Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

DOI Kapitel:
Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48725#0191
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KkzuarprA«: Msn»tUch«mILU«8l,
reaperlohn Mk.I4Ui.—. An,eigen»
"rjsc: Die einkvLltias Pelitzeile
Der deren Raum W mm breit)
-"1.80—, Reltamcanzeigen stimm
°rri>;Mk,j,W.—. Bei Wiederhoiun»
^exSiuchlatzn.TariiV Tchetminltieb
"»zeige» finde» leine Aufnahme-


SekchüftskundeuS—-vhr, Sprech
stunden der Redaltion: II—l« Uh«
Postschecklonte Karlsruhe Ni LIS77,
Tel.-Adr.: D c>: lszeitu ng Heidelberg.
Druck ».Verlag der Unierdasische«
VerlagLLiistaü G. m. b. H., Heidel»
berg. Bcjchäslsstclle: TchrödcrstrL>,
Tel,: Lxpeduwn SS73 u. Redak.SSTS.

regkS'ZettMg für dlk NkMWkVköSlkkMg Ser AWSezktte Seiüklherg, Wiesloch. 8!nshe!m. kWkvgeo. VerSülS. MMch. Büchen. Melstzktrn. Borberg. ranSerblschofrZew n. MrtZklrv

..... MI ..WMW»!ii,iijSMMW»MMWMWWW»>»»WWWW»!iM^.HWi»"
ft. Jahrgang Heidelberg, Freitag, den 16. Februar 1923 Nr. 4V

Mmlimlk MM
Von Artur Crisvien.

Punkt steht unendlich höher als der kapitalistische,
denn er ist diktiert vom Lebensinteresse der Mensch-
heit!
Der jetzt Meder aktueller gewordene Krieg der

Einheitlich mrd klar ist die Srellungnahine der
kiamtcn sozialistischen Internationale zur Rnbrbe-
ctzung: Sie brandmarkt in schärsster Weise den
Mperialisttschen Borstotz Frankreichs und sorderi
besonders das Proletariat Deutschlands aus, im
ntschlossenen Abwehrkamps gegen die neuesten Ge-
vallakte nicht zu crlahmem Darüber hinaus stellt
-sie sozialistische Internationale der Politik der Ge-
walt eine Friedens- und Verständigungspolitik ent--
'egen, die aus dein gemeinsamen Interesse des ar-
eilenden Volkes beruht.
Die Vereinigte Sozialdemokratie Deutschlands
>Mt ausdrücklich wiederholt ihre Uehereiustimmung
'Nit den Beschlüssen der sozialistischen Internationale
lest gestellt. Zuletzt in der vom Parteiaussclmtz am
6. Februar 1923 einstimmig angenommenen Resolu-
Uon.
Die von der sozialistischen Internationale ge-
iahten Beschlüsse verpflichten die sozialistischen Par-
tien der einzelnen Länder, bei allen gegebenen Ge
ffgenheiten an allem geeigneten Stellen und mit al-
'eu ztveckniätzigen Mitteln die Politik der Berstän-
'igung zu betreiben. Die Politik der Verständigung
'edingt, daß die sozialistischen Parteien in allen
beteiligten Ländern einen Druck aus ihre Regierun-
den und ans die widerspenstigen bürgerlichen Par-
st'ien ausüben, um durch Verhandlungen die Ruhr-
risc so rasch wie möglich zu beseitigen und die Sje-
'arationSfrage überhaupt einer endgültigen Lösung
'dtuführen.
Die einmütig formulierten Beschlüsse der sozia-
''stischen Internationale zeichn auch auf, in welcher
-Leise die sozialistischen Parteien der in Betracht
'Mn-menden Länder sich betätigen, wie sie einander
wm Segen der Völker in die Hände arbeiten müssen.
Die sozialistischen Parteien von Frankreich, Bck-
bien und England haben den von ihnen bereits
^ufgenommenelt Kampf gegen die den Frieden ge-
athrdende Politik ihrer Regierungen mir aller Encr-
-üe sortzusetzen. Im Interesse der FrirdenSgaranii--
nur das Reparationsproblern aus denr Wege
'iedlicher Verhandlungen zu lösen und einer wei-
uren Zerrvteimg der europäischen Lüirttchast ent-
'legen,nMrkeil, setzen sich die so.ialtstistveu P.nteie»
Enteniestaaken ferner für den sofortigen Rück

