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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 61 - Nr. 70 (13. März - 23. März)
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Heidelberg, Samstag, de« 17. März 1923

Nr. 66

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Bei Wiede, halu«' M zWN sWD DRW» WÄWALM Veriauranstalt G. m. b. H., Heidel«
'"Nachlakn.Tarif, »cdeimuittiel« HW- M WI «8WWM terg.iSekchäftrstelle: Echröderftr.»».
")<>«»» finden leine Ausnahme. M- U MM Tel.: Enpcdi«ionL«7iiu Redak SS?»
^gks-Zettvlia kör die werMtiLe ZeoSlkervag der AlnMeztrle öeldelbers. WieöloS. SMelm. Mwgea, LderdaS, Mosbach, Vachea, Adelsbew. Vordera. rauberbWofshelm u. Werttzew
Jahrgang

Was nun?
Lo « do », 16. März. Die englische Regie-
rung dementierte gestern offiziell das Ge.
rücht. nach dem sie ine Absicht habe, in der
Frag« der Ruhr zwischen Frankreich und
Deutschland zu intervenieren. Sie er-
klärt, dass Deutschland direkte Wer-
Handlungen mit Frankreich und Belgien
anlnüpfen mSge. England weigeresich, aus
seiner neutrale» Haltung herauszutreten.
Von zuständiger Seite wird in London wel-
terhtn ertlärt, daß Großbritannien,
weit« sich eine Gelegenheit ergeben würde,
seinen Entschluß wiederholen werde, zwi-
schen Deutschland einerseits und zwischen
Frankreich und Belgien anderseits nicht zu
» ermitteln. ES werde erklärt, die F rage
gehe England nichts an insofern, als
es Deutschlands Aufgabe sei, einen
Plan vorzulegen, der Frankreich und Belgien
befriedige.
xr. Heidelberg, 17. März.
Die politische« Stammtische und dir Letborganc
"er Besucher haben eilte schwere Woche hinter sich-
- >--nd doch täglich in de» Zeitungen mit Schlagzeilen
" lesen .Vermittlung". Auf deutsch .Ralle". Denn
ebenso wie im Krieg jede rechtzeitige Verständi-
iüugznlSgttchkcit nur Täuschungsmanöver fein
'tunte, so ist auch heute fiir den reinrassigen LP lös;-
"g des gewaltigen Teilt jeder Weg zu Verband-
"U'.gc» nur ein Berlegcnbeitsweg tvelscher Falschheit
^er englischer Geschästsvc rechn« ng. Die neuesten
Meldungen haben den deutschen Biergewaltigen aus
/-escr Verlegenheit geholfen. Es besteht keine Ge-
"'he, daß hjx Regienrng Cuno auf einen englischen
' tU!t,telungsvorschlag »hineinfällt", wie der Polt-
' ! " nationalistisch narkotisierte und materiell wohl-
sorgte deutsche Philister in bekilnunerter patriott-
-r Sorge annahnl. England denkt — obige
idungen bringe» restlose Klarheit über die von
uns stets als Gerüchte charakterisierten »VenniK
^"'gsnreldungen-' — g«r «ich, daran. Deutsch-
-and Vermittlungsvorschläge zu,nachen; ja, England
lehnt es glatt ab, dies zu tun, indem Groß-
staunte» der Auffassung ist, daß es Aufgabe
Deutschlands sei, durch einen brauchbaren
