vewgsprei«: MoxatNchelnschNetzl.
TrSflcrlohnMk.SE.—. Anzeiflcn»
torlse: Die einspaltige Petit,eile
"der deren Raum <3-> nun breit)
Mk.zzo.—. RcHan>ean,eigcn<74rnm
brett)Mi. kgü.—. BciWiedcrhoiun»
SenRachlah n. Tarif. Echcimmiliel»
"b,eigen finden icine Aufnahme.
Volkszeitung
KetthSttsktnndenS—fttthr. Sprech«
stunden der Redaltion: II—li! Uhr.
ij oftichectlonto Karlsruhe Nr.r2S77,
Tel.-Adr.: VoUszciiung.Heidelberg.
Truck u. Perlag der Unterbadifchci»
Werlagsannalr iS. in. b. H.. Heidel»
berg. Ecichäslsstclie: Lchröderslr.bg.
Tel.: iirpcdlllvurveb u. Redak.gÜ7S.
TEks-Zeirung R dke lverMgeDküglkermg der SlniMzlrke ßeldklberg. MkeZIO. kimheim. Evviüges, MrM. MZöM. VWeii. MeWeim, DsrSerg. TauherNAssWlN ll. WertheM
6. Jahrgang
IR!I I 1 -UMMSANM«»
Heidelberg, Montag, den 9. April 1923
Nr. 82
VS
WMWMk BklWIWg
rationsschuld bleiben. Das ist das Prinzip, das
PotncarS immer, besonders vor der Kammerkoin-
mission für äußere Angelegenheiten, aufgestellt lutt.
Von diesem Persönlichen Eindruck habe ich Potn-
carö in Kenntnis gesetzt. Ich bemerke weiter, daß
nach meinem Eindruck alle Welt zu verstehen scheint,
daß Frankreich und Belgien fest ent-
schlossen sind, die von ihnen unternommenen
Operationen „bis zum Ende durchzuführen". Ich
hoffe, daß es mit gelungen ist, gewisse Bedenken zu
zerstreuen, die in England gegen die Pläne Frank-:
reichs und seiner Negierung bestehen."
kei-
wie
des
einem Bruch zwischen England und Frankreichs noch
an einem Krieg zwischen den beiden Ländern. Denn
das eine hat uns der Weltkrieg mit seiner Blut-
untz Flammen sehr ist gezeigt: daß der moderne
Krieg für die Völler — eine kleine Schicht von Ossi-
zieren und Kriegsgewinnlern ausgenommen — nur
Not und Tod, Schmerz, Hunger und Elend bringt.
Das gilt sowohl für die Sieger wie für die Besieg-
ten, für die Beteiligten Ivie für die Unbeteiligten,
die Neutralen.
Die englische Nogierung sucht daher in dem
Ausbau des Völkerbundes einen Weg zu finden,
der England von den Fesseln des sranzöpsa-m
Bündnisses lösen könnte, ohne daß es zu einem
Bruch mit Frankreich und zu einem neuen Krieg
kommt. Ein Bestreben, das wir Sozialdemokraten
mir unterstützen können. Wobei wir uns natürlich
durch die Taten des bestehenden Völkerbundes nicht
abschrecken lassen dürfen, einen wirklichen Völker-
bund zu schassen, d. h. einen Bund der Völker —
nicht der Staaten, der Regierungen —, der die ihm
gestellte Ausgabe lösen und künftige Kriege ver-
hindern kann.
1. Die französische Negierung bleibt entschlos-
sen, die Zahlung der Reparationen in dem Um-
fange, wie Poincare es vor der Interalliierten
Konferenz in London im Dezember vorge-
schlagen hat, zu verlangen. Am S. Dezember hat
Poincarö daran erinnert, daß Frankreich mehr
als 90 Milliarden Frauken ausgegeben hat, daß
diese Zahl 100 Milliarden am Ende des Jahres
überschreiten werde und daß die Ausgaben seitdem
natürlich noch angowachsen sind. Am selben Tage
hat PoincarS weiter erklärt, daß die deutsche
Schuld nur durch K oMp e n sa ti o n en
herab gesetzt werden könnte. ES kann sich nicht
darum handeln, Deutschland ein Geschenk zu ma-
chen. Wenn eine Einschränkung der Schuld vor-
genommen werden solle, so müßte dies die Folge
einer Kompensation sein.
2. Die französischen Truppen werden an der
Das Ergebnis der Reise.
Verständigung Frankreichs mit England.
Paris, 8. April. Die Besprechung LoucheurS
in London scheint die Beziehungen zwischen Frank-
reich und England wieder enger geknüpft zu haben.
Tatsache ist, fo meldet der Pariser L. St.-Ver-
treter der „Frkf. Ztg.", daß die privaten Besprechun-
gen des Herrn Loucheur eine offizielle Fortsetzung
haben werden in direkten Verhandlungen von Regie-
rung zu Regierung, die keineswegs auf London und
Paris beschränkt bleiben sollen und von denen man
hier nicht mehr und nicht weniger als die Wieder -
herstellungeinerallitertenEinhettS-
front gegenüber Deutschland, wie sic vor dem fran-
zösisch belgischen Einmarsch in das Ruhrgebiet be-
standen hat, erhofft.
Von den militärischen Sicherheiten ist
keine Rede mehr, dagegen scheinen wir vor einer
Verständigung zwischen Frankreich und England Uber
die finanziellen Forderungen an Deutschland
zu stehen.
