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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 13.1913/​1914

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XIII, Heft 22.

Die Werkstatt der Kunst.

297

Hals. Im Jahre ;8Ht kam ein Porträt des großen
Haarlemers um ;oo Taler nach Berlin; etwa tgoo be-
zahlte Pierpont Morgan für ein nicht besseres Stück über
500000 Mk., und eine halbe Million mußte auch die Na-
tionalgalerie in London t9O8 für ein Bildnis des Meisters
anlegen. Selbst die Werke alter Künstler zweiten und
sogar dritten Ranges erreichen jetzt schon schwindelerregende
Preise; es sei da nur an die „Anbetung der Könige" von
Mabuse erinnert, die dem Lord Larlisle das Sümm-
chen von einer halben Million einbrachte. Und dabei
hatte die Londoner Galerie, die sich dies Werk sicherte,
noch ;883 für das „Paradies" Botticellis nicht mehr als
zoo000 Mk. zu zahlen gebraucht. Riesige Preise haben
in den jüngsten Jahren auch die Franzosen und die Eng-
länder des ;8. Jahrhunderts erklommen. Ein Pastell von
La Tour ist mit 480000 Mk., ein Lüstchen von Houdon
mit 360000 Mk. bezahlt worden, und im Jahre t9tZ hat
ein Bildnis von Romney den Höchstpreis von 827 000 Mk.
erreicht. Es gehört hiernach keine große Prophetengabe
dazu, um zu weissagen, daß auch der Rekordvreis von
2,8 Millionen für die Loruper-Madonna aller Wahrschein-
lichkeit nach in nicht vielen Jahren wieder gedrückt wer-
den wird.
In der „Kölnischen Zeitung" lesen wir:
Fingerabdrücke und Annstwerkfälschungen.
vor einiger Zeit hatte der alte Meister Rodin eine Klage
wegen der Fälschung einer „Rodinschen" Plastik eingereicht,
die etwas peinlich im Sande verlief, als es sich heraus-
stellte, daß das „gefälschte" Kunstwerk tatsächlich von ihm
selbst war, und daß er selber es vor einer Reihe von
Jahren an Prof. Gurlitt aus Dresden verkauft hatte.
Natürlich blieb der Spott nicht aus, wenn auch Rodin
behauptete, er sei in gutem Glauben gewesen, da er die
betreffende Plastik gar nicht gesehen, sondern sich auf das
Urteil guter Freunde verlassen habe. — Ls sieht aus, als
ob mit diesem Zwischenfall der an dieser Stelle schon er-
wähnte Vorschlag des pariser Gerichtsarztes Bordas zu-
sammenhängt, dem Rodin als erster zugestimmt hat, und
der die Künstler veranlassen will, zum Schutz gegen Fäl-
schungen ihre Arbeiten mit Fingerabdrücken zu versehen.
Dieser Vorschlag hört sich nicht übel an. vielleicht, wenn
das Bildnis der Mona Lisa im Louvre einen Daumen-
abdruck Lionardos trüge, wäre man seiner Originalität
ganz sicher, während unter den jetzigen Umständen die
pariser Gioconda doch nur unter mehreren ihresgleichen
die Favoritin ist, auf die man sich gutwillig geeinigt hat.
Aber bei näherer Ueberlegung gibt auch der Fingerabdruck
wenig Gewähr. Man muß bedenken, daß der Vorschlag
vor allem den Künstler gegen die ideelle und materielle
Benachteiligung durch den verkauf gefälschter Kunstwerke
seines Namens schützen soll. Nun steht, so lange er lebt,
keinem Käufer etwas im Wege, sich bei ihm über die Echt-
heit der erworbenen Arbeit zu erkundigen. Die Umständ-
lichkeit dieser Versicherung wäre durch das neue Verfahren
nicht aufgehoben. Denn was sagt mir ein Fingerabdruck,

