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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
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Neilameanzeigen (74inna
m N,. Bei Wicderholun.
Hlestn.Taris.(Seheimmittel-
"igcn finden leine Aufnahme.

Jahrgang

Heidelberg, Dienstag, den 13. Februar 1923

Nr. 37

ÄMg U dke weMWeTesMerMg Ser AMsbezrck öeiSMerg, WlesW, 6!vsbe!N, Eoowsev, KverSach. MosbaH. DMe», MWU VoMerg. TauSerbürSofsZeilll u. WkMeK

Baden hinter dem Reich

Va

Gemeinschaft schafft, vast für Frankreich politische
Zukunstssicherungen dadurch verbürgt werden. Durch
die Erkenntnis dieser Ziele sind die Mittel der deut-
schen Politik von seid st gegeben. Der Widerstand
an der Rubr must solange fortgesetzt werden, bis die
Wirtschaft nicht mehr durch Diktat, nicht mehr durch
ein Notz formelles Verhandeln zwischen einer all-
mächtigen und einer schwachen Partei, sondern durch
reale Verhandlungen ans der Basis gleichberechtigter
Partnerschaft he »gestellt werden kann. Der deutsche
Widerstand hat schon jetzt den Franzosen gezeigt,
daß das deutsche Volk sich »richt alles bieten läßt-
Wird dieser Widerstand mit zävrr Energie fortge-
setzt, so kommt der Tag, wo diese Erkenntnis für
Deutschland in wirtschaftlicher und nationaler Hin-
sicht Früchte tragen wird. Aber dieser Widerstand
kamt eben nur zmn Erfolg führen, wenn man sein
Ziel und seinen Zweck ganz nüchtern und klar er-
kennt. Es ist keine kapitalistische Klüngelet, nm di«
es sich handelt. Es geht vielmehr, wenn man ein-
mal die Erhaltung der natiormleil Einheit als selbst-
verständliches Ziel hier aus der Erörterung aus-
fchattet, um die S i ch e r ung verdeutsche«
Wirtschaft, an der der deutsche Arbeiter min-
destens ebenso viel interessiert ist, tote der deutsche
Unternehmer.
Um für dieses Ziel Energien zu »fachen, braucht
man nicht die alten Me Hoden der Kriegspropaganda
wieder heranszudeschwören. Dieses Ziel wird vor
allem nicht gefördert, sondern gestört dadurch, daß
hinter der Front wieder Stimmungen erzeugt wer-
den, die an gewisse Auswüchse des Heimkrieger rums
während des Krieges erinnern. Dazu mutz man
zum Beispiel die Tatsache rechnen, datz der deutsche
Aerztevereinsvund und der Hartma n n-
bund in Leipzig einen Aufruf veröffentlichen, in
dem sie die Aerzte auffordern, Franzosen'und Bel-
giern i-sde Hilfe zu verweigern, ehe nicht die über-
fallsnen Gebiete geräumt sind. Dieser Aufruf Wird
damit begründet, datz die Franzosen Kranken-
häuser okkupiert, NPH herickranke Kinder auf
die Stratze geworfen und Nahrungsmittel, nament-
Nch Milch, unter die eigenen Beamten und Soldaten
vcrteilt haben. Zum Teil handelt es sich hier um
Nachrichten, die allerdings in deutschen Blättern ver-
öffentlicht, aber in diesem Umfange von national
sehr unverdächtigen Personen nicht bestätigt
worden stich, die vor kurzem aus dem Ruhrgebiet
zurückke-hrten. Der Arzt ist ein Samariter, aber kein
Rachsengel. Und nirgendwo wird man derartige
Kundgebungen weniger verstehen, als bei den Käm-
pfern im Ruhrgebiet selbst, die unter dem Unrecht
leiden, die aber, wie einst das Heer brausten im Felde
für die Ueberschwenglichkeiten der Heimat keinen
Sinn haben.
Man mutz sich doch einmal klar darüber wer-
«'-romuvunne tu einer Form, die den sran- Gr», wie solche Dinge in der Welt wirken,
iwen Einstich sichert und gleichzeitig eine so enge l Die Auspeitschung der Leidenschaften hat ch Deutsch-