London, 7. Avril. Englische Beobachter stel-
len fest, daß Loucheur unverändert an einer rela-
tiv gemäßigten Auffassung bezüglich der deutschen
Zahlungsfähigkeit sesthalte. Anderseits ergaben nach
einer telegraphischen Meldung der „Frkf. Zt." die
Gespräche mit Loucheur offenbar, daß die Forderung
auf Schaffung einer rheinischen Republik
innerhalb des Deutschen Reiches, aber losgelöst von
Preußen, als unerläßlich bezeichnet wird. Für die
deutsche Politik ist beachtenswert^— diese Mahnung
richtet der R. K.-Korrespondent der „Frkf. Zig." an
die deutsche Reichsrcgierung — daß offizielle deutsche
Aeußcrungen und Vorschläge nur nützlich sind, wenn
Ne erfolgen, bevor England und Frankreich endgültig
auf eine gemeinsame Linie gelangt sind, was,
wie die Aktion Louchcurs beweist, angestrebt wird.
Paris, 8. April. Der rheinische Separatisten-
führer Dr. D ort en weilt, wie die Zeitungen erst
beute Mitteilen, sei, Donnerstag in Paris, nm mit
der französischen Negierung über sein politisches
Programm zu sprechen. Er wird sich zu dem gleichen
Zweck nach London begeben.
Die Lage im Reich.
Zur Verhaftung v. Puttkamers.
Der „Vorwärts" wendet sich in scharttr Weise
gegen die im Zusammenhang mit der Mordassare
Ba u r ersolgie Verhaftung v. P u l l k a u> e i s durch
die Münchener Polizei, indem er schreibt: Die Er-
zählung, dcn, der liuksdemokrafische Schriftsteller v.
Puttkamer, der etwa 1-1 Tage lang veNrenniasweisc
auch dem „Vorwärts" telephonische Berichte gab, den
Studenten Baur zu seinem MordMa» ia» Scheide-
manu) angcslislel oder eriuunlerl haben soll ist so
w 1 d c.r s i n n i g, daß sie nur in einem bayerischen
Polizeigehirn Glauben zu finde» vermag. Der Po-
lizeibericht hat keinerlei Grund für die Verhaftung
anzugebcn, es fei denn die eine Tatsache, daß
Puttkamer ein sehr intimer Ken n e r des Netzes
von Verschwörungen war. und diese Kennn-is in!
dankenswer'er Weite der den fieber, Oeft 'Uchkcit
Ntiigelktll bül. Die Flage iß d» R mchs«
Für die Ermordung des französischen Soldaten
Schmidt, der am 18. März in einem Keller des Esse-
ner Haup'bghnhoss erschossen wurde, wurde der
Stadt Essen eine Geldbuße von 105 Millionen Mark
auferlcgt.
Die Verhandlungen gegen die verhafte en klrupp-
direktorcn finden erst im Lause der nächst: - Woche
statt.
Der Bahnhof von Sahn auf dem rccb'cu Nbein-
ufer wurde von den Franzosen besetzt. Durch vieien
Bahnhof soll bisher der Schmuggelverlehr bewerk-
stelligt worden sein.
Auf der Straße nach Dortmund wurde der Tete«
graphcndratzt zerschnitten. Die Franzoicn mnnttig-
len deshalb den verschärften Bclagetn»g";nsta»d.
Auch aus Brakel werden Zcrstörnnmr du ttele«
phönleilungen gemeldet. Auch der T> ?-rtten«
kirchen Berlin ist seit gestern gestört.
Die Franzosen haben die Bah n - S , < Hcrue,
Herne-Güterbahnhof, Merten und l'astrep. Mart«
linde und den östlichen Teil des Ba-bno-r-: Watin«
besetzt, sodaß der Personenverkehr von Donmnnp
nur bis Rauxel geleitet werden wird. Gmern stutz
die Anlagen der Zeche Waltrop besetz' und fishei
nicht wieder geräumt worden. Auch die Zeckiei)
Schwerin und Erin in Castros) wurden besetzt. Ans
der Zeche Schwer!» wurde das MafcbinenvanS be-
setzt und die Sirenen abgestelll.
Französische Forderungen.
Paris, 8. April. Der „Temps" ncniri als
Hauptvedingung der frauzSstschen RepaiationS-
Politik:
Dis Wendung
der englischen Politik.
Von Kurt Heilbut.
In jahrhundertelangem Kampf gegen die je-
weils stärtsie europäische Macht hat England seine
europäische- Vormachtstellung- gewonnen, Hai cs
nacheinander Spanien, Holland und Frankreich
niedergerungcn und im letzten Jahrhundert die
russischen Weltmachtspläne durchkreuzt. Wobei es
stets geschickt verstand, diese Kämpfe mit Hilfe an-
drer Staaten zu führen oder von andern Staaten
führen zu lassen. (Den einzigen Krieg, -den Eng-
land allein führte — nämlich gegen die Vereinig-
ten Staaten — hat cs verloren!) Seit dPN letzten
Drittel -des vorigen Jahrhunderts war England in
einer einzigartigen Lage: ohne sich nach irgend
einer Seite zu binden, ohne zu den riesigen Rü-
stungen gezwungen zu sein wie die Festlandstaaten,
bildete es das Zünglein an der Wage zwischen den
beiden europäischen Mächtegruppen, dein Dreibund
und dem -französisch-russischen Zweiverband, und
beherrschte 'so den Kontinent. Eine Lage, die es
trefflich auszunutzen verstand, jederzeit bereit, un-
ser der Parole „Erhaltung des europäischen Gleich-
gewichts" derjenigen Macht »der Mächtegruppe
entgogenzutteren, die dieses Gleichgewicht zu stören
droht«.
Aber di« Entwicklung von Handel und Verkehr
machte nicht Halt vor den politischen, meist nach
Militärischen Gesichtspunkten gezogenen Landes-
grenzen. Die Entwicklung der Warenerzeugung
dränwe zu einem Zusammenschluß immer größerer
Wirtschaftsgebiete, führte zu einer Annäherung der
europäischen Festlandstaaten. Die spienckit iso'.stion,
die glänzende Isolierung Englands, drohte aus
einem Vorteil zu einer Gefahr für das Jnselreich
Zu werden. Bereits während des japanisch-chinesi-
schen Krieges 1894 fanden sich Deutschland, Frank-
reich und Rußland zu einem gemeinsamen Vor
gehen gegen Japan zusammen, das dadurch um dir
Früchte seines Sieges über China gebracht wurde.
