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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 71 - Nr. 80 (24. März - 6. April)
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Tem-Zeüung U die mMWeTeMerung der AnMezirle öeldelbers. W!k5!O. SWeinl, EMgell. EberM, MZSüH. DuHen. Mrelsherm. Vorberg. TauberbWossWiA u. WeMeim

6. Jahrgang

Heidelberg, Donnerstag, den 6. April 1923


Anlatz der Klage folgende Erklärung zu«

Hessische Regierung hält die durch Ver-
April 1919 erfolgte Regelung der Abfin-

An dem Versuch, die
Direktorium des Wer-
anschcinend auch der
Essen durch die Wer-

tvollen Gebiete, die wir besetz! haben, annektie-
so können diese nur von Personen mit schlcch-
Sinn formuliert w den oder von Leuten, die
nicht kennen. Wir haben keine imperialistischen

Arbeiter der Welt, öffnet Augen und Ohren!
Diese Gefahr besteht nicht nur für die deutschen Ar-
beiter allein, sie droht euch allen, wenn die Gewalt
über das Recht triumphiert! Arbeiter der Welt, seid
gewarnt und schützt Freiheit und Arbeit, ehe es zu
spät ist!

wieder vor Augen geführt worden. Die dcitt-
Regierung erhebt feierlichen Protest ge-
die frivole Mutrat und fordert lür die Opfer
ihre Angehörigen volle Genugtuung. Sie ver-

Auch hie belgische Sozialdemokratie,
insbesondere ihr Zeutraliorgan, der „Peuple", setzt
den Kampf gegen die Ruhrbesetzung trotz der fort-
gesetzten Angriffe der bürgerlichen Presse fort. Er-
neut erklärt Der „Peuple": „Wir glauben auch
weiterhin, datz die Ruhrbesetzung ein tolles
Abenteuer ist und werden es auch weiterhin
als solches behandeln. Von dem ersten Tage ha-
ben wir Vorausgosche», datz das Unternehmen, weit
entfernt, etwas einzubringen, als Belastung wirkt,
datz cs unentwirrbare Schwierigkeiten wirtschaft-
licher und technischer Art verursacht, datz es von
Streiks und blutigen Zwischenfällen begleitet sein
und Frankreich und Belgien von der übrigen Welt
isolieren wird."

Annarvrkl«: Monatlich kinschliklN,
Trancrlohn Mk. ttW.—. Anzei<nn»
tarise: Die einivaltige Petitzeile
deren Raum (S> mm Kreit)
-"litt",'!.—. Rcliameanzeiaen(74mM
i>reit)Mk.k<D.—. BeiWicderholuw
oenRachiatz,,.Tarif. Gcheimmiriel-
»Nzeigcn finde» leine Aufnahme.

Die internationale Lage»
Für einen Spruch des Völkerbundes
Paris, 4. April. Die C. G. T. veröffentlicht in
ihrem Gewerkschastsorgan folgenden Ausruf: „An-
gesichts der schmerzlichen Zwischenfälle, die sich im
Jnnorn des Kruppschen Werkes abgespielt haben,
bewachtet der allgemeine Gewerkschastsbund es als
seine Pflicht, die Politik der m i l i 1 ä r i s ch e n Be-
setzung des Ruhr-Beckens wieder einmal zu
brandmarken Diese Gewaltpolitik kann nur die un-
gesunde Aufreizung der deutschen Nationalsten be-
günstigen. Ereignisse wie diejenigen, die sich soeben
abgespielt haben, vernichten jede gesunde Nepa-
rationspolitik und erschüttern den ohnedies au?
schwachen Füßen ruhenden Frieden. Der Allgemei-
ne Gewerkschastsbund protestiert gegen die Erschie-
ßungen von Essen und ruft das Gewissen aller Ar-
beiter an, damit so schnell wie möglich mitt einem
Abenteuer ausgehört werde, das sowohl für die Re-
parationen wie auch für den Weltfrieden schädlich
ist. Das einzige Mittel, die Wiederkehr solcher Zwi-
schenfälle zu verhindern, ist die Anrufung der Inter-
vention des Völkerbundes. Diese Lösung, die
schon einmal von dem Allgemeinen Gewerkschafts-
bund gefordert wurde, drängt sich heute noch mehr
als gestern auf, durch die Lage, die aus den tragi-
schen Ereignissen von Essen hervorgeh!."

