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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 178-204 August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0145

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* Politische Umschau. -
Heidekberg, 8. Angust.

*Der Waffenstillstand Oesterreichs
mit Jtalien ist noch nicht abgeschlosscn und
schcint auf cruste Schwierigkcitcn zu stoßcn.
BiS jctzt ist nur die Waffcnruhe verlängcrt
wordcn. Die Verhandlungcn übcr dcn Waffeu-
stillstand mit Friedenspräliminaricn follen in
Eormons, einem österrcichischen Flecken am
Zsonzo, ftattfindcn. Es ist sehr die Frage, ob
hier' ein festcs Nesultat zü Stande kommen
wird. Die F-eststellung der Friedcnsprälimina-
rien wird dort kcinenfalls rasch zu Stande
kommen, vielmehr gar uicht, und cs ist daher
leicht Möglich, daß der Krieg zwischen Oester-
rcich und Jtalicn von neucm beginnt. Oester-
reich stellt für dic Abtretung Vcnetienß jetzt
Bedingungen, auf welche Jtalien nicht eingehen
will, nämlich verhältniszmäßigc Uebcrnahme der
österreichischen Staatsschuld für dcn Antheil
VeneticnS und Entschädigung für den Bau des
FestungSvicrecks, welchcs viele Millionen, viel-
leicht eine Milliarde gckostet habcn mag. Jta-
lien will, wic gesagt, von derglcichcn Beding-
ungcn nichts wissen; Oesterrcich abcr behaup-
tet, Venetien nur bedingungSweise an Napo-
leon Hl. übergebcn zu haben. Auch gcdenkt
allcm Anscheine nach Ztalien den Kampf um
Südlyro^ und Zstrien wcitcr sortznsetzen. Preus-
sen abcr wird sich, so viel man allcrseitS mit
ziemlichcr Sicherheit hvrt, um etwaü WeitereS
nicht annehmen, vielmehr — mit Necht —
seinc Bundesgenossenschaft mit Ztalien jctzt alS
beendigt anschen.

* Zn Frankreich macht man der deutschcn
Nationalkraft gegenwartig große Complimente
und äußcrt zuglcich gcwalkige Befürchtungen.
Die Franzoscn, cin Volk vou 37 Millionen,
glaubcn. schon in eincm Norddeutschland von
28 Millionen eine großc Gefahr für ihre Dfacht-
stellüng zu crblickcn. Von dcm vcrcinigtcn nicht
östcrreichijchcn Deutschland vyllends (weun näm-
lich Südwcstdcutschland Norddeutschland hinzu-
käme) redcn sic wie von eincr ihre Existeuz
bcdrohcndcn Wcltmacht, trotzdem sclbst diefcr
vcrcinigte Ländcrcomplex Frankrcich an Scelen-
zahl kanm übcrtrifft und ihm an Neichthum
und natürlichen Hilföqucllcn viclleicht etwas
nachstcht. Oder ist dic angcblichc Furcht^Fxank-
reichö vor eincm gceinigtcn Dcutschland nur
eine scheinbare, welche zur Einleitung von An-
ncxionöforderungcn dienen foü, wenn diese auch
außerhalb Deutschland, z B. auf Belgien, gcl-
tend gemacht wcrdcn svllcn? Frankreich hat
nun allcrdings kcine Ursache, von scinem neu-
erstchcnden Nachbarreiche eine materielle Be-

drohung seiner Existenz zu fürchten, aber eS
würde thatsächlich yicht mehr die lciteude Macht
dcs. Continents sein, die es bisher gewesen.
Das Blatt „France" nennt daS geeinigte
Deutschland bcreits das „contineutale England"^
Kurz, die Franzoscn erhasten aümahlig, trotz
ihrer mangelhaften geographischen Kenntniffe,
eine Ahnung von der. großen ExpansionSkraft,
welche im deutschen Volke schlummort, uud die
nur einer richtigen Organisation bcdarf, um
gewaltige Resultate nicht sowohl auf den
Schlachtfeldern, alö viclmchr von uun an anf
der Bahn des friedlichen FortschritlS zu erzie-
len. Vorerst wrrden die Franzofen, wenn auch
mux auf djplomatiichcm Wege, die Vcreinigung
Deutschlands zu hindern suchen. Werdcn die
Deutschen gemüthlich genug fein, eine solche
Verhinderung ruhig zu dulden?