Via» die Situation an der Ruhr eiuzurenken.
Die Sorge» der politischen Stammtische und ihrer
Listigen Anreger in den Redaktionsstuben waren
'io unnötig. ES kann weiterhin politikastcrt und
' "saniert werden, eS darf fernerhin der Reichsregie-
' '"g Mut zugetrunken werden zur frischen Belebung
/ wiedererwachtcn Kampfsinnes, es ist erlaubt,
hm jeden Tag zum Frühstück einen Franzosen
Zi verzehren aus Rache über die vom ganzen deut-
v" r Volke einmütig verurteilten Brutalitäten der
' .Zösischen Soldateska. Der deutsche Philister kann
cm» beruhigt sein. Ob auch das deutsche Volk
vnr> die für das Reich und sein Geschick vcrantwort-
'ch'en politischen Führer-
Für das deutsche Volk in seinen breiten
Schichten sieht die Sache etwas anders aus als für
behäbigen Philister am Stammtisch. Die breiten
'««dichten des deutschen Volkes betrachten im Gegen-
üb zu dem im leichtlebigen Nationalismus datum
schwimmenden Stammtischbesucher die Entwicklung
^s RubrkouflMes uril wachsender Besorg-
" t s. Bor aller» die A rb e i t e rs ch a ft, die soivohl
"v der Ruhr wie in den anderen Gebt e t e n
tr Kampszone und nicht viel weniger imun-
? «setzte,r Deutschlaud die Hauptlast des Ab-
'vehrkampses trägt, schaut voller Bedenken in di«
^"lTunft. Täglich wachsende soziale und wirt-
schaftliche Not, für die das deutsche Bürgertum
' sowohl die Lohnverhandlungen mit dem Untcr-
^bmerttim wie die Sroueiverhandlungen im Reichs-
ell zeigen es — kein Verständnis hat, zeigt der Ar-
^iterschaft trotz aller Schönfärberei die tatsächliche
wrchihare Lage, die nicht nur ihr persönliches Sein,
ändern vor allemaucb das ihr am Herzen liegende
rutsche Vaterland täglich stärker umdrohen.
Wahrhaft nationales Gefühl ist es so,
ms die Arbeiterschaft veranlasst, erlksten Blickes die
"üvicklung zu betrachten.
Das wahrhaft nationale Gefühl »nutz aber vor
rr« die Verantwortlichen Führer des deutschen
Kolkes veranlassen, nach Wegen und Answe -
. e» aus dem fetzigen Wirrwarr zu suchen. So
^twoll der vom deutschen Volke willig getragene
btvehrkampf gegen den Rechtsbruch Frank-
? ist, er kann nur dann uns vor Verderb retten,
er gepaart ist mit einer der politischen Situa-
gerecht werdenden außenpolitischen
Führung. Mit dem gut eingepaukten Vortrag
mmmengelcimter Zeitungsausschnitte lässt sich
"e aktive Außenpolitik machen — dies dürfte all-
k>c>, ck> auch Herrn Reichskanzler Cuno klar wer-
Uio N"thdem er auf Reichskosten bereits eine vier-
lj.^Utche politische Lehrzeit durchgemacht hat. Aehn-
Firste auch Herrn v. Rosenberg als des
dgst Außenminister die Einsicht geworden sein,
t>e,' ^'der durch papierene Proteste und. leicht äuge
>Ae Drohungen noch durch Lancierung von In-