Kapitalisten um den Besitz von Kohle und Eisen,
Vesten Zentrum im Ruhrgebiet liegt, wirkt, wie jeder
Krieg, schädlich und verderblich. Er verschlingt
mehr Kosten als die Reparationsverpflichtungen er-
fordern, er zerrüttet die Produktion, er desorgani-
siert das Verkehrswesen, er drückt noch mehr ma-
teriell und ideell die Lebenshaltung der breiten
Volksmasfen herab, er sät neue Zwietracht unter die
Völker und führt zum Chaos, wenn ihm nicht
rechtzeitig ein Ende gemacht wird.
Offenbar! sich hier nicht der ganze kapitalistische
Wahnsinn? Weil sich die französischen und die deut-
schen Kapitalisten nicht über eine gemeinsame Nut-
zung von Kohle und Eisen einigen konnten, stören
sie die Produktion von Kohle, was zur Folge hat,
daß Menschen darben und frieren, arbeitslos wer
den, verelenden und dem Hunger verfallen!
Wer sich diesem gemeingefährlichen Wahnsinn
entgegünstellt, wird prompt von den Kapitalisten als
Vaicrlandsvcrräler und Störer der imaginären na-
tionalen Einheitsfront beschimpft. Gegen den wird
die üblich gewordene Moldhetze eingeleitet. DaS
ist in Deutschland nicht anders als in Frankreich!
Nicht nmsonst warm die sozialistische Internationale
die Arbeiter aller Länder vor der Vergiftung durch
die Lügen der bürgerlichen Presse, jener Preise, die
ebenso wie im Kriege bereits wieder begonnen bat,
die größten Ungeheuerlichkeiten zu verbreiten, um
die Völker gegeneinander zu Hetzen.
In Frankreich wie in Deutschland wie
in allen irgendwie in Bewarbt kommenden Ländern
hat jeder Sozialist die Pflicht, sich im Sinne
der Beschlüsse der sozialistischen Internationale zu
betätigen. Jeder Sozialist in jede!» Lande muß be-
müht fein, die Verantwortlichem Mächte unter Aus-
schaltung aller kapitalistischen Ehrenstatkdpunkte zu
raschen Verhandlungen zur Lösung der Ruhrfrage
wie der gefarmten Reparationsfrage zu zwingen.
Voraussetzung einer solchen Lösung ist, daß die Re-
paratwnöfordevungen wirklich der
Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft angepatzt
werden und daß der Politik der Gewalt und der Ge-
waltdrohungsn der Sanktionen und Okkupationen
endgüäig cr.r Eno«, gemach! wird. Diese Poe-auS-set
Ning zu schaffen, ist die Aufgabe der Sozialisten htt-

-ug aller OkknpationStruppen aus dem Ruhrgebiet
"-d ans allen andere» buchten Gebieten ein.
Gleichzeitig ist cs die Aufgabe der sozialistischen
i-anmen Deutschlands, nach wie vor- die deutsclre
k'M'gwWng und die deutschen Kapitalisten zu zwin-
-"st die Deutschland obliegenden Reparationen im
Zahmen seiner Leistungsfähigkeit zu erfüllen.
Einen anderen Weg als den der Verhandlungen
Abt es nickt, für Deutschland ebensowenig wie für
wrmik^jch, nm die Rudrkrise aus der Welt zu schaf-
-'u mH die Revarationsfrage zu regeln. Ob der
"krieg geführr wird von bewaffneten Soldaten ge-
ü-n passiven Widerstand leistende waffenlose Ar-
beiter, Angestellte und ^beamte, oder ob sich mit al
'ru MorvwerkzonKM modernster Kricgstechuik aus-
Arüsj-x^ Armeen gegenseirig absckTachwn, in jedem
wall kann das Ende nur sein:

ben und drüben.
Das ist der Weg, dem jeder Sozialist fest und
sicher gehen muß, unbeirrt durch Lug und Trug,
durch Verleumdungen und Verfolgungen. Dann
ha,Welt er in dem stolzem Bewußtsein, der Mertsch-
heit zu dienen.
Immer wieder ist eS die kapitalistische Welt, die
die Völker in Konflikte, Krisen und Katastrophen
fährt, sie mit Mord und Brand und Anarchie heim-
sncht. Und immer wieder sind es die von Soziali-
sten geführten klasfenbewutzten Massen, die Aus-
wege aus der kapitalistischen Katastrophenpolirik
Hahnen müssen — bis einst der völterverderbende
Kapitalismus vom menschheiterlösenden Sozialis-
mus abgclöst sein wird.
Erst dann werden Friede rind Wohlfahrt
airf der Erde wohnen.

