Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 205-230 September
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0303

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ueidtlbrrgtr Itilung.

N 22S


Dienstag, 2S September


* Politische Uinschau.

Heidelberg, 24. September.

Der bei der steigenden Kriegsgefahr über
Wien verhängte Belagerungszustand ist noch
nicht aufgehoben und auch noch unbestimmt,
wann diese schwere Maßregel von der Haupt-
stadt des Kaisers Franz Joseph genommen wer-
den soll. Wie verlautet, hat vor wenigen Ta-
gen der Kaiser den Polizei-Hauptmann Stroh-
bach nber die Stimmung der Hauptstadt befragt
und dicser geantwortet, er müsse jede Deranl-
wortung für die Folgen einer vorzeitigen 2lus-
hebung des Belagerungszustandes ablehnen. . .
da in der Bevölkernng cin Pessimismus herrschc,
der allerdingS eine Wiederholung der bekannten
thätlichen Jnsulten des Kaisers auf ostencr
Straße nicht befürchten laste, ader desto mehr
geeignet sei, bei dem geringften Anlasse zu ver-
schwinden und Ausbrüchen der tiesen Erbitte-
rung Platz zu mach§n, die wcgen der politischen
und der materiellen Mißständc alle Gemüther
beherrsche. Diese Eröffnungen des Polizeimei-
sters sollen den Kaiser ebenso sehr betrüdt, wie
seine Furcht Lesteigert haben. — Diese Furcht
ift es aber sodann, welche von den Ungarn be-
uutzt wird, um zur Ernennung öines ungari-
schen MinisteriumS zu gelangen . . . und in der
That soll es bereits beschlossene Sache sein, daß
ein ungarischcs Minists.rium ernannt und der
ungarische Landtag in der nächsten Zeit einbe-
rufen wird.

Wie man der „Kreuzztg." aus Wien mit-
theilt, haben die östcrreichischcn Erzhcrzöge, wclche
Chefs preußischer Negimenter sind, auf diese
ihre Ehrenstellen verzichtet und dieß in Berlin
kurzab angezeigt. Nach dem Friedensschluß, be-
merkt die „Kreuzztg." dazu, findcn wir dieß
Verfahren doch sonderbar.

Die Berliner „Zeidler'sche Korrespondenz"
vom 22. d. crklärt alle Zeitungsangabcn übcr
den Stand der Fricdcnsverhandlungen zwischen
Sachsen uud Preußen für unbegründet; die
Versprechungen waren resullatlos, und im Au-
genblick werden keine Verhandlungen mit Sach-
sen geführt.

Der Constitutionnel bringt einen offici-
ösen Commentar zu dcm Lavalette'schen Rund-
schreiben, in welchem die Nationalitätsbestrebun-
gen der Völker besondcrs hervorgehoben wer-
den. „Aus ihnen ging hervor 5as Königreich
Jtalien, das vergrößerte Preußen, aus ihnen
wird auch ein Deutschland yervorgehcn, das
nrcht mehr den Jnterestcn einer vergangenen
Zeit angehören und sich ungehindert für alle
Jdeen der Civilisation und des Fortschrittes

PariS. Vor den Pariser Gerichten wurden vor
Kurzem zwei schauerliche Criminalproccsse verhan-
delt. Etn Correspondent schreibt darüber:'Leider
fehlt es an solchen niemalS in Parts, aber so ent-
fetzliche Verbrrchen, wie die kürzlich verhandelten,
gehören Gottlob auck hier zn den Scltenhetten.
Jn den zwei bedcutendstrn Proceffen find nickt

fünf auf einen einzigen Mörder kommen. Der erste
Fall betraf die Schiffsrebellion der Foederis Arca,
wo die Mannschaft den CapitLn, zwei Steuerleute
und vicr andere Personrn um's Leben gebracht,

