Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

DOI Kapitel:
Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48725#0253
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heidelberg, Freitag, den 2. März 1923

Nr. 52

ö. Jahrgang

VEDarvrkis- Mona »Ich cuilchttetzl.
MkPttN".-. Analsten-
„zMe: Die einivaliige Hctitzeile
deren Raum (Ä mm breil)
Rcttai»can»eiaen(74mm
>)Mk. I>m.—. Bei Wiederholun«
r?'Nachiakn.Tarif. (Seheimmillel-
"'i^lgen finden Irin« Aufnahme

M-ÄMW UWs «A, MM -MW «WW ^W« siundc« derRedaliien: II—Ij Nhr.
'WM LLM -gM. WA »W WW Pvstichr<"on,o»arlk.ruhe»ii «Ü77.
DWU WM MU WU MUMAWU VtzWU rtzAI W» WW WW WW WM UWW MgW - Trl.-Aür.:Botts,c,iungr>eie,ldera.
DWt MWL «W^ ««WU ^DU KWR «Ml MKM Druck u. Verlag der Unicidaviiche«
^WM DAM» Werlaasansialt iS. IN. b. h., Heidel-
W WM UKjM derg.lLelchSst.-stklleiSchiöderslr.t».
L MM UM ^se MM Tcf.:<x»nrdiri!?nW7»u.Redak.2<I7I.
lageg-ZeilMg für die iverMigk IeMttkng der Amisbezitte ökidelberg, Mlerloch, Sinsheim, Wingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Barbera, rauberbischofshelm n. Wertheim


WMIWi «UWWlMR
Ein schwarz-weitz-rotes Dokument.