Beilegung des Konfliktes durch Verhandlungen!
, 'Ne früher Verhandlungen ausgenommen und
rascher Konflikte beigelegt werden, um so besser
wr die Gesamtheit der Völker. Wahrend des Welt-
^Eeges predigten in jedem Lande die kapitalistischen
Regierungen und Parteien das Durchhalten bis zum
Biele FricdenömSgttchteiten wurden ver-
,^'U und sabotiert. Immer neue unerhörte OPser
Astete Hix verderbliche kapi Artistische Kriegs- und
^'wchhaltepolitik, bis die allgemeine Qual und das
wllioncnfacüe Leid unerträglich geworden waren,
üd Wh, wieder erleben wir, daß die Kapitalisten in
'Frankreich Me in Deutschland dem Durchhauen bis
w«, Wort reden. Drüben heißt es: Erst
/bingungslose Unterwerfung, dann Verhandlungen!
, ^"'ben: Erst Zurückziehung der Soldaten aus dem
l'Uhrgebiet, dann Verhandlungen! Den französi-
wen K aps Allstem verbietet es ihre Ehre, vor der
^iümhrne vom Verhandlungen ihre Truppen aus
. Ruhrgebiet z-uriiüzuziehen, den deutschen Ka-
' i . Listen verbietet es die Ehre, zu verhandeln, so-
' bas Ruhrgebiet besetzt ist. Das alte nur zu
ekwrnte Spiel.
9wt Wohl feinen Sozialisten, der sich über
ew ^l>r«n Charakter dieser kapitalistischen Ehre
> Täuschung hingibt, der nicht Weitz, das; in die-
' iy' statt Ehre zu lesen ist: Profitinterrfse. Die
' Mkn"^'jche Jmternationale hat es klar genug aus-
datz die Besetzung des Ruhrgebü.s, die
sttzr/ Voftvand des Wiederausbaues der zer-
bith^ Gebiete erfolgt, in Wirklichkeit nur einen Teil

Um Rhein und Ruhr.
Zwei Aufrufe der Bergarbeiter-
verbände.
Bielefeld, 16. Febr. Sämtliche deutschen
Bergarbeitervorhände veröffentlichen folgenden Auf-
ruf an die Arbeiterschaft der Welt:
„Die organisierte Arbeiterschaft ganz Deutsch-
lands hat, getreu ihrer Grundsätze und ihrer Tra-
dition, den Kampf gegen den Imperialismus und
MilitarisnrnS ausgenommen. Der französisch-bel-
gische Militarismus zeigt sich bei seiner Aktion im
Ruhrgebiet wie jeder andere Militarismus in seiner
wahren Gestalr. Mitzhandlnngen, Ermordungen und
Vergewaltigungen friedlicher Menschen find seine
Spuren. Jai entsetzlicher und grausamer Weise wird
die friedliche und wehrlose Ruürbevölkcrung von
Offizieren mit Reitpeitschen mißhandelt. Die Be-
wohner werden auf offener Straße schonungslos
durchgepeitscht. Aus Essen wrkrden an einem Tage
allein 22 solcher Fälle gemeldet. Große Erbitterung
der RuhrbevSlkerung ist ihre Folge. Der Druck der
Fremdherrschaft trifft ganz besonders die Arbeiter,
die Frauen, dis Kinder, die alten Invaliden, Witwen
und Waisen schwer. Größtes Elend ist die Folge
der Besetzung. Die französische Militärherrschaft
schändet d>e Zivilisation, sie verhindert den Wieder-
aufbau Europas dadurch und hemmt das wirtschaft-
liche Streben der Menschen nach Wohlstand und
Kultur und desorganisiert das ganze Wirtschafts-

