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Die Werkstatt der Kunst.
XIII, Heft 2 H
Louvregemälde in beträchtlicher weise. Das Bemerkens-
werteste ist, daß es auf beiden Seiten Säulen aufweist,
wie diese von vasari als Teile des Bildes der Gioconda
erwähnt wurden. Diese Säulen treten auch auf der Raffael-
schen Zeichnung der Mona Lisa hervor, die im Louvre
aufbewahrt wird, und die anscheinend Raffael nach dem
Gedächtnis gezeichnet hat. Müntz in seiner autoritativen
Biographie Da Vincis hebt hervor, daß diese Säulen an
der Mona Lisa des Louvre vorhanden sind, aber nur durch
den Rahmen verdeckt werden. Das wird jedoch von den
Kunstkennern, die das Isleworth-Gemälde gesehen haben,
in Abrede gestellt. Als Beweis führen sie an, daß die im
Besitze von Richardson, dem Künstler des 18. Jahrhunderts,
gewesene alte Kopie, die 1750 mit dem Louvregemälde
verglichen und als übereinstimmend mit diesem bezeichnet
wurde, keine Säulen enthält. Line weitere Ähnlichkeit
zwischen der Raffaelschen Zeichnung und dem Isleworth-
Gemälde liegt in einigen Bäumen, die auf der linken
Seite im Hintergrund erscheinen. Das Isleworth-Gemälde
stammt aus derselben Zeit wie das Louvregemälde, ist aber
viel größer, und Leonardo da Vinci selbst spricht in einem
Brief an den Marschall de Lhaumont von zwei Gemälden.
Uns geht folgende Zuschrift zu:
Heft 19 der „Werkstatt der Kunst" vom 2. Februar d. I.
bringt eine Mitteilung „Menzel und Lichtwark", die ge-
eignet ist, eine irrige Meinung von Menzels Stellung zu
den großen Meistern der alten Kunst zu erwecken.
Menzel soll zu dem jungen Lichtwark, der ihm den
plan eines Werkes über Dürer mitteilte, gesagt haben:
Das ist schön. Da können Sie den Leuten einmal sagen,
daß der Kerl nicht zeichnen konnte." Die Geschichte ist
der jüngst erschienenen Liebermann-Biographie von Erich
Hanke entnommen. Das Buch ist mir nicht zur Hand;
Max Vsborn, in seiner Anzeige desselben, zitiert sogar:
„Der dumme Kerl", wenn Menzel diese Worte ge-
sprochen hat (woran ich nicht zweifle, denn sie entsprechen
ganz seiner scharfen, sarkastischen Art), so ist es ohne
weiteres klar, daß sie ironisch gemeint waren. Menzel
hatte, wie manche ausübende Künstler, keine besonders
hohe Meinung von der Tätigkeit der Kunsttheoretiker,
wenn nun ein junger Student, der eben beflissen war, sich
die Anfangsgründe der Kunstgeschichte anzueignen, ihm
sagte, daß er ein Werk über Albrecht Dürer schreiben
wolle, so ist es nur zu begreiflich, daß dies die Spottlust
des skeptisch und sarkastisch veranlagten Meisters erregen
mußte. Das entspricht eben so seinem Charakter und seinen
Anschauungen, wie die Form der Antwort seiner Art, sich
auszudrücken. Ich habe diese selbst in schmerzlicher weise
kennen gelernt, und ich will das kleine Erlebnis, das
auch sonst interessant ist, hier erzählen. Der Verein Ber-
liner Künstler veranstaltete, um die Mittel zum Bau des
Künstlerhauses aufzubringen, eine Verlosung von Werken
seiner Mitglieder. Menzel hatte dazu ein wundervolles
Bild gestiftet, ein grau in grau gemaltes Melbild, dar-
stellend König Heinrich VIII. von England mit Anna Bo-
leyn auf einem Ballfest; ein Werk, voll von sprühendem
Leben und malerischen Lichteffekten. Ich hatte nun als
damaliges vorstandsmiglied die ehrenvolle Aufgabe, dem
Altmeister den Dank des Vorstandes auszusxrechen. Un-
glücklicherweise hatte ich kurz vorher in irgendeinem
Schmöker gelesen, die schöne Königin habe an der rechten
Hand sechs Finger gehabt. Ls reizte mich nun, dem
großen Realisten zu sagen, daß er sich diese historische
Merkwürdigkeit hatte entgehen lassen, und ich war neu-
gierig, was er dazu sagen würde, was geschah? Lin
stechender Blick traf mich; dann folgten nach kurzer, be-
ängstigender Pause die scharf betonten Worte: „Nun, da
sehen Sie, was das für eine oberflächliche Arbeit ist." Da-
mit wandte er mir den Rücken und ließ mich wie einen
begossenen Pudel stehen. Noch lange Zeit war ich ganz
geknickt durch diese scharfe Abfertigung. Hätte nun Menzel
diese Antwort einem gegeben, der, wie seinerzeit der junge
Lichtwark, die bittere Ironie nicht empfunden, sondern sie
für bare Münze genommen hätte, so hätte der leicht dazu
kommen können, später einmal ganz gutgläubig zu sagen:
„Menzel war gar nicht der Heros der Gewissenhaftigkeit,
für den er gilt. Ich habe aus feinem eigenen Munde das
Zugeständnis, daß er manchmal ganz oberflächlich arbeitete."