wenn ich ihn nicht fachmännisch auf seine Richtigkeit
prüfen lasse? Allerdings könnten dazu die Kunsthändler
instand gesetzt werden. Aber durch die Ausgabe vieler
Fingerabdrücke wird es den Fälschern wiederum leicht ge-
macht, sich ihrer zu bedienen, und in dem Maß, wie ihre
Bestimmbarkeit einfacher wird, ihre Nachahmung zu be-
werkstelligen. Glaubt man, es sei der Handfertigkeit und
Technik schwerer, einen „echten" Rodinschen Fingerabdruck
herzustellen als ein „echtes" Rodinsches Kunstwerk? Lachen
werden sie, die Fälscher, über solch einfältigen Glauben.
Im übrigen sind die Kunden unsicherer Kunstwerke meist
auch unsichere Kunstfreunde, wieviel amerikanische Be-
sitzer der zehntausend falschen Lorots würden einen Finger
darum rühren, ihre Lorots nachprüfen zu lassen? wenn
überhaupt ein Nutzen in diesem neuen Verfahren zu ent-
decken wäre, so kann es sich nur um Namenfälschung
handeln. Für Kopien bleibt das photographische Ver-
fahren, wenn man das Original kennt, das beste und
sicherste. Aber, wie gesagt, Namenfälschung wird auch
durch Fingerabdrücke nicht erschwert, zum wenigsten nicht
verhindert, wir wollen uns darüber keiner Täuschung
hingeben.
Die „Berliner Zeitung am Mittag" schreibt:
Der Futurismus gehört bereits der Vergangenheit an,
eine neue Kunstrichtung hat ihn überwunden oder, wenn
man will, in sich ausgenommen. Im „Figaro" erscheint
das schwungvolle Manifest, das gleichsam die Gründungs-
akte und das Programm dieser neuesten Kunstrichtung ent-
hält. Es ist das Evangelium der „cerebristischen Kunst",
der Gehirnkunst, und ihr Prophet, der Führer der kommen-
den Lerebristen aller Länder, ist wiederum ein Italiener,
Ricciotto Lanudo. was wollen nun die „Lerebristen",
die Lanudo um sich sammelt? Der Ausgangspunkt seines
Ausrufes ist die Erkenntnis, daß die Kunst sich „verhirnt"
— der französische Ausdruck „osr^braliser" läßt sich kaum
anders übertragen. Die Kunst wird immer mehr Gehirn-
kunst: und dieser Prozeß ist seit 30 Jahren in stetem
wachsen. Boshafte Leute meinen, Lanudo habe entdeckt,
daß ein Künstler, wenn irgend möglich, auch intelligent
sein müsse; aber wir wollen ihn selbst sprechen lasten:
„Diese künstlerische Neuerung (die „verhirnung" der Kunst)
muß die Augen und Ohren erschüttern, denn Augen
und Ohren fordern eine gewisse Zeit, um sich den neuen
Harmonisierungen der Farben, der Formen, der Worte
und der Töne anzuxaffen. Das allgemeine Wesen der
zeitgenössischen Neuerungen ist der Umzug der künstlerischen
Eindrücke aus der sentimentalen Ebene in das Reich des
Gehirns. Gegen die Sentimentalität in der Kunst und im
Leben wollen wir eine edlere und reinere Kunst, die nicht
an das Herz rührt, sondern das Gehirn bewegt, die nicht
entzückt, sondern denken macht. Die neue künstlerische
Generation will heroisch sein. Sie erneuert die Künste
durch ihre Forschungen, in denen das Gehirn vorwaltet.
Und darum ist die moderne Kunst leidenschaftlich cerebral,
darum find wir Lerebristen."

vermischter Nachrichtenteil.

—-1 Geplante Ausstellungen -
Karlsruhe. In Karlsruhe wird Anfang April d. I. eine
ständige Ausstellung moderner Gemälde eröffnet werden,
und zwar die Galerie Moos. Da die Kunststadt Karls-
ruhe bisher eine private Gemäldegalerie mit ausschließlich
diesem Zwecke dienenden und dafür eingerichteten Räumen
entbehrt, glauben wir, daß durch die Errichtung derGalerie
Moos vor allem auch den Künstlern gedient ist. wie
bekannt, ist die Kauflust des Publikums einem auf ge-
schäftlichen Grundsätzen aufgebauten Unternehmen gegen-
über eine regere wie bei Ausstellungen usw., und die Galerie
wird in der Lage sein, durch persönliches Eintreten die
Interessen der Künstler nachhaltiger vertreten zu können.

Zunächst werden vier Räume für etwa monatlich wechselnde
Ausstellungen bereitgestellt werden.
Minden i. W. vom 9. Juni bis 6. September wird
in Minden i. w. eine Kunstausstellung veranstaltet. Zu-
gelaffen werden nur Künstler, die im Ausstellungsgebiet
(Westfalen, Provinz Hannover, Lippe, Schaumburg-Lippe
und Grafschaft Schaumburg) geboren sind oder ständig
in diesen Bezirken schaffen. Besucht wird die Ausstellung
vermutlich von ca. t 50 000 Personen, da sie einer größeren
Gewerbe- und Industrieausstellung angeschloffen ist. ver-
anstaltet wird sie unter dem Schutze des Oberpräsidenten
der Provinz Westfalen, Or. Prinz Karl von Ratibor und
Lorwey. Die geschäftliche Leitung liegt in der Hand des
Kunstsalons Otto Fischer-Bielefeld, an den auch alle
Zuschriften und Anmeldungen in dieser Angelegenheit zu
 
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