Die „Nordd. Allgem. Ztg." bringt an der
Spitze ihrer neucsten Nummcr einen osficiösen
Artikel, der iu Süddeutfchland und spccicll bei
den Gcgnern.der Mainlinie eincn niederschla-.
gendcu Eindruck machen wird. Dic Hauptstelle
dcö ÄrtikclS lautet: „Von mapchen Seitcn ist
die Besorgniß gcäußert worden, die preußische
Negierung kchinte stch durch die lebhafte Agi-
tation, mit welcher ein Thcil der liberalcn Parfci
in Vcrsammlungcn und in der Prcsse ste da-
hin zu drängen sucht, dcn Bundesstaat sofort
auch auf.Süddeutschland auszudehnen, zur Ver-
folgnng dicscr Politik bestimmen laffcn- Wir
theilen dicsc Besorgniß nicht, und gewiß ist ste
durchaus unbegründet. Die Aufgabe, cinen
norddrutschcn Bundcöstaat auf festcn, dauer-
Haften Grundlagcn zu crrichten, ist aökein schon
eine so schwere Anfgabe, daß durch ihre Löiung
für die nächstcn Zahrc dic Kräfte Prcnßens
vollauf in Anspruch genommen scin werdcn.
Dcr Negicrung kann diese Schwi?rigkeit nicht
entgchen unv sie wird dabei in Erwägung zu
ziehen habcn, daß, für jctzt wcnigstens, die
Hereinziehuug süddeutfcher Elemcnte in daö
untcrnommene Wcrk nur störcnd und hemmeud
auf dcffen Fördcrung einwirkcn würde. Noch
sind augenschcinlich die particularistischen Vor-
urthcile uud Hartnäckigkeiten in dcr Bcvölke-
rung Süddeutschlands so überwiegcnd, daß ste
eiuer cngcren, alle Bczichüngcn durchdringen-
den Vcrbindung mit dem Norden entschieden
widerstrebcn. Diese Dtimmung umzuwandeln,
dazn wird crst noch erforderlich scin, daß der
Süden selbst in der von ihm vorgezogensn Ab-
schließung seine Erfahrungcn machc. Dicß ist
auch die Ansicht aller Bcsonnencrcn untcr den
Libcralen sowyhl wie unter dcn Conservativen
Norddeutschlandö."

Die „Zeidlcr'sche Correspondenz" meldet:
„Dem Vcrnchmen nach geht General Man-
teusfel in ciner besonderen Miffion nach
PetcrSburg." (Jst bereitS am 7. dorthin ab-
gegangcn.)

Die Berliner „Provincial - Correspoudenz"
vom 8. sagj,: „Jn Betrcff der von Preußen in
Bcsitz zu nehmendcn Länder werdeu die vor-
läufigen Anordnungen in naher Zeit ergehen,
vorbchaltlich der verfassungsmäßigcn Regelung
der bezüglichen VerhÄtniffe.im Einverstandnisse
mit der preußjschen Landeövertretung." —
Ucber die Mission. des Generals v. Mantcnffel
nach PeterSburg fagt die „Prov.-Correfpond.":
„Nnßland uimmt als Großmacht wie auch
wegen vielfachcn verwandtfchaftlichen Beziehun-
gen lcbhaftcn Antheil an den Veränderungcn
in Dentschland. Die freundschaftlichen Be-
ziehungen zwischen Preußcn uud Nußland möch-
ten eS angemcsfen. und wüufchenswcrth erschei-
nen laffen, Nußland über die nothwendigen
Gesichtspunkte uud die Schritte PreußcnS ver-
trauliche Mittheilungen zu machen. Etwaige
Besorgnisse wegcn vermeintlichcr Stellung Ruß-
lands zu den bezüglichcu Fragen dürften sich
bald als unbegründet erweiscn." — Der Zoll-
verein wird, wie die „Prov. - Corresp." cndlich
schrciht, auf eiuer fcstcren Grundlage im Zu-
fammenhange mit dcn Eiurichtungen des enge-
ren uorddeulscheu BundrS umzugestalten sein.
Die Friedewsverhandlungen werdcu den Süd-
deutschen Gelcgenheit bieten, ihr Vcrbleiben im
Zollverein zn ermöglichcn. Doch wird die Er-
neuerung deö Zoüvcrcins nur unter Bedingun-
gen stattfinden, durch welche die biöhcrigen
Hemmnissc einer erfprießlichen Entwickclung
desselben vollständig bcfeitigt werdcn.

Die Wicncr „Debattc" erfährt, daß Kaiser-
Napoleon in einem Briefe an den Kaiser von
Oestcrreich darauf hinweise, daß die italienische
Jnvasion iu. Vencticn, welcheS an Frankreich
ccdirt worden, für die FricdenSnnterhandlungcn
kcin Präjudiz abgebe. Die Cession. begrnnde
für Frankreich ein Nccht, das Jtalien weder in
Abrede stellcn, noch ignoriren könne.

