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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
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TuLks-WMg W d!e WeM8!!geDkO!!kMS der AöMezltte Zk!dk!Serg. Wieslochs 6NZe!m, WkUM, WerdM, MZM. BOeil. MelsSew. Dorberg. TarlSerbWsssZew». WeMkiM

Jahrgang

Heidelberg, Mittwoch, den 7. Februar 1923

Nr. 32

S-s

Monatlich etuschUktzl.
taitt^riohn Mk. n.—. Anzeiken-
rdV. cmspaltige Petitzcile
Mk Raum (3t mm breit)
tr.ilv O7- Rcklamcanzeigen (74mm
«kei Wicderboiun-
»»-«> ^latzn.Taris.Gehciinmittel-
ikincn finden leine Ausnahme. -

Seschrftrftundenl4—S Uhr. Sprech«
. kiunden der Redaktion: II—lS Uhr.
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Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischea
Werlagsanstalt G. m. b. H., Heidel-
berg. Geschästsstelle: Schröder srr.SS.
Tel.: krpeditionÄi7ck u. Revak.2673.

Ak WM 8K UkWkl.

Zr. Heidelberg, 7. Februar,
W-eira ein Mensch eine schwere Krankheit hinter
! H bat, so ist sich jedermann darüber klar, das; mit
ent Aushören der unmittelbaren Todesgefahr noch
""6e nicht eine Gesundung eingetreten ist. Selbst
,?r medizinische Laie weiß, daß dann meist eine
M'gc, ost sehr lange Rekonvalcszenten-
i t folgt, in der, da Rückschläge gefährlichster Art
,'list eintretbar, der Kranke sorglich und pfleglich
^bandelt, vor jeder Erschütterung be-
wahrt werden muß bis zur Zeit der restlosen
bollen Gesundung, in der er sich wieder nach Her-
,^uslust titnrmeltl kairn und ihm dann spielend
Gelingt, was ibm zuvor den tödlichen Schlag ge-
^beil hätte. Achnkich wie beim Einzelleben, auch
Leben der Staaten. Ein Staat, der eine feinen
Lebensnerv getroffene Krise dinier sich hat, muß,
-bist er nicht Gefahr laufen, nochmals der Agonie
^bbe zu kommen, vor jeder Erschütterung bewahrt,
- "iele, viele Jahre seiner inneren Gesundung wid-
b>eu, bevor er irgend ein Experiment äußerer Art
^agt. Diese Maxime lag nach dem Zusammenbruch
ber Politik der führenden Staatsmänner des deut-
eten Reiches zugrunde und Wtrtb-Raihenau
biach-en sich in der Erfüllungspolitik zu
Ebrem'Vollstrcckek. Das Reich im Innern konsoli-
K'eren, ihnr in der Außenwelt durch klugen Vcrstän-
oigui^gswillen Freunde zu schaffen suchen, seine
klstmaligen Feinde im Rahinen der Möglichkeiten
iveitestgehende Politik der Erfüllung der vertraglich
'kstgeleg en Bedingungen versöhnlich zu stimmen —
^es waren bis vor kurzem die Grundlinien der
^Nischen Politik. Alle andere würde die Zett und
außcnpolitisciten K o n st e ll a t i o nc n, die stän-
die Mächtegruppierungen verändern, besorgen.
Kreits konsolidierte sich auch das Reich, bereits
deuteten sich auch Veränderungen in den Gruppte
'UiZen der Wel Völler an. Aber die Zeit, die lange
->c!t, die vielen, vielen Jabre des Slbtvartens. Die
Schild! Ja, Geduld . . .
-Drei Jabre, v ichx Jahre liegt jetzt schon
Zusammenbruch hinter uns und noch leine Bes-
Uküng!", „Fort mit de r E rfü llu n g s p o l i -
Eik, zerreibt den Vertrag von Vvr-MsitrS!"