Ein gleiches Schicksal drohte England während des
Bureukrieges, als Rußland im Februar 1900 den
Deutschen ein Bündnis anbot, um gemeinsam mit
den andern politischen Gegnern Englands dem bri
fischen Vorgehen in Südafrika entgegenzutreten.
Aber Deutschland lehnte ab.
Die englische Negierung erkannte frühzeitig die
äieshlhr. Schon im Sommer 1898 machte Chamber-
lein Deutschland den Antrag, unter Hinzuziehung
der Vereinigten Staaten ein pangermanischcS
Bündnis herzustcllen. Zwei Jahre später erfolgte
ein neues Bündnisangsbot, und Anfang 1901 ein
drittes, dieses Mal war Japan als Dritter im
Bunde vorgesehen. Alle drei Bündnisangebote
lvurden von Deutschland zurückgewiescn. Die Mög-
lichkeit, daß England auf -der andern Seit«, bei
Trankreich, Anschluß suchen könnte, wurde in Berlin
Aalt verlacht: War doch in Frankreich die Erin-
nerung an die Demütigung von Fafchoda unver-
gessen, wo man 1898 vor den Engländern in un-
rühmlichster Weise Kurückweichen mußte. Zudem
lvar 1902 nach der Verständigung der deutschen und
französischen Finanzleute auch eine diplomatische
Annäherung zwischen den beiden Ländern erfolgt.
Aber die englische Diplomatie machte das für un-
vrögljch Gehaltene möglich. Im Frühjahr 1903
erschien Eduard VII. in Paris, und am Tage nach
keiner Abreise trat die französische Finanzgruppe
Kon dem Bagdadbahnkonsorlium zurück, und das
deurfch-französische Syndikat war gesprengt. Ein
Bahr später war die Entente corckirfie zwischen Eng-
land und Frankreich geschlossen.
Diese Wendung englischer Politik - im 20.
Jahrhundert von der spienckif isolrtticm zur Untente
rvrckiale mutz -man sich vor Augen halten, wenn man
die Politik der englischen Regierung nach dem Welt-
krieg verstehen will. Wäre die englische Politik der
Gegenwart noch dieselbe wie im 19. oder in den
vorhergehenden Jahrhunderten, in denen sie stets
die führende Macht auf dem europäischen Kontinent
ookämpfte, so hätte sie längst den Franzosen auf das
entschiedenste «ntgegentreten müssen. Und diejeni-
gen, die die Wepdung der englischen Politik im 20.
Jahrhundert nicht erkannt und daher mit dem eng-
"'ch-sranzösischcn Gegensatz» oder gar mit einem
-»ruch der Entente gerechnet haben, sind immer und
nn>m«r wieder auf das schwerste enttäuscht worden;
v-e englische Regierung — ganz gleich, ob sie Lloyd
George oder Bonar Law heißt — hält an dem
^nndnis mit Frankreich fest. Mag die Poliik
^omcares den Engländern noch so unsympathisch,
lndeqnem, ja gefährlich erscheinen, alle Erklärun-
gen englischen Negierung, mehr noch ihr Vcr-
,5"cn, ihr Entgegenkommen gegenüber den fran-
mnschen Wünschen, z. B. im Ruhrgebiet, beweisen,
'o sehr man sich in London hütet, mit Frankreich
brechen.
s märe ein Irrtum, zu glauben, diese Politik
-- -diktiert von dem militärischen Uchcrgcwicht
Reichs. Schliesslich ist Frankreich selbst unter
„' gegenwärtigen Umstünden nicht so stark, rem
lass?"' Een Kampf gegen England anlommen
Äem können, und schließlich verfügt England
da, f "'r '"'er miittärische Waffen. Abcr selbst
vfir-,, wirtschaftlichen und sinanzicüen Drnck-
'-'n -ha, es — so weit -man das von hier ans
machen , da die Unruhe zu groß war. Nach-
dem er wieder abgestiegcn war, sah er, wie ein Mann
mit einer Latte in der Hand, die etwa X Meter lang
und 20 Millimeter im Quadrat hatte, vom linken
Flügel aus sich an der Wand aufstellte und ruhig
stehen blieb. Darauf beugte sich der Offizier zu dem
Laus des Maschinengewehrs und drückte denselben
etwas herunter. Anschließend hieran entstand wieder
eine Bewegung in der Menge, die die Wirkung hafte,
daß etwa 10 Mann der äußeren Flügel etwa einen-
halben Meter in den Toreingang vorgedrttckt wur-
den. Hierauf ließ der Offizier Feuer geben. Das
Betriebsratsmftglied Müller nahm zunächst an, daß
es sich um Schreckschüsse handele. Müller sah zu
den Franzosen hin und bemerkte, wie das Ma-
schinengewehr aufgerafst wurde. Außer den Ge-
töteten Zander und Göllmann lagen links und rechts
Menschen aufgeschichtet in etwa 5« Meter Höhe,
unter denen das Blut hervorquoll. Die Masse war
im Zurückweichen und befand sich in wilder Flucht
bereits hinter dem Haufen der Gefallenen. Die
Franzosen kamen jetzt in Schützenlinie stets feuernd
aus der Halle heraus und schossen in die fliehende
Menge. Auf der Straße stellten sie das Schießen eint
und zogen nach der Stadt ab. Die von den Fran-
zosen behauptete Provokation durch das Direktorium
von Krupp ist durchaus unzutreffend. Die Matz«
nähme der Arbeitsniederlegung und des HeulenS
der Sirenen sind von dem Direktorium und dem
Betriebsrat gemeinschaftlich veranlaßt worden und
hatten lediglich den Zweck einer friedlichen Demon-
stration. Die Direktoren tragen ebensowenig die
Schuld an dem Blutbad vom 31. März wie der Be-
triebsrat. Schuld trägt allein der französische
Militarismus.