lwvtzen Kampfes de« verschiedene» Gruppen
„^^"kapitalistischen Schwerindustrie Deutschlands
stm "*wnkrcichs um den Besitz der wichtigsten Koh-
knd ^senzentren, und datz die Arbeiterklasse
lilln /bonso wie im -Kriege das Opfer dieser kapita-
when Profitgier ist.
^rn»n!"?"^^Estischen Ehwnstandpnnkt des Konkur-
lisjx» ."lsies bis zum Weißbluten setzen die Sozia-
<ich-» proletarischen Ehrenstandpunkt der fried
Käi,d^''^nsamen Kulturarbeit der Völker aller
entgegen. Dieser Proletarische Ebrenstanp

leben der Welt zum Schaden aller Völker. Wir sind
eritschlosson, den Kampf ge'Z'en Imperialismus und
Militarismus zu seinem Ende zu führen. An Euch,
Arbeiter der WM, welchen wir uns, uns in diesem
Kampf zu unterstützen, denn unser Sieg ist auch
Euer Sieg."
In einem anderen Aufruf wenden sich die Berg-
arbeiterverbände an die Bergarbeiter im Ruhrrevier.
In diesem Aufruf heißt es:
„Die Ereignisse der letzten Tage zeigen mit Deut-
lichkeit, datz die Besatzung versucht, die Arbeiterschaft
zu provozieren. Ihre bisherig« ruhig«, aber ent-

schlossene Abwehrtaktik ist den Eindringlingen un-
bequem. Sie versuchen, durch einen allgemeinen
Ausstand der Arbeiter und durch blutige Zusammen-
stöße mit ihnen ihr Ziel zu erreichen, was ihnen bis-
her nicht möglich gewesen ist. An die Bergarbeiter-
schaft richten wir deshalb die dringende Mahnung,
sich nicht provozieren zu lassen, sondern Ruhe und
Besonnenheit wie bisher zu bewahren- Nur dadurch
wird es gelingen, den Abwehr kämpf gegen die
Fremdherrschaft siegreich zu beendigen. Dem fran-
zösisch-belgischen Imperialismus und Militarismus
wäre nichts erwünschter als ein allgemeiner Auf-
stand. Kommunisten und Unionisten, oie fortgesetzt
nach dem Generalstreik rufen, unterstützen bewußt
od«r unbewußt die Pläne Poinearös."
Belagerungszustand in Pirmasens.
Speyer, 16. Febr. In Pirmasens wurde der
Belagenlngszustanv verhängt. Infolge der Ver-
haftung des Ersten Bürgermeisters Strobel kam
es gestern früh zu einer Stratzendemonstration. Die
Wache wurde verstärkt und ging gegen die Ansamm-
lung vor. Sie verhaftete einige Personen, unter
ihnen auch den zweiten Bürgermeister von Pinna-
sens, Kämmerling.
Die Ausfuhrsperre.
Essen, 15. Febr. Durch eine neue Ordonnanz
der Rheinlandkommtsfio» wird die Ausfuhr
sämtlicher Waren aus dem besetzten ins unbesetzte
Gebiet untrr Verbot gestellt. Für eine bestimmte
Gruppe von Waren wird überhaupt keine
Ausfuhr genehmigt. Die Ausfuhr aller übrigen
Waren wird von der Erreichung einer Bewilligung
abhängig gemacht, für die 10 P ro ze n t d es Aus-
fuhrwertes erhoben iverdkn. Durch diese rin-
schneidende Maßnahme wird de« Verkehr zwischen
dem besetzten und dem unbesetzten Gebiet nahezu
völlig» «fterbunden, und dem besetzten Gebiet
die schwerste wtrtschaftltcheSchäoi-
gung »ugefngt, da bisher 60 Prozent r>es Waren-
absatzes ins unbesetzte Deutschland gingen. Die
Rcichsregierung wird dis rechtsungültige Verord-
nung nicht anerkennen und erwartet von der Be-
völkerung, daß sie auch hier geschlossenen Widerstand
leistet und und sich den Vorschriften der Ordonnanz
nicht fügt.
Der Reichrkomrrrissar verweigert
eins Notenweitergabe.
Berlin, 15. Febr. Der Reichskommissar für
die besetzten Gebiete des Rheinlands har der Inter-
alliierten Nbeinlandkommisston in dem Falle der
Besetzung der Häfen von Wesel und Emmertch
folgende Note übergeben:
„Mtt Ihrem Schreibe» Nr. 2748 haben Sie mir
im Namen Ihrer Regierungen zwecks Weitergabe
an meine Regierung zur Kenntnis gebracht, patz die
Häfen von Wesel und Emmerich am 13. Februar
durch belgische Truppen besetzt werden sollen.
Gleichzeitig teilten Sie mir mit, daß unter dem
Schutz dieser Truppeir-Detachements von belgischen
Zollbeamten Besitz von Zöllen in diesen Häfen
crgrisfon werde. Sie sprechen in Ihrem Schreiben
Weiler aus, datz die belgische und die französische
Negierung darauf rechnen, datz die nörizen
Schritt« seitens der deutschen Regierung unter-
nommen werden, um jeden Zwischenfall zu
vermelden. Ich sehe mich nicht in der Lage,
derartige Mitteilungen an meine Regierung wei-
terzuleiten und darf daraus aufmerksam ma-
chen. datz mein Ansgabenkreis sich auf das vertrags-
mäßig besetzte Gebiet beschränkt."
Die Auffassung Degouttes.
Düsseldorf, 15. Febr. Die Militärs siiw
alle vom gleichen Kaliber. Macht, nur Mach! bildet
ihre einzige Parole. Dies bewiesen früher die deut-
schen Generäle. Heute zeige« es die französischen.
Als Beleg dafür einige Aeutzerungen des Generale
Degontte gegenüber einem Korrespondent les
.Amsterdamer Telegraf".
Der Getier«! erklärte, er glaube »ich, daß
die Deutschen (er sagte: les Boches) es noch lange
ausha 1 tcn; sie würden dock nachgeben müs-
sens. Der Widerstand werde noch eine Zeitlang
dauern; aber wenn er noch sehr lange dauere, so
bedeutet das den Ruin der Peuschen Industrie.
Auf die Frage, tvie lange die Deulschen noch im
Widerstand ausvalten würden, gab der General
leine Präzise Antwort, sondern meinte, es sei eins
Frage der Moral. Vorläufig halbe di« Ab-
wehr» och ganz gut; es gäbe aber schon eine
Menge Leute, die der Ansicht seien, daß der Frbe-
dsnsvertrag nicht mehr bestehe und datz inan in
Paris verhandeln müsse. Auf die Frage, wie
lange die Besetzung noch dauern würde, ant-
wortete der General: „Wenn die Deutschen in tau-
'cnd Jahren noch nicht bezahlt haben, so wer-
den Mr in tausend Jahren noch hier sein."
Auf die Bemerkung des Interviewers: „Sie Haden
eben die Macht!" sie! der General ein: „Und das
Recht! So glauben wir wenigstens. Ein Teil der
Welt mag anderer Meinung fein. Wenn aber
Frankreich meine, das Recht zu haben, so ist
es dasselbe, als wenn es auch das Recht hält e."

