bergarbeiter vik
Eindringlinge begrüßen. Diese Manöver körincr'
iratürlich nreln dir Tatsache aus der Welt schaffen,
datz wie in den menen Städten, so auch aus deut
Lande aine namAklofe Erbitterung gegen dit
Franzosen herrscht.
Dortmund, 10. März. (Eig. Berkht.) Ick
Hegstcy wurdcir ans einem Pcrsononzug deutsch«
FltvMättcr, die für die französische Besatzung be-
stimmt waren, herMsgeworsen. Aus diese»»
Grunde erschien bei der Eiscnbahnvcrwaltnng eist
svanzösischer General «und drohte für den Fall einer
Wiederholung au, de» betreffenden Zug durch B c-
schictze » zn-m Hallen zu bringen, um den Täter
sestzuirohlnen. 'Krlls der Täter nicht gefunden
würde, sollen drei beliebige Personen Heransgegrif-
fe» und wie der Täter verurteilt werden. Sollte
das nicht gelingen, dann sei beabsichtigt aus dem
nächsten Mukommruden Zuge drei Personen heraus-
zuholcn und in der angegebenen Weis« zu hhan-
deln.
Dort»« und, 12. März. Die vorgestern früh
besetzten Bahnhöfe sind im Laufe des gestrigen
Tages von den Franzosen sämtlich wieder ge-
räumt worden. Die Beute war nur sehr gering.
Recklinghausen, 12. März. Im Knapp«
schaftskmnkeuhaus beschlagnahmten die Franzosen
29 Betten mit Zubehör.
Wiesbaden, 11. März. Das Telegra
phenamt in Wiesbaden wurde gestern abend voi
einem starken französischen MMtäraufgebot besetzt.
Das Personal wurde gezivudgen, den Dienst zu der-
lassen. Der Telegraphen- und Fernsprechbelrie«
ruht.
Paris, 10. März. Aus Essen wird gemeldet
datz der Hauptbahn Hof sowie fünf weiter«
Badnhöfe der Stadt von französischen Truppe«
wieder besetzt worden seien. Die Linie Essen
Langendreer-Dortnmnd ist damit vollständig unter
französisch-belgische Leitung gestellt.
Witten, 10. März. Die Franzosen haben eine
grötzere Anzahl von Beamten, meist Eisenbahn-
beamte, verhaftet. Nach den bisherigen Fest-
stellungen bandelt es sich um 37 Beamte.
In Witten ist die Schupo entwaffnet und
auSgewiesen worden.
Bochum, 11. März. Der verschärfte Belage-
rungszustand ist heute aufgehoben wor-
den, Die Geschäfte in der Stadt sind noch geschlossen.
Gewerkschaftlicher Protest.
Essel«, 10. März. Anläßlich der französischen
Bluttat an dem Genossen Herold bat der
Deutsche Eifenhahnervervand dem
General Degoutte einen Protest eingcrelcht, in
deui es u. a. hchitzt:
Mm Samstag, den 3. Mär», nachmittags, ist das
Mitglied unserer Organisation, der
Aushilssstreckeuwärter Franz Herold, von einein
Trupp französischer Soldaten getötet »norden. Nach
unseren eingehenden Informationen und nach An-
hörung von drei einwandfreien Zesvgen hat sich -er
Vorgang folgendermaßen abgespielt: Samstag früh
wurden Bahnchossankagen UN- Hauptbahnhos mili-
tärisch besetzt. Herold war als Schraitkenwärter
uf dem Wärtcrposten Nr. 5, Strecke Essen-Haupt-
achnhof-StoPPeuberg, beschäftigt und mußte, ohne
Zeit zum Umziehen zu haben, den Posten verlassen.
Mn Nachmittag ging Herold zurück, um seine Sa-
hen aus der Wärterbude zu holen. Auf denn Wege
wurde er von fünf bis sieben Soldaten verhaftet,
die ihn unter den Schlackenberg der Zeche Elise ab-
sührtem Es ivurde dann beobachtet, datz er beim
Abtransport seinen Gummiregenmantel auszichen
mutzte, den ein Soldat an sich nahm. Einen Augen-
blick später fielen Himer dem Schlackenber-a mehrer«

Ruhr.
Der französische Kriegsminister im
besetzten Gebiet.
Paris, 10. März. Der französische Kriegs-
minister Magtnotist gestern abeitd in Begleitung
des Generals Buat nach Düsseldorf avgereist, um
die Besatzungstruppen zu inspizieren.
Weiterer Vormarsch.
Gelsenkirchen, 10. März. Seit heute früh
ertöne» hier auf sämtlichen Werken die Signale als
Notsignale für den Vormarsch der Franzosen. Die
Franzosen beabsichtigen, sämtliche Zechen zu besetzen
und sind bereits auf dem Vormarsch.