»Dch lagt sie tot, die Französlinge, die Erz-
^ü-rger und Rathenau, Scheidomamt und Wirch!"
«Die Franzosen sollen kommen und sich
»lve Reparationen selber holen; dann werden wir
o>n ehesten mit ihnen fertig!" — in dieser und äbn
sicher Tonart schallte es unter dem beifälligen Ge-
^ftill aller völkischen Bierstimmen seit Jahren aus
Big nationalistischen Blätterwald und zahlreiche gr-
^-Nkenfaulc Philister aus indifferenten Kreisen umr-
^ielten halb zustimmend. Freudig horchten alle fran-
fischen Chanviniste-n laut auf: Die Waffe für wei-
fte französisclw Gewaltplüne, denen der Frieden von
Versailles, der bei aller Beschneidung Deutschlands
^cses doch nicht zerstückelt, nie ganz zusagte, war
m daaii! geschmiedet. Nicht minder freudig jedoch
'ie nationalistiscl)-monarchistischen Bannerträger, de-
jeder Bitz denischer Volkskreise in diesen Lock-
ös süßesten Honig bedeutete: „Schafft sie um die
Ecke, die Erzberger und die Rathenau!" „Fort mit
°er Erfiillungsvolitik!" „Die Franzosen sollen nur
wMmen!"
Die Erzberger und die Rathenau find „um die
ttckc geschafft" — ein Kabinett mit den Bolkspartei-
pkil Cuno und B cckcr und dein r-echtsorientierten
Zcnirtnuümann Dr. Herines süihreu das Szepter
DeMschland. Die „E r f ü l l u n g s p o li i i k"
nt tot — Widerstand und Sabotage gegen
Frankreich erfüllen die Stunde. „Die Franzosen"
B'a d gekommen — sie stehen an der Ruhr und im
tzlrzen unseres badischen Landes.
Wie weit sind wir mrn? Wir versagen es
^üs, heute schon Perspektiven auf den Ausgang
oteses gewaltigen Ringens zweier Staaten zu wer
bst. Wir wollen, bevor die ProbeaufsExcm-
V e l jener Politik gemacht' ist, die einem kranken
laat zumutet, sich im Wettkampf aus Biegen
^>er Brechen mit ei ne in kräftigen Gegner zu »«essen,
unserem Urteil zuttichbalken, da ivir wünschen,
der vor allem von den M a s s e n d e r A rv c t
,rx schäft geführte und erlittene Abwehr-
oMpf nicht mit einer Katastrophe ausgcben
'Nöch^e.
Für^heute deshalb nur, ohne irgend ein Einsehen
"Us die politische Sette, nur ein paar Bemerkungen.
.?0t sich H.^ Cuno, der soeben das Ruhrrevier
' ^"ichreiste, auch -darüber orientiert, wie es bei den
Arbeiter massen aussteht, oder bat er sich be-
Migtz einige mehr oder weniger stimmungsvolle
7"den anzuhören? Hat sich Herr Reichsfinairzinini-
- Dr. Hermes ein Bild darüber gemacht, wie
. e Ruhrbesetzung auf die R e i ch s f i n a n ze n aus-
, ttkeu wird oder gibt er sich mit papierenen Ziffern
Bifrieden? Hat sich der Reichswirtschaftsminister
Becker schon Gedanken darüber gemacht, wie
heute im Haushalt des Arbeiters und
Kleinbürgers aussieht, wie die dem
^vllarkurs angepassten Preiserhöhungen
. Vger und Not bringen, oder befriedigt ihn
<- r Blick auf die aufwärtssteigenden Aktienkurse?
G b ü r g e rl iche P r e s s e eigentlich schon
''danken darüber gemacht, ivie sich die Rekorde
'' r Warenpreise auswirken werden, oder vcr-
,"tttt ste, es sei ähnlich ivie im Kriege mit Schön-
- rh « ret genügend getan?

