Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

DOI Kapitel:
Nr. 11 - Nr. 20 (13. Januar - 24. Januar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48725#0089
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
olkszeiiung

lkges-ZettmZ sSr dle EkttMgkVeMkMg der AnrMezirke SeideHerg, Wiesloch, 6Wevs. Wlngeu, Eöerbach, Mosbach, Nachen, Melsbelm, Norberg. raaberSWolsbeils n. Werlhelm

6. Jahrgang

Nr. 19

Heidelberg, Dienstag, den 23. Januar 1923
SSMmWsSm i»

§»sugrprei«: Monatlich elnschNetzl.
krSflrriohnMl. 1!M.—. «nzei«««.
tariic: Die cinlpaltige Petitzelle
older deren Raum M mm breit)
Mk.m.—. Rc!lamean?eigen<7tmm
oreiNMk.löO.—. Bei Wiederhoiun»
klen St achloßn. Taris. Deheimmiktel-
»dzeisen finde» leine Auinahw«.

SelchSftrftunden 8—S Nhr. Sprech,
stunden derRedaltion: lt—12 NHL
Poslichettlonko Karlsruhe Nr.LKTT.
Tel.-ALr.: Vollszeitung Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadische»
Verlagsanstalt G. m. b. H., Heidel-
berg. Geschäftsstelle: SchrLderslr.tS.
Tel. : Expedition2873 u. Red»k.LS78.


Sie ßWeiz W RWMU
Von einem gelegentlichen Mitarbeiter erhalten
tvir folgenden Bericht über die Stellung der Schweiz
ium französischen Ruhrunternehmen:
Es ist für den Fremden erstaunlich, in welch
Hohem Matze die augenblicklichen Vorgänge im Ruhr»
llebiet einen Widerhall in den Gemütern des
Schweizervolkes finden. Während aber bisher bei
allen Zuspitzungen zwischen Frankreich und Deutsch-
land die Sympathien deutlich und stark aus Seiten
Frankreichs waren, ist jetzt ebenso deutlich ein
Umschwung zugunsten Deutschlands
ön konstatieren. Wenigstens' soweit die deutsche
Schweiz in Betracht kommt. Das lätzt sich un-
schwer schon aus den Zeitungen entnehmen.
Der Stimmung im Lande tragen selbst die Korre-
spondenten der grotzen Blätter in Paris Rechnung.
Meist sehr stark im Fahrwasser der französischen öf-
stntilichen Meinung segelnd, lauten ihre Berichte über
bas Ruhrunternehmen recht kritisch und man merkt
deutlich, datz auch sie aus der Gegnerschaft gezogene
Zweifel an der Zweckmässigkeit und dem guten Aus-
bang hegen.
Viel offener als die Zeitungen, die aus leicht
begreiflichen Gründen allgemeinpolttischer Natur sich
recht zurückhaltend äußern, spricht sich das Publi-
kum aus. Es beschäftigt sich in mindestens gleichem
Matze mit der Ruhrexpedition, wie die deutsche
Oeffenttichkeit. Die Zeitungen in Basel z. B. haben