Erne Hetzrede.
Parks, 4. April. Nach den Behauptungen der
nationalistischen Blätter hat der Kongreß der nahe-
zu eine Million Mitglieder zählenden französischen
Kriegsverlctztcn-Bcrbände sich dafür ausgesprochen,
datz das Neparationsproblem zusammen mit der
Frage der interalliierten Schulden an den Völker-
bund überwiesen werde. Der französische Kriegs-
minister Maginot benutzte diesen Kongreß zu ei-
ner Hetzrede gegen Deutschland, in der u. a. erklärt:
Wir sind in das Ruhrgebiet eingedrungen, um eine
zeitliche Besetzung von Pfändern zu erzielen — die
einzige Art, um unsere Forderungen sichcrzustellcn,
— und wir werden dort so lange bleiben, bis uns
Deutschland bezahlt hat. Deutschland weiß also heu-
te, datz seine Zahlungen die Räumung seines Ge-
bietes zur Folge haben. Es hat also ein Interesse
daran, zu bezahlen, und wir sind berechtigt zu er-
klären, datz unsere Lage ihm gegenüber durch d>ese
Tatsache besser geworden ist. Was die Anschul-
digungen anbetrisst, die man gegen uns schleudert,
wir
ren,
tem
uns
Gedanken; wir wollen nur,unser Recht, nichts mehr,
aber unser vollkommenes Recht. Keine Nation
wünscht mehr den Frieden als unser Land, das so
lange durch den Krieg gelitten hat, aber wir wollen
keinen prekären, unsicheren und gefährlichen Frieden,
sondern einen Frieden, der uns gestattet, zu leben
und zu arbeiten, dadurch, datz er unsere Sicherheit
und die Bezahlung der Reparationen gewährleistet.

Parts, 4. April.
Ueber die Wahre« Absichten Frankreichs erfahren
kvir Näheres aus einem Artikel der „Revue de
France", worin ein französischer Journalist folgende
Mitteilungen über die Auffassung Fochs und
der Militärkreise macht:
Es wird da zunächst ausgeführt, datz der Frie -
densvertrag mit der Reparationsfrage das
Problem der militärischen Sicherheit
Frankreichs nicht gelöst habe und datz die aus der
Besetzung des Ruhrgebieies entstandene deutsch-fran-
zösische Krise als die vielleicht letzte Gelegenheit,
das Problem zum Vorteil Frankreichs zu regeln,
unter keinen Umständen ungenutzt bleiben dürse.
Frankreich könne sich mit der Entwaffnung
Deu schlands — gleichgültig, ob diese ehrlich durch-
keführt sei oder nicht — nicht zufrieden geben, denn
die Schwäche Deutschlands bedeute noch nicht die
Stärke Frankreichs. Eine militärische Sicherung, au
so schwacher Basis fundiert, wäre illusorisch. Für
Frankreich und Belgien gebe es nur eine einzige
Garantie gegen einen deutschen Angriff und dies sei
der dauernde Besitz der Rhein-Ueber-
llänge. Der Rhein könne mit einer verhältnis-
mäßig geringen Truppenmacht gehalten werden,
unter der Voraussetzung, datz das Rheinland „ent-
dreutzt" werde, d. h. datz den Beamten, die
vichis weiter seien als preussische Agenten, jede
Möglichkeit genommen werde, die Bevölkerung gegen
Frankreich auszuhetzen. Falls es zu einem neuen
Krieg kommen sollte, werde diejenige Partei sieg-
reich sein, die zuerst im Besitze der Rhein-Uebergänge
sei. Um des Sieges sicher zu sein, dürfe Frankreich
— dies sei ein Gebot der elementarsten Vorsicht —
die Nheinübcrgänge nicht mehrausderHand
6 e b e n.
Das ist — so fährt der Artikel fort — der formelle
Standpunkt des Marschalls; hier liegen die militä-
risch-technischen Grundtatsachen des Problems, und
diese müssen in ihrer Gesamtheit ein Axiom der
französischen Politik sein. Sache der S'aats-
uränncr und der Diplomaten sei cs, die politischen
Konsequenzen zu sieben und eine entsprechende
Lösung zu finden. Eine solche sei keineswegs un-
möglich; man könne z. B. au eine Neutralisierung
des Nheinlandcs denken, die durch eine sranzösisch-
^elgtt'che Armee, vielleicht unter der Kontrolle eines
Ktternationalen Organs, gararttiert werden müßte.

