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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
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^-ugzprei,: MonaiUchrinschlleßl.
„Ä"!ohn Mk.R«l.-. Anzeigen.
Ls"e: Die einlpaltige Pettizetlr
T?" deren Raum (S6 ma> breit)
. Rcklameanzelgen(7tmin
^/ÄMk.kM.-. BeiWiederholun-
i^Nachlatzn.Taris. iSeheiminitrel-
"»iaen finde» leine Ausnahme.

Volkszeiiuna

SdschrstrstundenS—Svtzr. Sprech«
stunde» der Redaktion: II-lr Uhr.
Postscheklonto Karlsruhe Nr.LK7S.
Lel.-Aor.: Volkszeitung Heidelberg.
Druck u. Perlag der Unterbasische»
Bcrlaosanstalt G. m. b. H., Heidel»
berg. Geschäftsstelle: Schrödcrstr.SS,
Tel.: Erped!kionW78 u. Redak.R77.

lllgks>3ei!Wg für die veMSlige BevSlkernng der Amtsbezirke öeldelberg, Wiesisch. kisshelm. Evvingev. EberbM. Mssbch. Burbea, Adeisbelm, Dorberg. rguberbWossbeim v. Wertheim

Jahrgang

Heidelberg, Freitag, den v. März 1923

Nr. 58
iSSSSSS»

Die Abschnürung vollzogene Tatsache.
Besetzung der Rheinau. — Zollabschnürung. — Auslandsecho.

Essen, 8. März. Der Vormarsch im Bergi-
schen Land geht weiter in der Richtung Die-
ringhausen. Von diesem Knotenpunkt gehen
zwei Nebcnvahncn aus, die am Ostrand der eng-
lischenZone von den Franzosen unter Umgehung
der englische» Zone als Nord-Süd-Verbindung für
militärische Bedürfnisse ausgenutzt werden konnten.
Der Transport von Ruhrkohle auf diesen wenig
leistungsfähigen Bahnen hinüber zum Rhein und zur
Mosel wird in einer Mitteilung des Reichsverkehrs-
ministcriums als ausgeschlossen bezeichnet.
Essen, 8. März. Am Nachmittag rückten die
Truppen, die Dortmund besetzt hatten, in der
Richtung auf Scharnhorst ab. Wie man an-
nimmt, ist das weitere Ziel des französischen
Vormarsches die Stadt Hamm.
Wiesbaden, 8. Mürz. Heute früh wurde
Landesrat Witte, früherer Gewerkschaftssekrc-
tär, ausgewiesen. Eine Vernehmung hatte vorher
nicht stattgefunden, auch die Gründe der Maßregel
wurden nicht angegeben.
Aachen, 7. März. Das belgische Ober-
kriegsgericht verhandelte über die Berufung
des Geschäftsführers Grttmmer von der sozialdemo-
kratischen „Freien Presse" in Aachen, der wegen Sch-
reibens von Plakaten der Besatzungsbehörde zu
einem Monat Gefängnis verurteilt worden war.
Das Urteil wurde bestätigt.
Sozialdemokratie und Rrrhrbefetzurrg
Berlin, 7. März. Der Berliner Be-
»trkspartettag der Vereinigten Sozialdemo-
kratie setzte diese Woche seine Aussprache über die
Ruhrfrage — wir berichteten letzte Woche bereits
über die zur Arrnahme gelaugte Resolution — fort.
Genosse Eduard Bernstein kennzeichnete hier-
bei die schamlose nationalistische Hetze,
die sich augenblicklich in der Phrase vom „Durch-
halten bis zum Ende" ergebe. Der Fall Hin-