dementsprechend am Sonntag lange Telegramme
ihrer Korrespondenten in Essen vom selben Tage
angeschlagen, die dauernd von einer zahlreichen
Menge umlagert sind. Hier wie sonst hört man starke
Worte heftigen Unmuts, gesteigert noch da-
durch, daß die Franzosen die Einfuhr sämt-
licher Basler Zet tungen ins Elsaß, wo diese
hiel gelesen werden, wegen ihrer Stellungnahme
^erboten haben. Dieses Verbot wird streng ge-
handhabt. Ein bochangesehener Schweizer Kauf-
-aann, der in Unkenntnis des Verbots auf der Fahrt
Nach Mühlhausen eine Basler Zeitung im Gepäck
hatte, wurde dafür von den Franzosen in übelster
Weise schikaniert.
Vielfach, vor allem aus den Kreisen unserer
Schweizer Genossen, sind Stimmen laut geworden,
die Schweiz solle wegen Frankreichs Vorgehen den
Völkerbund anrufen. Doch wünscht man in der
üiatzgebeuden Oeffemlichkoit trotz allen Mitzmms,
Mer Verstimmung entsprechend der Bedächtigkeit des
Schweizervolkes kein übereiltes Vorgeben
des Bundesrats, da man unter Umständen
Schwierigkeiten für die Schweiz aus einer solchen
Demarche befürchtet. Die Furcht vor unangenehmen
Rückwirkungen des Ruhruntcrnehmens auf die
Schweiz ist in Wirklichkeit Wohl auch bestimmend sür
die Haltung der schweizerischen Öffentlichkeit, weni-
Ser ausgesprochene Sympathie für Deutschland. Neue
nruhen in Deutschland würden natürlich auch
Has gerade wieder etwas sich erholende Schwei-
ler Geschäft beeinträchtigen -- die Swk-
k»ng der Kohlenförderung eine erhebliche Kohlen-
feuerung, die sich schoir jetzt ankündigt, veranlassen.
Man hofft, daß die F r a n z o s e n, bevor ihr Un-ter-
Uehmen zu schlimmen Auswirkungen führt, zur
Einsicht gelangen werden und wünscht dem deut-
schen Widerstand, den man allgemein bewundert, den
baldigen Erfolg, die Einsicht der Franzosen über die
Ungeheuerlichkeit und Unsinnigkeit ihres Unterneh-
mens zu beschleunigen. Irgendwelches positives
Eingreifen ist indessen leider von seihen der Schweiz
trotzdem nicht zu erwarten.
Und so ist, da ailch andere Mächte sich nicht rüh-
ren, zu befürchten, datz der Pariser Korrespondent
her .dienen Züricher Zeitung- Recht behält. Wenn
"r meint, di« Franzosen würden -iesesmal gern die
-lusdehnung ihrer Macht mit dem Verlust von Sym-
haihten erkaufen. Das ist die Gesinnung des ehe-
maligen kaiserlichen Deutschlands. Wird sie sich nicht
auch an den Franzosen rächen müssen? .

