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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 71 - Nr. 80 (24. März - 6. April)
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A°;uskpre?s: Monatlich einschlietzt.
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rMs-Zelmg für dke WerUMeVevSlkermg der Amtsbezirke Melbers. MesW, Sinsheim. Envingen. TberbE MsbaS. Buchen. Adelsheim. Dorberg. rauberSischossheim o. Wertheim

ö. Jahrgang

Heidelberg, Mittwoch, den 28. März 1923

Nr. 74

MWMWMUWN
Mau schreibt uns:
Die Reichsregierung lieh vor einiger Zeit dem
Reichstag einen Gesetzentwurf zugehen, dessen Zweck
es ist, die Lasten zu vermindern, die dem Reich aus
der im Fricdensvertrag sestgelegten Pflicht entsprin-
gen, die durch kriegerische Maßnahmen im Ausland
geschädigten Deutschen zu entschädigen. Der Ent-
wurf zerfällt in zwei Teile: ein Liqufdationsschüden-
«esetz und ein Gesetz zur Abänderung des Reichs-
ausglcichsgesetzcs. Die Maßnahmen' zur Herab-
setzung der Reichscntschädigungspslicht den genann-
ten Personett gegenüber ergeben sich aus der Unmög-
slchkeit, bei dem jetzigen Slande der Reichssinanzen
die bisherige Gesetzgebung über die Entschädigung
und über das Ausgleichsverfahren ausrechtzuerhal-
<cn. Es mutz füglich bezweifelt werden, ob die in
dem Entwurf vorgesehenen Bestimmungen genügen,
um das Reich in nennenswertem Matze zu entlasten.
Daneben würde es in der Praxis eine höchst unso-
ziale und gerechte Wirkung ausüben, wenn es nicht
'» wichtigen Teilen geändert wird.
Der Entwurf steht im wesentlichen als Entschä-
digung für den durch Liquidation eingetretenen Ver-
lust das Sechsfache des Friede,rswertes vor. Dazu
Wannen, wenn der Geschädigte durch die Liquida-
>ion seine wirtschaftliche Lebensgrundlage verloren
dar (Entwurzelung), Zuschüsse, die.das Sechsfache
des FriedcMwertes betragen, die sich aber nach
Maßgabe des Wiederaufbaues der Existenz bis aus
das Uchzehnfache crböben können. Auf Grund des
Ausgleichsverfahrens übernimmt das Reich die in-
folge der kriegerischen Maßnahmen nicht beglichenen
Schulde» Deutscher im Ausland unter Ausschluß
gewisser Fälle. Nach dem Entwurf zur Abänderung
des Reichsausgleichsgesctzcs hat die Rückzahlung
des Schuldners an das Reich in Reichswährung un-
ter Anwenduug der Währung ihres Nennbetrages
Lum sechsfachen VorkricgSkurs zu erfolgen. Derselbe
Satz wird vom Reiche bei Auszahlung von Forde-
rungen, die deutsche Gläubiger im Ausland aus-
-tehen haben, eingesetzt.
So weit der Entwurf. Zu welchen Konse-
'lnenz^, xr fährt, sei »ach dem „Vorwärts" an eini-
ge» Beispielen aus der Praxis dargestellt, bei denen
v'me Einsetzung der Zinsen das Pfund Sterling -----
UlO Wg Mark gesetzt Wirtz:
«
Ein Fabrikant hat vor Kriegsausbruch
eine Maschine aus England bezogen und ist den
Kaufpreis von 10000 Pfund Sterling infolge des
inzwischen eingetretenen Kriegszustandes schul-
dig geblieben. Er hat während und nach dem
Kriege mittels dieser Maschine enorme Gewinne
gemacht. Nun soll er -— wie es der Friedeusver-
wag vo> schreibt, durch Vermittlung der Ans-
klleichsämter — bezahlen. Nach dem obigen Ge-
setzentwurf entledigt er sich seiner Schuld, indem
'r an das Reich den sechsfachen Vorkriegskurs
zahlt, also 1200 000 Papiermark. Das Rcichs-
«usglcichsamt aber schreibt dem britischen Amte
ist OVO Pfund Sterling gut: das Reich trägt also
die Differenz zwischen 1200 000 Papiermark und
ist 000 Pfund Sterling, mit anderen Worten: das
Reich macht dem Fabrikanten aus Reichsmitteln,
d. b. aus Kosten der Steuerzahler, ein Geschenk
von neunhuitdermndachtnndnennzig Millionen
achlhundertausend Mark.
Ein Importeur hat unter Benutzung des
ibm von einem Londoner Bantbaus eingeräum-
ien Akzeptkredits für 5>0 OOO'Psunv Sterling Kaf-
fee gekauft. Der Kaffe schwamm auf hoher See
als der Krieg ausbrach. Das Schiff erreichte
glücklich einen neutralen Hafen, sagen wir Rotter-
dam, wo der Importeur den Kaffee verkaufte und
den Erlös in holländischen Gulden stehen ließ. Er
zahlt nunmehr an das Reich 6 Millionen Papier-
Mark, während dieser wieder den Unterschied zwi-
schen Papier- und Valutabctrag übernimmt. Das
Reich macht also in diesem Falle dein Importeur
aus Reichsmitteln ein Geschenk von fünf Milliar-
de» ncuichun'oertvierundneunzig Millionen Mark.
Die Frau eines sehr reichen Bankiers
Wust kurz vor Kriegsbeginn in Paris einen
Drilla „ tschmuck für 100 000 Frank: Zahlung
Unterbleibt infolge Kriegsausbruchs. Der Ban-
ker, besten Frau den Schmuck heute noch besitzt,
Lahlt dafür an das Reich 480 000 Papiermark,
während das Reich dem französischen Amte
sststOsto Front gutschreibt. Das Reich mach, also
d-m Bankier ein Geschenk vsn zirka einhundert-
dreißig Millionen Mark.
Die Frau eines der größten Grundbesitzer und
lrich stxg Männer Deutschlands hatte bei
Kriegsausbruch in London unbezahlte Toilet-
enschuldcnin Höhe von 10 i)00 Pfund Ster-
mg. Der Gesetzentwurf schreibt vor, das; sich das
!"etch 1200 000 Papiermark zahlen läßt, während
le deutschen Steuerzahler für diese arme Frau,
, r überdies uoch geborene Engländerin ist, den
»terschted zwischen dem Papier-- und Valutabe-
l'lll ausbringen dürfen!
Ein Bankier hat vor dem Krieg an der Pa-
ven Vörse spekuliert; infolge der Spekulattous-
zluste wkes sein Kontokorrent mit seiner Pariser I
Mk Kriegsausbruch ein Debet von 200 000'