denburg sei dafür typisch. Wenn dieser Man»,
der Politisch ein Kind fei, erkläre, „lieber eine Mil-
lion Menschen opfem als in Schande leben", so
müsse rnan ihm entgegnen, das; es niemals eine
Schande sei, der Uebermacht zu Weichen. Gewiß sei
kein Wort zu scharf für das, „was die Schufte in
Paris anordneten". Wir seien aber den Gewalt-
maßnahmen der Franzosen gegenüber wehrlos
und langes Stillhalten nütze nichts, vielmehr müß-
ten wir erklären, was wir leiste» wollen. Im übri-
gen wandle sich Bernstein gegen die Phrase: „Wir
haben kein Vaterland." Diese Auffassung sei ganz
falsch. Da die Arbeiterschast beute nicht aus-
wandern könnte, sei sie als Klasse gebunden an
ihr Land und sie habe ein Interesse daran, daß
ihr die Produktionsmittel nicht gestohlen würden.
In Vertretung von Otto Wels hielt dann Gen.
Htlferdtng das Schlußwort, worin er zu dem
Ergebnis der Debatte eingehend Stellung nahm. Er
betonte, daß das Durchhalten in der Politik des
passiven Widerstandes richtig sei. Er, der Redner,
habe noch nie ein so gutes sozialistisches Gewissen
gehabt wie in jenem Augenblick, als er für den
passiven Widerstand eingetreten sei, denn
die Unabhängigkeit der Ruhrarbeiterschaft müsse er-
halten und ihr Zusammenhang mit der Partei dürfe
nicht gestört werden. Der Standpunkt der Partei
aber müsse sein: „Offene oder versteckte Annexion:
— nein, dreimal nein! Zur w i r t s ch a s t l ich e n
Verständigung aber find wir jederzeit bereit,
und dazu müssen wir jode Gelegenheit ergreifen."
Htlferding beschäftigte sich dann mit der im Verlause
der Debatte wiederholt erhobenen Forderung nach
dem Sturz der Regierung Cuno. Er trat
dem mit dem Hinivels daraus entgegen, daß die bür-
gerlichen Parteien nicht bereit sein würden, in die-
sem Falle mit der Sozialdemokratie eine Regierung
zu bilden. Er fürchte vielmehr, daß dieser Versuch
der Regierung Enno die Unterstützung der Deutsch-

ISS UMM» W MIkllktk

Die Zollgrenze.
Paris, 8. März. HavaS berichtet aus Düffel-
Korf: Die Franzose» haben in den letzten Tagen eine
Reihe von Zollposten errichtet, durch die das
System der Abschlteßung deSRuhrgebietes mit
oem Abschlirtzungssystcm für die Rheinlande
verbunden werden soll. Es wurde» vor der
englischen Zone derartige Sollposten u. a. in
Lennep, Remscheid und Gummersbach
eingerichtet. Nunmehr besteht ein ununterbrochener
Aostkordon von Emmerich bis zur Schweizer
Grenze,

Mannheim.
Besetzung der Rheinau.
Mannheim, 8. März. Kurz nach 3 Uhr ist,
wie bereits kurz gemeldet, eine Abteilung Franzosen
in einer Stärke von 20V Mann mit 1ü leichten Ma-
schinengewehren, die zu Schiff von Ludwigshafen
ins stromaufwärts gefahren war, in Rheinau
ingcrückt und hat kurz vor 4 Uhr vor dem Stations-
gebäude in Rheinau Aufstellung genommen.
Die Franzosen besetzten in Rheinan das Zoll-
" >nt, die Güterhalle beim Bahnhof Rheinau
"t>d denZugangzumHafen. Im Elektri -
iitäiswerk belegten sie einen Unterkunstsraum,
desgleichen in der Sunlicht-FabrU, wo sie auch die
st!«tt)e für sich i» Anspruch nahmen. Außerdem kon-
-eolitcren st« die ktlomrterlangr Rhenantastratze, an
'"r die großen Fabriken liege».
Mannheim, 8. März. Di« Frarrzoseu sind
dazu übergegangen, auf die nach der Neckarspitze
Ehrenden elektrischen Straß enb ah nw a.
i e n nach grösseren Paketen zu d u rch s u ch e n. Die
svittrolle der über die Rheinbriicke fahrenden Last-
s'ttmverke wird ebenfalls fortgesetzt. Einige Wagen
wurden beschlagnahmt, später aber wieder
^eigelafsen. Der bisher auf der Jungbusch-
o'licke stehende französische Posten ist znrückge -
svgc» und befindet sich nun direkt an der Kohlen--
''vfbrücke.

Ruhr.
o^ssen, 8. März. Die Chronik der TodeS-
'e r wird jeden Tag um neue Fälle bereichert,
iw D berhauscn wurde ein Schupo Beamter cr-
vrfa '' s" Essen ein Bahnwärter, dieser erst nach
r Verhaftung, also unter besonders krassen
fänden.
dex^l sen, 8. März. Die militärischen Operationen
i»s "wnzoscn haben beule eine Ucberraschung
o du gebracht, als die Bahnhöfe Bochum-
l>c,lld und Langendreer wieder sreigcge-
wch, wurden; gestern wurde diese Besetzung allge-
als die Vorbereitung zur Militarisierung der
ge,^Verbindung Essen-Langendreer-Dorlmuiid an-
wi,r» W dluch der Hauplbabnbos Dortmund
Ä a » lls W t besetzt. Besetzt ist noch der Bahnbos
"Ue »scheid.

