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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 13.1913/​1914

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256

Die Werkstatt der Kunst.

XM, Heft ry.

uud meine darauffolgende Karte ohne jede Antwort blieb,
ersuche ich Sie umgehend um Zurücksendung meiner sämt-
lichen Arbeiten, da ich, wie ich Ihnen schon mitteilte, die
Arbeiten benötige.
Hochachtungsvoll
pfaehler von Mthegraven.
Berlin, den ;3. Dezember
Verlag Original und Reproduktion
Leipzig.
Hiermit ersuche ich Sie nochmals zum wiederholten
Male um umgehende Zustellung meiner Werke, die ich auf
Ihren Wunsch Ihnen vorlegte.
Sollte ich in drei Tagen nicht im Besitz meiner Werke
sein, übergebe ich die Angelegenheit dem Syndikus der
Deutschen Kunftgenossenschast und kläre meine Kollegen in
der „Werkstatt der Kunst" auf über die Annonce „feiner
Verlag".
Ich bitte zum letzten Male um sofortige Zustellung.
Hochachtungsvoll
pfaehler von Gthegraven.
Berlin-Friedenau, den St. Dezember t9l3-
Original und Reproduktion
Leipzig.
Hiermit fordere ich Sie auf, bis 6. Januar (als
Endtermin) meine Werke mir zurückzusenden, andernfalls
ich sofort Klage erhebe.
pfaehler von Gthegraven.
TeitungslckLU
Im „Berliner Lokalanzeiger" lesen wir:
Lichtwark und sein Nachfolger an der
Hamburger ttunfthalle.
wie das immer zu gehen pflegt: Kaum hatte der
Direktor der Hamburger Kunsthalle die Augen geschlossen,
da wurde auch schon die Frage erörtert: „wer kann, wer
wird ihn ersetzen?" Lichtwark hat auf das ganze künstle-
rische Leben von Hamburg einen außerordentlichen Einfluß
ausgeübt; er hat es, nach langem Winterschlaf, erst eigent-
lich wieder erweckt. Die Kunstsammlungen in der Städti-
schen Kunsthalle, die in ihren einzelnen ungeordneten, un-
zusammenhängenden Teilen ein totes Kapital für Ham-
burg waren, hat er den Hamburgern erst recht bekannt-
gemacht; er hat sie vor allem nach den verschiedensten
Richtungen erweitert und bereichert, so daß heute die bei
seinem Eintritt in das Amt herzlich unbedeutende Samm-
lung zu den bedeutendsten in Deutschland zählt. Lichtwark,
von Haus aus Schullehrer, hat den Theoretiker nie ganz
verleugnet; im Entwerfen immer neuer Pläne, in der
Agitation dafür durch Rede und Schrift, in der Begrün-
dung von Vereinen war er unermüdlich, aber er wußte
seine Pläne auch ins Leben zu rufen, ständig zu fördern
und durchzuführen. Er hat der Kunsthalle als erster feste
Ziele gesteckt, hat sie zu einer umfassenden Sammlung der
hohen Kunst in Deutschland, zu einer Sammlung echt
deutscher Kunst auszugestalten gewußt. In erster Linie
hat er eine Sammlung neuerer Kunst zu schaffen gesucht;
dabei hat er die fremde Kunst nebenbei nur so weit be-
rücksichtigt, als dadurch ihr Einfluß auf die deutsche Kunst
ersichtlich wurde. Er hat dabei seine Sammlung so weit
wie möglich auf die lokale Kunst, die ältere und neuere
Kunst von Hamburg und Niedersachsen überhaupt aufge-
baut und hat gerade nach der Richtung in dem, was er
zusammengebracht hat, und durch seine wissenschaftlichen
Arbeiten darüber geradezu Mustergültiges geleistet. Möge
sein Vorbild auch in Zukunft maßgebend bleiben!
Die letzten Jahre seiner Tätigkeit galten der seit
Jahren dringend notwendigen Erweiterung und dem Um-
bau des Museums, dessen Pläne und Beginn Lichtwark
noch durchsetzen konnte, dessen Abschluß er aber leider nicht