M »Wsi iM
Berlin, 7. Febv. Unser Berliner —-Mitarbei-
ter telegraphiert uns: Der Patteiausschutz beschäl
tsgte sich am Dienstag in gründlicher Beratung mit
der durch die Ruhrbefetzung geschaffenen innen- und
außenpolitischen Lage. Einstimmig wurde fol-
gende Entschließung angenommen:
Der Parteiausschutz erklärt seine Zustimmung
zu den Richtlinien, die von der Vorständekonferenz
am 19. Januar beschlossen wurden und fordert die
Parteigenossen auf, einig umd geschlossen in
ihrem Sin,re zu wirken. Er wiederholt, datz die
gegenwärtige gefahrdrohende Situation ein geschlos-
senes Zusammengehen der Arbeiterbewegung erfor-
dert, datz es ihre Aufgabe ist, alles zu tun, um die
Abwehr des gewalttätigen französisch-belgischen Ein-
marsches in friedliches Gebiet durch zweckdienliche
Maßnahmen zu unterstützen und alles zu unterlassen,
was geeignet ist, diese Abwehr zu stören und die
Pläne des französischen Imperialismus zum Erfolg
z» führen. Zugleich erinnert er an die Notwendig-
keit, scharf den Trennungö strttch gegen die na-
tionalistische Verhetzung zu ziehen und
den Kampf gegen die politische Reaktion ausdrücklich
forizusetzen. Der Parteiausschutz widerspricht
mit Entschiedenheit der von der franzSsisck-en Regtr-
rungspropaganda ausgestellten beletdigendenBehaup-
tung. datz der Widerstand der Arbeiter, Slugesicllen
und Beamten gegen die militärische Invasion Frank-
reichs auf eine Anweisung der Reichsregierung zu

MWMr.
rückzuführcn sei. Die Arbeiter, Angestellten und Be-
amten führen diesen Kampf aus eigenem An-
trieb zur Verteidigung ihrer Menschenwürde und
ihrer Freiheit gegen eine militaristische Gewalt, die
durch ihre sich ständig zeigende Brutalität den Protest
der ganzen Welt herausfordert.
Der Parteiaußschutz dankt den sozjialtstt-
lchen Arbeitern des Auslandes für die
Zahlreichen Beweise ihrer brüderlichen Gesinnung
und bittet sic, in der Unterstützung des kämpfenden
Ruhrproletariats nicht zu erlahmen. Er ist sich in
lebrretnstimmung mit den Beschlüssen der inter-
nationalen Organisationen dessen bcwutzt, datz der
gegenwärtige Kampf nicht als rin Konkurrenzkampf
scr Kapitalisten verschiedener Länder geführt wer-
ben darf, sondern datz er geführt werden mntz als
Kampf der Arbeiterklasse gegen den
Imperialismus mit dem Ziel, eine ge-
rechte Verständigung über Vie Reparations-
lasten und eine endliche Befriedung Europas hcrbci-
zuführen
Der Partetausfchutz erinnert schließlich die
Re ich S reg ier u ng an ihre Verantwor-
tung, für einen wirkungsvollen Verlauf des
Kampfes, der vor allem durch eine ausreichende
Versorgung der arbeitenden Bevölkerung mit
dem notwendigen Lcbcnsbedarf gesichert werden
muß.

Befehls. Die ungehaltenen Züge der Reichsbahn
müssen auf Ncvengcleis gestellt werden, uni die freie
Durchfahrt der inlcrnalionalen Züge zu gestatten.
Um 11.30 Uhr erfolgte dererstefranzösische
Eingriff auf der Station Windschläg. Di«
Drahtlcitung des Abfahrtssignals wurde durchschnit-
ten und die Züge noch d m Norden aufgchalrcn. In
Anwesenheit der Pcrsonalvertrettmg erhob daraufhin
der Vorstand der Betriebst«spettion Offenburg, Rc-
gicningsrat Sänger, Einspruch bei der französi-
schen Militärbehörde. Er wurde, wie bereits gestern
mitgeicilt, sofort verhaftet und die Personalvcr-
lrctung weggeschickt. Dies hatte zur Folge, daß das
gesamte Personal der Station enOffenburg,
Windschläg und Appenweier h -ste früh 5
Uhr die Bahnhöfe geräumt und die Arbeit
niedergclegt hat.
Karlsruhe,«. Febr. Die Postdirckrion Kon-
stanz meldet, wie die Prcsseäbteilung mitteilt, soeben
dem Staatspräsidenten: Die Franzosen haben att
Antwort auf unsere Forderung, den Nmfchalreramr
im Postamt Offenburg zu räumen, um 1 's Uhr nach
mittags
das Postamt Offenburg besetzt,
sämtliche Beamte hinauSgewiefen und Posrdircttor
Krieg sowie Oberpostsekretär Frei verhaftet.
Weiter wird der „Telegraphen Union" mitgetcilt,
daß der von den Franzosen verhaftete Rcgienmgsrat
Säuger heute mit einen! Auto nach einem mibe-
kannten Ort ins besetzte Gebiet verbracht ivurde.
Außer dem Postdircktor wurde noch ein Beamter
verhaftet, sowie ein Redakteur.
Französische Warenkontrolle.
Karlsruhe, 6. Febr. Seit Montag Vorwitz
:ag wird der Warenverkehr zwischen dem besetzten
und unbesetzten Gebiet von den Franzosen daraufhin
kontrolliert, ob bei dem Versand von Auslandswaren