Neue Gewaltmahnahmen.
Ludwigshafen, 23. Jan. Bet der Ani-
/ infabril haben die Fralizosen 1 vl) Millio -
henMarkLohngeldcr beschlagnahmt, die noch
^icht frcigegeben wurden. Die nach dieser
Achtung von der Direktion unternommenen Schritte
hotten keinen Erfolg. Seitens der französischen
Kommandantur in Ludwigshafen wurde er-
«ärt, xg srwn drei neue Vorschriften der
mteralliierten Rhcinlandkommission ertasten und es
Nässte zunächst geprüft werden, ob die Beschlag-
nahme in Uebereinstimmung mit den neuen Vor-
schriften erfolgt ist oder nicht. Es wurde zugcsagi.
, "st die Prüfung dieser Frage in Bälde erfolgen
oll. Vorläufig bleibt die Summe beschlag-
nahmt. Die Beamten der Badischen Anilin- und
«odafabril sowie das Auto, mit dem das Geld von
Bank abgeholl werden sollte, sind freige-
"oben worden.
Köln, 22. Jan. Der Präsident des Landes-
' Unnzamtes Köln, HSHling v. Lanze nauer,
wurde heule abend nach 1g Uhr von französischen
mzieren und englischen Polizeimannschaften in
winem Dienstzimmer ver st-rf t e 1 und im Automo-
wl in der Richtung auf Bonn fortgeführ «. In
. osbaden wurde Oberregierungsrat Sv letz, der
Übertretende Regierungspräsident, verhaftet.