Ueberdruß an Ludendorff.

* Heidelberg, 17. März.
Spät, sehr spät scheint man in Bayern endlich
hinter das gefährliche Treiben des Generals Luden-
dorff und seiner preußischen Kligiie zu kommen.
Lange dauerte es bis der seiner ganzen Art dem
preußischen Auftrumpfen abgeneigte bayerisch«
Bolkscharakter das Bedenkliche in der Münchener
Kolonie preußischer Emigranten entdeckte. Nun
scheinen allmählich die Dinge spruchreif zu werden,
wem» man auch nicht erwarten darf, daß sich die
Dinge von heitte auf morgen lösen. Der Vorstoß
HeldS gegen Ludrndorsf deutet die kommende Ent-
wicktung an.
Der Vorstoß Helds.
M ttnchoni, 17. März. Der »Regensburger
Anzeiger", das Organ des Abg. Hold, des Führers
der Bahr. Volks Partei, unternimmt «live»
aufsehenerregenden Vorstoß gegen General Luden-
dorff.
Der Artikel erinnert daran, daß Ludendorff, affS
er sich seinerzeit mit der Bitte um die bayrische Gast-
freundsckMst an den damalige« Mtutsteitprästdenten
wandte, das Versprechen gab, sich jeder politi-
schen Tätigkeit enthalten zu wollen. Der General sei
einzig und allein erfüllt gewesen von der Sehnsucht
»ach eenem orium rinn dignitate, mW ein solches
Asyl sek dem großen Heerführer gerne getvährt
Word«« Die Bedenken, ob sich Ludendorsf allzulange
in eine solche Rolle zurückhaltender Selvstbeschetdmrg
fügen würde und könnte, hätten sich tm Lause der
Zeit tvider imm-er mehr verstärkt: „Heute Ist das
HauS auf der LudMgshöhe nicht mir das Haus
eines eifrig poliMerendeu Generals, sondenn nach-
ger,rde eine
politische Zentral«
geworden, tu die zahllose Poltt. Fäden eümstinden,
und von der politische Wellenlinie« nach alle» Rich-
tungen ausstrathleu.
Der Artikel betont nun, daß die Ludeudorfffche
PoitW allem anderen als einem dayemfreundltchen
Herzen eistspringe. Für diese Politik setBayer n
INkp ri«
Mittel zum Zweck,
tmr stu günstiges Terrain, nur der Vorhartg, hmter
dem die Dinge vorbereitet werden sollten, mit Hilf«
deren das neue Deutschland nach dem Ideal des Ge-
nerMS Ludendoufs anfgebant ivevden soll. Im Reiche
dieses Ideals sei für die süddeutsche und vor
allem fttr di« bahrtschc Idee, die nach einer stärkeren

terventionsperspektiven eine aktive Außenpolitik zu-
stande kommt. Wollen wir zu einer aktiven Außen-
politik als dem einzigen Ausweg aus dem jetzigen
CbaoS kommen, so bleibt nichts anderes übrig, alS
den von Anfang der Krise an an dieser Stelle immer
wieder als notwendig bezeichneten Weg zu beschrei-
ten, nämlich durch oinen brauchbaren Repa-
rativ «splan den französischen Plänen das
Wasser abzngraben.
Nachdem nunmehr auch England in ungweidetl-
tiger Weife -diesen Weg gewiesen, ist es die dringend-
ste Ausgabe der Reichsregterung, ihn allen Ernstes
zu beschreiten. Wie wett es sich hierbei rächen wird,
daß Deutschland nicht rechtzeitig vor vo.ll-
endeten Tatsachen sich zu dieser Erkenntnis,
die nach Rathenaus Tod so rasch vergessen, durch-
rang, wird die Zukunft lebren. Aus alle Fälle ist eS
aber erste Pst ich, und dringendste Ausgabe der
Reichsrcgierung, durch alsbaldige Vorlage eines
brauchbaren Planes — chimärerwafte Projekte wür-
den ebensowenig diskontiert ivie wallendes Patho-s
— Wege ins Freie zu weisen. So sehr das
deutsche Volk bittersten Gefühles den frechen Uetzer-
mut französischen Militärs über sich ergehen lassen
muß, io sehr «ruß es verlangen, daß ihm die Regie-
rung einen Ausweg aus der jetzigen Situation
zeigt. Dieser Ausweg muß gefunden werden. Da
die Zeit für ganze Lösungen nicht reif ist, wird Wohl
wiederum nur eine Teillösung erfolgen können;
eine solche allerdings, die für einige Zeit eine ruhige
Aufwärtsentwicklung nehmen muß. Das Kom-
promiß herrscht mW langer Zeit bedarf es, bis
eine Lösung in voller Reinheit vor uns steht. Der
Klaube an die Zuku »st des deutschen Vol-
kes und seines Reiches muß uns jedoch die Kraft
geben, auch über diese harte Situation hinwcgzukom-
men. Ebenso wie die Opfer der Märtyrer von 1848
um Deutschlands innere Freiheit nicht umsonst waren,
werden die Opfer des deutschen Atzwehrsampfes von
1923 ebenfalls ihre Früchte tragen. So hart deshalb
auch der französische Druck auf uns lastet, so muß es
doch auch fernerhin unsere Pflicht sein, den natio-
nalen Abwehrkampf gegen die Eroberungsgier Poin-
cares aus unseren Schultern zu tragen: Sowohl im
Interesse der Einheit des deutschen Reiches wie im
kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Interesse
der deutschen Arbeiterschaft. Daß aber zu rechter
Zeit der Kamps ein für Deutschland erfolg
reichesEnde nimmt, dafür trägt die für Deutsch-
lands Geswia verantwortliche Negierung Cuno die
Verantwortung