Alles Fragen, von denen die Stärke der
Abwehrkrafi des deutschen Volkes abhängt.
Von Stimmung allein kann kein Volk auf die
Dauer leben. Die Wirtschaftslage ist für die
Widerstandskraft von unermeßlicher Bedeutung
Und wie sieht eS^damit aus? Es sind auf dem
Großwciremnarkt in der einen Woche vom 25. vis
31. Januar Rinderhäute gestiegen von 1805

Kalbfell e kosteten Ende Januar mit 8400—MIO
Mark das Vierfache wie drei Wochen zuvor. Ob-
gleich die Lederfabriken noch ausschließlich
billig ettvgekauf e Häute verarbeiten, hat sich im Ja-
nuar der Lederpreis verfünffacht, das
Kilogramm Sohlleder kostet jetzt 34 000—40 000
Mark. Zwischen Vern 27. Jannar nnd 3. Februar
wurden die Sebuhpreife verdoppelt. Rind-
box Herreustiefel kosten ab Fabrik 50 000-70 MO Mk.,
Boxkalf» 60 000—80 000 Mk. Der Bremer Baum-
wolle np reis ist auf 23000 Mk. für das Kilo-
gramm gestiegen, australische Wolle auf 70 000 Mk.
Vom 27. Januar bis 3. Februar Hal sich der Preis
der Baumwollgarne verdoppelt, das Kilo-
gramm 36er lostet 4l 000 Mk. Walzsta h l kostet
reichlich «das Siebentausendfache der Vor-
kriegszeit.
Diesen Fabrikpreisen der Bedarfsar-
tikel stehen ähnliche Kleinhandelspreis«
für Nahrungsmittel gegenüber. Es kostet in
Heidelberg nach uns gewordenen Mitteilungen: ein
Ei 320 Mk., das Pfunid Margarine 5500 Mk.,
das Pfund Schweinefett 6800 Mk., das Pfund
Fleisch 30M Mk. Die allgemeine Preissteigerung
in Heidelberg betrug für Januar, wie gestern nrit-
getcilt, 164,4 Prozent, die für Ernährung sogar 184,4
Prozent. Und für Februar??
Unter dem freudigen Beifall der Nationalisten,
die allerdings sich nicht scheuen würden, ein wehr-
loses Volk selbst in einen aussichtslosen Krieg bin-
eiuzutreibeu, ivird jetzt in Deutschland, nachdem die
verbrecherische und barbarische Politik PoincarSs
den Anlaß dazu gegeben, an Stelle der Erfülluangs--
politik die Probe aufs Exempel mit einer
Politik des Wider st andes gemacht Dir
Massen der deutschen Arbeiterschaft, die allzeit erfüllt
vom wahrhaften nationalen Gefühl,
opfert Herz und Blut für den barten Abwehr-
kampf. Soll er jedoch nicht von vornherein zur
Aussichtslosigkeit verdammt sein und zur Katastrophe
führen, so mutz — neben einer geschickten diplo-
matischen Führung, von der um« allerdings
in'den letztenWochen febr wenig merkte — die Reichs-
uegierung schleunigst in letzter Stund«
unter Beisei estellung ihres bisherigen Prinzips des
wirtschaftlichen Fortwurstelns zu ganz energi-
sch e n M a ß n a b m e n im Dienste der Existenz-
möglichkett der breiten Massen schreiten.

ZU WWW SWWS.
Tie Zugeinstellung.
Karlsruhe, 6. Februar. Ueber die gestern
bereits gemeldete Zugeinstcllung zwischen Offenburg
und Appenweier wird mitgeteilt:
Die Verhandlungen der französi-
schen Besatzungsbehörde mit den deutschen Eisen-
bahnern haben gestern abend Zn keinem Er-
gebnis geführt, so daß fett Mitternacht der gesamte
Eisenbahnverkehr ruht.

