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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 21 - Nr. 30 (25. Januar - 5. Februar)
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6. Jahrgang

Heidelberg, Freitag, den 26. Januar 1923

Nr. 22

Der Reichstag zur Lage.

Präsident Löbe eröffnet die Sitzung des Reichs-
tags um 2.20 Uhr und gibt einige Kund-
gebungen bekannt, die anläßlich der Besetzung
des Ruhrgebietes beim Reichstag eingegangen sind.
Tiefe Kundgebungen werden vom Reichstag mit
-cbhafkem Beifall ausgenommen.
Reichssinanzmtnister Dr. Hermes begründete
in einer längeren Rede den Etat. Seine Rede
war in ihrem überwiegenden Teil auf große Poli-
tische Fragen eingestellt und war eine Abrech-
nung mit der Gewaltpolitik Poin-
rares. Die letzte gewaltige Preis st eigerung
ist die unmittelbare Folge des neuen Markstur -
Zes und dieser wiederum die Folge der Ruhr-
befetzung. Der Minister legte dar, was das
Rührtohlengcbiet für uns bedeutet. Im Jahre 1922
wurden dort IVO Millionen Tonnen Steinkohlen ge-
fördert. Das sind rund 80 Prozent unserer gesamten
Förderung. Vor dem Kriege war die Förderung
des Ruhrgebietes noch größer, aber der Anteil an
der Gcsamlsörderung betrug nur 60 Prozent. Mit
dcm Verluste von Oberschlesien und mit dem gleich-
zeitigen Verluste der Saarkohlr bar die Ruhr-
kohle für Deutschland eine erhöhte Bedeu-
tung erlangt. Die im Kriege zurückgegangene För-
derung ist durch eine Vcnnehrung der Belegschaften
und durch deren Bereitwilligkeit, Ueberschichten zu
Machen, wieder gesteigert worden. Der fran-
zösische Einbruch führt aber jetzt einen jähen
Wandel herbei. Frankreich streckt nach bestimmten
Plänen die Hand nach diesem Lebenszentrum
ans. Die Schlickt der französischen Imperialisten
gebt dahin, im westlichen Wirtschastsgebiet eine
Bereinigung von Eisenerz und Kohle
vntxr französischer Führung aufzurichten, die eine
weit größere Bedeutung haben würde, als die her-
vorragende Stellung, welche sich die deutsche Schwer-
industrie vor dem Kriege errungen hatte. Die Her-
stellung einer engen Beziehung zwischen der loth -
rin gischen und der Nubrindnstrie wäre
eine natürlicheEntwicklung, aber die fran-
zösischen Imperialisten wollen die unbedingte
h'orhrrrscvaft in Europa, die der deutschen
Wirtschaft jede LebenSmöglickkeit nehmen würde.
'Zustimmung.)
Der Minister weist dann auf di« großen
icktiv und oerecht zu Verhalten. Bedeutet dies aber
Schäden hin, die durch die Besetzung entstehen
und kündigt eine größere Kreditforderung
des Reiches zur Beseitigung der wirtschaftlichen
Schäden durch die Ruhrbesctznng an. Wie Hohn
klingt doch die Behauptung Potncarss, er wolle
Deutschland zu Reformen veranlassen, um d i c
Mark zu stabilisieren. (Gelächter.) Groß
sind vor allem die Leiden der Bewohner
des Ruhrgebietes (Zustimmung.) Für die
Kinderernährung wird ein Kredit von drei
Milliarden angefordert. Die Lebensmittel werden
beschlagnahmt und die Leiden der Bevölkerung Wer
den beschlagnahmt und die Leiden der Bevölkerung
werden immer größer und schwieriger. Erfreulich
ist hier die Hilfsbereitschaft im ganzen deut-
schen Reiche. (Lebhafter Beifall.) Die Not der Zeit
Zwingt das ganze deutsche Volk zur Enthalt-
samkeit und zur E in s ch r 8 n ku n g aller Luxus-
ausgaben. Der Minister stellt in dieser Hinsicht einen
Gesetzentwurf in Aussicht.
