Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 13.1913/​1914

DOI article:
Redaktioneller Teil
DOI article:
Vermischter Nachrichtenteil
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.53853#0170

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
158

Die Merkstatt der Rrmst.

XIII, Heft s2.

Gruppen: Räume im Glaspalast, weil alle Künstler dem
Staate gleich sein sollen, weil auch wir zum Gelde für den
Umbau als Steuerzahler beigetragen. Man möge bedenken,
wie oft schon Talente, die abgelehnt wurden, groß ge-
worden und große Juroren dabei sehr klein geblieben find.
Unser Kampf ist kein persönlicher, sondern ein ehrlicher
und offener.
Als Diskussionsredner meldete sich Or. Bunzel zum
Wort, der zuerst in scharfen, oft recht markanten Worten
und mit guten Bildern die Iuryfreiheit verteidigte und
schließlich auf sein bekanntes Problem von der juryfreien
Kunstmesse, von einer riesigen Kunstbörse zu sprechen kam.
Lr findet auch, daß viel zu viel kritisiert wird und spricht
sich gegen die Kritik der Zeitungen aus. Lr sieht in
scharfen Kritiken eine wirtschaftliche Schädigung der Künstler
und beantragt schließlich, „daß ein Gesetz geschaffen werde,
nach dem jeder, der Kunst und deren Richtungen bloßstellt
und in aggressiver Weise gehässig abtut, mit Haft bis zu
z Monaten bestraft werden soll". Nachdem er sich immer
mehr in seinen Kunstbörsengedanken verloren, kommt der
nächste Diskussionsredner, Herr Mankiewicz, zu Wort,
der dafür ist, daß die Iuryfreiheit weniger diskreditiert
werden möge.
Dann betritt unter lautem Beifall Landtagsabgeord-
neter Hübsch das Podium und bringt die Grüße der
Liberalen Landtagsfraktion. Lr geht scharf mit
dem Kliquenwesen ins Gericht und lobt das Prinzip der
Iuryfreiheit als den weg zu heilsamer Selbstdisziplin. Am
meisten aber fehle hier noch die Unterstützung der maß-
gebenden Kreise, die müsse erreicht werden. Notwendig
ist ein richtiges Lokal für die Iuryfreien. Die Liberalen
werden jederzeit die'gesunden Bestrebungen des Deutschen
Künstlerverbandes fördern.
In ähnlichem Sinne äußert sich auch Or. Süß heim
als Vertreter der Sozialdemokraten, was an künstlerischen
Kräften in den breitesten Massen vorhanden ist, das muß
sich durchsetzen und der Allgemeinheit zugute kommen.
Line freie Kunst im freien Staat! Herr Kämmerer tritt
neben der Iuryfreiheit für die Echtheit des Materials ein.
Or. Bunzel erhält zur persönlichen Berichtigung noch
einmal das wort.
Der zweite Referatsredner, Herr Hegenbarth-Llb-
leiten, verlangte in längerer Ausführung, daß die Kunst
möglichst überall dem Volke zugeführt werde, daß in den
Schulen gute Griginalgemälde angebracht werden, daß die
Künstler nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ideelle In-
teressen machtvoll vertreten.
Hans Thoma über die neuesten Kunstrich-
tungen. Lr. Ueber die Zukunft der deutschen Kunst
hat, wie wir berichteten, die „Kunstwelt" eine Umfrage
veranstaltet, die von den verschiedensten Künstlern, Kunst-
freunden und Stimmen aus dem Publikum teils schimpfend,
teils vernünftiger beantwortet worden sind. Erfreulicher-
weise stellt sich jetzt auch Altmeister Hans Thoma zu denen,
die nicht nur mit der Ruhe des Alters, die auch mit ver-
nünftigen und künstlerischen Ueberlegungen zu den proble-
matischen Kunstäußerungen der jüngsten Vergangenheit
Stellung nehmen. Er will den Grund aufsuchen, auf dem
sie, entstehen mußten. Ls kommt Thoma vor, daß, wenn
sie Irrtümer sind, Irrtümer notwendig sind, um den
Kampf mit Irrtümern aufzunehmen. Man kann so,
schreibt er, zu der Ansicht gelangen, daß die objektiv sein
wollende Naturnachahmung, die aus außerhalb des Ge-
sichtssinnes liegenden philiströs-sentimentalen Malwerten zu
reiferer und größerer Entfaltung gelangen wollte, doch