Die Lage im Reich.
Hessische Abfindungsfragen.
Aus Darmstadt wird uns geschrieben:
Als der Grotzherzog von Hessen 1918 abdanke»
mutzte, wurde ihm von dem hessischen Staat anstelle
aller Ansprüche, die ihm und seinem Haus hishei
zustanden, aus der Staatskasse zur Bestreitung seines
Unterhalts ein jährlicher Betrag zugesprochen. Im
Februar ds. Js. beantragten mehrere Abgeornete
der Volkspartei und des Zentrums in der hessischen
Volkskammer, dem Grobherzog a. D. in anbeiracht
der Geldentwertung Wald und sonstigen Grundbe-
sitz im Friedensweri von 8,25 Millionen Mart an-
stelle der Abfindungsbeträge auszuhändigen. Jetzt
hat Ernst Ludwig von Brabant eine Klage gegen
den hessischen Freistaat beim Landgericht Darmstadt
eingereicht, in der er zunächst die sofortige Auszah-
lung von 30 Millionen Mark verlangt. Die Klage
wird vertreten von den Rechtsanwälten Dingeldcy
und Geisner, die beide, der erstere als Vertreter der
Volkspartei, der zweite als Zentrumsmann, der
hessischen Volkskammer angehören.
Das hessische Gesamtministcrium bat dem Ge-
richt aus
gestellt:
„Die
trag vom
düng des früheren Großherzogs für eine endgültige.
Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, datz
die im 8 12 des Vertrages aus Gründen, di? auch
§vom Kläger gebilligt wurden, vorgesehene Aufschie-
bung der Ausführung eines Teils des Abkommens
heute noch besteht. Die Regierung kann einen Rechts-
anspruch auf Abänderung des Vertrages nicht aner-
kennen. Zu der Frage, ob nicht aus Gründen der
Billigkeit eine Erhöhung der Bezüge einzutretcn
hätte, hat sie bisher noch nicht Stellung genommen.
Ein von der Mehrheit des Finanzausschusses des
Landtags angenommener Antrag aus Gewährung
eines Vorschusses zur Gehaltszahlung an die am
1. April 1919 vorhanden gewesenen Beamten be-
darf noch der Bestätigung des Landtages. Die Re-
gierung ist aus eigenem Recht und ohne Zustimmung
des Landtags nicht berechtigt, den Staat mit einer
Ausgabe zu belasten, für die eine rechtliche Unterlage
nicht besteht. Uebrigens ist es uns nicht möglich,
nachzuprüfen, auf welche Rechtsgrundlage die uns
nicht bekannte Klage gestützt ist. Wir beantragen da-
her in erster Linie, die Frist zur Abgabe unserer Er-
klärung auf eine angemessene Zeit nach Zustellung
der Klageabschrift zu erstrecken, um unserem Anwatt
Gelegenheit zur Prüfung und juristischen Stellung-
nahme zu geben. Eventuell beantragen wir Ab-
lehnung des Antrags aus Erlab einer einstweiligen
Verfügung."
Allen hessischen Monarchisten und Hofschranzcll
wurden nun am Ostersonntag durch das monarmi-
stische „Darmstädter Tageblatt" folgende s ohe Oster»
botschast verkündet:
„Das Landgericht Darmstadt hat folgenden Be-
schluß erlassen: Aus Antrag des vormals regieren-
den Großherzogs Ernst Ludwig wird dem hessi-
schen Staat, vertreten durch das Ministerium dei
Finanzen, durch einstweilige Verfügung anfge«
geben, an den Antragsteller 30 Millionen Mark zu
zahlen. Die Kosten der einstweiligen Verfügung
hat der hessische Staat zu tragen."
Danach hat cs also ein hochwohllöbliches Land«
gericht in der Hand, durch ein Urteil zu verfügen,
daß derselbe Staat, der die Rechter besoldet, an dem
ehemaligen Großherzog 30 Millionen Mark zu zah-
len hat, damit der arme Herr, der im Besitze von
mehreren Schlössern, Gütern, einer Silberschatz-
kammer und dcrgl. Sachwerte ist, aus seiner angeb-
lichen Notlage befreit und instandgesetzt wird, seine
Beamten und Hausangestellten zu bezahlen.