Aachen, 22. Jan. Heute mittag sind der Leiter
des Finanzamtes Aachen 2 (Aachen-Land und Mon-
schau), Obrrvegierunigsrat Sembach und sein
Stellvertreter, Regierungsrat Dr. Berken ver-
haftet worden, weil sie erklärt hatten, sie würden
der belgischen Regierung keinen Vorschub und nur
den Anordnungen der deutschen Behörden Folge
leisten. Daraufhin haben sämtliche Beamten und
Angestellten des Finanzamtes ihre Tätigkeit
eingestellt.
Neustadt a. d. H., 22. Jan. DerDirektor
der hiesigen Reichsbankstelle ist verhaftet wor-
den. Die Reichsbank ist sowohl hier wie auch in
Kaiserslautern geschloffen.
Ein französisches Geheimdokument.
Frankfurt, 23. Fan. Die „Frankfurter Ztg."
ist in der Lage, ein neues frangöstsches Geheimdoku-
ment zu veröffentlichen. Es handelt sich um einen
E n twurf aus der Hand des Generals Man-
gin über die Besetzung von Düsseldorf und Duis-
burg. Der Entwurf wurde im Jahre 1919 mcder-
geschrieSen. Mangin war damals Oberkommandie-
render der fmnzösischen Rheinarmee. Wie im Ge-
heimbericht Dartacs werden auch hier französische
Hintergedanken mit bezeichnender Offenheit enthüllt.
Es wird deutlich, datz unter dem Vorwande der
Sanktionen sich die nackteste Geschäftspolitik ver-
birgt: die französische Industrie soll zum Herrn der
deutschen Industrie gemacht werden. Geradezu
schauderhaft berührt es, mit welcher „Kaltblütig-
keit" die Frage erörtert wird, ob es besser ist die
deutsche Industrie zu vernichten oder zum Sklaven
zil machen. Man steht von der Vernichtung nur
ab, weil sie England allein Vorteile brächte.
Deutsche Abwehrmatznahmen.
Berlin, 22. Jan. Der preußische Minister der
Landwirtschaft, Domänen und Forsten hat auf die
Nachricht von der Beschlagnahme der StaatSwaldun-
gcn im besetzten Gebiet des RhcinlandeS durch die
französischen und belgischen Machthaber folgende
Weisung an die zuständigen örtlichen Stellen ge-
richtet: Es verbleibt für sämtliche Becrr.Uen bei dein
Verbot der Mitwirkung bet der alS Re-
parationsleistung ausgefUhrten Holzlieferungen. In
demselben Sinne sind die Regierungspräsidenten
auch hinsichtlich der unter staatlicher Aufficht stehen-
den gleichfalls beschlagnahmten Gemetirdefor-
st e n im Einvernehmen des Ministers deS Innern
airgewiesen worden.
Berlin, 22. Jan. Irr Uebereinstimmung nrtt
dm bisher getroffenen Maßnahmen gegenüber den
Vertragsbrüchigen Ländern ist festens der ReictzS-
rMerung den deutschen Delegierten die Teil-
nahme an den Arbeiten des deutsch-französi-
schen und deutsch-belgischen Airsgleichsamtes in
Paris untersagt worden.
Streiks.
Esse n, 22. Jan. Folgende Zechenbelegschaften,
deren Leiter verhaftet worden sind, befinden sich zur
Zeit im Ausstand: Aus der Zech? „Bonifa-
z i u s, legte die Belegschaft die Arbeit nieder. Die
Zech« „Dahlbusch" beschloß einen 36stünt»igcn
Proteststreik. Aus der Zeche „Friedrich Thyf-
f e n" Nr. 3 ist die Belegschaft ausständig. Ruf der
„BörrSbereshof" streikt ein Teil der Beleg-
schaft. Auf den Zechen „Viktoria". „Katha-
rina" und „Herkules, die der Effener Stein-
kohlenbergwerks A.-G. gehören, ist die Morg nschicht
nicht ang fahren. Anch die Beamtenschaft des Zrn-
tralburoaus der Effener Steinkohlenbergwerke hat
die Arbeit nicht wieder ausgenommen.
Der Vahnhofsbetrieb in Dortmund
wieder ausgenommen.
Dortmund, 22. Jan. Der Betriebsrat
des Bahnhofes Dorttmmid-SÄd hat mit der franzö-
sischen Besatzungsbeihörde folgendes vereinbart:
1. Kein französischer Posten darf mehr auf dem
Stellwerk sein. 2. Die französische Wache em Bahn-
hos wird auch weiterhin geduldet wegen des Emp-
fangs von Lebensmitteln. 3. Das Aufpflanzen von
Seitestgewehrcm auf den Gewehren ist verboten.
4. Französische Truppentransporte werden nicht aus-
geladen. 5. Kohlenzüge werden nicht umgeleitet.
6 Es darf keine Verhaftung höherer Beamten er-
folgen. Nachdem diese Vereinbarung getroffen wor-
den War, wird der Betrieb auf dem Bahn-
hof Dortmund-Süd im Laufe des heutigen
Vormittags wiederaufgenommen.
Die Ernährungsschrvierigkeiten im
Ruhrrevier.
Essen, 22. Jan. Der Düsseldorfer Regierungs-
präsident Dr. Grützner hatte heute eine Bespre-
chung mit dem General Denvtgnes über die Er-
nährungslage im Ruhrrevier. Der Präsident er-
klärte, nach neuen Mitteilungen über die jüngst- Be-
sprechung mit dem ReichsernährungsnÄnister sei die
Lage im Ruhrrevier hinsichtlich der Ernährung noch
viel schlimmer, als sic erst kürzlich in keinem