Der Minister führte weiter aus, wie sehr beute
der Etat unter dem Druck der Markentwertung
stehe und infolge der rapid steigeirden Ausgaben nur
noch den WerteinesProgramms habe. Der
gesamte Ausgabenbedars wird sich nach
dem heutigen Stand auf
rund Wstü Milliarden
belaufen. Dem sieben Einnahmen au Steuer» und
Zöllen im Betrage von 1800 vis 2100 Milliarden
gegenüber. In den Ausgaben sind zur Ausfüh-
rung des Friedensvertrages 206 Mil-
liarden enthalten, aber noch keine Summe
für die eigentlichen Reparationen. Es entsteht also
wr ordentlichen Haushalt ein Fehlbetrag von
zirka 1500 Milliarden, der sich durch die Fehlbeträge
der anderen Haushaltungen noch vermehrt. Im
Einzelnen gab der Minister noch folgende Zisfern:
Fm außerordentlichen allgemeinen Etat bleibt ein
Anleihebedarf von 66 Milliarden, im Haushalt der
-sieichspost von 80 ff Milliarden, im außerordent-
lichen von 84)4 Milliarden. Der außerordentliche
Haushalt der Reichsbahn schließt mit einem Au-
leitzebe-darf von rund 284 Milliarden ab. Der
Minister schloß dann mit folgenden Darlegungen:
Solange uns militärischer Druck bedrängt,
w lange rechtswidrig unser deutsches Gebiet noch
von den gegnerischen Truppen besetzt gehalten wird.
Und das Rheinland vergewaltigt wird, loerden wir
Reparationen weder leisten noch lei-
nen können. Sobald jedoch die Gewalt dem
Recht gewichen ist, wird man uns bereit finden,
über eine vernünftige Regelung der Reparations-
Wage zu verhandeln, wie wir auch nicht daran
Oed acht haben, uns solchen Leistungen zu ent-
ziehen, die im Rahmen unserer Leistungsfähigkeit
Kegen. Hoffen wir, daß nicht inzwischen durch die
Gewaltpolitik ein Schaden an unserem Wirtschasts-
örper angerichtet ist, der unsere Fähigkeit zu Re-
parationen noch m « yr zerstört, als es die un-

heilvolle Politik, die seit Kriegsende gegen uns be-
tätigt wurde, getan hat.
Aber auch in dieser unerhört schweren Stunde
darf uns nicht Leidenschaft führen, so ver-
ständlich sie auch immer sein möchte. Nichts wäre
verhängnisvoller für uns, als ein Mangel
an Augenmaß für die Notwendigkeiten und für die
Möglichkeiten dieser Lage.
Kein unbesonnenes Aufpeitsche«
unseres Volkes darf den würdigen Ernst und die
ruhige Festigkeit unserer Abwehr verdunkeln. Je
besonnener unsere Abwehr geführt wird, umso stär-
ker wird die moralische Kraft unseres Willens sein.
Bajonette und Maschinengewehre als Verhand-
lungsinstrument in wirtschaftlichen Fragen lehnen
wir ein für allemal ab, (Sehr richtig!) Jetzt ist das
Gebot der Stunde Einigkeit und Entschlos-
senheit. Es geht umSeinoderNichtsetu
der Nation. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Wels (Soz.):
Durch die militaristische Gewaltpolitik Frank-
reichs sind wir von einem wirklichen FriedenSzustand
entfernter denn je. An der Zerrüttung nuferer Fl-
nanzverhältnisse haben die Reparations-
lasten die größte Schuld. Hierüber darf jedoch die
Kritik der deutschen Steuerpolitik nicht übersehen
werden. Die Geldentwertung kommt der Steuer-
politik der Besitzenden zugute. Dies zeigt sich bet
der Stundung von 30 Milliarden Koh-
le nsteu er n, die ohne jede Zinsleistung erfolgte.