Frank auf. Er zahlt jetzt an das Reich 960 000
Papiermark, dieses übernimmt die Differenz zwi-
schen Papier- sind Valutabetrag und macht dem
Bankier ein Geschenk von rund zweihundert sechzig
Millionen Mart.
Ein Kriegsgefangener war in der Schweiz ge-
zwungen, zur Wiederherstellung seiner im Kriege
zerrütteten Gesundheit ein Darlehen von 500
Frank aufzunehmen. Er steht sich immer weniger
imstande, diese Schuld abzutragen, die heute einen
Betrag von 214 Millionen Mark ausmacht und
seine wirtschaftliche Existenz zu zerstören droht.
Das Reich muß die Hilfe ablehnem weil es
nach dem Reichsausgleichgesetz und dem den»
Reichstag vorliegenden Aenderungsentwurf für
derartige Schulden nicht auskommt.
Eine b e ta g te Le h re r i n, die lange Jahre
in England gelebt hatte, hat sich mit ihrem sauer
verdienten Geld ein Sparkassenguthaben
in Höhe von 150 Pfund Sterling erworben. Das
Reich bekommt diesen Betrag vorn englischen
Amte gutgeschrieben und zahlt nach dem Gesetz-
entwurf der Lehrerin 18 000 Papiermark; den Rest
von einer Million eiuhunderzweiunddreitzig
Mark behält es, um damit die Schulden der
weiter oben genannten Interessenten zu tilgen.

