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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Januar - April)

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Nr. 91 - Nr. 100 (19. April - 30. April)
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Heidelberg, Montag, den 30. April 1923

5. Jahrgang

Nr. 100

Kezuasprei«: Monatlich einschließl.
Lräaerlohn Mk. 4000.-. Anzeigen-
tarife: Die einspalt. Petitzeile oder
deren Raum <M ININ breit) MI. LX),
für Auswärtige Mk. LM. Reklame-
anzeigen (71 nun breit) Mk. UHU, für
Auswärtige Mk. 80l). Bei Wieder-
holungen Nachlaß nach Tarts.

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^WWWh. HWP MW WM WU WR MMh MM MU DM NW MM M» MM FMU Tel.-Adr:VolkszeitungL>eidelbcr»
d d U Ar/ Lei.: (Lrpedilion 2873». Redak.W7S.
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!luf zur Maifeier in die


Arbeiter und Arbeiterinnen,
Angestellte und Beamte!
Die freigewerkschaftlichen Arbeiter-, Angestellten- und
Beamten-Organisationen rufen euch im Einverständnis mit
der V. S. P. D. und K. P. D. von Heidelberg auf, am
1. Mai gemeinsam an der Massenkundgebung in der
„Stadthalle" für die Gegenwartsforderungen des Proletariats
zu demonstrieren.
Unsäglich leidet heute noch die große Masse des schaf-
fenden Volkes, vor allem die Kriegsopfer, Sozialrenter und
Arbeitslosen unter den entsetzlichen Nachwirkungen desKrieges.
Die unersättliche Raubgier der Großagraricrkreise
stößt unser schwer ringendes Volk, unbekümmert um seine
Ernährung, noch tiefer ins Elend hinab. Die Provitsucht
der Industrie kennt keine Grenzen. Unter Führung von

Stinnes verbindet sie sich mit den Kapitalisten der Welt,
um die Arbeiterschaft in allen Ländern niederzuringen. Der
gesetzliche Achtstundentag ist ihnen verhaßt. Sie ver-
langen freie Bahn für die Ausbeutung des Volkes.
Die frechen Provokationen der nationalistischen Par-
teien, die gegen die Republik Hetzen mit dem Ziel, sie zu-
grunde zu richten, haben einen immer größeren Umfang
angenommen. Ungeheure Gewinne werden aus der ehr-
lichen Arbeit des Volkes herausgeholt und verpraßt. Ein
Schlemmerleben führen die Kriegsgewinnler und
Schieber, während die Armen kaum wissen, wo sie das
nötige Geld für Nahrung, Kleidung und Wohnung her-
nehmen sollen. Tausende Frauen und Kinder müssen sterben,
weil die bürgerliche Gesellschaft ihnen vorenthält, was sie
zum Leben gebrauchen.
Poincare sucht dem deutschen Volke das letzte Mark
aus den Knochen zu ziehen und se ne Einheit zu zerstören.

„Stadthalle"!
Gegen diesen Wahnsinn einer verderbten Gesell-
schaftsordnung rufen wir Euch auf zu einer gewaltige»
Massenkundgebung!
Demonstriert am 1. Mai
Für Erhaltung des Achtstundentages!
Für den Bestand der Republik!
Für ein einheitliches Arbeitsrecht!
Für den wahren Völkerfrieden!
Gegen Teuerung und Wucher!
Gegen die ungerechte Steuerpolitik^
Gegen das hochverräterische Treiben der Faschisten!
Gegen dieNeparationspolitik der kapitaliftischenMächte!
Für den Sozialismus!

Am morgigen Dienstag früh 10 Uhr muß die Parole lauten:

„Auf zurMaifeier in die Stadthalle!"