trag offen verletzt, die Rechte der Völker wie de«
Menschen mit Fützen tritt und mit allen Mitteln
militärischer Gewalt Krieg führt gegen wehrlose
Männer, Frauen und Kinder. Deutsches Land, von
deutschem Volk bewohnt, bearbeitet und genutzt seit
lausenden von Jahren, ist von fremden Truppen in.
willkürlichem Mißbrauch der Macht besetzt 'morden,
das Ruhrgebiet unter dem Vorwand, Deutschland
lei mit einigen Prozenten der uns diktierten, uner-
tüllbar hohen Kohlenlieferungen im Rückstände, ba-
disches Gebiet mit der seltsamen Begründung^
DeurschLsud habe zwei internationale Luxuszüge
eingestellt.
Kann nian sich, so fuhr der Reichspräsident mit
besonders starker Betonung fort, einen schärferen
Hohn auf das Völkerrecht denken, als dtefc Begrün-
dung? (Zustimmung.) Um einige tausend Tonnen
Kohlen mehr zu bekommen, setzt man gegen di«
Bergarbeiter der Ruhr ein kriegs,nützig ausgerüstete-
Heer in Bewegung, das Gewalt und Bedrückung in
ein friedliches, fleissig schassendes Land trägt; wegen
zwei Luxuszügen, die aus Gründen der Kohlener-
warniS auSfielcn, wird das schöne und fruchtbar«
Land am Hange des Schwarzwaldes unter französi-
sche Bajonette gebracht! Wo bleiben da Recht und
Freiheit,
wo bleiben Mensche«, und Völkerrechte,
von denen jenseits des Rheins srmbrcnd und nach
rem Kriege die Rede war? (Lebhaftes Sehr richtig!)
Ist das der Sinn des Diktats von Versailles, datz
jede der Siegermüchte das ohnmächtig gemacht«
Deutschland willkürlich vergewaltigen und knechte«
kann. Gegen diesen Gewaltakt erheben wir hier er-
neut vor dem deutschen Volke und vor der ganzen
Welt feierlichen Protest. (Bravo.) Voll Empörung
orotestieren »vir gegen das, lvaS an der Ruhr gesche-
hen ist und was in den jüngsten Tagen Über badt «
ich es Land hereingebrochcn ist; wir legen Ver-
wahrung ein gegeit die Bluttaten, die körperliche
und geistige Bedrückung und Bedrängung eine«
friedlichen, arbeitsame» und hartduideudeu Bevöl-
kerung (Bravo), wir rufen die Welt zmn Zeugen an,
vas tagtäglich an Handlungen der Brutalität, an
Akren unmenschlicher Willkür in dem besetzten Ge-
biet geiLiebt. Uns Deutschen, die wir alle Söhne
owe« Muttererde und eines Vaterlandes sind, ist eS
heilige Pflicht, zusammenzustehen mit unseren unter-
drückten 'Vctzöern und Schw^tern. ihnen
Hilfe zu leiste«,
venu sie es ab ich neu, dcu Eindringlingen Sklaven»«
Neuste zu leisten, ihnen zu Helsen die Hanen Tage
der Fremdherrschaft zu überwinden. Mil Gefühlen
tiefer Dankbarkeit gedenken wird der Beamten,
ver Arbeiter und der Unternehmer, die in
aufopfernder Treue ihre Freiheit und ihre ExV
stenz eingesetzt haben und täglich neu cinsetzen, um
die gegnerischen Anschläge zu vereiteln. Was sie da-
mit für das deutsche Volk getan haben, wollen wi«
ihnen nie vergessen. (Bravo.)
Dem badischen Volk,
gegen das sich der jüngste Einbruch und neue Be-
drohung unserer Gegner richtet, gilt heute im beson-
deren unser Grutz. Wir vertrauen, datz es in de«
gleichen