Dazu kommt, daß man in diesem Augenblick die
Auskunftspflicht der Banken und den Depotzwang
beseitigen will. Dir Spekulationsgewinne der Bör-
sen werden ebenfalls nicht genügend erfaßt. Die
Träger der Reichsfinanzen sind beute fast ausschließ-
lich die Arbeiter und Angestellten. Der Anteil des
Lohnabzuges bei der Einkommensteuer betrug
im August bereits 57 Prozent, im September 58
Prozent, im Oktober 72 Prozent, im November 76
Prozent und im Dezember gar 84 Prozent.
< Lebhaftes Hört, hört! links.) Dieser Lohnabzug
wird nicht einmal sofort gezahlt. So Haber- di
Lohn- und Gehaltsempfänger 1922 mehr gezahlt, als
sie nach dem Gesetze hätten zahlen müßen. Trotz-
dem hat das Finanzministerium das Ersuchen der
Gewerkschaften nm eine Neureglung der Ab-
züge zum 1. Februar ab gelehnt. Die Erfas-
sung der Sachwerte und die Beteiligung des Reiches
an allen wirtschaftlichen Unternehmungen ist der
beste Weg zur Gesundung. (Lebhafte Zustimmung
links.)
Die Gewaltpolitikdes französischen
Imperialismus lehnen wir ebenso entschieden
ab, Wie die Verfüürungsversuche der Besatzungsbe-
hörden gegenüber den Rnhrarbeitern. Die Sozial-
demokratie unterscheidet scharf zwischen den in
Frankreich regierenden Gewalten und dem franzö-
sischen Volk. An derErfülluugspolitikhal-
ten wir fest. Wir respektieren am Versailler Vertrag
nach Wie vor alles, was Recht und Billigkeit fordern
könnten. Jedes Zusammengehen mit Parteien,
Gruppen oder einer Regierung, die aus dem fran-
zösischen Einbruch folgert, wir hätten keine Verpsich-
tung mehr, lehnen wir ab. Wir stehen hinter jedem,
der den brutalen Eingriff in den Produktionsprozeß
bekämpft. Dieser Kampf muß jedoch dem wirklichen
Feind gelten. Er darf nicht an der Spitze eines
wehrlosen Volkes einer ganzen Welt gelten und
darf vor allem keinen neuen Krieg bringen.
Die Arbeiter an der Ruhr kämpfen für die Deut-
sche Republik, für ihre Erhaltung »nö ihren
Ausbau, für nichts anderes. (Lebhafter Beifall
links.)
Um aus dem jetzigen frevelhaften Kriegszustand
wieder herauszukommen, hilft nur stärkstmögliche
Reparationsarbeit und ein Appell an die Gesamtbe-
teiligten. Keine Verhandlungsmöglichkeit darf ab-
gelehnt werden. Die von nationäsistischer Sette be-
triebene Zerklüftung bedeutet einen Verrat. Mit
den Ruhrarbeitern werden wir in allen Stürmen
sufammenstehen. (Lebhafter Beifall.)
Mbg. Koch (Dem.): Im Namen des Zen-
trums, der Deutschen Volkspartei, der Demokrati-
schen Partei und der Bayerischen Volkspartei be-
schränke ich mich auf eine kurze Erklärung. Zn den
Einzelheiten des Etats heute Stellung zu
nehmen, ist zwecklos. An der finanziellen Ge-
sundung des Staates zu arbeiten ist in diesem
Augenblick unmöglich, wo uns die Flanke durch
einen rechtswidrigen Ueverfall zerfleischt ist. Noch
mehr ist Zurückhaltung in allen inneren Streit-
fragen geboten, weil jetzt mehr denn je die Notwen-
digkeit einer inneren Geschlossenheit besteht. In der
äußeren Politik ist es wichtiger, einmütig zu
handeln, als zu reden. Hier ist die Regierung
berufen, zu führen (Sehr wahr!), aber niemand
sonst. (Sehr wahr!) Allein in der Kraft und in der
Eintracht des deutschen Volkes liegt unsere Hoff-
nung. (Lebhafter Beifall.)