1. M M MMliMlk.
Von Emile Vandervelde, Brüssel.
Die Kundgebung des 1. Mai ist das letzte Ucber-
bloibsel jener internationalen sozialistischen Einheit,
die, nachdem sie dm Anschluß an die Pariser Kom-
mune von 1871 gesprengt worden war, auf dem
Pariser Kongreß von 1889 wiederhergestellt
wunde. Zum 30. Mal seit 1890 feiern die Sozial-
demokraten, die Kommunisten, die Arbeiterpartei-
ier, die Gewerkschaftsmitglieder aller Richtungen,
wenn nicht zusammen, so doch gleichzeitig, vcn 1.
Mai.
Die zum Tode verurteilten Sozialrevolutionäre
in den Moskauer Gefängnissen, die Rotgardisten
Trotzkis vor dem Kreml, die aus Ungarn Verbann-
ten oder in den Konzentrationslagern Horchys In-
ternierten, die deutschen und slawischen Sczialisten
t>er Tschechoslowakei, die sich sonst so scharf einander
befehden, die Arbeiter des Ruhrgebiets, die soziali-
bischen Soldaten unter den belgischen Kakhihelmen
oder unter den französischen azurblauen Stahlhel-
men, in einem Worte, alle diejenigen, die von Klas-
senbewußtsein erfüllt sind, sie begrüßen mit einheit-
lichem Schwünge das zweifache Ideal der Befrei-
ung der Arbeit und der Befriedigung
d e r W e l t.
Unnötig zu betonen, aber, daß diese mystische
Betrach ung künftiger Perspektiven zwischen den
Sozialisten aller Länder und aller Richtungen nur
ein Band bildet, dessen Unzulänglichkeit
offenkundig ist.
Wir stehen Realitäten, harten, sehr harten
Realitäten gegenüber. Wir stehen tagtäglich vor
unsagbar ernsten Problemen, deren Lösung ebenso
schwer wie unerläßlich ist, wenn man nicht will, daß
Europa zugrunde gehe; und unter diesen Problemen
gibt es ein, das in der gegenwärtigen Stund« alle
anderen überragt und neben dem alle übrigen ne-
bensächlich und abhängig erscheinen: Das Problem
der Reparationen und der R u h r ko n f l i k t.
Es wird behauptet, daß bei diesen Konflikten
Frankreich, Belgien, Italien, Deutschland, England
in Streit verwickelt sind.
Das ist glücklicherweise unwahr.
Der Ruhrkonslikt ist gar kein Streit zwischen
Frankreich, Deutschland, Belgien, England oder
Italien. In diesem Krieg gibt es die eine neue
Tatsache: daß die in Frage kommenden Nationen
keine unversöhnlichen Massen bilden, die sich aus-
einander stürzen, ohne anderen denkbaren Ausweg
als den Triumpf der Stärkeren. Die Trennung der
Kräfte ist eine ganz andere. Auf der einen Seite
6>bi es Regierungen — die deutsche, die französische,
die belgische Regierung usw. —, die darüber Uber-
einstimmen, daß sie nicht miteinander übereinstim-
uren, und die sich auf die bürgerlichen Parteien
stützen oder aus Volksmassen, deren Gefühle und
Vorurteile durch die kapitalistische Presse geschürr,
werden. Auf der anderen Seite gibt es alle pro -
leta rischen Parteien, gibt es alle diejeni-
gen, di« fähig sind, die Dinge anders als vom na-
tionalistischen Gesichtspunkt zu betrachten, alle die-
jenigen, die begriffen haben, daß das Lebensinter-
rsse der Arbeiterklasse Lösung der Verständigung er-
fordert.
Freilich scheint es zunächst, als ob der Kampf
zwischen diesen beiden Gruppen von Kräften ein u n-
Sleich er sei. Sehen wir uns jedoch die Dinge
näher an. Gewiß besteht bei uns eine Schwäche,
die ich nicht unterschätze insofern, als wir nirgends
du der Macht sind und überall nur eine Opposition
bilden, und zwar eine solche, die nicht immer sehr
einflußreich ist. Aber andererseits besitzen wir eine
Stärke, die auf die Dauer unbesiegbar werden kann:
Einigkeit der Arbeiterklassen gegen-
über den gespaltenen Regierungen. Die inlerna-
sionale Arbeiterschaft ist sich einig, wenn nicht über
We Einzelheit«« eine» Plarres der Reparationen