Der Geldraub.
Berlin, 7. April. Die bisher von den Fran-
zosen geraubten Gelder betragen 27 Milliarden Mk.
Das ReichSbankdireftorium erklärt zu den französi-
schen Gcldräubereien: Alle Vorschläge, ein beson-
deres Ruhrgeld herauszugeben, sind undurch-
führbar. Jede besondere Kenntlichmachung von
Geldscheinen oder Geldsoricn diSgualifiziert die
ganze Geldsorte. Auch technisch ist ein besonderes
Nuhrgeld unmöglich. Die Franzosen erteilen übri-
gens für die geraubten Gelder Quittungen. Sie
machen sich mit ihnen für die Bcsatzungskoslen be-
zahlt. Man muß mil weiteren Räubereien rechnen.
beurteilen kann — wenig oder gar keinen Gebrauch
gemacht, um Frankreich den -englischen Wünschen
geneigt zu machen. Gewiß erkennt man auch in
London, daß sich die gegenwärtige franz. Politik
letzten Endes gegen England richtet. Aber viel-
leicht oder gar wahrscheinlich rechnet mau in London
damit, daß sich die französische Kriegsmaschine über
kurz oder lang scstjahren muß, daß die Politik
Poincares genau so über die Kraft des französi-
schen 40-Millionen-Volkes gehl, wie die Weltmacht-
politik der Hohenzollern Mer die Kraft des deut-
schen Volkes gegangen ist.
Natürlich bedeutet diese Haltung Englands
neu Freibrief für die französische Politik, etwa
ihn Wilhelm II. den Ocsterrcichern während
serbischen Konflikts 1914 ausgestellt Hatte. Sicher
hat auch das Festbalten an dem französischen
Bündnis für England eine Grenze. Abcr bisher
Hai sich weder die französische Oricntpolilik, noch die
Rnhrbesetzung als eine zu starke Belastung für die
Entente erwiesen.
Auch Deutschland, das mutz immer wieder aus-
gospröchen werden, hat kein Interesse, weder an
Beschlagnahme der
Holzbestände.
Karlsruhe, 8. April. Am Samstag erschie-
nen franz. Beauftragte bet der H afendirek-
tion Karlsruhe und bei den deutschen Unter-
delegierten der interalliierten Schiffayrtskommifsion
in Mannheim und erklärten, daß sämtliche
Holzbestände in den Häfen Karlsruhe und
Mannheim beschlagnahmt seien.
Ruhr.
Die Trauerfeier für die Essener Opfer
Berlin, 8. April. Die T.U. meldet: In der
Morgenstunde, in oer am Dienstag die Arbeiter
und Angestellten, die in Essen französischen Geschossen
zum Opfer sielen, zur letzten Ruhe bestattet werden,
findet im Reichstag eine Trauerfeier
statt, bei der der Reichskanzler die Gedächtnisrede
halten wird. An der Feier werden Vertreter sämt-
licher Gewerkschaften und Beamtenverbünde, Ver-
treter der. Länder, der Kirchen, der Parlamente und
der Behörden teitnehmen. Die Feier beginnt pünkt-
lich vormittags 10 Uhr. Aus Anlaß der Beisetzung
werden am Dienstag zum Zeichen der Trauer im
ganzen Reich die Glycken läuten. Die Beerdigung
findet in Essen vormittags neun Uhr statt. Am
Dienstag wird in Essen zum Zeichen der Trauer die
Arbeit eingestellt. Sämtliche Geschäfte und Ver-
gnügungsstätten bleiben geschlossen. Die Wirtschaf-
ten werden ihren Betrieb erst abends acht Uhr auf-
nehmen.
Der Hergang des Essener Blutbads.
Berlin, 8. April. Die Aussagen, die die Mit-
glieder des Kruppschen Betriebsrates,
Kühnen (Angeftelltenrat), Müller (Arbeiierrat)
und Schlüter (Arbeiterrat) den Berliner zustän-
digen Stellen über das Essener Bliftbad gemacht
haben, sind in einem Protokoll fcstgelegt worden:
Die Betriebsratsmitglieder schildern in diesem
Protokoll, Wie sie ihr möglichstes getan haben, nm
einen Zusammenstoß zu verhindern und
erklären u. a.: Die steigende Unruhe der Massen ver-
anlaßte das Betriebsratsmftglied Müller, nochmals
kurz vor 11 Uhr zu dem Offizier zu gehen. Er bat
ihn dringend, abzuziehen. Der Offizier lehnte
das ab und betonte nochmals, daß er, wenn die
Massen den Eingang der Hallen überschreiten Wür-
den, Feuer gebe. Müller stieg auf den Rücken eines
Arbeiters und versuchte den Anwesenden den Ernst
der Snuyfion und die Worie deS Offiziers kiarzu
legen. Er konnte sich jedoch kaum verständlich > r e g t c r u n g zu tun gedenkt, um die Probelsiion
Loucheur wieder in Paris.
Parts, 7. April. Loucheur ist gestern abend
hier eingelroffen. Ein amtliches Communigue be-
sagt: Herr Miller and hat gestern den „Abge-
ordneten und früheren Minister" Loucheur em-
pfangen.
Paris, 8. Avril. Loucheur wurde gestern
von Poincare empfangen, um, wie es in einer
offiziellen Mitteilung Heißt, üb,er seine Eindrücke in
London Bericht zu erstatten. Nach der Zusammen-
kunft mit Poincare hat Loucheur Pressevertretern
eine Erklärung zur Verfügung gestellt, worin es
heißt: „Ich bin ohne jeden Auftrag der
Regierung nach England gegangen. Ich bin davon
überzeugt, daß eine Einigung über die Re-
parationen und Wer die Sicherheitsfrage mög-
lich ist, die nicht von den berechtigten Interessen
Frankreichs «nd seiner «Endeten Opfer fordert. M „h r"Hs "z«'r'd"ö7k i g7n^iw^ der^Re^
TrSflcrlohnMk.SE.—. Anzeiflcn»
torlse: Die einspaltige Petit,eile
"der deren Raum <3-> nun breit)
Mk.zzo.—. RcHan>ean,eigcn<74rnm
brett)Mi. kgü.—. BciWiedcrhoiun»
SenRachlah n. Tarif. Echcimmiliel»
"b,eigen finden icine Aufnahme.