Fortsetzung der Beratung Freitag 2 Uhr.

Der deutsche Geschäftsträger in Paris hat der
französischen Regierung eine deutsche Note
überreicht, in dcr gegen die Verhaftung von
Bank- und Telegraphenoirektoren protestiert wird-

»MM «MM.
Die Haltuna der Eisenbahn und Poft
Düsseldorf, 25. Jam (Meldung unseres
parlamentarischen Mitarbeiters.) Oberpräsident
Grützner hat gestern morgen offiziell französi-
schen Offizieren gegenüber die Erklärung abgegeben,
daß er nicht daran denkt, die Anordnungen 132,
134 und 135 der Rheinlandkommifsion, deren Durch-
führung infolge ihrer Rechtswidrigkeit von der Re-
gierung untersagt wurde, auszuführen. Er hat es
ferner abgelehnt, seinen Einfluß ans die Post-
und Tetegraphenbeamten geltend zu machen, damit
die Telephonverbindungen für die Besatzungsbe
Hörde wieder hergestellt werden. Das Tclephonper
sonal des besetzten Gebietes weigert sich Verbin-
dungen für die Besatzungsbehörde, desgleichen solchc
deutscher Stellen mit der Besatzungsbehörde herzu-
stellen.
Die Eisenbahner des besetzten Gebietes planen
bei Ausweisung von Beamten jeden Dienst für die
Züge zu verweigern, indenen die Beamten fortge
schafft werden sollen. Die zu diesem Zweck zwischen
den einzelnen Organisationen eingeleitcten Ver-
handlungen sollen heute noch abgeschlossen werden.
Außer den Bahnhöfen Oberhausen, Mühl
heim und Duisburg sind die Bahnhöfe Düs
seldork-Rath und Hamborn infolge rechts-
widriger Eingriffe der Besatzung stillge! egt wor-
den.
Die Beamtenschaft des Postamtes in Hörde
verweigert nach wie vor den Dienst wieder auf-
zunehmen, solange die französische Besatzung von
dem Postamt nicht entfernt ist.
Die Posten vor dein Reichsbankgcbäude
in Dortmund sind zurückgezogen worden,
damit wäre die Fordermrg dcr Bankbeamten erfüllt;
sie nahmen den Dienst wieder auf.
Der Vorstand des Finanzamtes Neuß ist ausge-
wtesen worden.
Essen, 25. Jan. (Letzte Meldung.) Di« Eisen-
bahner haben auf dem Bahnhof Düsseldorf-
Rath gestern abend die Arbeit wieder ausge-
nommen. Dagegen ist der Streik in Düsseldorf-
Ebcendorf und Krotzenborn ausgebrochen, desglei-
chen auf dein großen Güterbaynhof Budberg. Hier
liegt ein Militärzug, dm die Eisenbahner nicht
durchlassen. Die Wagengestellung betrug gestern
15 203 Wagen, für ander« Güter 12 218 Wagen, ge-
fehlt haben 1099 Wagen.
Düsseldorf, 26. Jan. (Letztes Telegr.) Ge-
stern vormittag ist der Düsseldorfer Haupt-
bahnhof von Truppen dcr Besatmngsbehörde
besetzt worden. Das gesamte Eiscnbahnpersonal
ist wegen der Besetzung in den Streik getreten, so
oaß jeglicher Bertehr stockt.
Weitere Verhaftungen.
Essen, 25. JE (Meldung unseres Spezial-
berichterstatters.) Dcr Post direkter des Post-
amtes in Recklinghausen wurde verhaftet.