und der internationalen Sicherheit, so doch über die
Grundsätze der notwendigen Vereinbarungen. Aller-
dings würde dieses grundsätzliche Einvernehmen,
das übrigens in den jüngsten Zusammenkünften
erfreulich vervollständigt wurde, wenig bedeuten,
wenn nicht unserem gemeinsamen Willen eine ge-
meinsame Aktion folgte. Glücklicherweise wird eine
solche Aktion beabsichtigt, und die Kundgebung des
1. Mai soll für uns alle die Gelegenheit fein, fest-
zustellen, daß sie sich mit steigender Kraft und Ent-
schlossenheit fortsetzen wird.
Wir haben nicht nur gemeinsam grundsätzliche
Resolutionen zu fassen, wir Haden auch, jeder in sei-
nem Lande, einen energischen Feldzug im Ssirn«
dieser Resolutionen zu führen. Die englischen
Sozialisten z. B. haben die von Keynes siegreich
durchgeführte Beweisführung zu vollenden, zu ver-
vollständigen und zu propagieren, wonach es nicht
nur ungerecht ist, sondern auch den wirklichen Inter-
essen Englands zuwiderläuft, ihm Frankreichs
Kriegsschulden auszwingen zu wollen, während letz-
teres die volle Wiedergutmachung seiner Schäden
nicht zu erlangen vermag.
Die deutschen Sozialisten haben ihre Be-
mühungen fortzusetzen, um die Negierung Cuno zu
veranlassen, sobald wie möglich Verhandlungen ein-
zuleiten und für alle Mal auf Methoden zu ver-
zichten, die aus dem Wunsch zu entspringen schei-
nen, der moralischen und vertragsmäßigen Ver-
pflichtung zu Reparationen zu entgehen.
Die belgischen und französischen So-
zialisten endlich müssen unablässig zugleich die Un-
gerechtigkeit und die Sinnlosigkeit einer Politik
brai'tdmarken, die, weit davon entfernt, die Repara-
tionen zu sichern, sie nur noch schwieriger gestalten,
und die unter dem schlechten Vorwand eines Fehl-
betrages von einigen lausend Telegraphenstangen
und einigen Millionen Tonnen Kohle die militäri-
sche Besetzung der reichsten Gebiete Deutschlands
beschlossen hat, wobei die schlimmsten Zweifel über
das wahre Ziel dieser Besetzung, ob politisch oder
wirtschaftlich, offen gelassen werden.
Um nun im allgemeinen Interesse zum gemein-
samen Endziel zu gelangen, müssen wir uns die
Arbeit teilen und, jeder in seiner Einfluß-
Sphäre, auf unsere Regierung einwirken. Und eS
ist notwendig, zu betonen, daß unsere Erfolgaussich-
ten umso größer sein werden, je weniger einseitig
der sozialistische Druck im Sinne einer friedlichen
Regelung sein wird, je mehr dieser Druck mit der
gleichen Energie in Deutschland auf die Regierung
Cuno, in England auf die Regierung Bonar Law,
in Frankreich und Belgien auf die Regierungen
Poincarö und Theunis ausgeübt werden wird.
Um die ungeheuren Probleme zu lösen, die in
sich Krieg oder Frieden bergen, bedarf sich die so-
zialistische Aktion nicht aus ein einzelnes Land oder
auf eine Gruppe von Ländern fühlbar machen. Sie
muß allgemein sein, sie muß international
sein. Und das ist es, was seine ganze Tragweite,
seine volle Kraft dem großen Ereignis verleihen
soll, das sich in drei Wochen in Hamburg Vollzie-
hen wird: dem ersten allgemeinen Kongreß der Wie-
derhergestellten sozialistischen Internationale.