Volkszeitung
KetthSttsktnndenS—fttthr. Sprech«
stunden der Redaltion: II—li! Uhr.
ij oftichectlonto Karlsruhe Nr.r2S77,
Tel.-Adr.: VoUszciiung.Heidelberg.
Truck u. Perlag der Unterbadifchci»
Werlagsannalr iS. in. b. H.. Heidel»
berg. Ecichäslsstclie: Lchröderslr.bg.
Tel.: iirpcdlllvurveb u. Redak.gÜ7S.
TEks-Zeirung R dke lverMgeDküglkermg der SlniMzlrke ßeldklberg. MkeZIO. kimheim. Evviüges, MrM. MZöM. VWeii. MeWeim, DsrSerg. TauherNAssWlN ll. WertheM
6. Jahrgang
IR!I I 1 -UMMSANM«»
Heidelberg, Montag, den 9. April 1923
Nr. 82
VS
WMWMk BklWIWg
rationsschuld bleiben. Das ist das Prinzip, das
PotncarS immer, besonders vor der Kammerkoin-
mission für äußere Angelegenheiten, aufgestellt lutt.
Von diesem Persönlichen Eindruck habe ich Potn-
carö in Kenntnis gesetzt. Ich bemerke weiter, daß
nach meinem Eindruck alle Welt zu verstehen scheint,
daß Frankreich und Belgien fest ent-
schlossen sind, die von ihnen unternommenen
Operationen „bis zum Ende durchzuführen". Ich
hoffe, daß es mit gelungen ist, gewisse Bedenken zu
zerstreuen, die in England gegen die Pläne Frank-:
reichs und seiner Negierung bestehen."
kei-
wie
des
einem Bruch zwischen England und Frankreichs noch
an einem Krieg zwischen den beiden Ländern. Denn
das eine hat uns der Weltkrieg mit seiner Blut-
untz Flammen sehr ist gezeigt: daß der moderne
Krieg für die Völler — eine kleine Schicht von Ossi-
zieren und Kriegsgewinnlern ausgenommen — nur
Not und Tod, Schmerz, Hunger und Elend bringt.
Das gilt sowohl für die Sieger wie für die Besieg-
ten, für die Beteiligten Ivie für die Unbeteiligten,
die Neutralen.
Die englische Nogierung sucht daher in dem
Ausbau des Völkerbundes einen Weg zu finden,
der England von den Fesseln des sranzöpsa-m
Bündnisses lösen könnte, ohne daß es zu einem
Bruch mit Frankreich und zu einem neuen Krieg
kommt. Ein Bestreben, das wir Sozialdemokraten
mir unterstützen können. Wobei wir uns natürlich
durch die Taten des bestehenden Völkerbundes nicht
abschrecken lassen dürfen, einen wirklichen Völker-
bund zu schassen, d. h. einen Bund der Völker —
nicht der Staaten, der Regierungen —, der die ihm
gestellte Ausgabe lösen und künftige Kriege ver-
hindern kann.
1. Die französische Negierung bleibt entschlos-
sen, die Zahlung der Reparationen in dem Um-
fange, wie Poincare es vor der Interalliierten
Konferenz in London im Dezember vorge-
schlagen hat, zu verlangen. Am S. Dezember hat
Poincarö daran erinnert, daß Frankreich mehr
als 90 Milliarden Frauken ausgegeben hat, daß
diese Zahl 100 Milliarden am Ende des Jahres
überschreiten werde und daß die Ausgaben seitdem
natürlich noch angowachsen sind. Am selben Tage
hat PoincarS weiter erklärt, daß die deutsche
Schuld nur durch K oMp e n sa ti o n en
herab gesetzt werden könnte. ES kann sich nicht
darum handeln, Deutschland ein Geschenk zu ma-
chen. Wenn eine Einschränkung der Schuld vor-
genommen werden solle, so müßte dies die Folge
einer Kompensation sein.
2. Die französischen Truppen werden an der
Das Ergebnis der Reise.
Verständigung Frankreichs mit England.
Paris, 8. April. Die Besprechung LoucheurS
in London scheint die Beziehungen zwischen Frank-
reich und England wieder enger geknüpft zu haben.
Tatsache ist, fo meldet der Pariser L. St.-Ver-
treter der „Frkf. Ztg.", daß die privaten Besprechun-
gen des Herrn Loucheur eine offizielle Fortsetzung
haben werden in direkten Verhandlungen von Regie-
rung zu Regierung, die keineswegs auf London und
Paris beschränkt bleiben sollen und von denen man
hier nicht mehr und nicht weniger als die Wieder -
herstellungeinerallitertenEinhettS-
front gegenüber Deutschland, wie sic vor dem fran-
zösisch belgischen Einmarsch in das Ruhrgebiet be-
standen hat, erhofft.
Von den militärischen Sicherheiten ist
keine Rede mehr, dagegen scheinen wir vor einer
Verständigung zwischen Frankreich und England Uber
die finanziellen Forderungen an Deutschland
zu stehen.
London, 7. Avril. Englische Beobachter stel-
len fest, daß Loucheur unverändert an einer rela-
tiv gemäßigten Auffassung bezüglich der deutschen
Zahlungsfähigkeit sesthalte. Anderseits ergaben nach
einer telegraphischen Meldung der „Frkf. Zt." die
Gespräche mit Loucheur offenbar, daß die Forderung
auf Schaffung einer rheinischen Republik
innerhalb des Deutschen Reiches, aber losgelöst von
Preußen, als unerläßlich bezeichnet wird. Für die
deutsche Politik ist beachtenswert^— diese Mahnung
richtet der R. K.-Korrespondent der „Frkf. Zig." an
die deutsche Reichsrcgierung — daß offizielle deutsche
Aeußcrungen und Vorschläge nur nützlich sind, wenn
Ne erfolgen, bevor England und Frankreich endgültig
auf eine gemeinsame Linie gelangt sind, was,
wie die Aktion Louchcurs beweist, angestrebt wird.