Die von Karlsruhe kommenden Schnellzüge fah-
ren nur bis Acher n, die Personenzüge bis R e n-
chen. Von Basel-Freiburg her fahren die
Personenzüge bis Niederschopfheim, die Schnellzüge
bis Lahr-Dinglingen, so daß also der Eisenbahn
vcrkebr nicht nur zwischen Offenburg und Appen-
Weier, sondern von Lahr-Dinglingen bis Sichern
ruht. Vom Schwarzwald her kommen die Schncll-

tewberg. Der Gütettrerkellr wird umgelcitet.
Die Postbesörderung erleidet natürlich mich
starke Verspätungen.
Aus dem Bahnhof in OssenLurg befindet sich
kein deutscher Eisenbahner mehr, der Bahnüof ist von
den Franzosen besetzt. Zu bemerken wäre, daß die
Franzosen die Absicht hatten, die internationalen
Züge Schweiz— Holland usw. unter allen Umständen
durchzusühren, die deutschen Eisenbahner ver-
weigern jedoch als Gegenmaßnahme den Dienst
für diesen Verkehr, sodaß tatsächlich der ganze
Eisenbahnbetrieb auf der genannten Strecke heute
vormittag ruht.
Osse » burg, 6. Febr. Gestern ist in Urloffen
eiive halbe Stunde von Offenburg entfernt, französt-
fche Kavallerie eingerückt. Es wird auch heute
mit Bestimmtheit behauptet, daß jenseits des
Rheines zahlreiche französische Truppen an ge-
sammelt sind, besonders auch in dem Dors«
Selz auf elsässischer Seite, etwa 2 Wegstunden von
Rastatt.
Die Verhandlungen über sonstige Erleichterungen
in dem Befehl des französischen Kolmnandicrenden
sind erfolgreich gewesen; z. B. ist der Verkehr in
Offenburg nicht mehr beschränkt, vielmehr wurde der
Tag- uud Rachivcrkehr dort frcigegeben. In-
soge der Einstellung des Eisenbahnbetriebs ist jedoch
diese Verkehrssreigabe illusorisch. Die zahl-
reichen auswärts wohnenden Arbeiter, die in
Offenburg beschäftigt sind, können nicht zu ihren
Arbeitsstätten gelangen.
Karlsruhe, 6. Febr. Der Presseabtei-
lung der Badischen Regierung wird gemeldet: Die
französische Besatzung ist zurzeit damit beschäftigt,
eine eigene Fernsprrchleitung vom Rathaus und vom
Postamt in Offenburg nach Kehl herzustellen. Wahr-
scheinlich will damit die französische Besatzung aus
den reichseigenen Drahtlinien heranszukommcn ver-
suchen,.
Der Zugverkehr Appenweier—Osscnburg—Nie-
derschopsheim und Appenweier—Gengenbach ruht.
Die Post von Offenburg für das Unterland wird
nach Geilgenbach gebracht und von dort über Freu-
denstadt weitergelettet; die Post für das Oberland
über Niederschopfheim. Die Gemeinde Urlofscn bei
Appenweier ist seit Montag mittag 12 Ubr mit 120
Mairn berittener Truppen besetzt. Durch Rammers-
weier und Aell-Weiherbach ziehen Jnsantrric-
patronillrn von je 3 Mann.. Die Ausweispflicht ist
vorläufig auch nach außenhin aufgehoben.
Karlsruhe,«. Febr. Aus der Station A p -
peuw ei er wnrde gestern abend ein Befehl
des sranzösischen Militärkommissars mit folgendem
Inhalt veröffentlicht:
Der Stationsvorsteher von Appenweier wird
hiermit benachrichtigt, daß am 5. Februar, 10 Uhr
abends, kein Zug mehr abgelassen werden darf in
der Richtung nach Offenburg. Der Misitärkommis-
sax von Appenweier befiehlt, daß die, Signale nach
Offenburg geschlossen werden; nur französische Le-
bcnSmittelzügc und internationale Züge haben das
Recht zur Dur: 'cchtt. Der Stationsvorsteher ist