So können durch ganz ehrlich und richtig wiedergegebene
Aussprüche die bedenklichsten Irrtümer entstehen, wie
Menzel wirklich über Dürer dachte, das zeigt ein Brief,
der abgedruckt ist in dem jüngst erschienenen Buch: „Adolph
von Menzel: Briefe. Herausgegeben von Hanns Wolff."
Der Brief enthält den Dank Menzels für ein Geschenk
seines Freundes L. H. Arnold. Dieser, der des Meisters
Verehrung für Dürer kannte, hatte ihm einen Abdruck
des Kupferstiches „St. Hubertus" geschenkt. Menzel schreibt
nun: „Zuvörderst für Dürers St. Hubert meinen herz-
lichsten Dank. Sie haben mir damit eine außerordentliche
Freude bereitet. Ls ist nun die Aufgabe, das in unserer
Zeit zu leisten, was dieser Phönix in der seinigen leistete.
Dahin werden wirs wohl nicht bringenI Ich glaube,
unsere ganze jetzt lebende Künstlergeneration ist nur ein
Vorläufer der Zeit, die das können wird."
So dachte Menzel über den „dummen Kerl, der nicht
zeichnen konnte". K. Dielitz.
Unsekö iieulige Seilsge, üie Mvlm? klmNeekn. üILNei' llk. 1s
bat kolbenden Inlla.lt: Vie Formalen Elemente des
Oesielltes. Von -V Kriedel. — lieber Nittel und
VVeZe, einen sellüdliellen Kinllnss des Zinkweiss
ant die viellteclltlleit der /t^narelllarben ausru-
scllalten. Von vr. Krnst lünber. (KortsetrnnZ.)
— Mängel aul lackierten Malereien, Lilder und
2eicllnnnZen. Von N. — viteratnr.
vermischter Nachrichtenteil.
Geplante Ausstellungen
Erfurt. (Ausstellung sür Friedhofskunst — Juni-
Juli 191-1.) Die Stadt Erfurt steht vor der Anlage eines
Zentralfriedhofes und hat durch einen Wettbewerb die
Unterlagen für die künstlerische Gestaltung der neuen An-
lage gewonnen. Um nun schon vorher das Interests des
Publikums für die Bestrebungen zur würdigen Gestaltung
des Friedhofes zu gewinnen, soll vom 13. Juni bis
12. Juli 191-1 in Erfurt, auf dem alten Brühler Friedhof,
eine Ausstellung für Friedhofskunst veranstaltet werden.
Zur Ausstellung gelangen: für Lrdbestattung und
für Feuerbestattung: Grabmale in allen Größen und
Preislagen, besonders auch einfache, in Stein, Kunststein
in einwandfreier Form, Metall, Holz und Keramik; Urnen-
grabmäler, Afchenurnen usw. Historische Abteilung:
Gute alte Grabmale in verschiedenen Materialien. Fried-
hofseinrichtung: Brunnen, Bänke, Wegweiser, Anschlag-
tafeln usw. Anmeldung: Die Anmeldung erfolgt durch
die von der Ausstellungsleitung ausgegebenen Anmelde-
bogen. Die Aussteller sind verpflichtet, die im Anmelde-
bogen verlangten Angaben gewissenhaft zu machen. Die
Anmeldebogen sind in doppelter Ausfertigung einzureichen.
Der Anmeldung ist eine genaue Erläuterung (Zeichnung
im Maßstab 1: 10 und Beschreibung über Material, Farbe
und Behandlung) beizusügen. Anmeldeschluß für Erfurter
Aussteller: i-i. Februar 191-1. Anmeldefchluß für aus-
wärtige Aussteller: 1-1. März 191-1. Einlieferung und
Aufstellung: Frachtermäßigung für Ausstellungsgut ist
beantragt. Beförderung und Aufstellung haben die Aus-
steller auf eigene Kosten und Gefahr vornehmen zu lassen.
Die Aufstellung von Grabmalen muß bis 25. Mai beendet
fein. Geschäftsstelle: Predigerstraße 6.