Die Frage, was die Deutschen machen müßten,
damit die Franzosen verhandeln, beantwortete der
General dahin' Die Deulschen müßten ihre Sache
verloren geben. Der deusche Geschäftsträger
in Paris müßte in irgend einer Fort» zu verstehen
gebe», daß die deutsche Negierung das Hoffnungs-
lose ihres Verhaltens einsieht.
Die Herrschaft der Gewalt.
Essen, 15. Febr. Heut nachmittag haben franp
!öfische Truppen das Essener Rathaus besetzt.
Köln, 15. Febr. Die Eiseiibahnwerkstätte Iü »
l i ch wurde gestern nachmmittag von belgischen Sol-
daten besetzt.
Zur Haltung Englands.
London, 14. Febr. Heute fand in der DoM
ningstreer eine Vollsitzung des Kabinetts statt, in
der die Ruhr- n. Ostsrage zur Erörterung kamen. Zn
der in der Presse viel beachteten Londoner Reise des
französischen Ministers Le Troquer und des Ge-
nerals Payor wird gemeldet, datz die Haltung der
britischen Regierung bezüglich des Transports von
Kohlen nach Frankreich durch di« Kölner Zone u n ->
verändert sei. Das Kabinett sei der Ansicht;
datz das französische Ersuchen, nm Durchlaß von
Kohlen durch das englischerseits besetzte Gebiet eine
wichtige Prinzipierrfrage aujwerse und datz die an-
deren Bahnlinien für die Kohle, die Frankreich au-
Vem Ruhrgebiet erhalte, genügten.
Das neue Steigen der Mark mild das
gleichzeitig: Fallen des Frankeuknrses wird viel be-
achte!. Vlättermeldnngen zufolge sind sie in erster
Linie ine Folge der gestrigen Aeutzerungen im eng-
siich.cn Parlam'nt über die Ruhr und Reparattons-
frage. Für das Fallen deS Franlen sei ein«
ioeiters Erklärung die, daß Frankreich gezwungen
werde, Mark zu kaufen, um die Lö h n c der
Bergarbeiter des Ruhrgebiets zu bezahlen.
England und Frankreich.
Paris, 15. Febr. Die Rede Bon ar LawS
Mrd in den französischen politischen Kreisen lebhaft
besprochen und fast durchweg scharf kritisiert.
Die Urreile darüber gipfeln im allgemeinen in der
mit Bedauern vorgebrachtvn Feststellung, datz dies«
Rede „nicht geeignet" sei, «ine Entspan-
n ii n g zwischen Deutschland und Frankreich zu be»
ftylemkfgs«. Alan bemerkt in diesem Zusammen-
hang datz die ganz« Ruhraktion in ihrer gegenwärti-
gen Gestalt vermieden worden wäre, wenn
England ein« andere Haltung beobachtet hätte,
genou so, wie de Weltkrieg nicht ansgebrochen lvüre,
wenn England unzweideutig zu erkennen gegeben
hätte, datz es im Kriegsfälle nicht neutral bleibe»
werde. In den Kreisen des Quai d'Orsay erklärt
man, trotz dieser Reden sei man der englischen Re-
gierung „völlig sicher". Dies werde in näch-
ster Zeit anders aiS durch Worte bestätigt werden.
Man bemerkt weiter, Vonar Law sei offenbar be-
müht gewesen, ewaigen Einwendungen seiner Gcg--
ner besonders Lloyd Georges, von vornheiein
die Spitze abzubrechen.
Die Pariser Abendblätter bedauern die Red«
englischen Premierministers als „wenig glück-
lich", verzichten aber vorsichtig auf persön-
liche Angriffe gegen Bonar Law. Der
„Temps" meint, im Grunde wolle Bonar Law de,S
gleich« wie Poincare und Theumis. Das Blatt be-
fürchtet, di- „deutsche Propaganda werde
gewisse von Bonar Law gebraucht« Wendung««
ailsbeutcn."