Heidelberg, 2. März 1923.'
Es gib, in Deutschland leider Gottes mehr Köpf-!
>>»d Herzen, denen Politik ein Buch mit sieben Sic-
kein ist, c«ls solttie, denen die politischen Ereignisse,
die sich jetzt abspielen, eine Mahnung sind ;u ver-
llunftgcmässem Handeln. So gross die No: für den
Hanptieil der deutschen Bevölkerung ist, eS gibt noch
ün« Reihe von großen u. kleinen Spekulanten
- und unter das Spekulantentum sind mutte fast
Me Kapitalisten zu begreifen —, die aus dem
Elendsmeer goldene Bäche in ihre Teiche letten Sic
haben gar keine Bedenken, wenn die Löiung des
Nubrkohienkonflikts auf unabsehbare Zeil vertagt
*v!rd.
Mit ihnen geben Hand in Hand di? politischen
Abenteurer, die von Monarchie und faszist-kchcr Dik-
tatur träumen. Die politische Reaktion giauktt den
..Tag" in allernächster Nähe und benutz', mit Geld
von der Grossindustrie reichlich verscheiß die Wirren
der Zeit, um Köpfe zu verdrehen, für einen Krieg
kkcgen Frankreich scharf zu machen, um un er dickem
Deckmantel den Kamps gegen das deutsche Proleia-
ttnt zu führen. Die Rede des Herrn H crai richtet
sich unseres Erachtens nicht so sehr gegen Frankreich
als gegen das deutsche Proletariat; denn derselbe
Herr Hai noch vor kurzem Acußernnzen ganz anderer
Art getan, indem er gerade die Ausstcy'.swsigkctt
eines bewaffneten Eingreifens Hervorbob. Dass er
Zu Schwätzer ist, wissen wir genugsam von 'einer
Tätigkeit aus dem Krieg, wo er die „H-Mhu'le"
steusscrung tat, dass die Amerikaner nicht schwimmen,
nicht stiegen und nicht kommen könnten, während sie
schon unterwegs waren und ein gewaltiges Heer in
Frankreich ansstcllrcn. Aber als Hetzer ist er ernst
lu nehmen.
Die Stimmen der Kriegshetzer mehren lieh von
Tag zu Tag, Weil diese Volksverdcrlwr wissen daß
de« Konflikt an der Rnbr nicht in alle Ewigkeit dau-
ern rann, es sei denn um den Preis der Zerstörung
Deutschlands. Und sie brauckzcn diesen Konflikt, um
'bre Absichten dnrchznsetzcn. Schon kamen faszisti-
che Cadrcs nach Unterfranken unter der Maske dir
tlertriebencu aus der Ruhr, schon rüst» Herr Hit-
e r analog dem Vorgehen seines grössten Bruders
Nussolini zum Marsch auf Berlin, nicht etwa ge.ade
gegen Herrn Cuno, wobl aber gegen die noch vor-
handenen antimonarchistischen Kräfte in Nord-
deutschkand und in der Hauptstadt der deutschen Re-
bliihiik. Die Köpfe sind zu einem grossen' Teil aus
den Fugen, und so bringen es diese Betrüger fer-
tig. auch ehrliche, allerdings nicht gerade geistcsstarke
Menschen sich dienstbar -u machen, indem sie liier die
Gefahr eines tschechischen Einmarsches, dort eines
polnischen Ueberfalles, an anderer Stelle eines Ein-
tastes der Dänen an das Brett vor ihren Stirnen
ara-len, uno, damit auch die positive Seite nicht fehlt,
sabulteren sie von englischer oder auch russischer Waf-
!euhilse. Es ist dringend nottvendig, dass jeder klare,
Nüchterne Kopf allüberall Aufklärung schafft, die
Hintergründe all dieser Machinationen ausdcckr und
trotz des berechtigten Zorns über den lobenden Mi-
litarismus an der Ruhr — dessen Formen in der
-anzen Welt ja die gleichen sind — zeigt, weich cin
Mabnsinn cin bewaffneter Widerstand wäre. Er
kann sich da auf die Aeußerungen von zahlreichen,
des Sozialismus nicht verdächtigen Prr.onen stützen.
Die Unsinnigkeit der Kriegsparolen haben nachge--
diesen der konservative Historiker Hans v. Del-
brück, der General Deimling, der General v.
Äwehl und eine Reihe anderer Personen, die man
äls Sachverständige entsprechen kanlr.
Schauen wir den Dingen oune Illusion in die
Augen, so müssen wir zu dem Schluss tommcn, dass
Herr Poincars keinerlei Absicht hat. das Ruhr-
abenteuer ergebnislos abzubrechcu. Von welchen
Kräften es immer zetrftbcn wird, cin Hauptgrund
ist für iün die Lösung der sinanziellen Schwicrigket-
i«n, unter denen das wcinzösische Volk stöhnt. Und
ivenn er auch im Augenblick und mii il»n das fran-
zösische Volk nur die Lasten des nttstlörckchci, Ein-
areifens zu .ragen hat, so besteht doch kaum ctti
Zweifel, dass die .uroduk ivcn Pfänder" mit der
Zeit sich bezahlt machen, dass unter allen Umständen
aber die deutsche Industrie zum Erliegen kommt,
Kem, sie ihr Hauptgebiei an der Ruhr nicht für sich
Pützen kann. Wir Haben es von Anfang an für not-
wendig -gehalten, daß nach einer Verständigung mit
°en Franzosen gestrebt wird, sei sie direkt, sei sie auf
dem Wege der Vermittelung zu erreichen.
Die Zeit drängt; denn es scheint wirklich, als ob
a>e angelsächsischen Länder, als ob England und mit
'Hilt sein Verbündeter die Gefahren eines länger
Dauernden Ruhrkonslikts für ihr Interessen allzu
acutlich sehen. Gerade England hat größte Besorg-
Pis, daß es zn einem Konttn-entaltrust kommt, denn
me Gefahr kriegerischer Verwicklung, die er tn sich
birgt, unterschätzt es keineswegs. Und diese Gefahr
m auch nicht zu unterschätzen vorn englischen Stand-
punkt aus. Dazu kommt natürlich für beide Länder
me wirtschaftliche Ruinierung.
Gründlich verkehrt wäre es, daraus den Schluss
m ziehen, daß di« Amerikaner und Engländer all
as um der schönen Augen der Deutschen willen mn;
och verkehrter freilich deshalb diese Möglichkeit nicht

