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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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M 211. Samstag, 8. September >8««.

Aufruf.

Das Geburtsfest Seiuer Königlichen Hoheit
unseres durchlauchtigsten Großherzogs Frie--
rich wird durch Gottesdienst feierlich begangen
werden.

Jch lade daher die verehrlichen Mitglieder
des großen Bürgerausschusses, sowie'alle meine
Mitbürger, welche nicht besonders eingeladen
worden sind, zur Theilnahme an demselben hier-
mit ein, und ersuche fie, sich zum feierlichen
Zuge in die He i l iggcistkirche am
Sonntag, den 9. d. M.,
Morgens 8^/z Uhr,
im Rathhaussaale einfinden zu wollen.

Heidelberg, den 5. September 1866.

Der l. Bürgermeister:

Krausmann.

* Politische Umschau.

Heidelberg, 7. September.

* Der Rücktritt des französischen Ministers
des Aeußern, Drouyn, der so großes Aufsehen
erregt hat, bedeutet 1) vollständige Toleranz
gegennber Preußen und Fallenlassen der deut-
schen Frage, wenigftens fnr jetzt, 2) Erhaltung
des Friedens, wo möglich bis nach der großen
Pariser Weltausstellung im nächsten Jahre
(womit zugleich fnr Frankreich die nölhige Zcit
für seine militärische Organisation und neue
Bewaffnung gewonnen würde), 3) Jnangriff-
uahme der römischen, sowie der orientalischen
Frage. Bekanntlich war Drouyn eben so gün-
stig für Oesterreich, wie sür den Papst gesinnt,
was bei dessen Nachfolger Moustier nicht der
Fall ist. Nun gehen zwar Diejenigen zn weit,
welche von ciner heimlichen Allianz mit Preu-
ßen sprechen; in diescm Falle würde der preu-
- ßenfrcundliche Bencdetti zum Minister des Aeus-
sern erkoren worden sein; aber andererseits
dürfte dagegen als sicher zu betrachten sein, daß
die römische Frage im Sinne der vor 2 Jahren
abgeschlossenen Septcmberconvention zu Gun-
sten der Einheit Jtaliens einer baldigen Lösung
entgegenzusehen hat. Der neue Minister des
Aeußern, Marquis de Moustier, gilt für keinen
großen Diplomaten; aber er ist ein intimer
Vertrauensmann des Kaisers Napoleon, und
eignet sich vortrefflich dazu, der persönlichen
Politik desselben als Protokollführer zu dienen,
und die Zeit bis nach der Ausftellung, dic nun
einmal in Frieden abgehalten werden soll, mit
orientalischen Discusstonen auSzufüllen, über
welche die Franzosen vergcsfen sollen, wie sehr
die Tuilerienpolitik in Polen, Mexiko und am
Rhein verunglücht ist. Zu gleicher Zeit ist man

Eine Anweisung auf „Fünfundzwanzig".

Preffk" erzählt, leider nicht seltene Fälle. Der eine !
Fall, dessen wir hier Erwähnung thun wollen, hat
einen ziemlichcn Beigeschmack von Humor, und
dürfte schon deßhalb dcr speciellen Anführung werth
sein. Als die Besetzung Prags durch die Preußen
in nahe Ausficht gerückt war, wurde ein Maurer
unter anderm auch damit beauftragt, tm kaiser-
lichen Schlosse auf dem Hradschin irgcnd welche
Werthsachen einzumauern, nachdem man durch etne
ansehnliche Belohnung fich ftiner Verschwiegenhett
verfichert zu haben glaubte. Kaum waren jedoch
etnige Tage seit der Invafion der Preußen ver-
strichen, als fich beregter Maurergesell gerade aufS
Sckloß verfügte und unter der Erklärung, wichtige
Enthüllungen machen zu wollen, fich beim Ober-
Commandanten des preußischen Jnvafionscorps mel- j
den lteß- Er wurde vorgelassen. „Was haben Sie !
mtr mitzutheilen?" fragte der preußische General !
in etwas rauhem Tone zu dem Denuncianten von

über die Verwendung des im Tuileriencabinet
viel geltenden Benedetti in und außer Paris
sehr begierjg. Man ist gencigt, an dieselbe ein
bestimmtcs politisches Prognosticon zu knüpfen.
Gehe nämlich Benedetti als Gesandter nach
Rom, so sei anzunehmen, daß er dort die Lö-
sung der römischen Frage (versteht sich in ita-
lienischem Sinne) anstreben werde. Gehe er
nach Konstantinopel, so dürse man die wieder
auftauchende orientalische Frage als eine bren-
nende betrachten, und der Anfang zur Theilung
der Türkei werde dann nicht mehr lange auf
sich warten lassen. (Wie man neuestens hört,
soll Benedetti in der That die letztere Verwen-
dung erhallen.)