Paris, 8. April. Der rheinische Separatisten-
führer Dr. D ort en weilt, wie die Zeitungen erst
beute Mitteilen, sei, Donnerstag in Paris, nm mit
der französischen Negierung über sein politisches
Programm zu sprechen. Er wird sich zu dem gleichen
Zweck nach London begeben.
Die Lage im Reich.
Zur Verhaftung v. Puttkamers.
Der „Vorwärts" wendet sich in scharttr Weise
gegen die im Zusammenhang mit der Mordassare
Ba u r ersolgie Verhaftung v. P u l l k a u> e i s durch
die Münchener Polizei, indem er schreibt: Die Er-
zählung, dcn, der liuksdemokrafische Schriftsteller v.
Puttkamer, der etwa 1-1 Tage lang veNrenniasweisc
auch dem „Vorwärts" telephonische Berichte gab, den
Studenten Baur zu seinem MordMa» ia» Scheide-
manu) angcslislel oder eriuunlerl haben soll ist so
w 1 d c.r s i n n i g, daß sie nur in einem bayerischen
Polizeigehirn Glauben zu finde» vermag. Der Po-
lizeibericht hat keinerlei Grund für die Verhaftung
anzugebcn, es fei denn die eine Tatsache, daß
Puttkamer ein sehr intimer Ken n e r des Netzes
von Verschwörungen war. und diese Kennn-is in!
dankenswer'er Weite der den fieber, Oeft 'Uchkcit
Ntiigelktll bül. Die Flage iß d» R mchs«
Für die Ermordung des französischen Soldaten
Schmidt, der am 18. März in einem Keller des Esse-
ner Haup'bghnhoss erschossen wurde, wurde der
Stadt Essen eine Geldbuße von 105 Millionen Mark
auferlcgt.
Die Verhandlungen gegen die verhafte en klrupp-
direktorcn finden erst im Lause der nächst: - Woche
statt.
Der Bahnhof von Sahn auf dem rccb'cu Nbein-
ufer wurde von den Franzosen besetzt. Durch vieien
Bahnhof soll bisher der Schmuggelverlehr bewerk-
stelligt worden sein.
Auf der Straße nach Dortmund wurde der Tete«
graphcndratzt zerschnitten. Die Franzoicn mnnttig-
len deshalb den verschärften Bclagetn»g";nsta»d.
Auch aus Brakel werden Zcrstörnnmr du ttele«
phönleilungen gemeldet. Auch der T> ?-rtten«
kirchen Berlin ist seit gestern gestört.
Die Franzosen haben die Bah n - S , < Hcrue,
Herne-Güterbahnhof, Merten und l'astrep. Mart«
linde und den östlichen Teil des Ba-bno-r-: Watin«
besetzt, sodaß der Personenverkehr von Donmnnp
nur bis Rauxel geleitet werden wird. Gmern stutz
die Anlagen der Zeche Waltrop besetz' und fishei
nicht wieder geräumt worden. Auch die Zeckiei)
Schwerin und Erin in Castros) wurden besetzt. Ans
der Zeche Schwer!» wurde das MafcbinenvanS be-
setzt und die Sirenen abgestelll.
Französische Forderungen.
Paris, 8. April. Der „Temps" ncniri als
Hauptvedingung der frauzSstschen RepaiationS-
Politik:
Dis Wendung
der englischen Politik.
Von Kurt Heilbut.
In jahrhundertelangem Kampf gegen die je-
weils stärtsie europäische Macht hat England seine
europäische- Vormachtstellung- gewonnen, Hai cs
nacheinander Spanien, Holland und Frankreich
niedergerungcn und im letzten Jahrhundert die
russischen Weltmachtspläne durchkreuzt. Wobei es
stets geschickt verstand, diese Kämpfe mit Hilfe an-
drer Staaten zu führen oder von andern Staaten
führen zu lassen. (Den einzigen Krieg, -den Eng-
land allein führte — nämlich gegen die Vereinig-
ten Staaten — hat cs verloren!) Seit dPN letzten
Drittel -des vorigen Jahrhunderts war England in
einer einzigartigen Lage: ohne sich nach irgend
einer Seite zu binden, ohne zu den riesigen Rü-
stungen gezwungen zu sein wie die Festlandstaaten,
bildete es das Zünglein an der Wage zwischen den
beiden europäischen Mächtegruppen, dein Dreibund
und dem -französisch-russischen Zweiverband, und
beherrschte 'so den Kontinent. Eine Lage, die es
trefflich auszunutzen verstand, jederzeit bereit, un-
ser der Parole „Erhaltung des europäischen Gleich-
gewichts" derjenigen Macht »der Mächtegruppe
entgogenzutteren, die dieses Gleichgewicht zu stören
droht«.
Aber di« Entwicklung von Handel und Verkehr
machte nicht Halt vor den politischen, meist nach
Militärischen Gesichtspunkten gezogenen Landes-
grenzen. Die Entwicklung der Warenerzeugung
dränwe zu einem Zusammenschluß immer größerer
Wirtschaftsgebiete, führte zu einer Annäherung der
europäischen Festlandstaaten. Die spienckit iso'.stion,
die glänzende Isolierung Englands, drohte aus
einem Vorteil zu einer Gefahr für das Jnselreich
Zu werden. Bereits während des japanisch-chinesi-
schen Krieges 1894 fanden sich Deutschland, Frank-
reich und Rußland zu einem gemeinsamen Vor
gehen gegen Japan zusammen, das dadurch um dir
Früchte seines Sieges über China gebracht wurde.
