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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 20
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0866

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Von Künftlern und Gelehrten — Neue Bücher

Von Künftlern und Gelehrten
Der bekannte Bildhauer und Radierer Edwin
Scßarff in Mündpen wird einem Ruf Bruno Pauls
an die Berliner Kunftgewerbefcßule Folge leiften.
So fehr man Berlin zu diefer Berufung beglück-
wünfdjen darf, fo fchmerzlid) ipt diefer tüeggang
Scßarffs, des einzigen modernen Plaftikers von
überragender Bedeutung innerhalb der neuzeit-
lichen Münchener Kunft, für die Kunftpflege in
Bayern. Mag [ich diefe vielleicht etwas darauf zu-
gute tun, daß fie alle Anftrengungen gemacht hat,
Slevogt und Beftelmeyer nach München zurück-
zuholen, der ttleggang Sdjarffs, um den man fid)
im „offiziellen“ München nie gekümmert, bleibt
eine hödjft blamable Catfache, über die man
nicht einfad) zur Tagesordnung übergehen follte.
Sdjarff, der in Neu-Ulm geboren, alfo gebürtiger
Bayer ift und im 36. Lebensjahr fteßt, ift eine
Perfönlidjkeit von gewinnender Frifdje und ein
Menfd) klaren, zielßidjeren ttlollens. Übrigens ift er
auch derSdjöpfer der erften anftändigendeutfehen
Freimarke, der erftkürzlid) ausgegebenen 20 M.-
Briefmarke. — Dem Verlagsbuchhändler Guftav
Kirftein i. Fa. E. A. Seemann hat die Ced)-
nifdje F)od)fd)ule in Aachen den Dr. ing. h- c.
verliehen. — Der neue Vorftand des Deutfdjen
tüerkbundes fetjt fid) wie folgt zufammen: l.Vor-
fitjender: Prof. Richard Riemerfchmid, 2.Vor-
fitjender: Gel). Rat Peter Bruckmann-Fjeil-
bronn. Ferner traten neu in den Vorftand:
Gablonski, Schmidt-Frankfurt, üarnow, Docker
und Czefcßka. — In Leipzig ftarb, 55 fahre alt,
Johannes Kurzwelly, der ältefte wiffenfcßaft-
lidje Mitarbeiter am Thieme-Beckerfchen Künft-
lerlexikon und der Bruder des verftorbenen
Direktors des Leipziger Fjiftorifcben Mufeums.
Von Fjaus aus Autodidakt, hatte fid) Kurzwelly
im Laufe der Jahre eine geradezu erftaunlidje
kunftgefd)id)tlid)e Bildung angeeignet, die, unter-
ftütjt von einem vielfeitigen Sprachentalent, ihn
zu dem widjtigften Mitarbeiter des Lexikons
machte. Im Rahmen diefes «Unternehmens wird
der Tod eine kaum auszufüllende Lücke ßinter-
laffen. — Bis Affiftent an das neugegründete
Landesmufeum in Oldenburg ift der Kunftßifto-
riker Dr. Otto Fjolfje, Leipzig, berufen worden.
Neue Bücher
Das Residenz-Museum in München. Von
Adolf Feulner. VerlagF. Bruckmann A.-G.,
München.
Die Ausführungen diefes reich illuftrierten Fjeftes
find zuerft in einigen Fortfehungen in der „De-
korativen Kunft“ erfdjienen, obwohl Aufbau und
Gliederung des Stoffes darauf fd)ließen laffen,
daß der Verfaffer von vornherein an eine zu-
fammenhängeude Publikation gedacht hat. Im
Ganzen gibt Feulner dennoch aus der Fülle diefes
für die Stilgefd)id)te fo ungemein wichtigen
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Mufeums, das heute zweifellos zu den größten
Sehenswürdigkeiten diefer Art in Europa gehört,
nur einen Ausfcßnitt, aber diefer faft Entlegenes
zur Einheit zusnmmen und fo ift die gerade in
ihrer Anlage vorbildliche Arbeit weniger Führuug
durch das Mufeum als vielmehr eiu Kapitei
Kunftgefd)id)te, das in feiner Vielfeitigkeit zu
den intereffanteften der deutfeßen Vergangen-
heit gehört. Denn die Münchner Reßdenz ver-
körpert Gefd)icl)te und diefe nicht als totes In-
ventar, fondern im fernen Uliderftraßl lebendigen
Gefcßeßens. Und aus diefem Gefühl heraus hat
auch Feulner, der — wie man weiß — an der
Einrichtung diefes „Mufeums“ einen fehr wichtigen
Anteil gehabt hat, den Stoff angefaßt und neu-
geformt. Renaiffance, Barock und Rokoko haben
hier künftlerifche Dokumente hinterlaffen, die zu
den Beften gehören, was diefe Stilepochen in
Deutfcßland je gefeßaffen haben und daß diefer
Bau mit feinem wundervollen Inhalt — wie
Verfaffer richtig betont — durchaus ein Gefamt-
Kunftwerk ift, gibt ihm grade jetjt wieder, nach
dem von kenntnisreicher rjand pietätvoll gerichtet
und geordnet worden ift, seinen unvergleichlichen
Reiz. — Prachtvoll ift auch der illuftrative Teil
diefer Veröffentlichung, der auf 55 großen und
ungemein klaren Textabbildungen und einer An-
zahl von Tafeln nicht nur die wichtigften Räume
bildlich feftßält, fondern auch eine Reihe wert-
voller Einzelstücke (Möbel, Gobelins, China-
porzellan) und einige Details wie ttlandfüllungen
pp. widergibt. Im Ganzen alfo eine Veröffent-
lichung, deren museale und kunftgefchichtliche
Bedeutung anerkannt werden muß. B.
Hans Rose, Spätbarock. Hugo Bruckmann
Verlag, München.
Fjans Rofe, der Verfaffer der „Baukunft der
3ifterzienfer“ und der Herausgeber von Cßante-
lous Tagebuch hat in feinem lebten öüerke, dem
1922 erfeßienenen „Spätbarock“ der kunftßiftori-
fchen Forfchung einen fehr wefentlicßen Dienft
geleiftet. Die enge Begrenzung des Themas
geftattet dem Verfaffer, feinen Stoff mit er-
feßöpfender Gründlichkeit zu behandeln. Cilir
erhalten in diefem Buch eine umfaffende Ge-
fchichte des Profanbaus in den Jahren 1660 bis
1670. Die analytifche Schärfe der Beweisführung,
welche fchon bei den „3ifterzienfern“ beachtens-
wert war, hat fid) in diefem (Herke zur jurifti-
feßen Genauigkeit gefteigert. Die ftrenge Me-
thodik in der Behandlung des Gegenftandes, die
fyftematifcbe Einteilung, die keine Lücke in dem
logifdjen Aufbau der Arbeit offen läßt, find viel-
leicht zum Teil ein Produkt der Ulölfflinfchule.
Die lebendige Anfd)aulid)keit der Darfteilung
innerhalb der methodifchen Grundlinien ift jedoch
ganz das Eigentum des Verfaffers. Die Behand-
lung des fpätbarocken Profanbaus geht von der
äußerften Peripherie der landfcßaftlidjen Lage
und der gärtnerifeßen Umgebung aus, um in
 
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