Nach dem „Dresdn. Journ." werden bis auf
Weiteres in folgendcn sächsischen Städten preu-
ßische Garnisonen stehen: in Dresden, Leipzig,
Chemnitz, Glauchau, Freiberg, Annaberg, Mei-
ßen, Zwickau, Plauen und Marienberg.

Die „Provinzialcorresp." berichtigt und er-
gänzt die bisher bekannt gewordenen Ungaben
anderer Blätter über den mit dem Großherzog-
thum Hcssen abgeschlossenen Friedensvertrag,
wie folgt: An Gebietszuwachs erwirbt Preußen
die Landgrafschaft Homburg mit dem Oberamte
Meißenheim^ die Kreije Biedenkopf und Vöhl,
den nordwestlichen Theil des Kreises Gießen,
mit Ausschluß der Stadt Gießen. ferner Rödel-
heim und Niederursel. Als Entschädigung er-
hält'das Großherzogthum Hessen einige bisher
zu Kurhessen und Naffau gehörige Gebietsstücke
(Enclaven). ,

Die,^Kölm Ztg." schxeibt: Jir politischcn
Kreisen spricht man von einem L-chreibcll deS
Kaisers Napoleon an Hrn. v. Lavalette bezüg-
lich der der Presse zu gebenden Richtung, da-
hin, daß sie kriegerische Vergrößerungsplane
Frankreichs, welche Deutschland gegen Frank-
reich aufregen würden, desavouire. — Lord
Cowley in Paris wird, wie es heißt, durch
Malmesbury ersetzt werden.

Eö bestätigt sich, daß der König von Preußen
demnächst den größeren Städten Schleswig-
Holsteins einen Besuch machen wird. Von
Altona, wo der Ausenthalt des Königs drei
Tage 'dauern wird, begibt er sich nach Neu-
-münster, Kiel, Rendsburg, Schleswig, Flens-
burg und Hadersleben. Jn Begleitung des
Königs werden sich der Kronprinz, Prinz
Fricdrich Karl, Graf v. Bismarck, v. Roon
und Manteuffel befinden. Ein festlicher Em-
pfang wird vorbereitet.

Jn Folge der Annexionen von Hannover,
Kurhessen, Nassau und Frankfurt sind die Ver-
treter Frankreichö in diesen Staaten ermächtigt

sehr zweideutigem Ausfthen. „Jch kann angeben,
wo die kaiserliche Statthalterei vor ihrem Abzuge
aus Prag sehr viele Werthsachen vergraben ließ,"
war die Entgegnung. — „Wieso find Sie in der
Lage, dies thun zu können?" — Ich habe fie selbst
eingemauert." — Dieft gemeine Schurkerei frap-
Pirte den feindlichen General; aber er ließ wenkg
davon merken und fragte weiter: „Was erhielten
Sie.für Jhre Mühe und gewiß auch für die treue
Bewahrung des Gebeimnisses?" — Der Maurer,
in der Meinung, der General thue diese Frage
nur, um seinen Verrath doppelt, ja dreifach zu
belohnen, beeilte fich zu erklären, daß er AlleS in
Allem 25 fl. erhielt. — „Die sollen Sie von mir
auch haben," versetzte Iener, .nur," fügte er hinzu,
„wird es Ihnen vielletcht bekannt sein, daß tch all
daS zu Zahlende beim Bürgermeister anweise,"
worauf er einige Worte auf einen Zettel schrieb
und diesen dem ungeduldig Harrenden übergab.
Der Denunciant, des Lesens kaum oder nur wenig
mächtig, ging getrost mit seinem Zettel zu Dr.
Belsky. Was dieser jedoch der Anweisung ent-
nahm, mochte dem Ueberbringer nicht allzu ange-
nehm in die yhren klingen, denn die Anweisung

worden, ihre Posten zu verlassen. Damit
spricht Frankreich seine Anerkennung dieser An-
nexionen aus, wodurch die Bedeutung des Rück-
tritts von Drouyn de Lhuys noch voller in's
Licht tritt.