Die Werkstatt der Kunst.
XIII, Heft 2 H
Louvregemälde in beträchtlicher weise. Das Bemerkens-
werteste ist, daß es auf beiden Seiten Säulen aufweist,
wie diese von vasari als Teile des Bildes der Gioconda
erwähnt wurden. Diese Säulen treten auch auf der Raffael-
schen Zeichnung der Mona Lisa hervor, die im Louvre
aufbewahrt wird, und die anscheinend Raffael nach dem
Gedächtnis gezeichnet hat. Müntz in seiner autoritativen
Biographie Da Vincis hebt hervor, daß diese Säulen an
der Mona Lisa des Louvre vorhanden sind, aber nur durch
den Rahmen verdeckt werden. Das wird jedoch von den
Kunstkennern, die das Isleworth-Gemälde gesehen haben,
in Abrede gestellt. Als Beweis führen sie an, daß die im
Besitze von Richardson, dem Künstler des 18. Jahrhunderts,
gewesene alte Kopie, die 1750 mit dem Louvregemälde
verglichen und als übereinstimmend mit diesem bezeichnet
wurde, keine Säulen enthält. Line weitere Ähnlichkeit
zwischen der Raffaelschen Zeichnung und dem Isleworth-
Gemälde liegt in einigen Bäumen, die auf der linken
Seite im Hintergrund erscheinen. Das Isleworth-Gemälde
stammt aus derselben Zeit wie das Louvregemälde, ist aber
viel größer, und Leonardo da Vinci selbst spricht in einem
Brief an den Marschall de Lhaumont von zwei Gemälden.
Uns geht folgende Zuschrift zu:
Heft 19 der „Werkstatt der Kunst" vom 2. Februar d. I.
bringt eine Mitteilung „Menzel und Lichtwark", die ge-
eignet ist, eine irrige Meinung von Menzels Stellung zu
den großen Meistern der alten Kunst zu erwecken.
Menzel soll zu dem jungen Lichtwark, der ihm den
plan eines Werkes über Dürer mitteilte, gesagt haben:
Das ist schön. Da können Sie den Leuten einmal sagen,
daß der Kerl nicht zeichnen konnte." Die Geschichte ist
der jüngst erschienenen Liebermann-Biographie von Erich
Hanke entnommen. Das Buch ist mir nicht zur Hand;
Max Vsborn, in seiner Anzeige desselben, zitiert sogar:
„Der dumme Kerl", wenn Menzel diese Worte ge-
sprochen hat (woran ich nicht zweifle, denn sie entsprechen
ganz seiner scharfen, sarkastischen Art), so ist es ohne
weiteres klar, daß sie ironisch gemeint waren. Menzel
hatte, wie manche ausübende Künstler, keine besonders
hohe Meinung von der Tätigkeit der Kunsttheoretiker,
wenn nun ein junger Student, der eben beflissen war, sich
die Anfangsgründe der Kunstgeschichte anzueignen, ihm
sagte, daß er ein Werk über Albrecht Dürer schreiben
wolle, so ist es nur zu begreiflich, daß dies die Spottlust
des skeptisch und sarkastisch veranlagten Meisters erregen
mußte. Das entspricht eben so seinem Charakter und seinen
Anschauungen, wie die Form der Antwort seiner Art, sich
auszudrücken. Ich habe diese selbst in schmerzlicher weise
kennen gelernt, und ich will das kleine Erlebnis, das
auch sonst interessant ist, hier erzählen. Der Verein Ber-
liner Künstler veranstaltete, um die Mittel zum Bau des
Künstlerhauses aufzubringen, eine Verlosung von Werken
seiner Mitglieder. Menzel hatte dazu ein wundervolles
Bild gestiftet, ein grau in grau gemaltes Melbild, dar-
stellend König Heinrich VIII. von England mit Anna Bo-
leyn auf einem Ballfest; ein Werk, voll von sprühendem
Leben und malerischen Lichteffekten. Ich hatte nun als
damaliges vorstandsmiglied die ehrenvolle Aufgabe, dem
Altmeister den Dank des Vorstandes auszusxrechen. Un-
glücklicherweise hatte ich kurz vorher in irgendeinem
Schmöker gelesen, die schöne Königin habe an der rechten
Hand sechs Finger gehabt. Ls reizte mich nun, dem
großen Realisten zu sagen, daß er sich diese historische
Merkwürdigkeit hatte entgehen lassen, und ich war neu-
gierig, was er dazu sagen würde, was geschah? Lin
stechender Blick traf mich; dann folgten nach kurzer, be-
ängstigender Pause die scharf betonten Worte: „Nun, da
sehen Sie, was das für eine oberflächliche Arbeit ist." Da-
mit wandte er mir den Rücken und ließ mich wie einen
begossenen Pudel stehen. Noch lange Zeit war ich ganz
geknickt durch diese scharfe Abfertigung. Hätte nun Menzel
diese Antwort einem gegeben, der, wie seinerzeit der junge
Lichtwark, die bittere Ironie nicht empfunden, sondern sie
für bare Münze genommen hätte, so hätte der leicht dazu
kommen können, später einmal ganz gutgläubig zu sagen:
„Menzel war gar nicht der Heros der Gewissenhaftigkeit,
für den er gilt. Ich habe aus feinem eigenen Munde das
Zugeständnis, daß er manchmal ganz oberflächlich arbeitete."
