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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 11 - Nr. 20 (13. Januar - 24. Januar)
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Heidelberg, Mittwoch, den 24. Januar 1923

Nr. 20


Die cinipallige Pelilzeile M-Ä DD ZLN LWW^ MW MAI Ws E3 Pouichecikonlo Karlsruhe Nr.»L,77.
V'r deren Raum M mn. breit) ^pMWtz^^Wss M'Ä DU jW MM8W dWSU MH DM DÄ MD rkl..Ä->r.:Volkr»rltungSeideIder«,
^ges-Zekkuna für die lverMgeDevSIMng der Amtsbezirke öeideldera. WieslsS, SMeim. tWngeu, LSerdaS, MosSaS. VaSes. Mrelsheim, Dorberg. rauSerbischofsSeim v. Wertheim
Ml-
Ei. Jahrgang

ZU MM U dkl Wl.
Vor Weiteren Sanktionen.

* Heidelberg, 21. Januar.
Die Beurteilung über den Ausgang des Ruhr-
tiNternehmeus geht noch immer weit auseinander.
Tu der französischen Presse ist, wie wir
Greils gestern Mitteilen konnten, an die Stelle der
^stgesfansaren die Nüchternheit getreten und
inan beschäftigt sich damit, was nun zngesche-
hen habe. Vereinzelt macht sich sogar Kritik be-
Nterkbar. So erklärt das „Journal", die Ver-
haftungen könnten den
rw schwierigen Diskusstonen geben, da die deutsche
Souveränität im Ruhrgebiet nicht aufgehoben sei.
R.M krassen Gegensatz zu dieser.Auftayu.,« maeoeu
Allerdings die Maßnahmen stehen, die das „Echo
de Paris" ankündigt. Danach hätte die fran-
zösische Regierung nach zweimaliger Intervention
des Marschalls Foch beschlossen, als weitere
Vression alle preußischen Beamten aus
dem besetzten Gebiet auszuweisen und das
Ruhrrevier völlig vom deutschen Mutterland zu iso-
steren. Das wäre ein neuer schwerer Eingriff
Nr die Hoheitsrechte eines deutschen Landes und
könnte gerade im besetzten Gebiet zu Verwicklungen
führen, deren Folgen nicht abzusehen sind.
Aber herrscht innerhalb der französischen Regie-
rung wirklich diese Entschlossenheit, die ohne Rück-
sicht auf etwaige Folgen aufs Ganze geht? Das im
Allgemeinen gut unterrichtete Cablograme sagt, an
hoher Stelle sei man etwas unruhig über die
Entwicklung der Ereignisse. Auch seien die Unter-
haltungen mit London nicht so einfach ge-
kdesen, wie offiziös behauptet worden sei. Hier wird
auf Ereignisse hingewiesen, die sich hinter den
Kulissen abspielen. Die Repararionsver-
Wandlungen, die durch die Ruürinvaflon gegen-
standslos geworden zu sein schienen, spielen auch
llcute noch in Frankreich eine Rolle. So behauptet
rine Londoner Draytmeldung der „Rassischen Ztg.",
der englische Neparationsplan, der auf
der letzten Pariser Konferenz von Poincarö mit
einer so dramatischer» Geste der Empörung abgewie-
fen worden ist, fei von französischen Sachverständigen
Neuerdings überprüft und als bedeutend
Weniger unannehmbar erachtet worden. In ähn-
lichen Gedankengängen bewegt sich der „Petit Pa-
risten", der behauptet, Poincare habe sich jetzt we-
sentlich den ReparattonSvorschlägen
Mussolinis angenähert. Dir Regelung, wie
Man sie nunmehr im Auge habe, entspreche in etwa
dem Angebot der deutschen Regierung
dom 10. Dezember. Es wird sich kaum fe st st ek-
le« lasten, was an diesen Nachrichten auf Tat-
sachen beruht. Sollten sie auch nur im entfernte-
sten mit der Wirklichkeit übereinsttlnmen, so wäre
der Einfall in das Ruhrgebiet das frivolste
Abenteuer, das je von einem Politiker gewagt
worden ist. Dann müßte Poincare dir Absicht,
Sn verschwinden, die ihm von einem Teil der
französischen Presse bereits heute nachgesagt wird,
schleunigst wahrmachen.