aus dem besetzten nach dem unbesetzten Gebiet und
umgekehrt die von den Franzosen vorgesckrriebcne
Bewilligung der interalliierten Stelle eingeholt ist.
Die Kontrolle erstreckt sich auch darauf, ob Waren
aus dem besetzten Gebiet nicht nach dem unbesetzten
Gebiet verbracht werden, um von dort ans ins Aus-
land geführt zu werden. Die Ausfuhr von Holz
und Kohie aus dem besetzten Gebiet wird verhindert.
Bekanntlich ist diese französische Verordnung von
dcr demiwen Regierung für rechtSlmgüftig erklärt
worden. Der Verkehr zwischen dem besetzten und
unbesetzten Gebiet, soweit er sich mit War-en deutschen
Ursprungs besaßt und soweit nicht der Verdacht
einer Umgehung der Aussuhrvorschriften nach dem
Ausland vorliegt, wird vorerst nicht behelligt. Di«
bisher nur auf den Straßciwcrkebr eingeschränkte
Ueberwachung soll auch auf den Bahnverkebr An-
wendung finden.
Kundgebungen.
Karlsruhe,«. Febr. In einer Versammlung
der Funktionäre der Sozialdemokrattschen Parict
wurde eine Entschließung angenommen, in der der
französische Ueberfall auf Vaden auf das schärfste
verurteilt uud der Vorwand dafür als ein offensicht-
lich und bewußt verlogener bezeichnet wird. Die
Vertreter der sozialdemokratisclum Arbeiterschaft
werden die Regierung ivir die Behörden bei allen
zweckdienlichen Abwehrinaßregeln uicterstützen, er-
klären zugleich aber auch allen nationalistischen Trei-
bcveicn den schärfsten Kampf. Von dcr Reichsregie-
rung und dem Reichstag wird gefordert, datz jede
erträgliche und erfolgversprechende Möglichkeit rasch
und ehrlich ergriffen wird, um zu einer Verständi-
oung zu gelangen.
Karlsruhe, 6. Febr. Der Allgemeine Deut-
sche Beamtenbund (Landesansschutz Baden), der
Deutsche Beanttenbund (Landeskartell Baden), der
Gesamtverband Deutscher Beanitengewerkschasten
(Landesverband Baden), sowie der Deutsche Ge-
werkschafisbund, die christlichen Gewerkschaften uff-,
haben gegen den französischen Einfall in Baden pro-
testiert und erwarten von ihren Mitgliedern die Er-
füllung der vaterländischen Pflichten,
Eine Erklärung Gröners.
Der Berliner V-ettreler der Baseler .National»
Zeitung" befragte den Reichsverkcbrsnlinistcr Grö -
»er über den französischen Einfall in Baden und
über die wettere Entwicklung dieses Einfalls. In
dieser Unterredung erklärte der Reichsfiimnzmimstcr:
Wenn der Verkehr zwischen Appenweier und Offen-
bürg behindert werden sollte, so werden wir den auf
dcr Strecke Frankfurt Basel liegenden großen Ver-
kehr über Stuttgart und Ulm, sowie über
Zürich dzw. Bregenz leiten. Zu dem ftauzö-
sischen Vorwurf, die Einstellung des Orieniexpretz-
zuges bedeute eine Verletzung des Versailler
Vcr rags, betonte der Reickrsverkehrsniinister, daß
durch Artikel 367 Deutschland lediglich ver-
pflichtet ist, die aus den Gebieten der alliierten
und assoziierten Mächte kommendc-n Züge zu über-
nehmen und sie mit einer Schnell!gleit wciterftifüh-
ren, die mindestens derjenigen gletMomutt, die aus
denselben Strecken von den Jnlaudzügen eingcbalien
wird. Durch den Einbruch in das Ruhr-
gebiet sind dcr Eisenbahnverwattung einschnei-
dcnde Einschränkungen a n s g c z w u n a c n worden,
um mit dem vorhandenen Katttenmaiettol änshaltcn
zu können. Ueber die Haltuna des Ei s e n -
ls befragt, erklätte der Mini».er.

persönlich verantwortlich sür die Durchführung desib a h np« r s o u a

vis KM'Mr. aus 45M vis 7825 Nit. das Vfu«d^zügc bis nach Oic tMiibach, die Personenzüge bis Or-
 
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