zu benutzen und wieder zu versäumen, WAS man so
oft versäumt bat: Positive Vorschläge zu machen
dariiber, tote die Reparation gefristet werden soll,
unter gleichzeiliger Regelung der deutschen Finanzen
und der deutschen Wirtschaft. Das heisst freilich
cnevgisches Vorgehen gegen das Kroßkapital, an-
dere Stcuermekhoden, Erfassung der Sa-Mverte und
was alles dazu gehört, um die bislang getriebene
Sabotage aller Sachwertbcsitzer und Nutzniesser zu
brechen.
Nach den Meldungen über die Jntenventionsabsicht
wird als Vorbedingung die Bildung einer interna-
ltonalen Finanzkotttrollkonttnisston vorgcschlagen,
deren Kontrolle Deutschland vorbehaltlos aunehmen
Mühte. Diese Bedingung ist hart und schwer, und
cs mstß alles versucht weiden, sie zu mildern. Dazu
gehört aber, nm es immer u. immer wieder zu wie-
derholen, eine Wirtschaftspolitik, die weniger den
Kapitals- als den Volksiutcresseu -dient.
Ausweichen ist heute nicht mehr möglich; denn
aus der einen Seite dusht die Scylla des Verlustes
der Rheinland«, auf der andern die Eharvbdis des
Verlustes der Souveränität, lind zu allem Unglück
noch die Möglichkcit eines Sturzes der Republik, der
mit Sicherheit zu einer Tttrkisieruug Deutschlands
durch die gemeinsame Front der Alliierten sichren
wird. Aussenpolitisch und innerpolitisch steht die
Uhr vor Schlag Zwölf.
Gegen eine Verständigung mobilisieren icdoch all
jene Verbände nud Persönlichkeiten, den-m wir ge-
rade das Elend unserer Tage verdanken. In diesem
Zusammenhang sind die Mitteilungen un-crcs Leip-
ziger Parteibl-attcs über die „Unverantwortlichen
Kriegshetzer" interessant. Die „Leipziger Volksztg."
schreibt hierüber wie folgt:
In der letzten Zeit sind in großen Zeitungen der
Schwerindustrie und in einflussreichen Tagcsblättcrn
Artikel erschienen, die offen zum Ban de »krieg
gegen Frankreich auffordern, mit dem Hinweis, dass
sich hieraus der Krieg wider Frankreich von selbst
entwickeln werde. Es ist deshalb nicht uuimercssout,
dass alle diese Artikel von einer zentralen Stelle aus
gespeist werden, und zwar von dem Korrespondenz
S cb w a r,z w e i ss r o t. Diese ventrauliche Korre-
spondenz^enttiält keine Ortsangabe und wüu cht, das;
sie nicht wörtlich abgcdruckt wird, aber sie gibt
die Anleitung zum planmässigen Aufbau des Ban-
denkrieges. Ans diesem schmutzigen Quell haben
gerade jene nationalistischen Organe dm Juball ihrer
Artikel geschöpft.
Es dürfte auch nicht zufällig »ein, dass am 1.
Februar von Neu-Ulm aus ein Major a. D. Paul
Daur irr verschlossenen Briefen Aufrufe zur Kriegs-
vorbereitung in ganz DcutsMand versendet W-'r
trägt die Kosten für diesen sehr erheblichen Auf-
wand? Wenn man die Zusammenkunft Vereinigter
Vaterländischer Verbände Deutschlands v. l >. Fehr,
in Berlin, die von den; Abgeordneten der Dculswen
Volkspartci Geissler geleitet und beeinflusst war, da
mit tn Verbindung bringt, dann ist ein gewisser Zu-
sammenhang mit diesen Zeilen unverkennbar. An
dieser Zusammenkunft nahmen etwa 100 Vertreter
teil.
Lassen wir die S ch w ar zw ettzro t. K o r r c-
spondenz selbst sprechen. Sie knüpfi au die
Rubrbesctzung au und führt dazu aus:
„Wir können uns nicht denken-, dass die Reichs-
regierung noch damit rechnet, die Franzosen zum
freiwilligen Abzug durch die Mittel des
passiven Widerstandes, der Dienstverweigerung u.
der Sabotage veranlassen zu können. Die durch
die Aeußerung des Reichskanzler klar bewiesene
Sachlage scheint uns vielmehr darauf binznwei-
scn, dass auch die Reiebsregicrung überz mgt ist, die
Räumung des Ruhrgebiets nur durch Ge-
walt erreichen zu können. Hierin liege» aber
auch die großen Schwierigkeiten, die der
Reichsvegicrung erwachsen. Aus manchen Krcikcn
wird illr zum Vorwurf gemacht, daß sie nicht bc-
rctts den Kriegszustand mit Frankreim er-
klärt habe. Eine sofortige Erklärung des Kriegs-
zustandes verbietet sich aus verschiedensten Rück-
sichten. Zum Kricgführen gehören, auch wen» rS
sich zunächst nur um Bandenkrteg handelt, zum
wenigsten Gewehre, Handgranaten und Munition,
ferner Bcklendung und Ausrüstung. Ehe also der
Kriegszustand erklärt werden könnte, müssten alle
diese Dinge zum mindesten beschafft sei» oder ihre
Beschaffung aus ausländischen Quelle» sicherge-
stellt sei». Es ist deshalb verfrüht, daß sie
den Kriegszustand erklärt. Eine Erklärung des
Kriegszustandes durch die Regierung wäre
daher auch zur Zeit aus diesem Grunde ein
schwerer F eh le v. Die Stimmung und die
Entschlossenheit unsres Volkes zum Kriege oder zu
kriegerischen Handlungen müssen erst weiter
ausr elfe n. Die Negierung wird die Auf-
gabe haben, nicht durch offizielle Kriegserklärung,
aber durch mannhafes Eintreten für die Geschä-
digten und Mißhandelten in ideeller und materiel-
ler Beziehung weitestgehend zu sorgen und da-
durch zur Aufrechterhaltung des KampfwlllcnS
beitragen. Sie wird auch ferner die Aufgabe la-
ben, durch offizielle Propaganda diesen Kampf-