Aber zerbrechen wir unS den Kopf nicht Über
Zukünftiges, vorläufig ist eS notwendig, derartige
Meldungen mit einem gesunden Mißtrauen
Zu betrachten, vorläufig bleibt uns nichts anderes
iu tun übrig, als die Abwehraktion im Ruhr-
gebiet mit allen unseren Kräften zu unterstützen.
Zur Durchführung dieser Abwehraktion ist die
Geschlossenheit des deutschen Volkes
Nötigt Die Meldungen aus dem Ruhrgebiet und
aus der gesamten Gewerkschaftsbewegung zeigen,
daß die Arbeiterschaft ihre Pflicht erfüllt.
Sowohl gegen den Staat wie gegen die Zecheu-
lcttuugen. Aber diese Loyalität gegen die Industrie-
kapitäne, die ein vollgerüttelt Matz von Schuld daran
trifft, daß di« Dinge sich so weit entwickelt Haden,
darf nicht dazu führen, daß man uns mißbraucht
Und durch Täuschungsversuche einen künst-
lichen Burgfriedrnszustand herbeizusüh-
?en sucht. Es war eine bewußte Täuschung,
lvcnn das Kohlensyndtkat behauptete, der
Beschluß zur Verlegung sei einstimmig gefaßt
tvorden. Warum hat man uns verschwiegen,
daß die Einstimmigkeit nur in der Mitgliederver
sammlung eines Gremiums herrschte, aus dem die
Arbeitervertreter ausgeschlossen find, und datz im
Ausstchisrat vier oder fünf Zechenbesitzer und die
beiden Vertreter der freigewerkschaftlichen Arbeiter
dagegen stimmten? Lügen haben kurze Bein«.
Der Erfolg Ist Mißtrauen. In einer Stunde
>>nd in einer Situation, wo jene Kreise, die hinter
dem Syndikat stehen, die aus freiem Entschluß her-
aus erfolgenden Schritte der deutschen Arbeiterfchaft
dicht entbehren können, obne sofort mit der ganzen
Altion Schiffbruch zu leiden.
Aus freier Selbstbestimmung heraus handelt
der deutsche Arbeiter im Ruhrgebiet. Er ist kein
Objekt, mit dem man nach den Methoden von
1914 operiert. Wird er getäuscht, so führt E. W—r.
stn „Hamburger Echo" aus, wird seine Entschlie-
bungsfreibeit nicht anerkannt und Loyalität nicht
'btt Loyalität beantwortet, so wird er — durch Wer
Mngencs gewitzigt fürchten müssen, das; man
Hn zu S o n d e r z w e üe n, die im Dunkeln blei-

ben, zu mißbrauchen sucht. Ein solches Miß-
trauen in solcher Stund« aber ist der Tod jedes
gemeinsamen Vorgehens, das nur unter einem über-
mächtigen äußeren Drucke zu einem bestimmten
Zwecke erfolgt. Ein solches Verhalten bringt einen
derartigen innerpolftftchen Krästederlust, daß
gerade jene Kreise, die heute nichts anderes als die
Einheitsfront Predigen, sich die Konsequenzen
solcher Täuschungsvcrsuche eindringlichst vor Augen
halten sollten.