stellt, weil sie eine Beschlagnahme derartiger Sen-
dungen durch die sranzöstschen Besatzungsbehörden
befürchteten.
Falsche Gerüchte.
Zu dein in Frankfurt verbreiteten Gerücht, daß
der Frankfurter Südbahnhos von sanzösischen Trup-
pen besetzt sei, wird gemeldet, daß auf dem Süd-
bcchichof lediglich Maschinenwrchsel französischer
Truppentransportzüge stattsand, die für das durch
den litauischen Einfall schwe rbedrohte Memel be-
stimmst sind.
Die Abfahrt der amerikanischen Truppen ist ver-
schoben worden. Die Truppen Wersen erst am
nächsten Freitag eingeschisft.
Eine neue Nichterfüllung.
Paris, 22. Jan. Die französischen Agenturen
veröffentlichen folgende offizielle Not«: Die Zeitun-
gen haben gemeldet, das; dir deutschen Vertreter
beidem S ch i e d s g e r i ch t aus Befehl der deut-
schen Regierung sich geweigert hätten, an den
weiteren Arbeiten des Schiedsgerichtes teilzunehmen.
Die französische. Regierung hat diese formelle
Verfehlung gegen den FriedenKvertmg von
Versailles in einer Note, die st« dem deutschen Bot-
schafter überreichte, sestgestettt und gedroht, daß
Deutschland sür alle Schäden, die durch die Verzöge-
rung der Arbeit für die französischen Staatsange-
hörigen entstehen könnten, verantwortlich ge-
macht werde. Die französische Regierung hat sofort
alle Maßarahmen ergriffen, um das Weiterarbeiten
dos Schiedsgerichtes zu garantieren.
Die Haltung Englands.
London, 22. Jan. Auf ernst,zunehmende eng-
lische Kreis« verfehlt die Solidarität der Ar-
beiter mit den verhafteten Direktoren sowie das
bisherige Scheitern des Versuches, die Vergiverke
militärisch zu besetzen, ihre Wirkungnicht- Pa-
riser Berichte, insbesondere die „Times", sprechen
aus, datz in Paris die Zweifel am Erfolg der
Ruhraktion erheblich verstärkt seien. Die
„Times" glaubt an keinerlei Vermittlung,
aber sie scheint den Pariser Versuch für wahrschein-
lich zu hatten, daß Poincare einen gemäß dem ita-
lienischen Plan abgeänderten Vorschlag für
et» Moratorium der Reparationskommission,
vorlegen werde, wobei gegebenenfalls die militä-
rische Freigabe des Ruhrgebiets ins Auge gefaßt sei.
Maedonald gegen die Ruhrbesetzung
Glasgow, 22. Jan. Der bekannte englische
Sozialist Ra m sah Maedonald dielt gestern
abend hier eine Rede, in der er cmsführt, datz dir
Politik Englands gegenüber Deutschland vor allem
darauf ausgehen müsse, dieses militärisch:
Abenteuer zu beenden und datz dann das
englische PariameM auch die Unterstützung der
Opposition finden würde. Die englischen In-
teressen verlangen Ordnung ver Zustände im
Zentrum Europas. Alles, was den Kurs der Mark
und des Franken herurue>rdrücke, sei den englischen
Interessen zuwider. Hinsichtlich der juristischen Be-
rechtigung der srancösiischen Aktion sührteMacdonald
aus, daß diese Frage entweder dem Haager
Schiedsgericht oder dem V ö lk e rb u nd e zur
Beurteilung vorgelegt werden solle. Die englische
Politik würde aus sine wirtschaftliche Ver-
ständigung mit Deutschland hinziclen.
Hinsichtlich der Teilnahme englischer Truppen an der
Besetzung des Rubrgebietes verlangt Maedonald,
daß eine klare Ordimng getroffen werden soll und
daß die Okkupation aufhören müsse, sobald sie eine
Unterstützung der französischen MilitärpoNiik bilde.
Lloyd George zum Valutasturz.
Berlin, 22. Jan. Lloyd Georg«, dessen Ar-
tikel nunmehr nach dem „Journal" auch der „Daily
Telegraph" nicht mehr bringen will, veröffentlicht
«inen Artikel über den Einfall der Franzosen in das
Ruhrgebiet. Bemerkenswert ist seine Feststellung, datz
Deutschland für seine Reparationsleistungen
und Besatzungskosten dreimal soviel aufge-
braucht
hat, alS die französische Krte gs entsch »-
digungvon1871 betrug. Dabei entschlüpft ihm
auch das Geständnis, daß m diesen Summen große
und hochentwickelte Kolonien nicht mtteingercchnet
sind. Dann fährt er fort, über die Ausgaben
zu sprechen, dle der Einbruch ins Ruhrgebiet ver-
ursacht. Er sagt: Die mittelbaren Kosten werden
für Sieger und Besiegte gleichermaßen er-
drückend sein. Schon die Androhung hat den
Wert des Franken vermindert und seine
Kauskraft im Ausland herabgesetzt. Auch der un-
geschulte Blick gewahrt in diesem Augenblick, wie
die Mark den französischen und belgischen Franken
auf ihrem Wege abwärts mit sich schleppt. Ein
bankerottes Deutschland ist ein Land, von dem sich
auch der Hosfnungsfreudigste die Mittel zur Tilgung
des französischen Defizits nicht erwarten kann. Wenn
sich erst einmal der französische Bauer darüber klar
ist, wird er sich nicht so gern von seinen Ersparnissen