auch gar bald eine Grenze fand, an der sie Halt machen
mußte, an der sie nichtssagend wurde. „Es will mir
scheinen, als ob der Wille nach völliger Naturnachahmung
so lange begehrte, bis Physik und Lhemie die Photographie
erfinden mußte, das wissenschaftliche Spiegelbild der Natur,
wogegen unsere Malerei, wenn sie auf möglichster Natur-
nachahmung basiert war, doch zu kurz kommen mußte.
Man besann sich wieder, daß das Wesen der Malerei wie
das jeder Kunst doch auf einem innerlichen Seelenvorgang
des Ichs fich gründen müsse, der über den Zufall äußeren
Geschehens und des optischen Naturausschnittes heraus
nach Urgesetzen des Menschendaseins hinführen könnte.
Man kam dahinter, daß absolute Naturnachahmung nicht
möglich sei, es kam die Müdigkeit, immer wieder Gegen-
stände nachzubilden, dazu, man konnte dagegen gleichgültig
werden, da es in ein Virtuosentum auszulaufen schien, —
welches uns nichts mehr sagen wollte. Reiche Vorstellungen,
die hinter dem optischen Sehvermögen liegen, drängten zur
Betätigung, ihr Einfluß ließ sich nicht ausschalten, und
sie rissen gar oft ein, was verstandesmäßige Theorie
zu Kunstgesetzen erhoben hatte.
Kühne Neuerer kamen, die auf vielfachen wegen vor
allem dahin strebten, nicht die Natur nachahmen zu wollen,
sondern nach einer inneren Vorstellung ihre Kunst lebendig
gestalten wollten, — auch aus den Mitteln heraus, aus
dem Material, was ihrer Kunst zur Verfügung steht, ge-
staltend. Sie suchten in die Tiefe zu dringen und innere
Vorgänge des pulsierenden Seins zur (Offenbarung zu
bringen, wenn sie auch in Extreme, in Irrtümer ver-
fielen, Unmöglichkeiten wollten, so standen diese Irrtümer
doch kampfbereit gegen alte Irrtümer, denn nur mit
Theorien geharnischte Irrtümer können gegeneinander um
den Sieg ringen."
Dieser kämpfenden und darum irrenden Kunst stellt
Thoma die besonnene, sonnige gegenüber, die gleichsam
ein geborenes Naturprodukt ist, unfehlbare Gesetze in sich
trägt, die in stiller Uebereinstimmung mit allen Gesetzen
des Weltgeschehens stehen, weil sie die in sich geschloffene
Selbstverständlichkeit eines Naturgeborenen in sich hat.
Aber auch bei den Schöpfungen der sogenannten neuesten
Kunstrichtungen findet Thoma manches, wo er persönliches,
d. h. wohl seelisches Talent herausnehmen kann und ehr-
liches Suchen. Er nennt Futuristenbilder, in denen eine
Art von Traumvorstellung in reichen Farbenempfindungen
zu künstlerischer Gestaltung hindrängte, zu einer magisch-
schönen Wirkung, denen man getrost Zukunft zugestehen
mußte, vor denen auch eine Ahnung reicher Möglichkeiten
in weite Zukunft führen wollte. Denn Thoma ist Optimist
und sieht gern einer schönen Entwicklung der Malerei der
Zukunft entgegen, ob diese nun mit oder ohne primi-
tivismus, Futurismus und dergleichen herbeigeführt wird.
„Sie wird", so schreibt er, „ihre schöne Zukunft haben,
wenn sie auf ähnlichen Weltharmonien oder Seelenhar-
monien wie die Musik ihr Wesen aufbaut und so zur
verkündigerin der Schönheit der menschlichen Sehvorstel-
lungen wird, wenn sie von der äußeren Natur genährt,
von dieser aber ebenso unabhängig wird, wie die Musik
es ihrem Wesen nach mußte und konnte. Fast scheint es
aber, daß, wenn die Malerei in einem dunklen Drange
sich von der Naturnachahmung befreien will, die neuere
Musik ein gewisses Streben hat, sich der Naturnachahmung
zuzuneigen. Es sind dies wohl Erscheinungen, die man
mit Pendelschwingungen, die den Gang eines Uhr-
werkes lebendig erhalten, in vergleich bringen könnte.
Kräftiger Pendelschlag belebt und vertieft — es möge sich
dies bei jeder Richtung bewähren."

Vermisch Lee NachrichLentett.

GepirMs Kusststtungen

Königsberg i. pr. Hier findet im Herbst eine
Kunstgewerbeausstellung statt. Diese wird in jeder

Hinsicht den Reiz der Neuheit haben, da eine Kunstgewerbe'
ausstellung in größerem Umfange hier noch nicht veran-
staltet wurde. Ls kommt hinzu, daß durch die Entfestigung
der Stadt eine lebhafte staatliche und private Bautätigkeit
einsetzt, die dem Kunstgewerbe ein vielgestaltiges Arbeits-
 
Annotationen