D e u t s ch i a u d.

Karlsruhe, 6. Sept. Nachdem durch den
Friedensschluß zwischen Baden und Preußen
die freundschaftlichen Beziehungen zwischen bei-
den Staaten wieder hergestellt worden stnd,
steht anch der Wicderanknüpfung des gegensei-
tigen diplomatischen Verkehrs nichts mehr im
Wege. Von dcr hohen Wichtigkeit der sorg-
fältigen Pflege der Beziehungen zu Preußen
durchdrungen, hat die großh. Regierung sich
beeilt, dieserhalb vorbereitende Schrittc zu thun,
und ist nunmehr am gestrigen Tage Freihcrr
v. Türckheim von hicr nach Berlin abgegau-
gen, um am dortigcn Hofe seinen Posten als
außerordentlicher Gesandter und bevollmächtig-
ter Minister Sr. Königl. Hoheit des Groß-
herzogs wieder anzutreten. (K. Z.)

Durmstadt, 5. Sept. Henle Vormittag
trafen die HH. Minister v. Dalwigk und Le-
gationsrath Hofmann von Berlin dahicr wieder
cin.

Dresden, 3. Sept. Die ncuen Schanz-
bauten haben heute im großen Gehege und bei
Neudors begonncn, und siud die Erdarbeiten in
Accord gegeben worden.

München, 5. Sept. Nachdem die durch
den Friedensvertrag vom 22. v. M. fcstgeftell-
ten sinanziellen Voraussetzungen für den Ab-
marsch der k. preuß. Truppen von bayrischer
Seite nunmehr erfüllt und yon preußischer
Seite als erfüllt anerkannt worden sind, habcn
die Befehlshaber der auf bayrischem Gcbicte
stehenden preußischen Corps unterm gestrigen
von Berlin die Weisung crhaltcn, mit ihren
Truppen mit möglichster Beschleunigung Bayern
zu verlassen.

Berlin, 3. Septbr. Mit 230 gegen 75
Stimmen hat also das Abgeordnetenhaus die
verlangte Jndemnität ertheilt. Ueber diese
Thatsache, da sie nun einmal geschehen, wollen
wir heute nicht mehr rcchten. Es muß sich
bald zeigen, ob damit wirklich Friedensprälimi-
narien zwischen den streitenden Parteien abge-
schlossen sind. Thatsache ist, daß die Verspre-
chungen des Ministerpräsidenten auf Verbeffe-
rungen in der Verwaltung und Ausbau der
Verfasiung (in dem ftenographischen Bez:icht,
welchen auch sämmtliche Zeitungsberichterstatter
zu Grunde gelegt haben. hat Graf Bismarck
Letzteres in „Herstellung der verfasiungsmäßj-


(Verzweifelter Selbstmord.) Aus Wien,
28. August, meldet die „Preffe": Eine tragische
Scene spielte fich heute Nachmittag um 4' Uhr
nästst der Aspernbrücke ab. Ein anständig geklei-
detes Frauenztmmer kam zum Donauufer hinah
und stürzte sich jählingS in den Fluß. Ein Herr,
welcher seinen großen Hund eben im Donaucanal
schwimmen ließ, warf demselben etnen Stein zu,
nach der Richtung, in der die Unbekannte schwamm,
und eiferte ihn durch Geberden an, den schwim-
menden Körper ans Ufer zu bringen. Unterdeß
war daS Frauenzimmer, von ihren bauschigen Klei-
dcrn getragen, mehrmals auf- unb untergetaucht,
und der fie suchende Hund erfaßte sie gerade in
dem Momente, alS fie wieder an die Oberfläche
des WasserS kam, mit den Zähnen am Kleidc und
versuchte mit ihr das Ufer zu erreichen. Die Selbst-
mörderin wtdersetzte fich ihrer Rcttung mit aller
Kraft und zog den fie festhaltenven Hund nach
unten. Unter der eutsetzten Menge, die biesem
fürchterlichen Kamflfe — der kaum so lange währte,
 
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