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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 13.1913/​1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.53853#0139

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XIII, Heft 10.Die Werkstatt der Kunst. 127

Redaktioneller Teil,
bin Urteil uncl leine Legrünciung

Ter-
min
Ausstellungen
8
Ter-
min
Ausstellungen
Dez.—
Lebr.
Schwarz-weiß-Ausstellung der Münchener Se-
cession in München.
9
20. s.
bis
s. 2.
Einlieferung für die Kunstausstellung im
Kaiser Friedrich-Museum in Wilhelms-
haven.
9
1-14
Ans.
Ian.
Schluß der Bremischen Ausstellung sysZ in
Bremen.
HZ
Ende
Febr.
Schluß der Ausstellung der jungen Künstler-
schaft Oesterreichs in der Secession in Wien.
! ! I I > !
Mitte
März
Eröffnung der Frühjahrsausstellung in der
Secession in Wien.
Ans.
Ian.
Schluß der Studien- und Skizzenausstellung
der Secession in Wien.
März
bis
April
Frühjahrsausstellung des Albrecht-Dürer-Bun-
des in Berlin.
Mitte
Ian.
Eröffnung der Ausstellung der jungen Künst-
lerschaft Oesterreichs in der Secession in
Wien.
9
t5. H.
bis
3t. tv.
Internationale Kunstausstellung Venedig.
2
s5.
Ian.
Anmeldung für die Kunstausstellung im
Kaiser Friedrich-Museum in Wilhelms-
haven.
Mitte
Juli
Schluß der Frühjahrsausstellung in der Se-
cession in Wien.

vv. wir haben mehrfach darüber berichtet, daß
Postkarten, die in tadelloser Wiedergabe allgemein
bekannte und teilweise auf öffentlichen Plätzen stehende
Kunstwerke zeigen, beschlagnahmt und als unzüchtig
und das Schamgefühl verletzend vom Gericht zur
Vernichtung bestimmt wurden, was in dieser Hin-
sicht im Deutschen Reiche möglich ist, das ergibt sich
aus der im folgenden mitgeteilten Begründung
eines vor kurzem ergangenen Urteils des Land-
gerichts I Berlin sowie aus dem weiter unten fol-
genden genauen Verzeichnis der auf den vernichteten
Postkarten dargestellten Kunstwerke. Der in Betracht
kommende Teil der Urteilsbegründung lautet wörtlich:
Die sämtlichen in der Urteilsformel bezeichneten Karten
sind als objektiv unzüchtig im Sinne des tz t8H des Straf-
gesetzbuches anzusehen.
Auf ihnen sind nämlich männliche und weibliche nackte
Körper durch photographische Wiedergabe bekannter Kunst-
werke dargestellt, wie der Augenschein lehrt. Aus diesem
Grunde konnte von der von dem Einziehungsinteressenten
Wolter hierüber eventuell beantragten Vernehmung der
Künstler Schaper, Brütt und Herter Abstand genommen
werden. Zur Entscheidung steht keineswegs die Frage, ob
die betreffenden Kunstwerke als solche und überhaupt
photographische Reproduktionen derselben allgemein als
unzüchtige Darstellungen im Sinne des tz t8H anzusprechen
sein werden. In Frage steht vielmehr lediglich, ob die
vorliegenden Abbildungen durch irgendwelche besonderen
Umstände zu unzüchtigen im Sinne des Gesetzes geworden
sind. Bei der Erörterung und Entscheidung dieser Frage
sind die Originale der einzelnen Kunstwerke vollständig
außer acht zu lassen, vielmehr sind die Abbildungen auf
den Karten selbständig zu beurteilen, und es kommt darauf
an, ob sie den Begriff des relativ Unzüchtigen erfüllen, ob
insbesondere durch die Art der Darstellung und Verbreitung
eine Unzüchtigkeit hervorgerufen wird. Zugegeben kann
werden, daß die fraglichen Reproduktionen dazu bestimmt
gewesen sein mögen, künstlerischen Zwecken zu dienen, und
es kann nicht ohne weiteres anerkannt werden, daß die
auf den Karten dargestellten nackten Körper durch Schatten-
wirkung so wiedergegeben sind, daß die dem Geschlecht
eigentümlichen Teile und Formen des Körpers besonders
hervortreten, oder daß auf einigen Abbildungen die Stel-

lung der Körper eine besonders sinnenaufreizende ist. Der
Begriff der Unzüchtigkeit wird bei diesen Abbildungen nur
durch dis Art der Schaustellung und Verbreitung erfüllt.
Durch die photographische Wiedergabe der Kunstwerke auf
Postkarten wird eine allgemeine Verbreitung bezweckt, zu-
mal da die Postkarten, wie die Linziehungsintereffenten
Wolter und die Neue Photographische Gesellschaft nicht
leugnen, als Massenartikel zum verkauf an jedermann
hergestellt sind.
Lin großer Teil des Publikums, besonders aber die
Heranwachsende Jugend, erblickt in den Abbildungen auf
den Postkarten vornehmlich eine verführerische Darstellung
des Nackten und hat darum kein Verständnis dafür, daß
in den Originalen der abgebildeten Kunstwerke die künstle-
rische Idee das Unzüchtige der Darstellung zurückdrängt.
Insofern wirken die Abbildungen, wenn sie dem nicht-
kunstverständigen Publikum und besonders der Heran-
wachsenden Jugend durch Ausstellen in Schaufenstern und
Auslegen in Geschäften zum Zwecke des Verkaufes zu-
gänglich gemacht werden, schamverletzend, und es soll be-
sonders die Jugend davor geschützt werden, daß die Ab-
bildung der nackten Körper seine Lüsternheit erregt.
Hiernach ist tatsächlich festzustellen, daß durch die in
der Urteilsformel unter den Ziffern t bis HZ bezeichneten
Postkartenabbildungen unzüchtige Abbildungen verkauft und
an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausgestellt
oder sonst verbreitet sind.
Die Verfolgung der Linziehungsintereffenten Fink und
Wolter oder einer anderen, an der Herstellung oder Ver-
breitung der Karten beteiligten Person ist nicht angängig,
weil der Verleger der Karte Nr. HZ in Paris wohnt und
bei den anderen Personen nicht nachzuweisen ist, ob sie
sich der unzüchtigen Wirkung der Abbildungen' bewußt ge-
wesen sind.
von diesem so überaus — eigenartig begründeten
Urteil (das, wie wir nochmals betonen zu müssen
glauben, tatsächlich im Jahre 1915 in Berlin er-
gangen ist) wurden betroffen Postkarten mit folgen-
den Darstellungen:
s. „Echo" von Herzig,
2. „Echo" von Herzig,
3. „Der Kuß" von Rodin,
H. „Nymxhenbrunnen" von Karl März,
5. „Drei Grazien" von Eanova,
 
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