besonnenen Ruhe ,
und zielbewntzte» Festigkeit, wie unsere Brüder aut
Rhein und an der Ruhr den, feindlichen Unwetter
Trotz bieiet. Wir wissen, da« das badische Volk die-
serbalb keines Ansporns bedarf. Der Schlag, der hier
gegen uns geführt wird, richtet sich gegen das Höchst«
mas Mr aus dem Krieg und Zusammenbruch ge-
rettet haben,
gegen die Einheit des Reiches
(Lebhafte Zustimmung); auch er wird — dessen sind
wir gewiß — zerschelleit am festen Willen und
der sicher»» Treu« deS badischen Volkes. (Bravo!)
Jeder Deutsch« ist sich heute des Ernstes der Stund«
bewußt; jeder von uns Weitz, es gebt um die Zu-
kunft des Reichs, um den Bestand der deutschem
Republik. Wenn wir in diesen Schicksalstagen all«
Kräfte zusamm-nschlietzen, weiden wir auch dieser
Anschläge auf unser nationales Leben Herr werden;
m dieser entschlossenen, zäben Abwehr erhoffen und
erwarten wir — trotz allein eins bessere Zirtunft un-
seres schwergeprüften Volkes im Bewutztsein uuftrer
Einigkeit und unseres Rechts, im Kampfe uni unsere
Freiheit. (Sehr starker u. langanhauendcr Beifall.)
Namens der württembergischen Regie-
rung erklärte hiernach
Staatspräsident Hieber:
Das Land Schwaben hat den Einfall in badische-
Gebiet mit einmütiger Entrüstung ausge-
nommen. Ich versichere Baden meiner herzlichen
nachbarlichen Teilnahme. Wenn auf selten de«
Franzosen die Hoffnung bestehen sollte, zwiiwen deut
Norden und dem Süden einen K e i l zu »reiben und
damit eine Trennungslinie zu erreichen, so müsse
vor aller Oeffentlichkeii ausgesprochen werden, datz
in Württemberg kein Mensch an der Einigkeit
und dem Festhalten am deutschen Reiche rütteln
lasse. In Frankreich möge man jede Hoffnung
aus irgendwelche separattsti schon und landeSvcrräte-
rifcheu Pläne im Süden begraben. (Sehr lebhafter
Beifall.)
Nachdem Oberbürgermeister Finterden Reichs«
vräsidentEN namens der Stadt Karlsruhe bewill«

und Ne Minister Köhler, Trunk, Hellpach
und Dr. Engler, Staatsrat Ma rum, Landtags-
präsident Wittemann, ferner zahlreiche Reichs-
umd Landtagsabgeordnete, darunter auch der Offen-
bürger Reichstagsab geordnete Adolf Geck, die Ober-
bürgermeister und Bürgermeister einer Reihe von
Städten. Zugegen war mich der Staatspräsident
Hieber aus Stuttgart.
Staatspräsident Remmele
eröffnet« die Versammlung mit einer Ansprache, in
der er betonte, datz das badische Volk durch den neuen
Rechtsbruch der Franzosen innerlich auf das
Schwerste erschüttert worden ist. Namens der badi-
schen Regierung und des badischen Volkes kann ick
die Erklärunug und Versicherung abgeben, datz wir,
was auch über uns komme, unerschütterlich treu zum
Reiche steh«. Tie Bevölkerung im nerrbesetzten ba-
dischen Gebiet möge sich durch allerhand Agitation
»sicht irre machen lasten. Solange wiir arbeiten kön
nen, solange wollen wir das grosse Ziel und die gro-
tzon Lftsisn nicht autzeracht lassen, die notwendig
sind, um das Reich über alle Gefahren hin in eine bes-
ser« Zett hinüberzuretien. (Zustimmung.)
Hierauf erhob sich der
Reichspräsident Ebert
zu folgender Ansprache:
Isit dieser Zeit treuer schwerer Rot unseres
tevlavdes und unserer gemetnsmnen engeren Hemmt
habe ich das lebhafte Bedürfnis empfunden, hierher
in das Badener Land zu kommen und genreinsam
mit dem Herrn Reichsminister des Innern und dem
Reichsschatzminister »ntt Ihnen als berufenen Ver
rvttern des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens
dieses Landes Fühlung und Aussprache zu finden.
Unter dem Deckurantel der Ausführung des Frie-
densvertrages Hatzen uns unsere Gegner trotz un
sereS durch die Tat bekundeten guten Willen di<
Jahre seit dem Waffenstillstand -.zu «irrem qu/lvollen
Leidensweg gemacht. Was Frankreich und mit ihn»
Belgien aber jetzt unternommen haben, ist beispiel
lose schnöde Gewalttat, die den Fricdcnsvcc

