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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0319

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Ulidtlbrrgcr Ieilung.

R» 2SS. Samstag. SS. September »'NNL8?L.^.WL!''^ 18««.

Einladung zum Abonnemcnt.

Auf das mit dem 1. October 1866 beginnende
4. Quartal der „Heidelberger Zeitung"
laden wir anmit zum Abonnemcnt ergebenst ein.
Die Heidelberger Zeitung ist durch Beschluß
Großh. Ministeriums des Jnnern vom 24. No-
vember 1864, Nr. 14,731, als Kreisver-
kündigungsblatt für den Kreis Heidel-
berg und als amtliches Verkündigungs-
blatt für die Amts- und AmtsgerichtSbczirke
Heidelberg und Wiesloch und den Amts-
gerichtsbezirk Neckargemünd erklart worden,
in Folge dessen allc Bekanntmachungen der
betreffenden Staatsstellen darin zu erscheinen
haben.

Jndem wir uns im Uebrigen auf das mehr-
fach veröffentlichte ausführliche Programm be-
ziehen, bemerken wir hier noch, daß wir uns an-
gelegen sein laffcn werden, bei den gegcnwärtigen
politisch bewegten Zeiten, die wichtigen Nach-
richten so schleunig wie möglich unseren Lesern
mitzutheilen. — Trotz der oftmaligen Beilagen
beträgt auch ferner das vierteljährliche Abon-
nement in hiesiger Stadt 1 fl. 3 kr., durch die
Post bezogen 1 fl. 24 kr. Jnserate, welche
durch unsere Zeitung die ausgedehnteste Ver-
breitung finden, werden mit 3 kr. die drei-
spaltige Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Heidelberg, im Sept. 1866.

DLe Exvedition.

* Politische Unlschou.

Heidelberg, 28. September.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Einverlei-
bung Schleswig-Holsteins, wird erst nach Ab-
lauf der Vcrtagung dcs preußischen Landtags
in demselben zur Verhandlung kommen.

Jm Laufe nächster Woche soll eine größere
Versammlung von deutsch-öftcrreichischen Land-
tagsabgeordneten in Wien stattfinden.

Nach einer Pariser Correspondeuz der „Jndep.
Belge" bleibt in Folge der Vermittlung des
Kaisers Napoleon in der Luxemburger Auge-
legenheit der 8tatu8 quo vorläufig aufrecht er-
halten. Die Verhandlungcn sollen wieder aus-
genommen werden, sobald die Zeit die Gemüther
besänftigt. hat.

Man behauptet, die Räumung Roms Sei-
tens- der französischen Truppen merde am 15.
Dccember beeudct sein.

Ein Präservativ gegen Cholera.

Einer veröffentlichtcn Empfehlung des Herrn
de la Roche, prakt. Arztes und Kreiswundarztes
zu Kurnick (Reg.-Bezirk Posen), um dervl Ver-
breitung in den Zeitungen gebeten wird, entneh-

brauch des Chinins als Präservativ gegen dieselbe
zu empfkhlen. Ich vermuthe, daß dies Mittel gegen
die Ebolera nicht mtnder wirksam ist, als die Vac-
cination gegen die Menschenblattern. Erwachsene
nehmen davon bei Annäherung ber Epidemie (denn
nach dem Ausbruch derselben am Ort dürfte es für
Viele zu spät sein) zunächst 24 Gran, und zwar
stündlich 2 Gran; dann 3 Wochen hindurch des
Morgens, MittagS und AbenbS 2 Gran. Nack
Ablauf dieser Zeit werden nun früh und Abends
2 Gran grnommen, und mit dieser Gabe wird biS
nach dem Erlöschen der Seuche an dem Ort und
in der Umgegend fortgefahrrn. Halberwachsene
nchmen die Hälfte und Kinder unter 8 Jahren,
je nach dcr bksondern AlterSstufe, etwa V4 der an-
gegebenen DosiS.