iEtnflutznalh«!« ihres Gewichts aus die Leitung der Ge-
schicke des Deutschen Reiches strebe, k«in Platz.
Gerreml Luderidorfs sei in der Wahl der Mittel nie
ein Zauderer gewesen, sofern sie ihm nur Erfolg
versprochen hätten.
Wenn man dann noch die engenBeztehun-
gen vimummmt, welche Ludendorsf zur
tmtionalsozialistifchen Bewegmrg
aufrecht erhält, dann kann man nicht nur gewisse
antibayerische Tendenzen der Nationalsozialisten
besser versuchen, sondern man kann, wenn man dies
mit all dom andern zusammenimmi, cnnessen, welche
starke OppositionAvafse der General sich gegen eine
nach bayrischen Gesichtspunkten orientierte bayrische
Politik bereits geschnstedei hat.
Ms Bei/fpiel dafür, wie Ludendorsif nicht davor
zurtlckscheut, Animosität gegen Bayern zu erwecken
und gegen Bayern zu Hetzen, wird die Art und Weise
geschildert, wie er aus die österreichische Poli-
tik Einfluß zu nehmen bestrebt ist. Ertch Lu-
de ndorsf und sein treuester HÄfer, Oberst
Bauer, spielen sich jetzt ans einmal als Protek-
toren der
schtvarzgelbe« Legitimisten in Oesterreich
aus, deren schärfste Gegner sie noch bis vor einer«
Jahre gewesen sind. Der alte Stimnmugsgegen
satz Habsb » rg - W tttel sbach wird agitatorisch
ausgermtzt. Es wird so hingestellt, alS ob Bayern
die augrengerMn österreichischen Länder an sich zie-
hen wolle, ein vergrößertes Bayer» inrter einem
Wittelsvacher geschaffen und das übrige Oesterreich,
vor allem» Wien, seinem Schicksal übewlassen werden
soll. In dieser Gchrchr erseine ausgerechnet Luden-
dorff als der rettende Engel und verspreche den Le-
gitinrisbm ein Oesterreich unter einem Habsburger
und den Anschluß eines solchen Oesterreich an das
Deutsche Reich
Die Münchener Landesverrnlsaffäre
München, 16. März. Die »Münchener Reuest.
Rachr." bringen heute aufsehenerregende Mitteilun-
gen zur Landesverratsaffäre F n ch s—M achhaus.
Danach trieb Kapellmeister Machbaus schon seit Juni
v. I. Spionage und unterhielt dabsi Verbindung mit
Fuchs. Im Spätherbst 1922 träten sie an verschie-
dene vaterländische Organisationen mit deut Vor-
schläge heran, eine nationale Erhebung in Bayern
berbsizusühren. Dabei verrieten sie französische Be-
ziehungen und französische Ziele und offensichtlich
separatistische bayerische Pläne unter starker Anleh-
nung an Frankreich. Sie schoben dann ihre Pläne
immer Meder hinaus bis in das Jahr 1923.

