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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 13.1913/​1914

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Redaktioneller Teil
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Baer, Fritz: Noch ein Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.53853#0295

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XIII, Heft 21-
Malerei in schwerem Ringen mit dem zähen deutschen
Geiste gemacht hat, drohen in dem Tohuwabohu
der Zeit zu ersaufen!
Gerade darum ist eine Zury heute notwendiger
als je. Und unsere Zurys sind auch besser
als früher. Sie haben das Akademische ab-
gestreift, begrüßen die selbständige Tat und sind so
weitherzig geworden, daß der Fall kaum denkbar
ist, daß ein wirkliches Talent mit ausgesprochener
Ligenart an ihren Pforten zurückgewiesen wird.
Aber Kunst muß es sein, was gebracht wird.
Darum muß ein Wort über die Münchner
Zuryfreien gesagt werden. Ls besteht wohl vielfach
der Zrrtum, es sei das eine Gesellschaft von zu
Unrecht in den Ausstellungen Zurückgewiesenen, wo-
möglich von verkannten Genies. Nun, wer die
Ausstellungen der Zuryfreien in München verfolgt
hat, wird anderer Meinung sein. Hier ist nur
wenig zu finden gewesen, dessen Nichterscheinen ein
Verlust für die Runst gewesen wäre. Und dieses
Wenige hätte auch die Münchner Jurys passiert.
Nun kamen die Zuryfreien aber mit der Forderung,
Räume im Glaspalast zu erhalten. Man weiß, daß
Tausende von Werken, die hier eingeliefert werden,
keinen Platz finden können und nun sollen neue
Tausende jurylos heranrücken! Za, wohin damit!
Die Zurys des Glaspalastes haben schon mehr wie
gut ist mit der Raumfrage zu rechnen. Schon aus
diesen Gründen verbietet sich das Niederreißen aller
Schranken.
Unterdessen hat sich aus den Zuryfreien eine
neue Gruppe heraus kristallisiert, welche ganz im
Gegensatz zu den mit solchem Getön verkündeten
alleinseligmachenden Prinzipien eine Aufnahmejury
beschlossen hat für Persönlichkeiten, während die
Werke juryfrei sind. Line Zuryfreiheit im frühern
Sinn ist das natürlich nicht mehr. Entweder waren
nun jene Prinzipien doch nicht die richtigen, oder
man ist aus irgendwelchen praktischen Gründen
davon abgegangen. Prof. Volkmann wird diese
Tatsache vielleicht beklagen, allein sie spricht laut
genug, daß eben der rein ideale Gesichtspunkt in
dieser Welt auf tausend Hindernisse stößt, daß er
nicht mit den Dingen rechnete, wie sie sind und daß
er zu ganz schiefen Konsequenzen führt. Za, wenn
man es eben bei den „Künstlern" nur mit Künstlern
zu tun hätte! Und er bleibt doch richtig, der Ge-
danke der „öffentlichen Erklärung", daß eben irgend-
wo eine Schranke aufgerichtet sein muß, wo man
dem Dilettantismus, dem Ungenügenden Halt ge-
bieten kann, wenn auch diese Schranke nur allzu-
häufig durchbrochen wird, so liegt das leider wieder
an den Menschen und den Verhältnissen, aber nicht
am Prinzip.
welche andere Schranke soll aber aufgerichtet
werden? Freilich wird, wie Volkmann ganz richtig
sagt, die Zeit das letzte Urteil sprechen, aber heute
und morgen muß auch gesprochen werden. Und
wer soll sprechen? Das Publikum? Nein! Zn