Offenburg.
Drakonische Urteile.
Offenburg, 8. März. Vor dem französischen
Kriegsgericht in Mainz hat die Verhandlung gegen
Borsrand der Offenburger Beiriebstnspektion,
^vgierungsrat Hermann Sänger, und gegen den
^»'rsteher des Offenburger Postamtes, Postdircktor
l*rieg, stattgefunden. Regierungörat Sänger
würde wegen Nichtbefolgung militärischer Befehle
wnsichtlich des Zugverkehrs zu SO Tagen Ge-
^Ugnis verurteilt. Die Untersuchungshaft wird
w'grrcchnct. Das Urteil gegen Postdircktor Krieg
Wütete auf ein Iaür Gefkngnis wegen Nicht-
wkulnung militärischer Befehle. Gegen das Urteil
wst Revision eingelegt »»erden.
Offenburg, 8. März. Die Familie des aus-
^iviesenen Oberamtmanns Schwoerer und cben-
!? die Familie des ausgewiesenen Bürgermeisters
Bührer haben Ausweisungsbefehl erdalten,
de i d c n W o b » u u g e n, die Dienstwohnungen
sind von den Fraiyoscn beschlagnahmt
^vrden. Die Familie des Oberbürgermeisters Hol -
* ist bis jetzt nichtausgewiesen, anscheinend
dra" Holler erst kürzlich inedergekomnien ist.
/fester wird berichtet, daß die Franzosen in den
vte» Tagen ein Plakat angeschlagen haben, in dem
»^Behauptung aufgestellt wird, nur ein Teil der
^Mten und Angestellten sei auf höher« Weisung
eiivtüig in den Streik getreten, die anderen seien
Opfer der Verzweiflungspolitik der Regierung
hww zu betrachten. Das Plakat beabsichtigt, Ver -
uu krung zu stiften, denn es beschäftigt sich auch
yz * der Ruürhilfe, deren Unterstützungssätze als zu
^°rig bezeichnet werden-.

Abgeordneten würden grit daran tmt, die Re
gterung anfzusordern, wie sie sich die Erfüllung
des Versailler Vertrags denke, d. h. wie
sie Frankreich und Belgien Reparationszahlungen
sichern will, auf die diese beiden Länder berechtigten
Anspruch haben.
„Petit Ionrnal" vergleicht Cuno mit einem
Advokaten, der aus Freisprechung plädiert, aber
gleichzeitig auch den Staatsanwalt spielen will.
Paris, 8. März. Eine vom Ministerium des
Aeus^ren der Presse als „Erwiderung aus die
Erklärung des Reichskanzlers" übergebene
Note ist ausschließlich dem Versuch gewidmet, die
Feststellung zu entkräften, daß die deutsche R e -
gierungin den kritischen Dezember- und Januar-
tagen allesgetan hat, um zu einer Lösung nicht
nur der Reparationsfrage, sondern auch des Pro-
blems des Zusammenarbeitens zwischen
der deutschen und der französischen In-
dustrie zu gelangen. Man erfährt daraus zunächst
den Wortlaut der Erklärung, die der ver-
storbene deutsche Botschafter Dr. Mayer am Tage
vor der Eröffnung der Pariser Konferenz
dem französischen Außenmirilsterium abgegeben hat.
Dr. Mayer hat damals mitgeteilt, er fei von seiner
Regierung beauftragt, die französische Regierung of
fiziell darüber zu informieren, das; die deutsche
Regierung nach eingehender Prüfung der Repara
ttonsfrage mit den zuständigen Vertretern der deut
schen Wirtschaft einen Plan zu deren Regelung
ausgearbeitet und sich dabei die Mitwirkung der
Vertreter der deutschen Industrie und Finanz ge-
sichert babe. Die deutsche Negierung habe ihn, den
Botschafter, beauftragt, bei Herrn Poiucare die ge
eigneten Schritte zu tun, damit einem Vertreter der
deutschen Regierung Gelegenheit gegeben werde, die
sen Plan der Konferenz der alliieren Minister
zu unterbreiten und ihn mündlich zu erläutern.
Das amtliche französische Schriftstück knüpft an diese
Mitteilung die Bemerkung, es habe sich demnach
nicht um einen schriftlichen Vorschlag,
sondern nur um die „Ankündigung eines Besuches"
gehandelt.
Verwicklungen.
London, 8. März. Der „Eventug Stan-
dard" will wissen, daß ein auf RcchtSgründe
gestützter britischer Protest an die französische
Regierung gesandt worden sei. Er sott sich haupt-
sächlich mit der französischen Besetzung der Ge-
biete zwischen den Brückenköpfen be-
schäftigen.
London, 8. März. Der diplomatische Bericht-
erstatter der „Daily Telegraph" erfährt, Holland
habe Vorstellungen bei der französischen Re-
gierung erheben lassen bezügl. der Einmischung
indie Nheinschiffahrt iitfolge der französisch-
belgischen Blockade. .