willen imurer weiter zu schüren und die flammende
Begeisterung des Anfangs allmählich in den stil-
len kalten, aber nm so tiefer fresse,wen Hass und
zäbe Wut nm-zuwandeln. Noch mehr aber wird
diese Aufgabe aller Organifationeu sein, die sich
im nationalen Sinne betätigen. Die Propaganda
von Mund zu Mund und durch nichtbeaunele Per-
sonen ist viel wirksamer als alle Rsgierungserk-L-
run-geu....
Endlich aber gehört auch noch Zeit dazu, die
Franzose n sich immer tiefer in das für sie ver-
hängnisvolle Rnhrabcnteuer -hineinverstricken zu
lassen. Auch die französische Leidenschaft muh
noch mehr erregt werden, das nationale Pre-
stige noch mehr als schon bisher aufs Spiel ge-
setzt werde», damit auch die in Frankreich vorhan-
denen Stimmen der sogenannten wirtschaftlichen
Verständigung durch Verhandlungen nicht mehr
durchdringen. Uns allen ist cs bekannt und be-
wußt, daß wir mit unfern gegcnwärtt gen
Machtmitteln zur Führung eines militärischen
Frontkriegcs nssitt in der Lage wären, wohl aber
wären wir fähig, einen Banden- und Guerillakrieg
besonders gegen Etappenttnien des Feindes zu
führen, aus dem der Frontkrieg nur allmählich
hcrauswachsen tönntc, wenn die Bewaffnung nstv.
die notwendigen Fortschritte gemacht hat, nnd
wenn die aussenpMiische Lage sich geändert hat,
worauf wir mit Bestimmtheit rechnen."
Diese wahnwitzigen Instruktionen zeigen, wohin
die Kriegstreiber zicken. Nicht nur in Deutsch-
land, sondern auch inFrankreich soll jed« Ver-
üäi'Hignng ausgctricveu werden. Deshalb die in
der Presse verbreiteten Schwindolimckdungen. Deshalb
die fortwährende Auspeitschung des Volkes. Ei»
feucht fröhlicher Krieg ist das Ziel. Die
A r b e it e r s ch a f t hat alle Ursache, diesen von ge-
wissen Militaristen geförderten Bestrebungen ener-
gischen Widerstand entgegenzusetzen, jede Gemein-
schaft mit «den Kriegstreibern abznweisen und ihnen
bei festem Witten zur Abwehr französischer Ervbe-
rungsgolüste -mit völlig uugeschwächler Kraft em
gegenzutretcn.
Um Rhein und Ruhr.
Drakonische Strafen.
Paris, 1. Mörz. Die Interalliierte Mein-
lmtdlommlssio» hat zwei neue Verordnungen erlas-
sen:
Die eine verschärft die für die Nichtbeachtung der
alliierte» Verordnungen vorgesehenen Strafen, und
zwar der Geldbutzen bis zum Dreihundrrtfachen
der bisherige» Beträge der Freiheitsstrafe» bis zu
fünf Jahren Gefängnis.
Die zweite Verordnung bestimmt, dass jener Akt
von Sabotage oder Dienstverweigerung, der einen
tätlichen Unfall im Gefolge lmben könnt«, künftig mit
de», Tode bestraft werden wird. Bei minder schwe-
ren Sabotageakte» oder bei Zubilligung mildernder
Umstände soll auf Zuchthaus, jedoch nicht unter
zehn Jahren erkannt werden. Jegliche Störung des
Betriebs durch Eisenbahner und Fahrlässigkeiten
des leitenden Bahnpersonals sotten mit Geldstrafen
bis zu ö Millionen und Gefängnis bis zu 5 Jahren
geahndet werde».
Gefängnis für einen
sozialdemokratischen Redakteur.
Aus Koblenz wird berichtet. Vor den, fran-
zösischen MUitärpolizeigericht tt, Koblenz stand am
Dienstag der verantwortliche Redakteur der
„Rheinischen Warte", mrser-eS Koblenzer
Parteiorgans, Genosse Pickardt. Die „Rheinische
Warte" war Anfang Februar drei Tage verboten
worden, iv-cU sie eine Berichtigung der Interalliierten
RHetnlandkonimttsflon, die gegen die deutschen An-
ordnungen Stellung nahm, nicht veröffentlicht hatte.
Daraufhin brachte die „Rheinische Warle" einen Ar-
tikel an der Spitze des politischen Teiles: „Drei
Tage auf dem F nde r", der in rnoiger und
sachlicher Weise den deutschen Standpunkt <cam c-
Es Wurde darin unter an-derm betont, dass die Presse-
freiheit Vas Höchste Gut sei, das der deutsche
Staatsbürger besitze, und dass es die gesamte O?f-
feutkichkeit als eine schwere Beeinträchtigung ihrer
Rechte empfinde, wenn sie angetastet würde. Der
Vormarsch -der Franzosen, die wider Recht und 'Pö-
nal in Deutschland cingedrungen seien, stellte die
gange deutsche Wirtschaft ans den Kopf und bedeute
somit mich eine besonders schwere Schädigung der
Arbeiterschaft. Nach wie vor stände die rheinische
Bevölkerung auf dem Standpunkt, dass für sie einzig
und allein die Verordnungen der deutschen Behörden
massgebend seien. Wegen dieses Aufsatzes wurde
nm, Genosse Pickardt zu einem Monat Gefängnis
und 5Ü vüü Mark Gcldstrafr verurteilt. Gen. Pickardt
hat gegen dieses Urteil Berufuirg eingelegt.
Der Verantwortliche Redakteur der demokratifchcn
„Rheinischen Rundschau", Pauls, wurde zu 50 OoO
Mark Geldstrafe verurteilt, weil er eine Warnung
der Kölner Reichsüahn-direktion veröffentlicht natte,
dass die Bc-völ-kcruiU die von den Franzosen grittl'r-
ten Züge wegen der damit verbundenen Lebcnsgc
fahr nicht benutzen möge.