Man meldet in positlver Weise, daß die Kai-
serin Charlotte von Mexico nicht mehr nach
Mcxico zurückkehren wird, und daß mit der An-
kunft des nchchsten transatlantischen Paketbootes
auch dem Eintreffen der Nachricht von der Ab-
dankung des Kaisers Maximilian entgegenge-
sehen werden darf. Die Maßregeln der fran-
zösischen Regicrung, sowohl in Betreff der mexi-
cänischcn Finanzen wie in Bezug auf die Räu-
mung Mexicos Seitcns der französ. Truppen,
haben jenen Entschluß unausweichlich gemacht.

Es erhält sich die Angabe, daß der Vice-
könig von A^yten das constitutionelle System
in seinem Landc einzuführen beabsichtige. Man
bchauptet jctzt, dieses Vorgehen des Vicekönigs
werde den Sultan nicht übcrraschen; cs wäre
von einem solchen Project bereits in Konstan-
tinopel zur Zeit des letzten Aufenthaltes Js-
mail Pascha's am Hofe scines Lehensherrn die
Rede gewesen; die türkische Negierung würde
den Versuch gcschehcn laffen, ohne ihn im
Voraus zu billigen oder zu tadeln; ergebe cr
in Aegypten befriedigende Resultate, dann dürfe
er wohl auch in ven übrigen Thcilen des otto-
manischen Reiches in Anwendung gcbracht
wcrden.

D e u t s ch l «1 n d.

Karlsruhe, 27. Septbr. Es ist uns die
Nachricht zugckommen, daß vorigen Samstag
den 22. September II. MM. der König und
die Königin von Württemberg II. KK. HH.
dem Großherzog und der Großherzogin auf der
Mainau einen Besuch abgestattet haben.

Wir erfahren ferner, daß die Höchsten Herr-
schaften vorigcn Montag, den 24. September,
Sich uach Meersburg bcgeben uud der dortigen
Taubstummen-Anstalt eiuen längern Besuch ge-
widmet, und daß Höchstdieselben Dienstag, den
25. September, einen Ausflug nach der Jnsel
Reichenau und auf den Arenenberg uNternom-
men haben.

Seine Excellenz der Hr. Staatsminister der
Finanzen, Mathy, traf vorigen Samstag zur
persönlichen Vortragscrstattung bei Seiner Kö-
niglichen Hoheitdem Großherzog aufderMainau
ein und ift Montag, den 24. d. M., Nächmit-
tags, von dort wieder nach Karlsruhe abge-
reist. (K. Z.)

-f- AuS Baden, 27. Septbr. Mehrfach
wurde die Frage schon angeregt: was geschieht
mit unseren im Kriege verwundeten und ar-
beitsunfähig gewordenen Soldaten? Ein ge-
nügendes Pensions- oder Jnvalidengesetz be-
fitzen wir nicht. Die alte Verordnung aus dem
Jahr 1837 ist so mangelhaft, daß der Bezugs-,

am besten, und Kinder nehmen das Mittel in ^
Süßholzwurzel-Syrup.

Dabei versteht es fich von stlbst, daß das Ver-

theile davon. Ich kann indeß versichern, daß ich
die gkfürchteten Nachtheile bei einer mehr als 30jäh-
rigen ärztlichen Wirksamkeit am Krankenbette nie-
mals beobachtet habe und solche den Aerzten über-
haupt unbekannt sind. Zum Schluß warne ich noch
recht dringend vor dem so oft wiederholten, wenn

solche nicht nur nichts nützen, sondern geradezu scha-
den und etne erböhte EMpfänglichkett für die tn Rede
stehende Krankbeit berbeiführ'en; anderer sehr erheb- !
I lichen Nachtheile für die Gcsundhett nicht zu gedenken. i

bcrechtigte mit dem ihm ausgeworfenen jähr-
lichen Ruhegehalt höchstens einen Monat leben
könnte. Privatwohlthätigkeit und Gemeinde-
unterstützung scheinen uns nicht die geeigneten,
wenigstens nicht die ausreichcndcn Mittel zu
sein. Es wäre wohl die Aufgabe der Kam-
mern, die Erlaffung eines Gesetzes zu veran-
laffen.