* Heidelberg, S. März.
Das Auslandsecho zur Kauzlerredc ist nunmehr
einigermaßen hörbar geworden. Es verkündet, be-
sonders soweit die uns wertvolle Stimme Eng-
lands in Betracht kommt, die Enttäuschung
über die Ausführungen des Kanzlers. Wohl erwar-
tet man in England die Fortsetzung des Abwehr-
kampfes gegenüber den auch in England ungern
gesehenen imperialistischen Plänen Frankreichs;
gleichzeitig fordert man aber auch im egoistischen In-
teresse Englands, daß die Reichsregierung mit Bor -
schlügen zur Reparattonsfrage hervor-
tritt. Daß dies seitens Cuno nicht geschah, ist
umsomehr zu bedauern, als nach einem offiziöse»
Artikel der „Times" di« Mißstimmung Eng-
lands über die Ausdehnung der französische» Be-
setzungSzone auf englisches Gebiet eine allgemeine
ist. Die deutsche Diplomatie scheint all diese»
Dingen gegenüber unter Herrn v. Rosenbergs Füh-
rung eben auch zur „passiven Resistenz übergegange«
zu sein. So müssen wir eben die Ereignisse — zu
denen gestern die Besetzung der Rheinau
kam — vis zum bitteren Ende durchkosten.
England.
8 ondon, 8. März. „Times" schreibt, die Rede
des Reichskanzlers Dr. Cuno habe keinen Hin-
weis darauf gegeben, welche Vorschläge die
Deutschen z» mache» bereit sein würden, und nur
angedcutet, daß der passive Widerstand fortgesetzt
werden könne bis zu dem Augenblick, wo Deutsch-
land in der Lage sein werde, unter gleichen Bedin-
gungen zu verhandeln. Angerchlicklich scheine es da-
her, als ob dek Konsttkt sich h i n s ch l e p P en werde,
zum großen Schaden der umnittMar in Be-
tracht kommenden Länder und Europas/ Trotzdem:
einmal müßten Verhandlungen für eine Re-
gelnng beginnen, und französische Publizisten stellten
bereits Vermutungen über die Form der Verhand-
lungen an. Das Bestreben scheine vorhanden zu
sein, für eine Abänderung des Versailler Ver-
trages in einem f ürFraukreichgünsttgeren
Sinne cinzutreten.
Frankreich.
Paris, 8. März. Der Berliner Korrespondent
des „Journal" meint, daß die Rede des Reichskanz-
lers jede Ari friedlichen Verkehrs mit
Deutschland unmöglich mache, um so mehr, als
Dr. Cuno offiziell erklärt habe, das; der Wunsch zu
Verhandlungen von Frankreich ausgehen müsse.
„O euvr e" erklärt, die Rede enthalte kleiner-
il-ej, beftimmte Vorschläge. Die deutschen