Berlin, 27. März.
Die Sitzung des A u s w ä r t i g e n A u s s ch u s -
ses des Reichstags, die beute mittag vom Retchs-
mlnister des Auswärtigen, Dr. v. R o s e nb e r g, er-
öffnet wurde, dauerte bis nachmittags 1 Uhr.
Nach dem sozialdemokratischen Abg. Müller-
Franken sprachen noch die Abgg. Dr. Helfferich
(D.N.), Dr. Spahn (Ztr.), Dr. Stresemann
(D.VP.k, Gothein (Dem.), Könen (Komm.) und
Dr. Brettscheid (Soz.).
In der Sitzung, so erklärt der vorliegende amt-
lich e B e rch t, wies der Reichsminffter des Aeuße-
reu, Dr. v. Rosenberg, an Hand der amtlichen
Dokumente nach, daß die deutschen Vertreter kn Paris
ermächtigt und gerüstet waren, den deutschen
Reparativ usplan der dort vom 2. bis 5. Ja-
nuar tagenden Konferenz der Ministerpräsidenten
schriftlich vorzulegen und mündlich zu erläutern und
ibn für den Fall, das; ein mündliches Gehör nicht
gewährt werde, der Konferenz auch nur auf schrift-
lichem Wege zu übermitteln.
Auf die Frage, wie sich die Reichsregierung zu
dem Vorschlag des Staatssekretärs Hughes stelle,
den dieser in seiner Rede in der Historischen Gesell-
schaft in Newhavc n am 29. Dez. entwickelte, ant-
wortete der Reichsminister, die deutsche Regierung
halte den von Hughes gewiesenen Wegfürga nü-
tz ar. Stach Ansicht der Regierung sollte die von
Hughes Vorgeschlagerve i n 1 er n a t i o na l e Kom-
in i s s i o n möglichst bald zusmnmentreten und fol-
gende Fragen beantworten:
1. Was h a t Deutschland bisher geleistet: 2. Was
kann und soll Deutschland gerechterweise uoch lei-
sten? 3. Alts wclcheWeise können die Leistungen
bewerkstelligt werden?
Werde dieser oder ein ähnlicher Weg beschritten,
so wäre die ReichSregierung bereit, an den inter-
nationalen Kapitalmarkt wegen Bewilligung
einer möglichst großen Anleihe heranzuireten, die
von Deutschland mit jeder von dem Anleihekou-
sortium als nötig bezeichneten Sicherheit aus-
zustatten und an Frankreich oder die Alliierten als
sofortiger barer Vorschuß zu behändigen sein
würde. Die deutsche Regierung habe im Laufe der
diplomatischen Konversationen die wichtigsten
der an Eurofurs Schicksal interessierten, aber
nicht unmittelbar am R u h r - K o n f l ikt beteiligten
Mächte, ohne Anträge zu stellen oder Wünsche zu
äußern, von dieser Anschauung in Kenntnis ge-
setzt, habe sie aber gleichzeitig auf die Schwie-
rigkeit des Problems biugewiesen, wie Derttsch-
laud Sicherheit dafür verschafft werden könnte,
daß die über den Vertrag von Versailles hinaus
besetzten Gebiete geräumt und vertragsmäßige
Zustände im Rheinlands wieder hergestellt würde«.
Anch sehe die Reichsregierung
keim Möglichkeit,
daß das deutsche Volk seim einzige Waffe, den pas-
siven Wider st and, aus der Hand legen könne,
ohne daß auchder Gegner sich auf die Linie des
„status quo ante" zurückziehe.
Zu der von Frankreich in der letzte« Zeit in den
Vordergrund geschobenen Frage der politischen
Sicherheiten verwies der Reichsmtwister auf
den deutschen Vorschlag eines Rheinland-Pak-
tes und auf das Gebiet friedensstchernde? Verein-
barungen, die auf dem Boden der
Gegenseitigkeit
ausgebaut sein müßten.
Hinsichtlich des Handelsverkehrs ans den
besetzten Gebieten nach deut Ausland, nament-
lich nach England, bemüht sich die Regierung, wie
der Retchsmintster Weiler ausführie, eine Rege-