mehr erleben sollte. Hier erwächst dem Nachfolger eine
große, ja die Hauptaufgabe. Lichtwark war es nicht ge-
geben oder er hatte doch keine Freude daran, die Früchte,
die er sammelte, auch zu sortieren, seine Kunstwerke ge-
schmackvoll aufzustellen, sie durch wissenschaftliche Kataloge
und populäre Führer weiten Kreisen zugänglich zu machen.
Er hat kaum je den versuch gemacht, auch nur provisorisch
eine der verschiedenen Abteilungen der Kunsthalle durch
günstige Einrichtung und Ausstellung voll zur Geltung zu
bringen; ja einzelne Sammlungen, wie namentlich die von
ihm kaum erweiterte, sehr wertvolle alte Sammlung der
Handzeichnungen und Stiche, haben nicht einmal die not-
wendige, seit Jahrzehnten sonst fast überall durchgeführte
Aufstellung nach modernen, auf bestmögliche Konservierung
ausgehenden Grundsätzen erhalten. Die Aufgaben, die sich
Lichtwark gestellt hatte, namentlich die Propaganda, die er
nicht nur für seine Sammlungen und für die Ausbildung
des Kunst- und Sammelsinnes in Hamburg, sondern für
die Läuterung des Kunstgeschmacks in ganz Deutschland
mit größtem Eifer unermüdlich führte, hinderten ihn, nach
anderen Richtungen den Bedürfnissen seiner Sammlung
voll gerecht zu werden. Die Aufgaben gingen über die
Kräfte eines einzelnen, selbst eines so leistungsfähigen und
fleißigen Mannes wie Lichtwark hinaus; einen anderen
neben sich hätte er aber nie geduldet.
So ist es zweifellos, daß für feine Nachfolge mehrere
Kräfte erforderlich sind, wenn auch einer die Oberleitung
erhält. Man sagt, daß der verstorbene seinen Vorgesetzten
gegenüber schon seit längerer Zeit seinen Nachfolger nam-
haft gemacht und daß er als solchen einen bekannten
Galeriedirektor am Rhein bezeichnet habe. Aber der würde
doch nur nach der einen Richtung der modernsten Kunst
die Sammlung weiter ausbauen, auch schwerlich in dem
spezifisch deutschen Sinne Lichtwarks; er würde die Propa-
ganda für Verbreitung des Interesses an Kunst, die Auf-
rechterhaltung der verschiedenen Kunstvereine, die Lichtwark
ins Leben gerufen hat, durchzuführen haben. Line andere
schwierige Aufgabe, die gründliche kunstgeschichtliche Vor-
kenntnisse erfordert, ist aber die Musterung, Ordnung und
Vervollständigung der Kunstwerke älterer Kunst, sowohl
der heimisch-niedersächsischen als auch der alten nieder-
ländischen Schulen. Lichtwark hat in erster Richtung syste-
matisch und ganz energisch gesammelt, in letzterer im
wesentlichen den Grundsatz befolgt: Lurpe cliem, d. h.
wenn es galt, eine Hamburger Sammlung alter Meister
für Hamburg zu erhalten, so hat er alles daran gesetzt, sie
ganz oder doch wesentliche Teile davon durch Ankauf für
die Kunsthalle zu retten, was er so erworben hat, und
was gelegentlich geschenkt worden ist, müßte mit dem
alten Bestand verbunden und nach der einen oder anderen
Seite erweitert werden.
Line weitere Aufgabe, an die Lichtwark nicht heran-
gegangen ist, obgleich er gerade dafür vorgebildet war, ist
die Aufstellung und Erweiterung der ausgezeichneten
Sammlung von alten Stichen und Handzeichnungen, die
namentlich aus den alten Schenkungen des Vermächtnisses
der Kunsthändler Harzen und Lommetter entstanden ist.
Dann muß zu der Eröffnung des umgestalteten und er-
weiterten Museumsbaues, der in zwei oder drei Jahren
in Aussicht stehen soll, zunächst für einen Führer und mit
der Zeit für wissenschaftliche Kataloge der zum Teil sehr
umfangreichen Abteilungen gesorgt werden.
Diese und ähnliche Aufgaben, die sich schon aus dem
jetzigen Vorrat von Kunstwerken ergeben, und denen sich
neue anreihen werden, erfordern eine zweite tüchtige Kraft.
Kurz, die Hamburger Regierung wird sich bei der Wieder-
besetzung von Lichtwarks Stelle von vornherein darüber
klar sein müßen, daß ein Mann alle die Aufgaben, die
der eigentliche Begründer der Sammlung auf seine starken
Schultern genommen hatte, nicht fortführen und weiter
ausbauen kann, wenn das, was in so großem Stile vor-
gearbeitet ist, zum Abschluß und zu voller Geltung gebracht
werden soll.
ö.
 
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