nationalen einbringen und daß sie so in eine viel
größere Abhängigkeit von der Partei kommen würde.
An eine Negierung mit den Kommunisten sei
nicht zu denken. Bevor man aber nicht die Aus-
sicht habe, zu einer für das Proletariat günstigen
Verständigung zu gelangen, babe es keinen Zweck,
in die Regierung einzutreten. Die Ausgabe der Par-
tei sei vielmehr, auf die Regierung Cuno in irgend
einem Sinne einzuwirken. Dazu gehöre, daß sic sich
für kommende Verhandlungen bereit
halte. Das Wort: „Der Proletarier hat kein Vater-
land" könne außerordentlich mißverstanden werden.
Es könne nichts Schlimmeres geben als na-
tionale Unterdrückung, und gerade deshalb müsse dis
Forderung des S e l b st b e st i m m u n g s rc ch te S
der Völker erhoben werden. Mit Recht lehne
die Resolution Wels die „Einheilsfron!" ab. Man
dürse sich aber auch keiner Täuschung darüber hin-
geben, daß die Austragung des inneren Kampfes
außerordentlich e r s ch w e r r sei. In diesem Augen-
blick müsse die Partei ihre Kräfte in erster Linie
gegen die auswärtigen Kapitalisten ein-
setzen. Das Ziel des Widerstandes -erfordere und
lohne Opfer und es sei nicht sozialistische
M ante r, zu jammern, wenn Opfer gebracht wer-
den müßten. - In dem Kampfe von beute, der mit
1S14 nicht verglichen werden könne, handle es sich
darum, gegenüber einem ausländischen Imperialis-
mus das Sclbslbestimniungsrecht einer Nation zu
wahren, und daß diese die deutsche sei, kömre die
sozialistische Partei als internationale Sozialisten
nicht zu einer anderen Stellungnahme führen. So
>et der Kampf der Ruhrarbeiter ein Kampf für
den Sozialismus und Frieden, der Klas-
s-nkampf des Proletariats gegen Kanonen un»
Tanks, geführt unter der Herrschaft der sozialistiscl, v
Vernunft.
Hierauf wurde die Resolution Wels gegen
wenige Stimmen angenommen, die verlangt,
daß die Reichsregterung das baldige Zu-
standekommen n c uer Verh a nd l u ngen mit der
Gegenseite in jeder Weise begünstige und jede sich
bietende Gelegenheit ergreife, um mit den Gläubigern
Teutschlands zu einem gerechten Ausgleich
zu kommen, der die besetzten Gebiete von der Geißel
des Militarismus befreie. Gleichzeitig wird die
Negierung vor der nationalistischen Hetze gewarnt
und im übrigen eine Einheitsfront mit den
reaktionären Elementen ab gelehnt. Ebenfalls
angenommen wurde ein Antrag, der die Stärkung
der f re i g e w e rk s ch a s t l i ch c n Organisa-
tionen und den Kampf gegen die Zcrttümme-
rungsabsichten der Kommunisten fordert.

Die Lage im Reich.
Die Münchener Verschwörung.
München, 8. März. (Eig. Drahwericht.) End-
lich ist auch die Münchener Polizei dahinter gekom-
men, daß ernsthafte Verschwörungen auf eine gewal«
same Aendernng der Surats-Verfassung btnarbeiten.
Es heißt schon allerhand, wem: selbst die Münchener
Polizei-irektion in einer amtlichen Pressenotiz fest-
stellt, „daß eine Reihe von Persönlichkeiten, di«
außerhalb der politischen Welt stehen, den Beschluß
gefaßt hatten, in allernächster Zett eine g«wal;samr
Veränderung der bayerischen Verfassung herveizn-
sichren." Das soll Ende Februar bekannt gewor-
den sein. Als Hauptbeteiligte unter den 15 Ver-
basteten, von denen 7 inzwischen wieder srcigciasscn
wurden, nennt der Bericht einen Professor F u ch s
und einen Hugo Mach Haus aus München. Die-
ser Prof. Fuchs ist ein Komplize des am 30. Rod-br.
v. I. in München verhafteten Kapitän Ehr-
hardt. Fuchs hat, wie seststobt, nicht >mr Ehr-
hardt, sondern auch Lütt Witz, der jetzt noch un-
ter dem Namen General Lorenz sein Unwesen
!n SüAdeuischland treiben soll, wochenlang beher-
bergt. Mit Fuchs gemeinsam versüßte EhrHart auch
seine bekannte Erklärung über den Rathenan Mord,
iu der behauptet wurde, daß die Organisation Con-
snl nicht an dem Morde beteiligt sei. Diese „Ent-
schuldigung" war fälschlich aus Wien datiert, in
Wirklichkeit aber aus Schloß Allgäuhaus verfaßt
worden. Wie angesichts dessen der amtliche Bericht
der Münchener Polizeidirektion die Verschwörer
ausgerechnet als Persönlichkeiten bezeichnen kann,
„die äußerlich der volitischen Welt" stehen, bleibt ihr
überlassen. Richtig ist, daß ein großer Teil der
Verhafteten als deutschvölkische Kindsköpfe gelten.
Außer den genannten Personen war auch ein
Recktsvat a. D. Dr. Kühles, ein Schwager des
Grasen v. Bo Ihm er, an der Verschwörung be-
teiligt. Bothmcrs Ziel ist bekanntlich seit langem
die Schaffung einer süddeutschen Monarchie und
Trennung vom Reiche. Dr. Kühles wurde aber
aus der Hast wegen Mangel an Beweisen wieder
entlassen. Am Dienstag hat er sich in seiner Woh-
nung durch Erschießen das Leben genommen.
Schon daraus ist zu folgern, daß er nicht so h a r m-
los war nnd daß die Münchener Polizei bet sei-
ner Vernehmung viel harmloser gewesen sein mutz.
Sämtliche verhafteten Personen sollen übrigens mit
 
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