^ Waldshut, 27. Sept. Mit dem heu-
tigen Tage beginnt der letzte Act des hiefigen
Dramas: „Ehrlich wahrl am längsten"; es
begirmcn nämlich heute in Constanz die Schwur-
gerichtsverhandlungen gegen Eduard Jndlekofer,
Kaufmann von hier, und Genoffen wegen bos-
hafter Zahlungsflüchtigkcit. Nicht mchr als
23 Angeklagte nchmen die Anklagebank cin,
darunter, wie Sie wissen, Männer aus allen
Ständen, vom „Herrn von" bis herab zum
Taglöhner; auch eine Anzahl Franen befinden
sich darunter, die „es für eine Sünde gehalten
hätten, den armen Kindern Jndlckofers nicht
zu helfen" und in dieser Crispinuswohlthätig-
keit sich nicht scheuten, die Gläubiger Jndle-
kofers betrügen zu helfen — aus Religio-
sität. So verworren sind hier dic Begriffe
von Recht, und an dieser traurigen Erscheinung
tragen nicht wenig unsere jcsuitischen jungen
Pricster fchuld. die alle Religiosität in die äußere
Form legen und den innern Werth des Chri-
stcnthums unberücksichtigt laffen. Die dem
Fortschritt ernstlich huldigenden hicsigen Ein-
wohuer sahen deßhalb auch nur ungerne, daß
die hiesige Bürgerschule einem jüngcrn Priester
als Vorstand übergeben wurde, der zwar nicht
zu den Fanatikern zählt, aber immerhin seine
Befehle von Freiburg, statt von Karlsruhe er-
hält und vollzieht. Kommen dann dazu noch
ähnliche Gcsinnungsgcnossen, so läßt sich das
Resultat leichk berechncn: die Schule kränkelt
und mit ihr nicht nur die gegenwärtige, son-
dern auch die ckünftige Generation. Bescitige
man 'doch endlich einmal die vaterlandslosen
Geschöpfe aus dem Staatsleben, in'das sie nicht
gehören, überlasse man sie, nächdem sie sich ja
selbst vom Staate losgeschält, ihrem Schicksale,
und setze man kräftige, mit vollcm Ernst für
den Fortschritt begeistertc Männer an die wich-
tigen Posten (nicht nur im Schulfache), Män-
ner,' die im Stande sind, die-Zeit zu yerstehen-
ünd den Willen haben, derselben Rechnung zu
tragen. Daß dies geschehe, erwarten wir von
unserm jungen Ministerium, deffen Mitglieder
uns zur Hoffnung auf ein kräftigcs Einschrei-
ten im Jnteresse des Fortschritls in hohem
Grade berechtigen.

Vom Ateckar, 20. Septt Auf ei-

Horb, 25. Sept. Gestern Mittag zwischen 11

bier gelegenen Orte Euting.en ein schaudererre-
gender Vorfall. Lindenwirth Wetzel von dort schickte
seinen etwa 12 Iahre alten Knaben, dem fich ein
Kamerad von gleichcm Alter beigesellte, mit 2 Pfer-
den zum Vorspann eincs Frachtfuhrwerks nach Bil-
dechingen. Auf dem Rückwege setzte sich der Knabe
des Linvenwirths auf eines dieser Pferde, um forsch
nach Hause zu reiten. Dieses Pferd aber kam als-
bald in vollen Lauf, der Knabe stürzte herab und
blieb mit einem Fuß in einem der Stränge hän-
gen,k worauf das Pferd erft recht fortraste und so
den Knaben eine starke Viertelstunde weit feldein-
wärts über Gräben, Stock und Stein fortzerrte
und buchstäbttch zerrissen und zerschlagen hat; ftine
Kleider fand man stückweise auf der verbängniß-
vollen Svur. Sein todter Körper kam völlig nackt
beim Dorfe an und sah keinem menschlichen Wesen
mehr gleick; nur an der Stelle, wo der Strang
um den Fuß geschlungen war, waren noch Fetzen
von der Hose und dem Strumpfe zu sehen.
 
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