M MSt Ülk WOW r
In der jüngsten Nummer der ausgezeichneten
Wochenschrift „Die Wsl.bühne" schreibt Norus:
Seit den Zeiten Homers gehört zum wabre»
Krtogshckden auch ein bisch-on Maulheldentmn. Die
Ajaxe schneiden auf, um sich «ich den ändert;
Mui zu machen. Cdrur ohne Ronommags geht die
Chose nicht.
Wer diesmal mehr renommriert: die deutsche
oder die französische Presse, ist schwer zu sa-
gen: Aber von den Regierungen ist das Ka-
binett Cuno dem Kabinett Pomcars entschieden
über. De» Franzosen wird zwar von gewissen Ber-
liner Neuchaubitiiston vorgcworfen, daß sie „die Ltt-
geuchafiigüeit zum System" erhöbet» hätte»«. AVer
dioselbe» Franzosen haben doch inrmerhln den Mut,
der Welt nMzuMlen, wie wenig Kohlen sie
aus dem Ruhrgebiet abtransporttert Habs». In
De utschland gleitet man in dem monatlichen
Kohlenbericht tiver den Rückgang der Kohlenförde-
rung seit der Besetzung des Ruhrgebiets mit ein
Paar Redeaisartelk hinweg. In Frankreich
macht das offizielle Matt der Elfen- und Stahlindu-
strie genaue Angaben darüber, daß die Produktion
der Fabriken seit Dean 1. Januar um, 40 Prozent
zurück gegangen tst und von den Hochöfen tm
Jan-uar infolge Koksmangels 26 gedämpft werden
miußlan. Von dem Einfluß, den die Besetzung aus
die deutsche Industrie iimeNbalb und außerhalb
des Ruhvgobiets ausübt, hört mast von den zustän-
digen Stellen nichts. Herr Dr. Stresemann
hat bei der Debatte übe r die herzlich unnötige
KanzlerrSde kürzlich verraten, er „bade Grund, anzu-
nehmen, daß die Ausgaben des ersten Monats für
das Ruhrunternshmen bereits 132 Millionen
Franks betragen", welche Mitteilung der Reichs-
tag mit einer kräfÄgen „Hört, hört!" beantwortete.
Slber niemand in dem hohen Hause faßte den
Mut, wie es umgekehrt in der französischen Kam-
mer geschehen ist, die Regierung zu frage«, wioviel
denn der erste Monat des „passiven Widerstandes"
Deutschland gekostet hab«.
Die deiltsche Art der Kriegführung erinnert pein-
lich an jene große Zeit, wo.-man bei uns über die
Verlogenheit Englands spottete, das doch
abev regelmäßig seine Verlustzisfern veröffentlichte,
während h e ) u n s die GcfamizM der Toten und
Verwundeten den ganzen Krieg über strengstes Ge-
heimnis war, wo wir täglich Die Tonnenzahl dec
Versenkten feindlichen Schiffe mit ver-

dächtiger Genauigkeit «ngabeu, aber Mer die Ver-
luste unserer U-Boot-Flotte kein Sterbens-
wörtchen sagten und hinzuzusügen vergaßen, daß
viler Jahne hindurch kein deutscherDampfer
sich auf dem offenen Meere sehen lassen durfte. Man
glaubt, wie damals, durch Verschweigung del
eigenen Verluste die Bevölkerung b«i Stimmung hal-
te»» zu müssen, obwohl dock» in der Zwischenzett Sow-
jet-Rußland den Beweis erbracht hat, daß die Ent-
hüllung der Wahrheit und die Schwarzmalerei
einvtel besseres Mittel ist, das Volk zum Wi-
derstand an;»spornen, Ms billig« Schönfärberei.
Noch ist zweifellos in den breiten Massen und
gerade da der Wille zürn Widerstand vor-
handen; aber „Begeisterung ist kein« Heringsware,
die man einpökelt für ein paar Jahre". Ueber diese
psychologische Grmkdtats-ache kann keine noch so gut
getünchte Einheitsfront von Hergt bis HilserDing
hinwsgtäuschen. Beklopft man- die Fassade etwas
genauer, so bleibt schon heute nicht viel mehr übrig
als das EtwheitSfröittche» Helfferich—Cuno. Wir
stcihen jetzt, spengleria»rt,ch gesprochen, im Jahre. 17.
Weh uns, ivenn Mr ein neues 1918 abwarten!
In ivie hohem Matz« wir wirtschaftspolitisch sehr
bedenklicher« Zuständen entgegensteuern zeigt di«
Reichsbamk. Die erste Woche des März brachte eine
starke Belastung der ReichSbank durcß
die gerval-ige Zunahme von Retchsschatzanw-eisuu-
gerr. Nicht weniger als 569 Milliarden Ma ri
dieser Werte mußte die Reichsbank in ihre Bestand«
Äbenretnnen und den Betrag dem Reiche als Kredit
zur Verilügurog stellen. Die V e r schul d ung d e S
Reiches schreitet also uiwerumrdent fort. Auej
die Prdvauiodnstrie fordert nach wie vor starke Kre-
dite am Irr der letzter« Woche sind bet der ReichS-
barrk für 205 Milliarden Mark Handelswechsel ney
eingegangen. Infolge Dieser starken ttreditfordernu
gewtieg der Banknotennm'iaus erneut um 358,5 a»'
387,5 Milliarden Mark.
Die beschleunigte Tätigkeit der Notenpress«
ist die beste Illustration zu der Halüntg der bürger-
lichen Parteien bei der Beratung der Sie neige se KL