Nach der Nh. Ztg. würde daö preuß. Ab-
geordnetcnhaus auö 350 Mitglicdern bcstehcn,
wovou ZI der FortichrittSpartei, 59 dem linken
Ceutrum, 18 dcn Altlibcralen, 16 dcn Ultra-
montanen und 145 den Neactionären zuzu-
rcchnen wären. Hicrbei ist zu bcrückfichtigen,
daß die nnter „Neactionäre" aufgeführtcn 145
Mitglicder keineöwegs alS eine cinheitliche Frak-
tion aufplfaffen sind. Vor allen Dingen wer-
den Graf v. Bethusy-Huc und sciue Freunde
auöscheiden; dcrselbe hat vorläufig 15 Plätze

Gefechte der großh. badischcn Feldditufion.

(AuS der Kqrl-r. Ztg.)

1) Gefechl bci Hündheim
am 23. Iült 1866.

Am 23. wtrd in Folge alarmirknder Nachrickten
die Pivision auS den Quartieren um Wertheim
auf tas Plateau bei Hundhcim gezogen, nimmt
auf dle Kunde vom Anmarsch preußischer Colonnen
Stkllung zwischkn Hundheim (vom Lor^Scommando
befohlener Sammelplatz der Division) unl) Stein-
dach, wahrend ein Gleiches von der 3. Divtsion
bei Hardheim und von der Riservereitkres bei
SteiilSfurth geschieht, die würtembergische Brigade
Hegelmaier aber bci Külsltzklm Ausstellung nimmt.

Um 2 Uhr erhält eine gegen Neukirchen zur Re-

tigrm Wald und 'zieht sich zuruck; der Commandi-
rende geht mit 2 Compagnien vom Lrib'Grenadter»
rrgiment und 2 Gcschühen » cbeval der Straße
gegen diesen Wald vor; die rechte Compagnie erbalt
Feuer Unv nimmt den vorliegenden Rand mil Hür-
rah; die Compagnie linkS brsetzt den südlich der
btraße Uegeüden Wald; dte beiden Geschützr fah-

ren auf und beschießrn Cavallerieabtheilungrn tn
deni Wirsengrund östlich Nenkirchen, welche sich zur
Neukirch Nassiger Straße abziehen.

Ein Schützenzug deS 5. ZnfantericregtmentS un-
terdesscn auf dcr Straße gegen Ordengesäß vorge-
gangen, bemrrkt Abtheilungen, welche durch ten
Wald „Hlntere Stauden" ziehen, und erhält im
Wald östlkch Sonderried Fcuer; eS blieben hier
Oberlirutenant Vögclin und mehrere Mann.

Zür Unterstützüng und Alifnahme dirser Abthel-
lung rückt das 5. Jnfanteriercgiment vor, bcmerkt
gegen Nassig sich ziehende feindliche Colonnen und
wird beim Rückzng auS dem Wald stark in Flanke
und Rücken beschossen, wogegen sich die hintern
Abthcilungrn unvcrweilt werfen, wo fich aber be-
deutende Berluste ergeben.

Einc feindliche EScadron tritt hier auf; ihr An-
griff wird von einer aus Hundheim vorgerückten
Lompagnie Jäger abgewiesen.

Das nunmehr vorgezogrne Leib-Grenadierregi-^
ment rückt vor, nimmt daS 5. Znfanterteregi-
ment auf; eS rrhält .Granatkartätsch - Schüffe vom
Waldeingang her, waS von einer dteSseittgen Bat-
terie zum Schweigrn gebracht wirv.

habe, worauf, da eS schon spät am Tag war, die
Division in das Bivouac.hinter Külsheim geht.
(Fortsctzung folgt.)

(Wie vtele Wörter hat die deutsche
Sprache?) fragt rin Sprachgelrhrter in einem
alisländjschcn Blatte, uyh erwtdert sick: Die Ant-
wort liegt wieder in riner Frage: Wie vtele Te-
stirne hqt daS Firipamfnt? Wie virle Species hat
die kuropäische Flora oder Fauna? AlleS, waS der
Astronom, der Botaniker, der Zoologe auf solche
unvorsichtige Aufragkn entgegnrn kann, wird in
seiner Art kcr Pbilologe für fttne Antwort yer-
wendrn können. Wenn wir unseren Land.Sleuten
sagen, daß, zehn Worte auf die Spalte gcrechnet,
im Grimm'schen Wörterbuche bis jrtzt daS 57,44!)ste
ist, daß, nach einer ziemlich zuverlässigen Ncchnung,
mit dem Worte „Fromm" ctwa das erste Vie/theil
unsrrcS WortschatzeS abschließt, daß also daS be-
scheidene Wort „Zwuftl", welckeS tn Heyft's Wör-
trrduch zuhinterst steht, ftinerzeit bet Grimm daS
229,760ste srin «ird, — wenn wtr daS htemit ge-
 
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