Deshalb wächst von Stunde zu Stunde die
L erantwortun g der volksparteilichen Regie-
rung Cuno. Aus jeden Befehl aus Berlin ant-
wortet Poincare mit einer Konterorder. Nun muß
Besonnenheit regieren und nicht die Freude
an dramatischer Steigerung der Effekte. Schon spitzt
sich alles zu. Mögen sich die deutschen Befehle dem
Wortlaut nach durchaus im Rahmen des moralischen
Widerstandes halten, es besteht von Stunde zu
Stunde mehr die Gefahr, datz iin Zusam-
mentreffen von dnrtsehen Befehlen und Gegenmaß-
regcln aus Paris schwere Zusammenstöße
stattfinden. Bedrohlich ballen sich die Gegensätze zur
Katastrophe. Es kcmmt d«r Augenblick, wo aus der
Passiven Resistenz die FCamme des aktiven
Widerstandes hervorzüngelt und sich die von
den Bürgerlichen künstlich genährte nationale Leiden-
schaft in Exzessen entlädt. Die furchtbarste
Katastrophe, die je ein Volk erlebt hat, wäre
damit gekommen. Di« Antworten Poin-
cares auf die deutschen Protestnoten zeigen; datz
die nationalistischen Kreise Frankreichs nicht abge-
neigt stird, eine solche Katastrophe geradezu zu pro-
vozieren.

Ausdehnung der Streiks.
Essen, 23. Jan. Heute früh sind die »eleg»
schäften sämtlicher Thyssenwerke und
auch derStinneszechen in den Protest-
streik getreten, w tl die Abordnung ihrer Be-
triebsräte von den Franzosen nicht empfangen wurd«,
die von den Franzosen die Freilassung der
verhafteten WrrkSleiter verlangen sollte. Die Arbeit
ruht auf den folg ardcn Zechen: Mathias 1—4, Vik-
toria Mathias, Friedrich-Ernestine, Karolus Mag-
nus usw.
Esse23. Jan. Die Betriebs- und verkehrs-
lage treibt einer Krise zu. Angefordert wur-
den 17 60V Waggons, gestellt wurden 12 70V Wag-
gons. Aus dem Bahnhof Dortmund Haupt und
Dortmund Süd ist die Arbeit gestern wieder aufge«
namnren ivorden. Auf dem Bahnhof Sterkrad« wird
noch gestreikt.
Berlin, 23. Jan. Die Blätter melden aus
Essen, datz der Widerstand der gesamten Bevölkerung
des Industriegebiets von Stunde zu Stunde wächst.
Laut „Vorwärts" arbeitet nicht eine Zeche, deren
Leiter verhaftet ist.
E s s en, 23. Jan. Der Betrieb der Krupp-
scheu Werke geht ungestört Wetter. Eingriffe
wesentlicher Art haben nicht stattgefunden. Es wur-
den nur in geringem Umfange Ueberwachungeu vor-
genommen^ denen aber keine besondere Bedeutung
beizulegen ist. Der Betrieb auf den Außenwelten
ist ebenfalls noch ungestört.
Essen, 23. Jan. Seit gestern abend werden
die telephonischen Gespräche des Berg-
banveretns von den Franzosen überwacht. Da
das Personal des Fernsprechamtes trotz der Zwangs-
maßnahmen der Besatzungsbehörde die französischen
Befühle nicht ausführt, geht jetzt das französi-
sche Militär dazu über, selbst Teiephonleitungen
herzustellen. Die Eingriffe der Franzosen in das
Berkehrsleben haben bereits erhebliche Stockun-
gen hervorgcrufcn.
Weitere Zuspitzung der Lage.
Essen, 24. Jan. Die Sabotage gegen die fran-
zösischen Maßnahmen wird von der gesamten Ruhr-
bevölkerung systematisch fortgesetzt. So
wurde z. B. die eben erst fcrtiggcstellte Telephon-
lc itiung nach Paris im Laufe des gestrigen Tages
durchschnitten.
Duisburg, 24. Jan. (Privattelegr. unseres
Shezfalkorrespondemerr.) Das Personal der Bahn-
höfe Mülheim, Duisburg u..o Oberhau-
sen Hai heute nachmittag infolge eines Konfliktes
mit der Besatzungsbehörde den Dienst etnge-
stellt.