Die Internationale gegen das
Ruh abenteuer.
In der Pariser „Ere Nouvelle" b-tthästtgt sich
Gen. Longuet mit der „unheilvollen Bilanz der
Ruhrpolitik", Die bereits in England als die „größte
Dummheit", jo sogar durch einen englischen Staats-
mann als Das „größte Verbrechen der Zeitgeschichte"
bezeichnet worden sei. Fast ganz Europa und
Amerika seien Der Meinung, der unlängst die eng-
lische Zeitschrift „Nation" Ausdruck gegeben habe,
daß nämlich die Ruhrbesetzung erneut „den Mangel
an Intelligenz und politischer Erkenntnis zeige, der
dam führenden Manne in Frankreich vorgeworfcn
werde". Longuet glaubt, datz diese Auffassung Wer
Poinoare auch bald in Frankreich geteilt werde.
Denn im Dezember 1922 hatte Frankreich nach amt-
licher französischer Berechnung mindestens 77 Proz.
der Kokslieserungcn erhalten, die Deutschland ver-
tragsmäßig schuldete, im Februar 1923 seien im
günstigsten Falle 4 Proz. eingegangen. Beiden
Kohlen waren es 74 Prozent im Dezember und 6
Prozent im Februar. Die englische, amerikanische
und noittrale Presse erzählte, täglich von Vorgängen
im besetzten Gebiet, die jedem Franzosen die
Schamröte ins Gesicht treiben mutzten.

Nr. 79

ders lauten. Diese wurden nach den Berichten neu-
traler Blätter sämtlich aus der Flucht getrof-
fen. Die meisten Zeitungen begnügen sich mit dem
Abdruck dieser amtlichen Mitteilung und verzichten
auf eigene Kommentare.
Ein neuer Befehl Degouttes.
Köln, 4. April. In der französisch« belgischen
Zone des altbesetzten Gebietes wird ein Befehl
des Generals Degfoutttc bekannt gegeben, in
dem dieser unter Hinweis auf Verordnung 149 und
die Bekanntmachung der Regie verordnet, datz die
Eifenbah ifb eamten und Arbeiter ihre
Arbeiten sofort wieder auszunehmen hätten. Der
Befehl sagt Wetter wörtlich:
"Alle diejenigen, welche diesem Befehl nicht
Folge leisten, werden ohne weiteres entlas-
sen und können durch die Rheinlaudkourmisston
ausgewtesen werden."