Essen, 10. März. In Hamborn wurden
heute vormittag sämtliche Eingänge der
August Thyssen-Hütten von einem belgisch-
französischen Truppenaufgcbot mit den üb-
lichen Panzerwagen besetzt. Eitle französisch-bel-
gische Jngenieurkommission erschien mit
mehreren Offizieren im Verwaltungsgebäude und
verlangte von Generaldirektor Lanaris Angaben
über die Bestände an Waren und Rohstoffen. Gene-
raldirektor Lanaris lehnte es ab, Angaben dar
über zu machen und protestierte gegen das Eindem
gen der Komiirission in das Direktionsgebäude. Die
sem Protest schloß sich auch der htnzugezogene B e -
triebsrat an, der die sofortige Zurück-
ziehung des Militärs forderte. Die Kommission
erwiderte, sie müsse aus Anordnung der französischen
Negierung ei>re Aufnahme der Bestände des
Werkes vornehmen. Schließlich begab sich die Kom
Mission unter militärischer Bedeckung in die Werke,
die sie um 12)4 Uhr wieder verlte tz.

diesem Abkommen die Frage auf durchaus z »frie-
de n st e l l e n d e Weise geregelt worden sei.
Enthüllungen Lloyd Georges.
Berlin, 11. März. In seinem neuesten Artikel
schreibt Lloyd George:
In dieser Woche wurde von Paris aus derBor -
schlag eines neuen FriedensvertvagS
gestartet, der den Vertrag von Paris ersetzen soll.
Deutschland soll danach weiter verstümmelt
und zu einem wirtschaftlich von Frankreich vollkom-
men abhängigen Staate gemacht werden. Eng-
land und Amerika werden gar nicht erst etnge-
ladett, an der neue» Friedenskonferenz teilzunehmen,
sondern sollen bloß gnädig von de» Bedln g u n -
gen unterrichtet werden. Das Ministerium
Poincarü hat sich zwar noch nicht durch eine offene
Erklärung zu diesem Plan bekannt, es ist jedoch von
übler Vorbedeutung, datz er von denselben
Männern stammt, die die Regierung in das
Ruhrunternchmen hineingctrieben haben. Auch Hal
bisher weder Herr Poincarö, noch einer seiner Leute
den Plan zurückgewiesc«, und bei der völligen U n -
bcftimmtheit, die der französische Ministerpräsi-
dent über seine Absichten breitet, kann er sich schließ-
lich jeden Plan zu eigen machen. Was Poineare
wirklich will, weiß mau auch tn England nicht.
Eine Rede Macdonalds.
Paris, 10. März. Der Führer der Arbeiter-
partei, Macdouald, hielt gestern in einer gro-
ßen politischen Versammlung eine Ansprache, in der
er Vie Anschauung ausdrückte, datz die europäischen
Staaten sich nicht verbessern könnten, solange die
großen europäischen Mächte foMa-hren, von einan-
der getrennt politische Rtcksilinien zu verfolgeu.
USber die französisch-englischen Beziehungen sagte
MaadonM», wir befinden uns Frankreich gegenüber
tn einem Dilemma. Wir können nicht billi-
gen, ioas es in diesem Auigrniblick tut »tud wir
müssen ihm dieses klar sagen. Anderseits ist es
wahrscheinlich, das; wir als die Feinede Frankreichs
gestempelt werden, wenn wir unsere Mißbilligung
aussprcchen. Indessen halte ich es für notwendig, j e i n t g l e n Staaken WO Millionen Pfund, di« Al
zu erklären, daß ich meinerseits ebensowenig lote
meine gaidze Partei jemals feindlich gegen Frank-
reich Stellung nehmen werde. Unerläßlich ist es,
datz die Vertreter des englischen Volkes tndtrcktc
Beziehungen zu den französischen VslkSmas-
sen trete», damit eine gemeinsame englisch-französi-
sche öffentliche Meinung zugunsten des europäische»
Friedens zustande kommt.
Deutsche Feststellungen.
Parts, 10. März. Die Denkschrift der deut-
schcu Regierring vom 15. Februar, die einen ausführ-
lich begründeten Einspruch gegen die Ruhrbs-
setzung erhob, gibt jetzt der französischen
Regierung Ansatz zu einer Gegenerklä-
rung, deren Hauptpunkte die folgenden sind:
Deutschland gibt an, datz die Alliierten für den Aus-
fall an Kohlen- und Holzlicserungcn nur Bar-
zahlung bälte fordern können. Da Deutschland
aber einen Aufschub für die Barzahlungen ge-
fordert halte, wäre es unlogisch gewesen, nun
statt der Sachlicferungen Geld zu verlangen. Deutsch-
land bestreitet, daß die Alliierten auf Grund des 8 18
Anhang li, Teil 8 des Versailler Vertrags das Recht
hätten, militärische Maßnahmenzu ergrei-
fen. Artikel 7 des Protokolls von Spa und Art. 4
des Londoner Ultimatums vom 5. Mai 1921
stellen aber fest, datz das Ruhrgebiet besetzt werden
k ö n n e. Gegen diese Bestimmung habe Deutschland
damals nicht protestiert.