Ein gleiches Schicksal drohte England während des
Bureukrieges, als Rußland im Februar 1900 den
Deutschen ein Bündnis anbot, um gemeinsam mit
den andern politischen Gegnern Englands dem bri
fischen Vorgehen in Südafrika entgegenzutreten.
Aber Deutschland lehnte ab.
Die englische Negierung erkannte frühzeitig die
äieshlhr. Schon im Sommer 1898 machte Chamber-
lein Deutschland den Antrag, unter Hinzuziehung
der Vereinigten Staaten ein pangermanischcS
Bündnis herzustcllen. Zwei Jahre später erfolgte
ein neues Bündnisangsbot, und Anfang 1901 ein
drittes, dieses Mal war Japan als Dritter im
Bunde vorgesehen. Alle drei Bündnisangebote
lvurden von Deutschland zurückgewiescn. Die Mög-
lichkeit, daß England auf -der andern Seit«, bei
Trankreich, Anschluß suchen könnte, wurde in Berlin
Aalt verlacht: War doch in Frankreich die Erin-
nerung an die Demütigung von Fafchoda unver-
gessen, wo man 1898 vor den Engländern in un-
rühmlichster Weise Kurückweichen mußte. Zudem
lvar 1902 nach der Verständigung der deutschen und
französischen Finanzleute auch eine diplomatische
Annäherung zwischen den beiden Ländern erfolgt.
Aber die englische Diplomatie machte das für un-
vrögljch Gehaltene möglich. Im Frühjahr 1903
erschien Eduard VII. in Paris, und am Tage nach
keiner Abreise trat die französische Finanzgruppe
Kon dem Bagdadbahnkonsorlium zurück, und das
deurfch-französische Syndikat war gesprengt. Ein
Bahr später war die Entente corckirfie zwischen Eng-
land und Frankreich geschlossen.
Diese Wendung englischer Politik - im 20.
Jahrhundert von der spienckif isolrtticm zur Untente
rvrckiale mutz -man sich vor Augen halten, wenn man
die Politik der englischen Regierung nach dem Welt-
krieg verstehen will. Wäre die englische Politik der
Gegenwart noch dieselbe wie im 19. oder in den
vorhergehenden Jahrhunderten, in denen sie stets
die führende Macht auf dem europäischen Kontinent
ookämpfte, so hätte sie längst den Franzosen auf das
entschiedenste «ntgegentreten müssen. Und diejeni-
gen, die die Wepdung der englischen Politik im 20.
Jahrhundert nicht erkannt und daher mit dem eng-
"'ch-sranzösischcn Gegensatz» oder gar mit einem
-»ruch der Entente gerechnet haben, sind immer und
nn>m«r wieder auf das schwerste enttäuscht worden;
v-e englische Regierung — ganz gleich, ob sie Lloyd
George oder Bonar Law heißt — hält an dem
^nndnis mit Frankreich fest. Mag die Poliik
^omcares den Engländern noch so unsympathisch,
lndeqnem, ja gefährlich erscheinen, alle Erklärun-
gen englischen Negierung, mehr noch ihr Vcr-
,5"cn, ihr Entgegenkommen gegenüber den fran-
mnschen Wünschen, z. B. im Ruhrgebiet, beweisen,
'o sehr man sich in London hütet, mit Frankreich
brechen.
s märe ein Irrtum, zu glauben, diese Politik
-- -diktiert von dem militärischen Uchcrgcwicht
Reichs. Schliesslich ist Frankreich selbst unter
„' gegenwärtigen Umstünden nicht so stark, rem
lass?"' Een Kampf gegen England anlommen
Äem können, und schließlich verfügt England
da, f "'r '"'er miittärische Waffen. Abcr selbst
vfir-,, wirtschaftlichen und sinanzicüen Drnck-
'-'n -ha, es — so weit -man das von hier ans
machen , da die Unruhe zu groß war. Nach-
dem er wieder abgestiegcn war, sah er, wie ein Mann
mit einer Latte in der Hand, die etwa X Meter lang
und 20 Millimeter im Quadrat hatte, vom linken
Flügel aus sich an der Wand aufstellte und ruhig
stehen blieb. Darauf beugte sich der Offizier zu dem
Laus des Maschinengewehrs und drückte denselben
etwas herunter. Anschließend hieran entstand wieder
eine Bewegung in der Menge, die die Wirkung hafte,
daß etwa 10 Mann der äußeren Flügel etwa einen-
halben Meter in den Toreingang vorgedrttckt wur-
den. Hierauf ließ der Offizier Feuer geben. Das
Betriebsratsmftglied Müller nahm zunächst an, daß
es sich um Schreckschüsse handele. Müller sah zu
den Franzosen hin und bemerkte, wie das Ma-
schinengewehr aufgerafst wurde. Außer den Ge-
töteten Zander und Göllmann lagen links und rechts
Menschen aufgeschichtet in etwa 5« Meter Höhe,
unter denen das Blut hervorquoll. Die Masse war
im Zurückweichen und befand sich in wilder Flucht
bereits hinter dem Haufen der Gefallenen. Die
Franzosen kamen jetzt in Schützenlinie stets feuernd
aus der Halle heraus und schossen in die fliehende
Menge. Auf der Straße stellten sie das Schießen eint
und zogen nach der Stadt ab. Die von den Fran-
zosen behauptete Provokation durch das Direktorium
von Krupp ist durchaus unzutreffend. Die Matz«
nähme der Arbeitsniederlegung und des HeulenS
der Sirenen sind von dem Direktorium und dem
Betriebsrat gemeinschaftlich veranlaßt worden und
hatten lediglich den Zweck einer friedlichen Demon-
stration. Die Direktoren tragen ebensowenig die
Schuld an dem Blutbad vom 31. März wie der Be-
triebsrat. Schuld trägt allein der französische
Militarismus.