Die Lage im Reich.
Echt München!
Unser Münchener Mitarbeiter schreibt unS:
Der bayerische Minister des Innern
hat die von unserer Münchener Parteiorganisation
und den Gewerkschaften für den 1. Mai geplanten
öffentlichen Versammlungen und den geplanten
Umzug verboten. Dieses Verbot ist auf die
Initiative des Regierungspräsidenten v. Kahr zu-
rückzuführen, unter dessen Regime bekanntlich die
Nationalsozialisten emporkommen konnten.
U. a. heißt es in dem Verbot: „Erst am Freitag -st
festgestellt worden, daß die Orts- und Bezirksleitung


der K.P.D. den Beschluß gefaßt har, sich entgegen
dem Regierungsverbot des Mitführens von Sow -
jetfahnen und unter Einsetzung der kommunisti-
schen Noten Wehr an der Maifeier zu beteiligen.
Außerdem ist bekannt geworden, daß mindestens
beträchtliche Teile der Zugteilnehmer bewaffnet er-
scheinen werden."
Ferner wird das Verbot auf di« allgemeine Hal-
tung der Kommunisten in der Ruhrfrage (die
aber wesentlich besser ist als die der National-
sozialisten) und aus die in den letzten Tagen durch
nationalsozialistische Sturmtrupps hcrvorgerufeuen
Zusammenstöße zurückgcführt. Ausdrücklich beruft
sich Herr Schweyer auf die Reichsverfassung,
die bisher gegen die Nationalsozialisten anzuwenden
er mit sonderbarem Respekt ab geleh nt hat.
Dieses Verbot zeigt, daß die Münch» ner
Regierung ganz offensichtlich nur noch eine F i -
ltale der nationalsozialistkschen Ban-
den ist, die es wohl augenblicklich noch für oppor-
tun halten, die Regierung nicht offen zu stürzen,
sondern ihr nur in jedem einzelnen Fall vorzu-
schreiben, was sie zu tun und zu lassen hat. Der
Hinweis auf die angebliche Bewaffnung der Kom-
munisten ist eine groteske Verhöhnung, wenn
man bedenkt, daß dieselbe Regierung die mili-
tärischen Felddien st Übungen der Hit-
lerleute duldet, die allein über Waffen ver-
fügen. Die Haltung der Kommunisten in der Ruhr-
frage steht turmhoch über dem Benehmen der
Nationalsozialisten, die jeden Tag die Reichsregie-
rung aufs heftigste angreifen und den Slbwehrkampf
an der Ruhr für vollkommen nebensächlich gegenüber
der „Abrechnung mit den Nvvemberverbrechern" er-
klären. Bezeichnend für die amtliche Unterstützung
der Hitlerschen Umsturzplän« sind auch die offiziösen
Meldungen über angebliche sozialdemokratische Lock-
spitzel, die den Attentatsplan aus Auer veranlaßt
haben sollen. Es scheint in der Tat so, als ob
Hitler recht hat, daß die Stunde der Entscheidung
gekommen ist. Die bayerische Regierung wird den
größten Teil der Verantwortung für die
Dinge tragen, die sich aus dieser Unterstützung der
Hitlerschen Umsturzpläne durch ihre Scheinregierung
mit Naturnotwendigkeit entwickeln müssen.
Württemberg rafft sich auf.
Württemberg» das bisher dem Treiben der Na-
tionalsozialisten eine wohlwollende Neutralität zu
Tage legte, scheint endlich zur Einsicht gekommen zu
sein, daß mit bloßen Verfamnuungsverboten, an
die sich die Nationalsozialisten nie gehalten haben,
nichts zu machen ist. Auf Grund des Artikels 48
der Reichsverfassung wird im „Württembergischen
Skmisanzeiiger" sine Verordnung des Staats-
ministeriums über außerordentliche Maßnahmen zur
Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und
Sicherheit bekanntgegeben. Die Verordnung ver-
bietet Versammlungen und bedroht Zuwiderhand-
lungen mit Gefängnis nicht unter einer Woche,
neben der auf Geldstrafe bis zu einer Million er-
kannt werden kann. Bestraft wird, wer in öf-
fentlichen Versammlungen oder Kundgebungen ge-
fährliche Werkzeuge mit sich führt oder zur
Hand nimmt, ferner wer nicht verbotene Versamm-
lungen, Kundgebungen oder Auszüge mit Ge-
walt verhindert oder sprengt; auch der Versuch
ist strafbar.
Gleichzeitig werden die Hundertschaften, Sturm-
und Stoßtrupps, Wahlschutz- und dergleichen Ver-
bände für aufgelöst erklärt.
Es hat sehrlange gedauert, bis sich die würt-
tembergische Regierung zu diesen Maßnahmen auf-
geschwungen bat. Bisher stellte die württembergische
Regierung die nationalsozialistische Bewegung als
eine harmlose hin, „die an ihrem programmatischen
Widerspruch zugrunde gehen werde". Nun scheint
man aber doch zu der Einsicht gekommen zu sein,
daß die württembergischen Nationalsozialisten doch