land nreyrsach dazu geführt, datz Angehörige fremder
Nationen mißhandelt worden sind. Wohin das
führt, hat sich in den letzten Tagen gezeigt, wo ein
Kurier der russischen Botschaft verprügelt worden
ist, weil rnan ibn für eineu Franzosen hielt. Aber
voll solchen besonderen und politisch höcbst unbeque-
men Mißgriffen abgesehen, braucht man nur einen
Blick in jenen Teil der Auslandspresse zu werfen,
der bisher gerade in Deutschland immer zitiert wor-
den ist wegen der ruhigen und obj«k wen Haltung
Deutschland gegenüber. Zu diesen Blättern gehört,
ivie Wohl von nienmnd beziveifelt werden wird, in
erster Linie der liberale .Manchester Guardian". In
einer der letzten Nunmrern, dieses Mattes befinde!
sich ein Spezialbericht aus Esten, in dem ganz ob-
jektiv der eimitüftge Wille der Ruhrbevölkerung zum
Widerstand geschildert und gleichzeitig dargetan wird,
in welch würdigem Ton die Presse in den Städten
des Ruhrbezirks diesen Widerstand sekundiert. In,
Gegensatz dazu wird dann aber Ne Stimmung in
BcrUn und in München gesetzt. Es wird dargestellt,
wie gerade diejenigen, die keinen Gefahren ausgesetzt
sind, die größten Warle rnacheu. ES wird nament-
lich auf die Fremdenmtßbandl,»ngen htngewiefen.
Es wird angedeutet, datz es im Ausland zu Repres-
salien gegen die dort lebenden Deutsche» kommen
werde. Zum Schluß dieses Berichtes heiht es darin:
„Die deutsche Regierung, Ne gegen die elemen-
tar e P f l i ch t verstoßen hat, die Fremden auf ih-
rem eigene» Gebiet zu schützen, wird ivenig Sym-
pathien haben, wenn Vie Gerüchte von Gegenmaß-
nahmen sich einmal als begründet Herausstellen soll-
ten."
Mir solaren Dingen schafft rnan keine Einheits-
front, sondern stört die Männer und Frauen, die im
Ruhrgebiet mutig ausharren und auf deren Schul-
tern die gange Last des deutschen Schicksals in diesen
Wochen und Monaten ruht. Di« Stimme des .Man-
chester Guardian" ist keine Stimme, die allein er-
schallt. Auch in der holländischen und in der
schweizerischen Presse, und zwar gerade in
solchen Blättern, die durchaus nicht in Deutschlands
Hetze machmr, tönt dieselbe Melodie. Das deutsch
Volk wird aus der Lektüre dieser Blätter erkennen,
daß es in seinem Kampf im wesentlichen allein
steht. Die Gründe dafür brauchen im Augenblick
nicht erörtert zu werden. Aber um so mehr sollte
Einmütigkeit innerhalb der deutschen Grenzen
darüber bestehen, daß alles vermieden werden mutz,
was die Front sprengt, alles getan werden mutz,
was die Einheit des Widerstandes, unbeschadet der
Partei und Weltanschauung, aufrecht eroält. Das
kann nur geschehen, wenn man den Kamps auf Ziele
richtet, die erreichbar sind, und wenn man ibn in
einer Form führt, die in der ganzen Welt Achtung
schafft vor der würdigen Haltung der Kämpfer und
des Mumien Volkes, für das die Ruhrleute kam-!
psen. i