Ein Schreiben der Aeichsregierung
Berlin, 1. März. Di« R e ich I re gi e r u n g
hat die an der Richrvesetzung nichtbetetligten
Mächte auf den Ernst der Lage aufmerksam
gemacht, der durch das brutale Borgeben der Be-
satzungstruppen, di« täglichen Fälle von Plünderun-
gen und Straßenraub, die Ausweisung und Ein-
kerkerung der Beamten und die ständige Drangsalie-
rung ganzer Städle entstanden ist. Die Reicüsregic-
rung hm diesen Schritt für notwendig gehalten,
um der Welt «in zusammeufassendeS Bild von dem
Vorgehen zu geben und auf die Gefährlichkeit
der dadurch entstandenen Lage hinziiweisen.
Die französischen Ziele.
Paris, 1. März. Das „Echo de Paris", das
heut« erneut die bereits früher von ihm vertreten«
Auffassung verbreitet, daß an den Verhandlungen»
die der Kapitulation Deutschlands folgen würden,
England nicht direkt beteiligt werden könnte, macht
Wer die konkrete,, Ziele, die die französische Regie-
rung in der Auseinandersetzung mit Dcutschia:r
verfolge, folgende Angaben: Der leitende Gedanke
sei, ein Regime zu errichten, das es ermögliche, die
Produktion der Bergwerke und Fabriken des Ruhr-
gebiets direkt oder indirekt in den Dienst des Wie
derausbaucs der zerstörten Gebiete zu stellen. Gleich-
zeitig versuche Fraukr-cich cin System zu finden, das
die Respektierung der Artikel 42, 43 und 44 des
Friedensvertrages, das heißt die Entmilitarisierung
des linke» Rheiuufcrs und der -"Ul Kilometer-Zone
des rechten Rheinusers durch Deutschland sicherzu-
stellen würde. Entsprechende Pläne würden gegen-
wärtig in den zuständige» Ministerien ausgearbe-i-
tct.