Die heutige Ausgabe unseres Duisburger
P a rt e i b l a 1 te s, der .Volksstimme", wurde von
der belgischen Besatzungsbehörde ohne Angabe von
Gründen beschlagnahmt.
Mainz, 24. Jan. ES steht noch nicht unbe-
dingt fest, datz die kriegsgerichtliche Verhandlung
heute stattfinden werde.
Essen, 24. Jan. Auf dem Bahnhof Oberhausen
sind außer dem Oberbahnhossvorsteher SlePhan
noch diejenigen Beamten von den Belgiern f e st-

genomm en worden, die sich weiaerten. die bel-
gischen Eisenbahutruppen über die Einrichtung der
Stellwerke des Bahnhofs Oberhausen Zu unter-
richten
Keine Entlassung der Zechenbesttzer
Mainz, 23. Jan. Die Abordnung der gesam-
ten Betriebsräte der Jndustriekonzerne und
der Organisationen der Reichs-, Staats- und Ge-
meiudebeamten aus Rheinland und Westfalen unter
Führung des Düsseldorfer Regierungspräsidenten
Grützner wurde heute nachmittag von General
Degoutte empfangen. Der Versuch, in letzter
Stunde flammenden Protest zu erheben
gegen die kriegsgerichtliche Aburteilung Deutscher,
lediglich Wegen pflichtgemäßer Befolgung deutscher
Reichsgesetze mitten im Frieden, blieb erfolglos.
Der General lehnte das Ansuchen, die verhaste-
tenZechenbesitzer wegen ihres teilweise hohen
Alters aus der Haft zu entlassen, a b.
Ein Aufruf der Gewerkschaften.
AN die deutschen Brüder im Ruhrgebiet!
Die unterzeichneten Borstände der Gewerkschaften
Deutschlands erklären ihr v o ll es E i nv e rst Snd-
niS mit den Abwehrmatznahmen der be-
drängten Arbeiter, Angestellten und Beamten in den
besetzten Gebieten.
Wir billigen ausdrücklich auch die von den
Bergarbeiterverbiinden ausgestellten Forderungen,
insbesondere nach sofortiger Freigabe der
Bergwerke und Zurückziehung der fran-
zösisch-belgischen Soldaten von den Arbeitsstätten
und nach Freigabe der völkerrechtswidrig ver-
haftet:« Werllcitungen und Beamten.
Wir fordern die gesamte Arbeitnehnterschaft auf,
an diesen Forderungen fest zuhalten und nicht
nachzulassen in ihrem Widerstand gegen jeden stören-
den Eingriff der feindlichen Militärmassen in das
deutsche Wirtschaftsgetriebe.
Im Namen aller Arbeiter, Angestellten und Be-
amten tm ganzen Reich und — so glauben wir
—mit Zustimmung des ganzen deutschen Volkes
sichern wir den deutschen Brüdern im Ruhrgebiet in
ihrem gefahrvollen Kampfe nachhaltigste Unter-
stützung zu.
Berlin, 22. Jan. 1S2S.
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund.
Allgemeiner Freier Angestellienbund.
Deutscher GcwerkschaftSbund.
GewcrkschaftSrtng deutscher Arbeiter-, Angestellten-
und BeamlenvcrbSnde.
Allgemeiner Deutscher Bcamtenbund.
Deutscher Beamtenbund.
Stuttgart, 23. Jan. Auch die Metallar-
beiterschast Südwestdeuts chlands bar
in einer hier abgehalte,'cn stark besuch::» Vcrsamm-
tnng der im deutschen Mekallarbeitcrvcrvand vrgani
fierten Betriebsräte der Meiallindustrir Würt-
tembergs, Badens und dcr Pfalz scharfen Protest
gegen die Besetzung LeS Ruhrgebiets crhoben. Nach
einer Rede des Beztrksletters Vorhölzer wurde
mit allen gegen 10 Stimmen eine Entschlie-
ßung angenommen, in der die VersmmnSung den
durch die Besetzung deS Ruhrgebiets tu Mitleiden-
schaft gezogenen Berufskollegen, sowie der gesamten
Arbeiterfchaft ihre wärmste Teil nah »ne aus
spricht und die gemeine Verletzung des an sich un-
erfüllbaren Versailler Vertrags verurteilt.