Dte Lehrerin, die mit dem ihr gehörigen Gelbe
für den Rest ihrer Tage einen auskömmlichen Le-
bensunterhalt gehabt hätte, ist nunmehr gezwun-
gen, ihr Leben mit der Armenunterstützu ng
zu fristen, die ihr ihre Hetmatsgemeinde gewährt.
->-
So Weit die Beispiele. Sie könnten beliebig ver-
mehrt werden. Es ist nicht nötig. Die angeführten
Fälle zeigen zur Genüge, daß der Entwurf in der
Praxis die Wirkling ausüben mutz, datz alle jene
kleinen Leute, deren Eigentum in Frankreich,
Belgien, England oder Italien liquidiert worden
ist, mit einem Bettelpfennig abgefundcn werden.
Während das Reich zum Teil aus Kosten der Steuer-
zahler den größten Teil der Lasten der Grotzschuld-
ner trägt, wobei die Gefahr naheliegt, datz die Groß-
schuldner leichtfertig ihre Schuld anerkennen, um den
Mtßhelligkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit im Fall
einer Klage zu entgehen.
Kein Mensch wird leugnen können, datz durch ei-
nen derartigen Ausgleich der Liqudationsschäden
eine soziale Ungerechtigkeit gesetzlich sestgelsgt wür-
de, die unerträglich ist. Der Wiederaufbau darf
nicht dazu führen, datz einzelnen Privaten aus Kosten
der Allgemeinheit Millionengrschenke in den Schatz
geworfen werden.

lnng zu finden, die ohne Durchbrechung der deut-
schen Widerstandsfront den Bedürfnissen des auslän-
dischem uamcutiich des englischen Warenverkehrs
praktisch Rechnung trägt. Die Quintessenz dieser auf
englische Anregung zurückzusührenden Rege-
lung lause darauf hinaus, datz die vor einem be-
stimmten Termin abgeschlossenen Handelsverträge
neutralisiert werden, d. h. daß in Ansehung
dieser Kontrakte sowohl die französisch-belgischen Be-
satzungsbebörden, als auch die deutschen Behörden
sich jeder Kontrolle enthalten sollten. Man
wisse, datz verschiedene fremde Regierungen Vor-
stellungen in Paris erhoben Huben, um das
gleiche Zugeständnis von französisch-belgischer Seite
zu erhalten, das Deutschland bereits gemacht habe;
welchen Erfolg diese Vorstellungen gehabt hätten, sei
hier nicht bekannt.
Die Erklärung Poinearss.
Paris, 27. März. (Letztes Telegr.) Poin -
rare gab im Finanzausschuß der Kammer zu, datz
angesichts der zahlreichen Schwierigkeiten,
der,en man habe begegnen müssen, die bis jetzt er-
zielten wirtschaftlichen Ergebnisse der produktiven
Pfäuder sehr wenig bedeutend seien. An-
gesichts dieser Sachlage müsse nrau eine verlängerte
stabilisierte Besetzung ins Auge fasten. Durch eine
solche könne das Ausbcutuugöprogramm verwirk-
licht werden. Dieses Programm Habe auch die
Wiedereinführung der Ein- und Ausfuhrbewilligun-
gen als Folge der wirtschaftlichen Blockade notwen-
dig gemacht- Die. Großindustriellen feie»
die Seole des deutschen Widerstandes. Poin-
carö stellte di« Behauptung auf, daß sie wiederholt
den Versuch gemacht hätten, mit der französischen
Regierung direkte Verhandlungen einzu-
leiten. Di« französische Regierung werde jedoch nur
amtliche n, von der deutschen Regierung aus-
gehenden Vorschlägen Gehör geben; wenn ihm, dem
Minrsterpväsidcnten, halbamtlich Vorschläge von
Neutralen oder von den «liierten Mächten
unterbreitet würden, so werde er sie nicht anneh-
men. Er habe übrigens die Gewißheit, daß ihm
derartige Vorschläge nicht gemacht werden würden.
Poincarö fügte hinzu, die belgisch« mW die französi-
sche Regierung seien darüber völlig einig, die
Pfäiwer bis zur restlosen Bezahlung in der Hand
zu behalten; die R äu m ung der Gebiete werde den
Zahlungen entsprechend erfolgen. Die Räu-
rmmg namentlich von Essen könne erst in letzter
Linie ins Auge gefaßt werden, wenn die Gesamt-
r«gelung der Reparationen erfolgt sei. Die deutschen
Eisenbahnen in den Händen der Franzosen stellten
das best« Pfand dar.