Berlin, 10. März. Zu diesem Kommunique
liegt eine Erwiderung von offiziöser deut-
sch e r S e t t e vor. Die Erwiderung geht zuerst ans
die Ankündigrmg ein, datz Poiucare demnächst den
französischen Rechtsstandpnnkt begründet« wolle, un-
erklärt, datz der deutschen Regierung eine Aus-
einandersetzung mit Frankreich über die
Rechtsgrundlagen außerordentlich willkommen
sein werde.
Berlin, 11. März. In einer offiziellen Er-
widerung gegen die französische Zirkularnvte heißt
cs «. a.:
Die französische Regierung will ihre Befugnis zu
territorialen Sanktionen aus dem 8 18
mit der Begründung herleitrn, daß die Besetzung
des Ruhrgebietes von den alliierten Regierungen
schon in zwei früheren Fällen vorgesehen wor-
den sei, ohne datz Deutschland dagegen protestiert
habe. In dem Protokoll von SPa ist die Besetzung
des Ruhrgebietes an gedroht worden. Diese An-
drohung beweist nicht, daß die Besetzung recht-
m ätztg gewesen wäre. Vor allem verschweigt aber
die französische Regierung, datz die deutsche Dele-
gation das Protokoll vom 16. Juli 1920 nur unter
ausdrücklichem Vorbehalt desjenigen Ar-
tikels unterzeichnet hat, worin von dem Plan der
Besetzung des Ruhrgebietes die Rede war. Aehnlich
liegt die Sache bet dem Londoner Ultimatum vom
5. Mai 1921.
Die französische Regierung will das deutsche Ar-
gument, daß die Rückstände bet den Holz- und Koh-
lenliefernngen in keinerlei Verhältnis zu den fran- '

zösisch-belgischen Sanktionen stehen, mit der Begrün-
dung entkräften, datz Deutschland den Vertrag von
Versailles von seinem Inkrafttreten an
ntchtvorschriftsmätzigerfüllt habe. Diese
Behauptung geht schon deshalb fehl, weit die fran-
zösische und die belgische Regierung ihre Entschlie-
ßung zum Einbruch tn das Ruhrgebiet nach ihrer
amtlichen Notifikation an die deutsche Regierung vom
10. Januar 1923 nicht auf das allgemeine Verhalten
Deutschlands in -er Erfüllung des Friedensvertrags,
sonder« ausschlietzlichaufdtebetdenBe-
schlüsseder Reparationskommifsion über die Rück-
stände bet den Holz- und Kohlenttefcrungcn gestützt
haben.
AlS Gesamtergebnis ist hiernach festzu-
stellen, daß die Ausführungen der französischen Zir-
kularnot« in allen Punkten unhaltbar sind. Sie
können di« deutschen Argument« nicht erschüttern,
tragen vielmehr durch ihre Oberflächlichkeit, Unrich-
tigkeit und Unwahrhaftigkeit lediglich dazu b«i, den
französischen Rechtsbruch blotzznstcllen.
Etn englischer Vorschlag.
London, 10. März. Gin« Gruppe Unter-
h a usm-t tgli cder machte Mir Fundierung der
internationalen Schulde» sollenden Vorschlag:
Eine«» Wirlschastsbündnis zwischen England, Ruß-
land, Deutschland und -en Vereinigtet« Staaten
wende salbst die erste MMtärmacht Europas
(Frankroich) nicht Widerstand keiften können.
Großbritannien solle entweder durch den Völker-
bund oder direkt die Vereinigten Staaten ersuchen,
eine Weltkonferenz einzuberufen, wozu eben-
so wie die übrigen Mächte auch Deutschland und
Rußland cinzuladon wäret«.
Folgender Vertrag wird dann vorgeschlagcn:
1. Deutschland stimmt zu, folgende Beträge
für die Reparationen zu zahlen, ausschließlich dcÄ
fostznsetzenlden Betrages für den Wiederaufbau der
verwüsteten Gebiete Frankreichs, Belgiens und Ita-
liens: an Großbritannien 920 Millionen
Pfund Sterling, an Frankreich 776 Millionen
Pfund, an Italien 391 Millionen Pfund, au
Belgien 185 Millionen Pfund und an die übr!
gen Staaten 391 Millionen Pfund, das heißt ins-
gesamt 2665 Millionen Pfund.
.2 Großbritannien schuldet den Ver-
 
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