trennen und in diesem Stadium werden die wirk-

Schreiben cm General Tenvianes siestDUdert worden
sei. Die wmeritanischcn Einfuhrsirmen hätten alle lichen Schwierigkeiten der französischen Finanz be-
Lieserunigen von Speck, Schmalz usw. etnge-!ginnen.

Frankreich in der Sackgasse.
Paris, 22. Jan. Aehnlich wie die „L1 b ertS*
stellt auch die „Ere Nouvelle" fest, daß die Br-
sttzung des Ruhrgebiets als Zwangsmittel
gescheitert ist und datz die französische Politik
dadurch vor eine entscheidende Wendung gestellt
sei. Die von den nationalistischen Organen aus
dieser Erkenntnis gezogene Konsequenz: Frankreich
müsse sich nunmehr dauernd im Ruhrgebiete sest-
setzen — so meint das Blatt —, sei nur in der Fornk
einer definitiven oder teilweisen Annexion ähn-
lich wie im Saargebiet durchführbar. Ein
solcher Entschluß würde aber nicht nur bei
England und Italien, sondern selbst auch
iu der öffentlichen Meinung Frank-
reichs auf starken Widerstand stoßen. Sowohl
iu Rom wie in London scheine man mehr und mehr
das Bedürfnis zu fühlen, aus der Sackgasse her-
aus z u ko m m e tt, und dementsprechend sei mit
dem Versuch freundlicher Pressionen sowohl in
Paris wie in Berlin zu rechnen. Inzwischen
aber seien bereits von Paris aus zwei Initiativen
ousgegangen, die denn Quai d'Orsay wahrscheinlich
die Möglichkeit geben würden, die Dinge wieder
einzurenven. Der neue Vorschlag, den Frankreich
der Reparationsrom Mission unterbreite,
fei jedenfalls ausgezcichm: geeignet, eine Basis
sür eine Verständigung unte-r den Alliierten
zu bilden und Berlin habe ja erklärt, daß es bereit
fei, jeden Vorschlag zu diskutieren, der von der
Gesamtheit der Alliierten ausgehe. Wenn am
31. Januar eine Verständigung auf dieser Grundlage
zustandekomme, die Deutschland eine Atempause
von zwei Jahren gewähre und den Alliierten
ebensolange Zeit lasse, um eine internationale Rege-
lung des Problems in die Wege zu leiten, dann
werde bis dahin die Frage eines Appell» an den
Völkerbund sicherlich reif sein.
Die Friedenslüge des
Herrn Poincare.
Im neuesten Heft der „Glocke" (Ver-
lag für Sozialwisfenfchast, Berlin SW. 68)
veröffentlicht Genosse Eduard Bern«
st e i n, einer der eifrigsten Vorkämpfer de»
Völkerfriedens, folgende Betrachtung:
Deutschland befindet sich in einem Zustand,
wie ihn in der Weltgeschichte kaum je vorher
ein Land gleich seelisch bedrückend zu ertragen gehabt
hat. Länder stich brutal überfallen, ausgcraubt und
verwüstet, Völker nach Niedermetzelung ihrer kriegS-
tüchtigen Mannen in Sklaverei verschleppt worden,
es gibt keine Graumsamkeit, kein nnbarnrherzigeS
Spielen mit Gut und Leben besiegter Völker, von
denen die Weltgeschichte nicht zu berichten wüßte,
und die heuchlerische Beteuerung von friedlichen
Absichten, während man Gewalt und Raub ins Werk
setzt, ist kein« Erfindung unserer Tage. Was aber
an Deutschland jetzt verübt wird, das ist brutale
Gewalt, die mit den Begriffen unserer Zeit vom
Recht der Völker und den Recktsbeziehungen der
Nationen in schreienderem Widerspruch steht als die
Gewaltakte früherer Zeitalter und wird von den
Verübern auf Behauptungen gestützt, für deren Un-
wahrhaftigkeit das Wort Heuchelei fast noch zu
mild ist.
Dies s«stzustellen, den Widerspruch zwischen Hand-
lung und Wort mit aller Schär,« hervorzuhebrn, ist
umsomehr am Platze, als die heuchlerischen Erklä-
rungen und Berichte der Urheber dieser Gewaltakte
insbesondere auch den Zweck Haban, das eigene Volk
über die wahre Natur dessen, was vor sich geht,
trrezu führen. Auf der einen Seite werden
ihm die Verfehlungen Deutschlands übertrieben und
wird die Rechtslage in falschem Lichte dargestellt, nuf
der anderem werden die Maßnahmen der rechtswid-
rig in Deutschland eingedrungenen französischen
Militärs als so harmlos geschildert, daß dem nn-
unterrichteien französischen Leser die tiefe Entrüstung,
die sie in Deutschland hervorgcrnfen haöen, als über-
trieben, wenn nicht als geheuchelt erscheinen mag.
Die angeblich friedliche Mission dieser Truppen
war völkerrechtlich ein Friedensbruch. Deutsch-
land wäre nach dem geltenden Völkerrecht durchaus
berechtigt gewesen, sie als eine Kriegshand«
lnng zu betrachten und entsprechend zu beantwor-
ten. Unbeschadet meiner internationalen Pazi-
fist ischenGesinnung fühle ich mich verpfltch-
tct, dies in aller Schärfe hier s e st z u st c l l e n.
Welche Antwort meinen politischem und ethischen
Anschauungen entsprach, ist eine andere Sache. Hier
handelt es sich um die politische und ethische Be-
urteilung der Tat.
Diese letztere kann unter ethischem Gesichtspunkt
nicht etwa dadurch in milderem Lichte erscheinen,
datz Deutschland ja nicht in der Lage ist, der Kriegs-
banldlmng mit Gewalt zu begegnen. Im Gegenrett
wird jeder rechtlich Denkende sie angesictuc- bleies
Umslanves mir iimsomehr als verächtlich betrachten-
 
Annotationen