Elberfeld, 23. Jan. Unser Dpezialkorrespon
dem meldet un: Eine gut besuchte Konferenz von
dem meldet »mS: Eine gut besuchte Konferenz von
Rheinland und Westfalen nahm zur Rnhrvesetzung
durch französische und belgische Truppen in folgender
Weife Stellung:
Die freien Gewerkschaften lehnen anläßlich der
Ruhrbefetzung nicht nur jegliche Beteiligung an chau
vinistischen und nationalistische« Bestrebungen ab,
sondern verurteilen solche Bestrebungen ans das
Entschiedenste. Ebenso entschieden lehnen sie aller
Licbeswerbrn der französischen BcsatzungSSchörden
ab, weil ihre Anwesenheit im Ruhrgebiet nichts an
dcres ist als Vertrags- und Rechtsbruch. Dieser
Vertragsbruch ist die Auswirkung des französischer
Imperialismus, mit dein Ziel, daS Proletariat und
die Industrie im Ruhrgebiet unter die Hcrrschafi
des fraugö-stschen Kapitalismus zu bringen.
Die Arbeiter, Angestellten und Beamten nehmen
den Kampf gegen den französischen Imperialis-
mus auf. In diesem Kampfe wollen sie nicht hinter
anderen Kreisen zurüüstehcn. Bei dieser Stellung-
nahme ist entscheidend, daß der Kamps geführt wird
für die Erhaltung der deutschen Republik und um
ihre freiheitliche Ausgestaltung.
Berlin, 23. Jan. Die Körperschaften des
Asa-Bundes haben im Jndustriebeamtenhaus
zu Berlin getagt und haben sich nach mehrstündiger
Beratung,über die durch die Besetzung des Ruhr-
reviers gcschassene Politische und wirtschaftliche Lage
folgende Entschließung angenommen:
„Der Gesa m »vor st and und der Aus-
schuß des Asa Bundes übermitteln den schwer be-
dräng'M Kameraden im Nnhrrevier für ihre auf-

rechte, ebenso besonnene wie entschlossene Haltung,
die sie gegenüber dem von den französischen und
belgischen Regierungen verübten imperialistischen
Gewaltakt eingenommen Habeih den Dank und
die An « rkennun g der freigewerkschaftlichen
Angestellten Deutschlands. Der geschästsführends
Afa-Vorsiand wind beauftragt, in engster Gemein*
schäft mit dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts-
bund und dem Deutschen Beamtenbund alle erfor-
derlichen Maßnahmen zu treffen, um den aus vor-
geschobenem Posten gegen Kapitalismus und MW-
tarismus und für den Völkerstiedcn mutig streiten-
den Belegschaften des Ruhrrcviers diesen harten
Kamps nicht allein zu überlassen.
Vom Asa-Vorstcm- sind sofort
Schritte zur Aufbringung von Mitteln zur
Unterstützung der Opfer
des militaristischen Ruhrabenteuers einzuleiten."
Androhung weiterer Sanktionen.
Berlin, 23. Jan. Die französische Regierung
har dein deutschen Geschäftsträger in Paris folgende
Mitteilung gemacht: Die französische Regierung be-
stätigt den Empfang des „Aide Memoirc", womit
die deutsche Regierung über die Verhaftung
gewisser Persönlichkeiten im Ruhrgebiet prote-
stiert hat. Die französische Regierung weift
dlesenProte st zurück und ist auch entschlossen,
ihm in keiner Weise Rechnung zu trage».