Zur Situation
Angesichts der Kritik, die die mahnen-
de Hal.ung der „Volkszeitung" in der
Ruhrsrage von bürgerlicher Seite er-
fahren hat, mag interessieren, wie sich die
rechtsdemokralische „Voss. Ztg." zur Si-
tuation äußert. Georg Bernhard
schreibt darin:
Der Kampf um DeutfchlaitdS Existenz, der im
^"hrgebiet geführt wird, nimmt immer schärfere
^'Nnen an. Die Franzosen und Belgier versuchen
Hindernisse, di« der Widerstand der deutschen Ar-
deiter und Beamten ihnen cnlgegenstellt, im S urm
nehmen. Sie erobern Bahnhöfe und entführen
7°hl'enzüge. Was sie damit erreichen, ist natürlich
"hr gering. Und sehr lange wird es ihnen auch mit
°br Uoverführnng solcher Kohknzüge nach Frank
nicht gelingen, das französische Volk darüber
mnwegzu.iftrschen, daß das Ruhrabentener an Er
i-ag s^hr gering und, was die Aufwendungen anbe
"isst, sehr kostspielig ist. Poincares Situation ist
daher nicht gerade erfreulich. Und wenn es jetzt vor
dem auswärtigen Ausschuß der französischen Kam-
mer auch nicht zu einer Kabinettskrise kommen wird,
ia scheint er selbst dauUt zu rechnen, datz ihm dort von
^in«» Gegnern recht bittcreWahr Helten ge-
sagt werden. Rur soll sich der deutsche Zei-
iüngsleser, der über die schwankende Stimmung
iv Paris unterrichtet wird, nicht darüber hinweg
Züschen lassen, datz der Kamps noch recht lange
ivtrd ausgcbalten werden müsse«.
Es wäre eine folgenschwer« Illusion, etwa an
lnivehmen, daß irgend ein Regierungswechsel in
Frankreich die plötzliche Räumung des Ruhrgebietes
iUr Folg« haben könne. Schott der Regierungs-
achsel ist ja nicht so schnell zu erwarten. Denn di«
"anzösiscbe Opposition wird natürlich den Wunsch
degen, den jetzigen Ministerpräsid«n!e« die Supve,
d'c er eingebrockt bat, auch auslöffeln zu lassen. Je-
der, der jetz-t alS Nachfolger PoincareS auf den Plan
'rstt, wird entweder n o ch s ch ii r se r e Matz»,ahnten,
ex, ergreifen müsse»», oder er läuft Gefahr, sich
d«>n Vorwurf ausznsetzen, datz seine OPPosi ions-
akston die Front gegen Deutschland erdolcht habe,
"Nd daß ohne sein Dazwischentreten Poincare schlietz-
"id gesteht häi e. Das ist in Frankreich nicht anders,
als anderwärts. Und deshalb wird di« französisch«
^Vvosttion in Ruhe sich den geeignete,» Zeitpunkt
ihr Hervortre^en auHsuchen. Diese Opposition
ü hl sich jedoch nicht etwa einheitlich aus solchen Ele-
menten zusammen, die die Ruhraktion verurteilen.
Vielleicht haben sogar im Augenblick für die Nach-
alge diejenigen Politiker Vie viel größeren Chancen,
d'e Poincare Vvrwerfen, er habe nicht sofort mit
Ganzer Kraft vorgestotzen und habe den Deutschen
d>e Leine viel zu laug gelassen. Aber selbst wenn
chüter einmal die Männer an di« Spitze kommen
Mürben, die grundsätzlich Gegner des Rnhreinfalles
bftvescu sind, so wird ihnen als Ministerpräsidenten
nichts übrig bleiben, als die geschehenen Tat-
Mchcn zu sanktionieren. Keiner von ihnen wird
"Mehrt marsch!" kommandieren. Vielmehr werden
d- ihre Aufgabe dahin aufsassen, aus der inllitä-
schon Demarche wieder zur Politik, vom Diktat wie-
der zum Verhandeln zurückzufinden. Ob das ohne
"scwd eine Vermittlung überhaupt noch geht, und
Man» eine solche Vermittlung eingreisen wird, das
Mrmag in diesem Augenblick niemand zu sagen.
har a»ch har keinen Zweck, darüber Vermutungen
""zustellen.
Der an der Ruhr begonnene Widerstand »nutz
deshalb fortgesetzt werden. Nicht als Selbstzweck.
Mndern als Mtttel der Politik. Es wäre ein
schwerer Fester, zu verkennen, datz das Ringen an
"ir Ruhr um Ne nationale Existenz Deutschlands
Kcht. Jeder politische Fehler, der hier gemacht wird,
Gefährder diese Existeirz. Wer die Ziele der not-
Mendige» Politik feststellen will, mutz zunächst einen
Muren Kops behalten und autzcrvem dafür sor-
gen, daß auch völlige Klarheit in den Köpfen der
Kämpfer geschaffen und gewahrt wird. Es ist
"dr billig, urü> schafft natürlich viel Beifall, die
"ämpfxr mit großes» Phrasen zu ermutigen. Und je
größer die Hoffnungen sind, die man in, Lande cr-
Meckt, desto mehr gel'-igt es vielleichr auch im Augen
Mick eine hochgespannte Stimmung zu schaffen. Aber
Man sollte nicht vergessen datz nach den Reizmitteln
"Abspannung komm-, und daß auch aus dem
-ich rastn rau sch der Kater folgt. Mehr als je ist es
"Ne di? Pflicht jed-ks Deutschen, der den Kampf zu
r'Uc»n glücklichen Ende zu führen wünscht, den Sinn
! die Realitäten im besetz en und unbesetzten Ge-
'ri Zu stärken. Zu sagen, welchen Sinn der Wtdcr-
,Nrd har und welches Ziel man erreichen will und
"rcichrn kann.
Woru m geht der Kampf? Datz Frankreich
gebrochen hat, ist für jeden Deutschen felvst-
un^mMltch. soll »na»» sie s betonen. Aber da-
b l Mui» sich eine Politik nicht erschöpfen. Denn
uchtiger ist die Frage: was sollte mit diesem Rechts-
Uch erreicht werden? Frankreich hat lange vor
> Nm Einbruch in die Ruhr seine Ziele mit dem
Vm,ag"-ort verkündet: „Erlangung Produktiver
mder." Es hat dem Dränger seiner Industrie
ochgegebeu und hat die „Pfänder", die es ans an- l
g " Weise nicht erlangen könn e, mit Wafflmgcwaft
i> N'nme». Diese Industrie wnnscbt die ergänzend«
h 'M " m m e » a r b e i t der sranzösischeu und der
iür Grossindustrie in einer Form, die den sran-