Die internationale Lage.
Keine Vermittlung.
Paris, 16. März. In französischen amtliche»
Kreisen glaubt mar«, Me die „B. Z." meldet, weder
an euglisckre Vermittlnngsabstchten, noch an ein/
derttsche VerHandtungsbereitschast. Poincars
warnte die französischen Pressevertreter vor der-
artigen Gerüchten mit dem Bemerken, daß der Ab -
schluß der Rrchvaktion noch nicht in Sicht sei.
Er bclorue abermals, daß nur die Unterbreitung
deutscher Vorschläge zu Verhandlungen füh-
ren könnte. Nach srartzösischer Auffassung steht eS
Deutschland frei, diese Vorschläge entweder den
Okkupationsmächten oder der Rrparationskornrnission
zu unterbreiten.
Berlin, 16. März. Zu den gestern verbreiteten
Pariser Gerüchten über deutsche Jntervey,
ttonsbemühungen stellt die „D. Z." uach Er-
kundigung an zuständiger Stelle fest, daß von deut-
scher Sette weder eine amtliche noch private Demarche
weder in London «och sonst irgendwo erfolgt tst. Die
ganze» Jntcrventtonsgerlichte gehen anscheinend, wie
auch der „Petit Parisierr" zugibt, auf einen Besuch
zurück, den der deutsche Botschafter in London, Dr.
Slhmner, am Mittwoch im Foreign Office ab gestattet
hat
Einspruch gegen die Dollararrleihe.
Parls, 17. März. (Letztes Telegr.) Der Reva-
rattonskommission lag gestern der Einspruch der
sranzösifchen Abordnung gegen die Ausgabe einer
deutschen Anleihe vor, wobei sic sich aus den Vertrag
von Versailles stützte. Das juristische Komitee prust
die Angelegenheit.
Belgien.
Paris, 16. März. Aehnlich wie im Kriege
Deutschland, muß jetzt Frankreich erfahren, daß Bel-
gien ein Staat tst, dessen Lage zwingt, sich die ver-
schiedensten Operationsmöglichkeiien offen zu halten.
Einen bemerkenswerten Artikel zu diesem Problem
veröffentlicht das „Echo de Paris", indem eS
zugibt, daß gewisse Unterschiede zwischen
Belgien und Frankreich in bezug der gegen»
wärtig befolgten Politik beständen, auf die matt
große Rücksicht nehmen müßte. Belgien sei innerhalb
Europas an einer sehr gefährlichen Stelle
plaziert und ein zu kleiner Staat, um sich selbst gsi>
nügcn zu könne». Es müsse also All tanzest
haben, die mit Frankreich und dir mit England. Das
Blatt wirst die Frage aus. ob sich Belgien allein rni<
der mit Frankreich begrrügcn könnte und sagt, „nein^
sei die Antwort verschiedener Personen. Belgien
verfüge nicht über genügend Einnahmequellen, uni
aus dem Fuße der Gleichheit neben Frankreich cxtt
stieren zu können. Mit dem großen südlichen Nacht
bar allein gelassen, werde cs schließlich einer Schw
luppe ähnlich sein, die ein Schiff schleppen wolle,
Um deshalb die politische Unabhängigkeit des kleineij
b-tgischen Volkes aufrechtzuerhalten, müsse nm» dis
englisch« Freundschaft haben.
 
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