So können durch ganz ehrlich und richtig wiedergegebene
Aussprüche die bedenklichsten Irrtümer entstehen, wie
Menzel wirklich über Dürer dachte, das zeigt ein Brief,
der abgedruckt ist in dem jüngst erschienenen Buch: „Adolph
von Menzel: Briefe. Herausgegeben von Hanns Wolff."
Der Brief enthält den Dank Menzels für ein Geschenk
seines Freundes L. H. Arnold. Dieser, der des Meisters
Verehrung für Dürer kannte, hatte ihm einen Abdruck
des Kupferstiches „St. Hubertus" geschenkt. Menzel schreibt
nun: „Zuvörderst für Dürers St. Hubert meinen herz-
lichsten Dank. Sie haben mir damit eine außerordentliche
Freude bereitet. Ls ist nun die Aufgabe, das in unserer
Zeit zu leisten, was dieser Phönix in der seinigen leistete.
Dahin werden wirs wohl nicht bringenI Ich glaube,
unsere ganze jetzt lebende Künstlergeneration ist nur ein
Vorläufer der Zeit, die das können wird."
So dachte Menzel über den „dummen Kerl, der nicht
zeichnen konnte". K. Dielitz.
Unsekö iieulige Seilsge, üie Mvlm? klmNeekn. üILNei' llk. 1s
bat kolbenden Inlla.lt: Vie Formalen Elemente des
Oesielltes. Von -V Kriedel. — lieber Nittel und
VVeZe, einen sellüdliellen Kinllnss des Zinkweiss
ant die viellteclltlleit der /t^narelllarben ausru-
scllalten. Von vr. Krnst lünber. (KortsetrnnZ.)
— Mängel aul lackierten Malereien, Lilder und
2eicllnnnZen. Von N. — viteratnr.
vermischter Nachrichtenteil.
Geplante Ausstellungen
Erfurt. (Ausstellung sür Friedhofskunst — Juni-
Juli 191-1.) Die Stadt Erfurt steht vor der Anlage eines
Zentralfriedhofes und hat durch einen Wettbewerb die
Unterlagen für die künstlerische Gestaltung der neuen An-
lage gewonnen. Um nun schon vorher das Interests des
Publikums für die Bestrebungen zur würdigen Gestaltung
des Friedhofes zu gewinnen, soll vom 13. Juni bis
12. Juli 191-1 in Erfurt, auf dem alten Brühler Friedhof,
eine Ausstellung für Friedhofskunst veranstaltet werden.
Zur Ausstellung gelangen: für Lrdbestattung und
für Feuerbestattung: Grabmale in allen Größen und
Preislagen, besonders auch einfache, in Stein, Kunststein
in einwandfreier Form, Metall, Holz und Keramik; Urnen-
grabmäler, Afchenurnen usw. Historische Abteilung:
Gute alte Grabmale in verschiedenen Materialien. Fried-
hofseinrichtung: Brunnen, Bänke, Wegweiser, Anschlag-
tafeln usw. Anmeldung: Die Anmeldung erfolgt durch
die von der Ausstellungsleitung ausgegebenen Anmelde-
bogen. Die Aussteller sind verpflichtet, die im Anmelde-
bogen verlangten Angaben gewissenhaft zu machen. Die
Anmeldebogen sind in doppelter Ausfertigung einzureichen.
Der Anmeldung ist eine genaue Erläuterung (Zeichnung
im Maßstab 1: 10 und Beschreibung über Material, Farbe
und Behandlung) beizusügen. Anmeldeschluß für Erfurter
Aussteller: i-i. Februar 191-1. Anmeldefchluß für aus-
wärtige Aussteller: 1-1. März 191-1. Einlieferung und
Aufstellung: Frachtermäßigung für Ausstellungsgut ist
beantragt. Beförderung und Aufstellung haben die Aus-
steller auf eigene Kosten und Gefahr vornehmen zu lassen.
Die Aufstellung von Grabmalen muß bis 25. Mai beendet
fein. Geschäftsstelle: Predigerstraße 6.