Die Lage im Ausland.
Seipel erfolglos.
Wicn, 4. April. Mit beredtem Munde war di«
reaktionäre Presse bemüht, den klerikalen österreichi-
schen Bundeskanzler Dr. Seipel als Retter in
der Not zu verherrlichen. Was er tatsächlich erreich«
hat, dasttst die Talsache, daß O c st e r r e i ch h e u 1 e
eine Kolonie des Völkerbundes ist, in
der der G e n e r a l k o m m i s s ü r herrscht, der sein
Amt in völlig scharfmacherischem Sinne auffaßt.
Nicht viel bessor ist jedoch Bundeskanzler Dr. Seipel,
Nun war der Bundeskanzler in Nom, um allerlei
für Oesterreich herauszuholen. Sein Bemühen 4vaS

Nesck>Sft»stund»»S—«vhr. Sprech»
funde» der Redaktion: II—12 Uhr,
«wcheciwnto Karlsruhe Nr.L2L77
Tel.-Aor.:Bn!kszeilung Heidelberg.
Truck u. Verlag der Unterbadische»
Perlaasanüalr E. in. b. H., Heidel-
berg. Eeschäfr-stel e: Tchrüderstr.cS.
Tel.: Erpcdüion Lkw u.Redak. 2173.

An die Arbeiter der Welt!
Berlin, 4. April. Der Allgemeine Deutsche
Ocwottschastsbund sowie die übrigen Arbeiter-, An-
Sestellteir- und Beamtenverbände erlassen folgenden
Ausruf:
An die Arbeiter der Welt!
Der völkerrechtswidrige Einbruch des französi-
schen Militarismus ins Ruhrgebiet mitten im Frie-
den fordert neue blutige Opfer. Gestützt aus das
>tuveräuberliche Recht, die Freiheit ihrer Arbeit zu
verteidigen, und aus freiem Entschluss demoustrior-
ten unbewaffnete Arbeiter auf den Kruppwerkcn
Kegen die Besetzung. Die Antwort darauf waren
13 Tote und eine wett größere Zahl von Verwun-
deten. Alle Greuel des Krieges leben wieder aus,
itur zügelloser noch und häßlicher. Wieder und wie-
der bekundete das deutsche Volk und seine berufenen
Vertreter, insbesondere auch die deutschen Gewerk-
schaften, die Bereitwilligkeit zur Reparation im
Nahmen ihrer Leistungsfähigkeit durch Wort und
^t. Deutsche Vorschläge lagen in London und
Varis vor und Hütten zur Verhandlungsgrundlage
werden können. Was geschieht statt dessen? Brutale
Waffengewalt besetzte die deutschen Arbeitsstätten.
Tausende wurden verhaftet, mißhandelt und aus-
kelviesen. Verkehrsmittel, Kohle, Geld, Arbeiter-
chhne «Nh Erwerbslosenurttcrstützungen wurden be-
schlagnahmt; täglich werden neue Tausende erwerbs-
Ungezählte cingekerkort und mit Frau und Kin-
dern aus den Wohnungen gejagt, andere ohne jeden
Anlaß getötet oder verwundet. Das Massakre von
^ssen stellt den neuesten furchtbarsten Fall der Hin-
chlachtung unbewaffneter Arbeiter dar. Die Frei-
Veit der Arbeit, die Achtung des Arbeiters wird miß-
achtet und unterdrückt! Das französische Volk ver-
vor über 100 Jahren die M e n s ch e n - u n d
. krSerrech 1 e, die heutigen Gewalthaber Frank-
echs wollen die freie Arbeit in Sklaverei ver-
la^Veln! Die kostbare Errungenschaft jahrhuuderle-
. 'cher sozialer Kümpfe, die Vorbedingung jeder
' ^ren Kultur ist in Gefahr!

E n französisches Protokoll.
Paris, 4. April. Die französischen Blätter
veröfsentlichsn heute eine offiziöse Darstellung der
Vorgänge in- Essen, welches die deutschen
Anklagen widerlegen soll. Das interessanteste an
diesem Verteidigungs-Versuch ist die Tatsache, datz
der französische Pressedienst sich für seine Angaben
auf das Zeugnis einiger kommunistischer Zeitungen
bcrnst, Die angeblich deutsche Herausforderungen
und sogar Angriffe gegen die Soldaten fest-gestellt
haben sollen. Es wird auch ein amtliches Proto-
koll, unterzeichnet von einem französischen
Militärarzt, abgcdruckt, in dem zu lesen ist,
datz die französischen Kugeln die Toten alle in die
Brust und in den Kops getroffen haben, datz also
nicht, wie englische Mitteilungen behaupten, auf
Fliehende geschossen worden sei. Dieses Protokoll
spricht mir von den 10 Toten, die nach den ersten
Salven gefallen sind. Das Protokoll Wer die
Munden der 40 Verletzten wird wahrscheinlich an-!