Der Geldraub.
Berlin, 7. April. Die bisher von den Fran-
zosen geraubten Gelder betragen 27 Milliarden Mk.
Das ReichSbankdireftorium erklärt zu den französi-
schen Gcldräubereien: Alle Vorschläge, ein beson-
deres Ruhrgeld herauszugeben, sind undurch-
führbar. Jede besondere Kenntlichmachung von
Geldscheinen oder Geldsoricn diSgualifiziert die
ganze Geldsorte. Auch technisch ist ein besonderes
Nuhrgeld unmöglich. Die Franzosen erteilen übri-
gens für die geraubten Gelder Quittungen. Sie
machen sich mit ihnen für die Bcsatzungskoslen be-
zahlt. Man muß mil weiteren Räubereien rechnen.
beurteilen kann — wenig oder gar keinen Gebrauch
gemacht, um Frankreich den -englischen Wünschen
geneigt zu machen. Gewiß erkennt man auch in
London, daß sich die gegenwärtige franz. Politik
letzten Endes gegen England richtet. Aber viel-
leicht oder gar wahrscheinlich rechnet mau in London
damit, daß sich die französische Kriegsmaschine über
kurz oder lang scstjahren muß, daß die Politik
Poincares genau so über die Kraft des französi-
schen 40-Millionen-Volkes gehl, wie die Weltmacht-
politik der Hohenzollern Mer die Kraft des deut-
schen Volkes gegangen ist.
Natürlich bedeutet diese Haltung Englands
neu Freibrief für die französische Politik, etwa
ihn Wilhelm II. den Ocsterrcichern während
serbischen Konflikts 1914 ausgestellt Hatte. Sicher
hat auch das Festbalten an dem französischen
Bündnis für England eine Grenze. Abcr bisher
Hai sich weder die französische Oricntpolilik, noch die
Rnhrbesetzung als eine zu starke Belastung für die
Entente erwiesen.
Auch Deutschland, das mutz immer wieder aus-
gospröchen werden, hat kein Interesse, weder an
Beschlagnahme der
Holzbestände.
Karlsruhe, 8. April. Am Samstag erschie-
nen franz. Beauftragte bet der H afendirek-
tion Karlsruhe und bei den deutschen Unter-
delegierten der interalliierten Schiffayrtskommifsion
in Mannheim und erklärten, daß sämtliche
Holzbestände in den Häfen Karlsruhe und
Mannheim beschlagnahmt seien.
Ruhr.
Die Trauerfeier für die Essener Opfer
Berlin, 8. April. Die T.U. meldet: In der
Morgenstunde, in oer am Dienstag die Arbeiter
und Angestellten, die in Essen französischen Geschossen
zum Opfer sielen, zur letzten Ruhe bestattet werden,
findet im Reichstag eine Trauerfeier
statt, bei der der Reichskanzler die Gedächtnisrede
halten wird. An der Feier werden Vertreter sämt-
licher Gewerkschaften und Beamtenverbünde, Ver-
treter der. Länder, der Kirchen, der Parlamente und
der Behörden teitnehmen. Die Feier beginnt pünkt-
lich vormittags 10 Uhr. Aus Anlaß der Beisetzung
werden am Dienstag zum Zeichen der Trauer im
ganzen Reich die Glycken läuten. Die Beerdigung
findet in Essen vormittags neun Uhr statt. Am
Dienstag wird in Essen zum Zeichen der Trauer die
Arbeit eingestellt. Sämtliche Geschäfte und Ver-
gnügungsstätten bleiben geschlossen. Die Wirtschaf-
ten werden ihren Betrieb erst abends acht Uhr auf-
nehmen.
Der Hergang des Essener Blutbads.
Berlin, 8. April. Die Aussagen, die die Mit-
glieder des Kruppschen Betriebsrates,
Kühnen (Angeftelltenrat), Müller (Arbeiierrat)
und Schlüter (Arbeiterrat) den Berliner zustän-
digen Stellen über das Essener Bliftbad gemacht
haben, sind in einem Protokoll fcstgelegt worden:
Die Betriebsratsmitglieder schildern in diesem
Protokoll, Wie sie ihr möglichstes getan haben, nm
einen Zusammenstoß zu verhindern und
erklären u. a.: Die steigende Unruhe der Massen ver-
anlaßte das Betriebsratsmftglied Müller, nochmals
kurz vor 11 Uhr zu dem Offizier zu gehen. Er bat
ihn dringend, abzuziehen. Der Offizier lehnte
das ab und betonte nochmals, daß er, wenn die
Massen den Eingang der Hallen überschreiten Wür-
den, Feuer gebe. Müller stieg auf den Rücken eines
Arbeiters und versuchte den Anwesenden den Ernst
der Snuyfion und die Worie deS Offiziers kiarzu
legen. Er konnte sich jedoch kaum verständlich > r e g t c r u n g zu tun gedenkt, um die Probelsiion
Loucheur wieder in Paris.
Parts, 7. April. Loucheur ist gestern abend
hier eingelroffen. Ein amtliches Communigue be-
sagt: Herr Miller and hat gestern den „Abge-
ordneten und früheren Minister" Loucheur em-
pfangen.
Paris, 8. Avril. Loucheur wurde gestern
von Poincare empfangen, um, wie es in einer
offiziellen Mitteilung Heißt, üb,er seine Eindrücke in
London Bericht zu erstatten. Nach der Zusammen-
kunft mit Poincare hat Loucheur Pressevertretern
eine Erklärung zur Verfügung gestellt, worin es
heißt: „Ich bin ohne jeden Auftrag der
Regierung nach England gegangen. Ich bin davon
überzeugt, daß eine Einigung über die Re-
parationen und Wer die Sicherheitsfrage mög-
lich ist, die nicht von den berechtigten Interessen
Frankreichs «nd seiner «Endeten Opfer fordert. M „h r"Hs "z«'r'd"ö7k i g7n^iw^ der^Re^