Die Berliner Sozialiftenkonferenz.
Berlin, 27. März. Ein Teil der Entente-
sozialisten, die hier mit dem Vorstand der SPD.
über die Ruhrpolittk konferiert haben, weilt iwch in
Berlin, um weitere Rücksprache über Eingelfragen
zu nehmen. Was in bürgerlichen Blättern über die
Berliner Konferenz gesagt wird, beruht lediglich aus
Kombination.
Paris, 27. März. Wie der „Mcttin" aus
Brüssel berichtet, hat die Abordnung der bel-
gischen Sozialisten, die nach dem Ruhr-
gebiet entsandt worden war, nun ihren Bericht

M MW Ks WMW ÄMW.
Poincare fordert dauernde Pfänder.

erstattet. Ihre Schlüffe waren nach dieser Meldung
die folgenden: 1. die Deutschen haben recht, datz sie
nicht unter fremdem Bajonett arbeiten wollen; 2. die
Deutsche» haben recht, gegen die Besetzung zu pro-
testieren und 3. die Deutschen haben recht, daß jede
Besetzung unnötige Ausgaben verursacht.
London, 27. März. Die Arbeiterführer M a c <-
donald, Henderson und Thomas werde«
Donnerstag nach Paris fahren, um an einer
neuen Konferenz mit französischen, belgischen
und italienischen Sozialisten über die Reparations-
frage teilzunehmen.
Englisch-franzöftsche Besprechungen.
Paris, 27. März. In London fand gestern
eine Aussprache des französischen Botschafters inil
einem Vertreter des Autzeumiimsteriums über die
Anwendung des K ö l ne r E i s e n b a h na b ko m -
mens zum Zwecke der Benutzung der Bahnen im
Kölner Gebiet für di« französisch-belgischen Truppen-
und Vcrpslegungstransporte statt.