Er wird beschuldigt, die Befehle der Besatzungsbe-
hörde zur Herstellung von Leitungen in ein Gebiet,
das dem Belagerungszustand unterliegt, nicht be-
folgt, ferner Telephonleitungen zerstört zu Haben.
In dem Schreiben heißt es u. a., daß der Postdircftor
provisorisch wieder inFreiheit gesetzt wird, wenn
er sich bereit erklärt, den militärischen Dienst in nor-
maler Weise wieder auszunehmen, anderen-
falls soll er in Haft bleiben. Das gesamte Personal
der Poft lehnte dieses Ansinnen ab.
Der städtische Forstmeister von Duisburg
wurde hente verhaftet, weil er sich weigerte, das im
Wald liegende Holz zu vermessen. Der Ober-
bürgermeister mutz seit heute mittag dem
Kriegsgericht zur Verfügung stehen.
Paris, 25. Jarr. Wie die Morgendlättcr mit-
teilen, hat die Interalliierte Kommission am Rhein-
land aufs neue 24 deutsche Beamten aus
dein Rl cinland ausgewiesen.
Weiterer Truppenschub.
Brüssel, 25. Jan. Ein neues kriegsstarkes
Bataillon Infanterie bat gestern Antwerpen für
das Ruhrgebiet verlassen, ebenso eine große
Anzahl von belgischen Eisenbahnb-eamlen.
Paris, 25. Jan. Um die Verbindung und
Sicherheit der Armee zu gewährleisten, sind ober«
und untere Beamte des Eisenbahn dien-
st es einvrrusen worden, und zwar fünf Detache-
ments von je 450 Beamten, die aus dem Personal
der einzelnen Privat- und Staatseisenbahngescll-
schaften entnommen sind. Diese Detachements wer-
den nochheuteabendin das Rheinland ein-
reisen.
Paris, 24. Jan. Havas berichtet aus Düssel-
dorf, man kündige offiziell an, daß die franzö
fische Besatzungszone vom 1. Februar ab auf
den Brückenkopf Koblenz, woselbst, wie mit-
geteilt, die Amerikaner abgerücki sind, ausgedehnt
werde. Dcr Militärbezirk Kreuznach werde als-
dann nach Koblenz verlegt werden.
Marokkaner in Alten-Essen.
Essen, 25. Jan. (Meldung unseres
berichlerstatters.) In Alte liess en sind

Führung eines zweiten Obersten Marokkaner
eingetroffen. Es besteht begründeter Anlaß zu dcr
Annahme, datz weitere schwarze Truppen
im Ruhrgebiet stationiert werden. Die Stadt-
verwaltung hat gegen die Verwendung farbi-
ger SoLLaien scharf protesNtz-rt Ebenso hat
Regierungspräsident Grützner einen Prsttzs!
eingereicht.
Kundgebungen in Essen.
Es s en, 26. Jan. (Letzte Telegr.) Der Zug mit
den Zechendirektoren, die in Mainz vor dem
Kriegsgericht standen, Iras um 4.30 Uhr ein. Eine
riesige Menschenmenge war auf dem Platz
vor dem Hauptbabnhof versammelt. Nach dem
Wcgsahren dcr Autos mit den Heimgekehrten wandle
si chdie Menge dem französischen Posten zu, der sich
bis aus einen Mann zurückzog. Nach vielfachen
Niederrusen zog man zum „Kaiserhof", wo ein Teil
dcr französischen Generalität und insbesondere die
rauzösischen Journalisten untergebracht sind. Tie
französische Wache trat unter Gewehr und legte dann
auf die Menschenmenge an, die sofort zurück-
strömte. Dann aber rückt« die Menge trotz des
Drohens des Postens wieder näher. Daraufhin
wurden von den Franzosen an beiden in Betracht
kommenden Straßenrichtungen Maschinenge-
wehre ausgestellt.