nicht so harmlos sind. Man wir abwarten
müssen, wie die ausführenden Organe diese
Verordnung anwenden werden, ob nur gegen links
oder auch gegen rechts.
...»'«I WMIM ...
Internationale Lage.
Eine Tagung der Länderregierungen
Berlin, 28. April. Montag, den 30. April,
nachmittags 3 Uhr findet in Berlin eine Kabi-
nettssitzung der Reichsrcgierung statt, an der
sämtliche Ministerpräsidenten der
Länder teilnehmen werden. Die Kabinettssitzung
wird sich mit der Frage des deutschen Angebots
befassen. Von der badischen Regierung wird sich
Staatspräsident Remmel« zu der Kabinetts-
sitzung begeben.
Berlin, 30. April. (Letztes Tel.) Die deut-
sch e N o t e über die neuen deutschen Vorschläge
wird den alliierten Regierungen, wie wir erfahren,
am Mittwoch überreicht und am gleichen Tag«
der deutschen Oeffentlichkeit bekanntgegeben werden.
Die Note wird gleichzeitig in London, Pa-
ris, Rom und Brüssel übergeben sowie in
Washington zur Kenntnis gebracht werden.
Die Veröffentlichung der Note in Berlin ist nicht
vor Mittwoch abend zu erwarten.
Wie verlautet, sind die Besprechungen des
Reichskanzlers mit den Staats- und
Ministerpräsidenten der Länder auf
Dienstag verschoben worden.
Das deutsche Angebot.
Berlin, 29. April. Der „Sozialdemokratische
Parlamentsdienst" telegraphiert uns: Während mau
sich in Berlin ein« Verzögerung der Absen-
dung nach der anderen leistet, wütet der französische
Nationalismus schon jetzt fortgesetzt gegen das deut-
sche Angebot, trotzdem ihm der Inhalt nicht bekannt
ist. Der Sinn dieser Hetze ist, die deutsche Regie-
rung zu einem Scheinangebot zu verleiten,
das inhaltlos und damit zwecklos wäre. Auch dies-
mal scheinen schlechte Berater am Werke zu sein,
deren Dummheiten schließlich das ganze deut-
sche Volk bezahlen mutz. Man sollte sich doch dar-
über klar sein, daß die Garantiebietungen
für auswärtige Anleihen, die wir doch einmal brau-
chen, ohne Erfassungder Goldwerte, ohne
Zwangshypotheken nicht geht und daß eS
besser ist, darüber in dem Angebot offen und klar
zu sprechen, als durch Unklarheiten über diese Frage
Anlaß zu neuen Verdächtigungen über
Deutschlands „schlechten Willen" zu geben. Uns
scheint überhaupt notwendig, daß man derartige
Garantieleistungen sofort gesetzlich festlegt und
einen entsprechenden Gesetzentwurf der Note beifügt.
Die Ministerpräsidenten der Länder
werden Gelegenheit haben, das deutsche Angebot
kritisch zu begutachten. Wir erwarten zum min-
desten von denjenigen, die uns nahestehen, ein
offenes Wort gegenüber der Reichsregierung,
falls sich in dem deutschen Vorschläge irgendwelche
Mängel zeigen. Nur durch Offenheit uni»
Klarheit, durch sachgemäße Kritik, wo sie not-
wendig ist, kann der deutschen Sache im Augenblick
ein Dienst erwiesen werden.
Frankreich verlangt völlige
Unterwerfung.
Paris, 28. Avril. Der „Temvs" will zu dkt
nachstehenden Erklärung autorisiert siin: „Die fran-
zösische Negierung wird auf ihren in der Rede Po-
incarös am Sonntag mitgeteilten Standpunkt nicht
verzichten und kein deutsches Angebot in
Betracht, ziehen^, solang« der Passive
 
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