Vom besetzten Baden.
Infanterie-Regiment 170.
Die Stadt Offenburg ist u. a. von dem
französischen Infanterie-Regiment 170, das bisher
in Kolmar lag, besetzt worden. Die gleiche Num-
mer hatte früher das deutsche Regiment, welches
in Ofsenbiirg in Garnison lag. Es rekrutierte sich
zu einem großen Prozentsatz ans Elsässern,
Ehemalige Reservisten dieses früheren deutschen
Regiments wurden nun von den Franzosen im
Elsaß einberufen und sind als französisthe Soldaten
in Offenburg eingerückt. Diese ehemaligen deutschen
Sls.sser haltt» natürlich während ihrer Dienstzeit
b«! dem deulschen 170. Regiment auch gewisse Be-
ziehungen zur Bevölkerung angeknüpft. Ihre Auf-
gabe als französische Soldaten ist mm, diese Be-
ziehungen wieder aufzusrischen und in einem für
Frankreich günstige» Sinne zu verwerten. Sie sol-
len den Offenburgern gut Zureden, datz sie sich mit
der französischen Gewaltherrschaft befreunden. Ver-
gebliche Liebesmüh!
Allerhand Patriotismus.
Offenburg, 15. Febr. Es war milge'eill
worden, datz bald nach der Besetzung Offenburgs
durch die Franzosen verschiedene Kaufleute die
Lage aus nützt en und ihre Preise für di«
täglichen Bedarsartikel bedeutend in die Höhe setz-
ten. Die Staatsanwaltschaft Offenburgs erläßt
nun an jedermann die Bitte, der Staatsanwaltschaft
von jeder Preistreiberei «der sonstigen wucherische»
Handlungen Anzeige zu erstatten.
 
Annotationen