Anfangs wegen mangelnder Beweise freigesprochcn.
Aber fie sollten dennoch der gerechten Strafe nicht
entgehen, und die einzelnen Umstande drr rndlichen
Entdeckung boten so viel ekgrntdümliche DetailS,
daß man wirflich eine höbere Hand darin nicht
verkennrn konnte. Auch die Justiz als solche sollte
bei dteser Gelegenheit einen Triumph feiern, der
wohl einzig in den Annalen der Gerechtigkcitspflege
dasteht. Als es nämlich galt, auf bie Derbrecher zu
fahnden, waren fie längst in allen Welttheilen zer- I

aussprechen wird. Bci dieser Ulngestaltung
werdcn die alten, am häufigsten auf persönlichen
Fragcn und Privatgründen beruhenden Mian-
zen allcm Anscheine nach andern Allianzen wei-
chen, die nur auf die allgemeinen Juteresien
sich stützen. Auf die Allianzcn der Fürsten
folgen nunmehr die Allianzen der Völker, danu,
aber nur dann erst, wird die Welt sich Glück
dazu wünschen können, daß sie dic wahrhaften
Vorbedingungen des Fricdens gefunden hat. . .
Fraukreich hat das Verdienst, entschloff.n diese
neue Bahu betretcn und für die Unbilden, die
mau ihm vor fünfzig Jahreu zugcfügt, eine
edle Rache genommen zu habeu. Frankrcich
hat das Werk des Argwohns, das man vor
einem halben Iahrhundert gegen es errichtet,
zum Vortheil Europa's und der Civilisation
zerbrochcu und zerbrechen lasten. Aber, das
wisse man wohl, die Regierung dcs Kaisers
trennt die Weisheit von dem Patciotismus nicht;
iu dem Augcnblick, in dem die Andern wach-
sen, wird es die Mittel suchen und findeu, um
unserem Lande den hohen Einfluß und den
Glanz in der Welt zu wahren."

Die France gibt als die Hauptbestimmun-
gcn des preußisch-sächsischen Friedensvertrags
folgende Puuktc an: 1) König Johann dankt
zu Gunsten seines Sohues ab. 2) Die säch-
sische Armee bleibt bestehcn, tritt aber unter den
Oberbefehl des KöuigS von Preußen. 3) Sach-
sen bildct eiucn Theil des norddeutschcn Bun-
des. 4) Bis zur Erfüllung dicscr Bedingun-
gcn bleiben die Slädte Bautzen, Zwickau und
Zittau von den preußischen Truppen occupirt.
— Man sieht, fügf die France hinzu, daß die
Selbstständigkeit Sachscns nur dem Scheine nach
aufrecht erhalten ist. ^ ,

Der Siecle findet, daß der Zustand Eu-
ropas durchaus uichl so beruhigend sei, als das
Rundschrciben anzunehmen scheinc; noch bestehc
die ungarische, die polnische (!) und die orien-
talische Fragc. Jm Ucbrigen ist daS Blatt des
Hrn. Havin mit der Politik der Regierung Preu-
ßen gegenüber einverstanden.

Der Monde spricht hcute offen aus, daß
der Papst, falls der Aufenthalt in Rom ihm
unmöglich gemacht werde, sich sür das Exil in
Malta entschlossen und bereits die nöthigen
Schritte bci der englischcn Rezierung gethan
habe. Daß der h. Vater Schutz bei dcm pro-
testantischen England sucht, soll eine Strafe für
„dcn ersten Sohn der Kirche" sein, welcher ihn
so schnöde verlasseu hat.

Die englische Gesandtschaft in Athen erklärt
officicll, daß Eugland niemals die Vereinigung
Candias mit Gricchenland vorgeschlagen hat. —

trennten fie von rinander und von dem Asfisensaal
deS Admiralitätsgericktes, und dock standen fie
sämmtlich nach kaum fünf Monaten in eben jenem
Saale, um ihr llrtheil zu hören. Keiner wußte
von den Anderrn, und Zeder glaubte sich allein
arretirt und hoffte, fich durch Läugnen zu retten.
Als fie darauf tn der ersten öffentlichen Sitzung
zusammcn confrontirt wurden, sollen fie fich gegen-
seitig wie Gespenster angestarrt haben. Der Prä-
sident hatte das rechte Wort gewähkt, alS er dem
ersckütterten Publikum zurirf: „Voils Is msiu äs