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welcher Form auch? Zurys von sogenannten Kunst-
verständigen? Wiederum Nein! Glaubt man damit
Einseitigkeiten und Zrrtümer eher aus der Welt zu
schaffen als durch Künstlerjurys? Ls bleibt wohl
nichts übrig, als Künstler über Künstler urteilen zu
lassen. Krit2 Laer.
Leilungsscbau
Zm „Berliner Lokalanzeiger" lesen wir:
Rembrandts Palettenmesser und Malstock.
Die beiden Rembrandt-Reliquien, sein Palettenmesser
und sein Malstock, die kürzlich auf einer Londoner Ver-
steigerung von einem Kunstfreund erworben wurden, sind
von diesem der Londoner Nationalgalerie zum Geschenk
gemacht worden. Der richtige Platz dafür wäre allerdings
das Rembrandthaus in Amsterdam gewesen.
Als die Nachricht vom Auftauchen dieser Reliquien
Rembrandts durch die Zeitungen ging, werden wohl die
meisten Leser gedacht haben: wer kann beweisen, daß
diese Stücke auch wirklich von Rembrandt stammen? Dieser
Beweis war aber gleich auf der Versteigerung erbracht
worden, indem mit jenen beiden Malrequisiten ein Doku-
ment verkauft wurde, in dem der Maler Zacob van Ruis-
dael bescheinigt, daß er diese Stücke in der Versteigerung
des Nachlasses von Rembrandt im Oktober ;6S9 erworben
habe aus Hochachtung vor diesem ausgezeichneten Maler,
und daß er jeden Nachbesitzer bitte, auf dieses Dokument
gleichfalls seinen Namen einzutragen. Dies ist nun bis
aus den letzten Besitzer geschehen. Nach dem Tode von
Zakob Ruisdael (wahrscheinlich dem Haarlemer Vetter des
berühmten Ruisdael) besaß Gottfried Schalcken, dann Zan
van Gool die Stücke; erst im Jahrhundert kamen sie
nach England.
Die wenigen Worte dieses Dokuments von Ruisdael
sind uns von besonderem wert, weil sie beweisen, daß
Rembrandt bei seinem Tode keineswegs, wie man meist
annimmt, der längst vergessene und verkannte Künstler
war, geschweige daß er als Branntweinsäufer verrufen war
und im Delirium starb, wie Richard Muther schändlicher-
weise erfunden hat. vielleicht hat Rembrandt nie einen
Tropfen Alkohol angerührt — und war doch „ein braver
Mann"; das „Sektglas", das er auf seinem Bildnis in
Dresden hochschwingt, kann ebensogut eine „Stange Dünn-
bier" sein, die im t?- Jahrhundert jene Form hatte.
Die Fülle der nach Rembrandts Bankerott entstandenen
Bilder, ihr bedeutender Umfang und vor allem ihre höchst
künstlerische «Dualität würden allein schon das Gegenteil
beweisen. Zu allem Ueberstuß bekunden die Vorliebe für
religiöse Motive und die Wahl derselben, daß Rembrandt
seit seinem Bankerott von Oualen über das Unglück, das
er über sich und die Seinen gebracht zu haben glaubte,
schwer gepeinigt wurde, und daß er durch Darstellungen
wie die „Rückkehr des verlorenen Sohnes", „Pilatus, der
sich von seiner Schuld reinwäscht", „Der Sturz Hamans",
„Zakob, der mit dem Engel ringt", „Sauls Trübsinn" u. a. m.
sich von seinen Gewissensqualen zu befreien suchte. Zu
keiner Zeit steht Rembrandt moralisch so hoch wie in
diesen letzten schweren Zähren, die er zurückgezogen auf
der Rozengracht verlebte, wie 200 Zahre vor ihm ein
Künstler von ähnlicher Größe und Vornehmheit, wie Hugo
van der Goes, den man in ähnlicher weise zum „Säufer"
hat stempeln wollen, durch die Flucht ins Kloster von
Schwermut Heilung sucht, so hat Rembrandt damals in
seinen Werken Buße getan und innere Beruhigung gesucht.
V/. L.
Zn der „B. Z. am Mittag" lesen wir:
Gioeonda II.
Mr. Eyre, ein Schriftsteller in Zsleworth, behauptet,
der Besitzer der zweiten „Gioconda" zu sein, die Leonardo
gemalt haben soll. Das Porträt unterscheidet sich von dem

Die Werkstatt der Runst.
 
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