Ruhr.
Ein Erlaß DegontLes.
Pa ri s, 27. März. General Degoutte hat ast
die Bevölkerung des besetzten Gebiets einen Erlaß
gerichtet, in welchem es heißt: „Anschläge aller
Art sind auf die Befatzuugstruppen verübt worden.
Diese Anschläge sind die unmittelbare Folge der na-
tionalistischen Propaganda. Sie werden osse»kun-
dig von der deutschen Regierung unterstützt, die die
Verantwortung für sie trägt. Wem, sie sich wie-
derholen sollten, wird der Oberkonunandierende
der Befatzuugstruppen gezwungen sein, strenge
Untcrdrückungsmatznahmc« zu ergreifen. Die Be-
völkerung läuft Gefahr, mit den Urhebern dieser
Anschläge solidarisch erklärt zu werde». Es
liegt datier in ihrem eigenen Jnteoeste, mit Men
Mitteln, die ihr zur Verfügung sieben, diese Strafen
abMvendeu."
Gen. Sollmann vorübergehend
feftgenommen.
Köln, 28. März. (Letztes Telegr.) Reichstags-
abg. Gen. Sollmann wurde heute bei der Patz-
kontrolle in Vohwinkel von französischen Soldaten
aus dem Zuge geholt. Seine Brieftasche wurde ge-
nau untersucht. Auf telephonischen Anruf kamen
zwet leitende Beamte der französischen politischen
Abteilung in Düsseldorf nach Vohwinkel. Diese gaben
dann Sollmann unter Entschuldigung die Weiter-
reise wieder frei. Sie erklärten, es sei nicht die Ab-
sicht der französischen Befatzungsbehördc, die rheini-
schen Abgeordneten tn ihrer Tätigkeit zu hindern.
Gefetzesvergervaltigungen.
Ludwigshafen, 27. März. Bctriebsinfpek--
tor Gottfried von der Betricbsinfpektton 2 in
Ludwigshafen wurde vom Kriegsgericht in Landau
wegen Verstoßes gegen die Verordnung 147 (Sabo-
tagoverordnung) zu 20 Jahre» Zwangsarbeit
verurteilt.
Werden, 27. März. Bürgermeister Hoff-
mann aus Kettwig wurde zu 6 Monaten Gefäng-
nis und 6 Millionen Mark Geldstrafe! verurteilt.
Klara Zetkin.
Parts, 27. Mürz. Nach einer Havas Metdunst
aus Düsseldorf hat vorgestern vormittag der Blot-
k-adeposttu in Scharnhorst die k o in m u utstisch d
Abgeordnete Klara Zetkin, die auf dem Wege
nach Essen war, um dort tn einer kommunistischen
V-evsaurmlung das Wort zu ergreifen, f cstgc n o m-
m c n. General Degoutte, der von der Ange -
legenhett in Kenntnis gesetzt wurde, hat sofort An-
weisung gegeben, Klara Zetkin Weiterreisen zn
lasten. — Mit ihrem Fraktionskollegen Hölle in
gehen die Fränzos-cn lveniger 'gelind um. Nachher«
er in Paris bet einer Mgttationstour verhaftet
wurde, befindet er sich immer uoch kn Gefängnis.

Zur Lage.
Unser Speztalkorrespondent schreibt ims:
Auf den westlichen Kontrollstationen des Ruhr*
beztrks lassen die Franzose» Sendungen von Wein,
Bier und Spirituosen nicht mehr nach den neube-
setzten Gebiete« heraus, sondern beschlag n ah-
nt e n sie. Als Expreßgut werden nur noch Lebens-
mittel und wirklicher Reisebedarf als eingeschriebe-
nes Reisegepäck herausgelasten; alles andere wird
beschlagnahmt.
Am Sonntag morgen nm 6 Uhr rückte auf der
Zeche „Rheinvaben" bei Cladbeck ein Bataillon Bel-
gier au und besetzte sämtliche Anlagen. Damit
machen die Belgier zum ersten Mal selbst den Ver-
such, sich auf diese Weise Koks und Kohle unmittel-
bar von den Zechen zu beschaffen. Den Sonntag
haben sie vermutlich deshalb gewühlt, weil sic an
diesem Tage mit keinem großen Widerstand der Ar-
beiterschaft rechneten. Der Betriebsrat erklärte je-
doch sofort, daß die Arbeiterschaft die Arbeit nieder-
lege» und nur die Rotstandsarbeiten verrichten wer-
de, solange belgisches Militär die Zeche besetzt halte.
Tatsächlich ruhte die Arbeit am Montag morgen
vollständig. Der Vorsitzende des Betriebsrates ist
Kommunist! Die Zeche „Rheinbaben" be-
schäftigt insgesamt 6000 Arbeiter und förderte durch-
schnittlich 2600 Tonnen täglich: sw ist die größt«
 
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