* Der gestrige Besuch des Reichspräsident««
Ebertin Karlsruhe zeigte das Vertrauen, das hie
badische Bevölkerung in die Persönlichkeit des
Reichspräsidenten setzt. Sie bekundete aber auch
dem Reichspräsidenten die unerschütterliche Tret'«
des badischen Volkes zum Reich. Die einmütige
Kundgebung der verschiedensten Volksteil« wird
richt verfehlten, den Franzosen zu zeigen, datz sie aulf
Granit beitzen, wenn sie glauben, mit ihren Pläne«
das Reich zu zersplittern. Der „Badisch« Staats-
anzeiger" wird deshalb die restlos« Zustimmung deS
ganzen badische» Volkes findet», »venu er anlätzl'ch
des Besuches Eberts in Karlsruhe schreibt: Wem»
di« Franzosen wirklich auf die deutsche Uneinigkeit
spekuliert haben und etwa damit rechneten, die süd-
deutsche Bevölkerung würde sich in ver Not NS
Vatekla,tde-s als weniger widerstandsfähig und a,S
weniger zäH erweisen, als die Westsalien, so habe«
sie sich gründlich geirrt. In dem Abwehr-
campf, der uns widerrechtlich und ruchtoS aufge-
zwungen worden ist, gibt es heute in ganz Deutsch-
land keinen Unterschied der Partei, kei-
nen Unterschied der Berufsschichteu und auch keftden
Unterschied der Stämme mehr.
Die Kundgebung.
Karlsruhe, 12. Febr. Zu einer eindrucks-
vollen Kimdgebung gestaltete sich heute nachmittag
die aus den verschiedenen Landesteilen, darunter
auch aus den, neubesetzten GebiÄ und aus
allen Schichten der Bevölkerung be-
suchte Versammlung in A,lwescnheit des Reichsprä-
sidenten Eoerl, des ReichSministers des Innern
Oese r, des Roichsschatzministers Dr. Albert, dir
ENfvrmb erhob gegen die Einbrüche in Ne N»»^
und in Baden und in einen, machtvollen Bekennmis
-um Festhalten am deutschen Reich auSklang.
Mit dem Reichspräsidenten und den Reichsmini-
stern lvaren erschienen Staatspräsident Remmele

Geschäft?stunden8—8Uhr. sprech«
stunlcn ter Rcdattion: It—!L Uhr.
Posticheckltnio.c»t>rlsruheNr.S2277.
Tel -Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
Druck u. Verlag Ser Untcrbadjsche«
Vcriagsansiali G. m. b. H., Heidel-
berg. Eeschäilsslelle: Sckrodcrstr.ilS.
Tel.: Expedition W7L u. Redak.2S7S.
 
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