Düsseldorf, 26. Jan. (Letzte Telegr.) In
den Abendstunden des Donnerstag fand in Düssel-
dorf ein« große Kundgebung der staatlichen u.
städtischen Beamten aus Anlaß der Urteilssprechung
in Mainz statt. Vor dem Breitcnbachcr Hof, in dem
eine große Anzahl französischer Offiziere einqnar-
tiert ist, kam cs zu großen Ansammlungen,
Eine berittene Abteilung ritt mit blanker Wafft
vor das Hotel, das sofort geschlossen wurde. Es wur-
den mehrereSchüsse in die Menge abgescucrt.
Nach bisherigen Feststellungen würde niemand
verletzt. Die Stimmung in DüssÄdors ist außer-
ordentlich erregt.
Zrrsamrnenstöhe in Mainz.
Mainz, 25. Jan. Vor der Wohnung der frei-
gelassenen Zechcnlciter (die in Franken ver-
hängten Geldstrafen ergeben übrigens nach dem
betreffenden Tageskurs etwa 4 20 Millionen
Mark und nicht 1,iO5 Milliarden, wie zuerst ver-
schiedentlich durch Umrechnung aus Schweizer Fran-
ken statt französischer Franken errechnet wurde) san-
oen große Kundgebungen statt. Die franzö fi-
sch eKavallerie verdrängte die Menschenmenge.
Es kam zu Zusammenstößen und Verhaf-
tungen. Französische Kavalleriepatrouillen durch-
zogen während der ganzen Nacht die einzelnen
Stadtteile. Dcr Platzkommandant in Mainz
macht durch Maueranschlag bekannt, daß infolge der
Unruhen, bei der sich die Polizei ihrer Aufgabe nicht
gewachsen gezeigt habe, der Polizeipräsident
der französischen Militärbehörde unterstellt wor-
den sei. Die Truppen hätten Beseh! erhallen, even-
tuell von der Waffe Gebrauch zu machen,
Vorschläge Poinearss.
PariS, 26. Jan. (Letztes Telegr.) PoincarS hak
sich gestern mit dem zweiten Delegierten Frankreichs
in der Reparationskommission, Manclcre, auss neue
über das französische Projekt für ein
Moratorium unterhalten. Ans den Kommen-
taren der Zeitungen und offiziösen Andeutungen
geht hervor, datz Poincarö die Absicht bat,
diesen nach seiner Meinung mäßigen Vorschlag m i t
der Ruhraktion zu kombinieren. Das
Deutsche Reich soll vor die Wahl gestellt
werden, entweder das Moratorium «ach dem
französischen Plan anzunehmcn oder sich bei einer
SMehming der völligen Abtrennung des
Ruhrgebiets vom übrigen Deutschland ansznsetzen.
Nimmt die Reichsregierung das Moratorium an,
dann soll als Belohnung in Aussicht gestellt i verden,
datz die Besetzung des Ruhrgebietes innerhalb der
nächsten zwei Jahre in Etappen zurückgezogen
wird, d. b. wenn es di« ihm auferlegten Bedingun-
gen erfüllt.
Die Haltung der englischen
Arbeiterpartei.
Unser Berliner Büro schreibt uns:
Genosse Charles Roden Bürden; der
hervorragende Führer der englischen Arbeiterpar-
tei, weifte in den letzten Tagen als offizieller Abge-
sandter der Unabhängigen Arbeiterpartei im Ruhr-
revier mitten unter unseren kämpfenden Kameraden,
nahm an ihren Besprechungen mehrfach teil und
«bcnnittefte ihnen die Grüße der englischen Arbei-
rerfchast. Auf der Rückfahrt von Essen nach Berlin
hatte einer unserer Genossen Gelegenheit, si.-h mit
Genossen Buxden ausführlich über die Eindrücke
die er im Ruhrrcvier ausgenomnt'n hatte, zu unter-
halten. Genosse Buxden äußerte sich folgender-
maßen:
Verhalte« vcr ftanzöstschen Behörden ge-
Arbcitern kann ich nur als unver-

Spezial Dai
unter I gcnüber den
 
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