Vom besetzten Baden.
Briefkontrolle.
Karlsrnhe, 1. März. Da die Franzosen nun
dazu übergehen, die Leute nach Briefen, die von
auswärtigen Postämtern abgepolt werden, zu un-
tersuchen und die angenommenen Briefe zu
öffnen, ist bei Abfassung von Briefen nach Offen»
bürg Vorsicht geboten.
Zu den Verhaftungen
wird noch mitgeleilt, daß vor der Verhaftung de»
Bürgermeister die Stadträte M o n s ch n. Schimpj
gefragt wurden, ob sie deren Stellvertretung über»
nchincn wollten, wozu dies« erklärten, sie würden
Befehle ablebnen, die gegen die deutsche El,re ver-
stossen.
Der Grund der Verhaftung von Oberbürgep-
meister Holler und Bürgermeister Dr. Bührer
liegt darin, daß dies« es ablebntcn, Auskünfte
üb e r d i e P e rs o n a l ie n der Familien der AnS-
gckvtesenen zu geben.

Reichstag.
Berlin, 1. März.
Der Reichstag erledigt« nach kurzer GeschästSorl»
nungsdebatle beute die drei Lettinnen einer N o -
velle, durch die die Z u st ä nd i g k e i t s g rc u z,
für die Gewerbe-u, KaufmannsgerichM
auf 8 4N0N00 Mk. erhöht wird. Die Negiermr,
ist zu weiteren, der Geldentwertring entsprechenden
Erhöhungen ermächtigt.
Bet der zweiten und dritten Beratung des Ein-
spruchs des Retchsrats gegen die Hokzabgab«
von 2 Prozent tm P r e s sc „ o t g esetz wird ans
Antrag des Ausschusses die Holzabgabc auf I!4
Prozent herabgesetzt. Gegen die Recht« wich
eine Entschliessung angenommen, die Regierum;
möge baldmöglichst sinen Gesetzentwurf vorlegen, den
die Holzabgabe auf 2 Prozent erhöht unb 5 Prozent
davon den Ländern zur Verbilligung der
Schulbücher zur Verfügung stellen soll.
Das Kohlen st «uergeletz wurde dcbaftelo»
zur Beratung an den Steuerausschuss überwiesen.
Es wurde ausserdem ein Gesetzentwurf genehmigt,
der die standesamtlichen Gebühren aus
IlM Mk. für die Eheschliessung erhöht.
Zum Schluss wurde der Haushalt des Ber-
ke h r s m i n i st e r i „ m s genehmigt.
Nächste Sitzung: Freitag. Tagesordnung: Dft
Goldanlelhe.
->, - -
Die Lage im Reich.
Vom Ordnungsstaat.
München, 1. März. (Letztes Telegr.) Ein
Sturm auf die „M ünchencr P o st" ist deute
abcrw von den „Flüchtlingen aus dem
Ruhrgcbic 1", die in den letzten Tagen hier in
grösserer Anzahl eingetrokfen waren, unternommen
worden. Mehrere hundert Nationalsozialisten spreng-
ten das Tor. Ein Teil drang in das Gebäude ein
und wollte die Rot ati o nsma s ch inen z«»'"
stören. Es gelang aber, die Eingedrnngcnen >n
einem Raum scstzuh alten und sic dort der
L a nd c » p o l > z c i zn übergeben; insgesamt wuc-,
den sechzeh n Personen verhaftet.
 
Annotationen