Uebrigen zu lebenslänglicher Galeere verurtheilt.
In dem zweiten ersckrtnt nur ein einziger Mörder,
ein ehemaliger Zouave, der, wie die Anklageacte
sagt, später ein Gkschäft darauS gemacht zu haben
scheint, hilflose Frauen umzubringen, und zwar
aus bloßer Lust am Morden. Dret Mordthaten
gestand rr ein, zwei anderc wnrden ihm mit solcher

Der Köüig von Griechenland ist in seine Haupt-
stadt zurückgekehrt.

D e u k s ch l i r, d.

Karlsruhe, 22. Septbr. Sichcrem Ver-
nehmen nach wird dcr Landtag auf dcn 5. oder
6. October cinberufen nxrden. — Der Präsi-
dent des großh. Staatsministcriums, Hr. Staats-
minister Mathy, ist heute früh nach der Mainau
abzereist, um Sr. Königl. Hoheit dem Groß-
herzog persönlich Vortrag zu crstattcn. — Jn
Folge eines mit der kaiserl. französischen Regie-
rung getroffcnen Uebereinkommens wird dic Er-
hebung der Päßvisa-Gebührcn von beiderscitigcn
Staalsangehörigen mit dem 1. October d. I.
ihr Ende erreichen und von Seiten des großh.
Ministcriums des Innern die auf Erhebung
jener Gebühren bczügliche Veroronung vom
18. Mai 1858 gleichzeitig außer Kraft gesctzt
werden. (K. Z.)

-j-§ Karlsruhe, 23. Sept. Die Berufung
der Stände wird nun zu Ende der nächsten
Woche erfolgen, und die öffentlichen Sitzungen
mit dcm 8. Octobcr beginnen. Wie wir hörcn,
wird übrigens die Session nicht von langer
Dauer sein, da man sich auf das Nöthigste. zu
beschränken Willens ist. Wir können dies nur
lobend anerkennen, da dic Zeit für größere
und in das staatliche Leben tiefer eingreifende
legislatorische Arbeiten noch nicht angethan ist.
Die Vorlage der Regierung über Ausgleichung
der Kriegsschäden wird indeß den Kammcrn
Anlaß geben, die deutschcn Zustände übcrhaupt
und insbesondcre dic Stellung des Großherzog-
thums zu Preußen, beziehungsweise zu dem
uiiter diesem gecinigtcn Norddeutschland, zur
Sprache zu bringen. Ohne Zwcifel dürfte hier-
auf das Hauptintereste der Session fich beziehcn.
-Lo viel wir wissen, wird die Negierung felbst
die Jnitiative ergreifen, und mit aller Entschie-
denheit gegen jcden südveutschen Sonderbund
und einc Betheiligung an demselben von Seile
Badens sich aussprechen. Man wird es vor-
ziehen, vorerst lieber allein zu stehen und ab-
zuwarten, bis die Hindernisse fallen, welche zur
Zeit der nationalen Einigung zwischcn dem
Norden und Süden Deutschlands im Wege
stchen.

Eine solche zuwartende deutsche Politik ist
unserer Lage auch in der That am meisten ent-
sprechend. Sie bewahrt dic Frciheit der Action,
und bcreitet dieser selbst von Vornherein keine
Hindernisse. So weit wir die Stimmung der
zweiten Kammer kennen, zweifeln wir nicht,
daß sich dicse in ihrer großcn Mehrheit einer
solchen Auffassung dcr deutschen Frage an-


Heidelberg, 21. Srpt. DaS Loncrrt zu Gun-
st^ n^ s b c sch nn b k ^ ^ ^ ^ ^ ndMa in -

drr größte Beisaü z» Thetl ^wurd!-; ebrnso Frau
Zirpel, Pianistin, wklche schulgerecht mit G'fühl
un- krästigrm ArschlaA spirlte. Hcrr Pianift Sie-
 
Annotationen