Die deutsche Protestnote gegen die
Essener Bluttat.
Berlin, 4. April. (Teluniou.) Der deutsche
Vertreter in Parts ist beausttagt worden, der fran-
zösischen Regierung wegen des Blutbad.s iu Essen
eine Note zu überreichen, in der zunächst festgestellt
wird, datz die Besonnenheit und Geduld, mit der
die Bevölkerung des Ruhrgcbietes lange Wochen
hindurch alle Arten von Gewaltakten der Einbruchs-
tvuppen ertragen hat, es nicht verhindert haben,
datz französische Soldctten an dieser Bevölkerung
ein Verbrechen verübt haben, das alle bis-
herigen Untaten in den Schatten stellt. Die ver-
nommenen Augenzeugen bekundeten überein-
stimmend, datz kein Arbeiter einen Revolver hatte
und das; sich die Menge trotz ihrer begreiflichen Er-
regung zu keiner Tätlichkeit oder Dro-
hung hat Hinreitzen lassen.
Schuld an dem Vorfall dein
kes zuzuschioben, wolle sich
französische Befehlshaber in
Haftung von drei Mitgliedern des Direktoriums-
und eines ALleilungslctters bceiligen. Dieses
neue Unrecht beraubt schuldlose Männer Der
Freiheit und zugleich das größte Unternehmen des
Ruhrroviers der Führung^ In Wahrheit sei von
Deutscher Seite nichts anderes geschehen, als daß die
Arbeiterschaft auch in diesem Falle gegenüber einem
rechtswidrigen Eingriff in ihre Produktionsstätte
den Entschluß bekundet hat, nicht unter französischen
Bajonetten zu arbeiten. Dieser Beschluß sei ebenso
wie die ruhige Art, in der er bekundet wurde, den
französischen Truppen aus ihren früheren Erfah-
rungen im Ruhrgebiet genau bekannt, sodatz er
nicht im geringsten Anlaß zu ihrem mör-
derischen Vorgehen bieten konnte. Die Verant-
wortung für diese unheilvolle Tat falle nicht
allein aus die französischen Truppen, son-
dern auck) aus die französische Regierung
selbst. In zahlreichen deutschen Protestnoten sei
ihr das gewalttätige Vorgehen im Ruhrgebiet im-
mer
sche
gen
und
langt, datz die zur Bemäntelung der französischen
Schuld verhafteten Personen 'osort in Frei-
heit gesetzt werden.
Die Note ist zugleich den übrigen Hauptmächten
Des V-erfailler Vertrages zur Kenntnis gebracht
worden.
Der Leichenbefund.
Essen, 4. April. Die aus französischen Aerzten
bestechende Kommission, die die Leiche der
Opfern des Mutigen Vorfalles auf den Kruppschen
Werken untersucht hat, stell'« fest, Datz 5 der Gelöte-
ten Rückenschüssc answcisen und datz von den
weiteren 43 Verwundeten 29 Schutzwunden aufwei-
sen, von denen wieder 14 im Rücken verwundet
sind; 14 von den Verletzten haben Quetschwunden
und sonstige Verletzungen erhalten, die davon her-
rühren, datz sie von Dächern gesprungen oder herab-
gestürzt sind. Diese Feststellung von französischer
Sette bestätigt die Angabe, datz die Soldaten
zum größten Teil auf Fliehende geschossen ha-
ben und daß von einer agressiven Haltung der
Kruppschen Arbeiter nicht die Rode sein kann.
Die verhafteten Direktoren der Kruppwerke
wurden haute in das Auchchaus nach Verden
übevgcsüchrt.

M smzWeii MM.
Ern Aufruf der Gewerkschaften. — Die deutsche
Protestnote.
 
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