Alle von der Okkupationsbehörde getroffenen Maß-
nahmen sind vollkommen rechtsgültig. Sie sind
die Folge der von der deutschen Regierung begange-
nen Verletzung des Versailler Bcr-
trags. Die französische Regierung ist entschlossen,
die Ausführung dieses Vertrags durchzusetzen. Sie
behält sich vor, alleanderen Sanktionen an-
zuordncn, welche die Haltung der deutschen Regie-
rung, der deutschen Beamten oder der deutschen
Staatsangehörigen notwendig machen sollten.
Hierzu wird halbamtlich bemerkt: Deutschland soll
an allem schuld sein, weil es die französische
Aktion nicht unterstützt und es ablehnt, an einen
kontraktbrüchigen Kontrahenten zu liefern. Solange
er den rechtswidrigen Zustand aufrecht erhält, in
dieser An zu argumentieren, könnte Herr PoincarL
Nachweisen, datz die deutschen Rückstände an Holz-
und Kohlenlieserungen den militärischen Vormarsch
nach. Berlin, di« Verhaftung aller wirtschaftlichen
und politischen Führer in Deutschland, die beliebige
Beschlagnahme deutschen Staats- oder Privatetgen-
»ums, oder was sonst noch den Franzosen
beliebt, rechtfertigen würden. Die Drohung
mit wetteren Sanktionen wird uns nicht hin-
dern, auf dem Standpunkt unseres guten Rechtes
zu bestehen, das weder durch Umkehrung -cs Tat-
bestandes, noch durch Willkür und Gewattakt« ent-
kräftet werden kann.
Paris, 22. Jan. Poincare hat gestern abend
bei einer neuen Besprechung mit dem Wieder«
lufbaumintster, dem Minister der öffentliche«
Arbeiten, dem KriegSministrr und Marschall
Foch versichert, es liege kein Grund vor, die
Schwierigkeiten im Ruhrgebiet tragisch zu neh-
men. Frankreich sei auf größere Schwierig«
ketten gefaßt gewesen. DieDeutschen bildete«
sich ein, datz Frankreich nachgeben werde, aber st«
irrten sich. Frankreich werde das letzte
Wort behalten. Neber die neuen Maßnahmen, di«
in dcr gestrigen Beratung bei Poincare in Aussicht
genommen wurden, liegen noch keine authentischen
Nachrichten vor. Die Blätter glauben, datz ein«
neue Verteilung der französischen und belgi-
schen Truppen zur Absperung des Ruhrge-
biet e s vom übrigen Deutschland bcvorstehe. Fcr-
ner sei die Herstellung einer Effektivkontrolle über
Eisenbahn, Telegraph und Telephon tm Ruhrgebiet
geplant.
Parts, 23. Jan. Die Zahl der neuerdings
ms ganz Frankreich das Ruhrgebiet beorderten In-
genieure wird mit 1800 angegeben.
Paris, 23. Jan. Die Pariser Abendblätter
keilen mit, datz am 18. Januar 445 Tonnen Kohlen
und 400 Tonnen Koks, an, IS. Januar 8767 Tonnen
Kohlen und 2500 Tonnen Koks, am 20. Januar
270 Tonnen Kohlen und 2000 Tonnen Koks be-
schlagnahmt worden sind.
Ludwtgshasen, 23. Jan. Die Franzosvn
haben dasdeutscheZollamtin Ludwigshafen
besetzt. Der Versuch, die Kontrolle zu überneh-
men, ist bisher ohne Erfolg geblieben. Vor dem
Gebäude stehen französische Wachtposten.
Karlsruhe, 23. Jan. Im Nheinhafen wur-
den von den Franzosen die Getreideschiff«
„Maria Christine" u. „Helios" beschlagnahmt,
allerdings später wieder freigegeben. Bei der
Maxaucr Rheinbrücke beschlagnahmten die Franzo-
sen ein mit 742 Tonnen in l ä n d i s ch e r K o v le n
beladenes Schiff, das für die Firma Stromever in
Kehl bestiimm war. Das Scbisf ist nach dem cstraß-
burgcr Hafen geführt worden. Ferner wurden ein
Schleppboot und ein leeres Anhängeschijs der KarlS-
 
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