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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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Utidtlbkrgtr Irilung.

N- 262. E.'»-K^m.z-^N— Mittwoch, 7. November 1^66

Auf die „Heidelberger

^ Zeitung" kann man sich

nych ^ Monaie
November und December mit 42 Kreuzern
abonniren bei allen Postanstalten, den Boten
und Zeitungsträgern, sowie der Expedition,
Untere Ncckarstraße Nr. 13».

' Politische Umscbou.

Heidelberg, 6. November.

Nach der „N. P. Z." scheint die Absicht zu
bestehen, die Vorarbeiten des norddeutschen Bun-
des so zu fördern, daß der Zusammcntritt des
Reichstages mit Beginn des neucn Jahres er-
folgen kann.

Der Proceß, den die preuß. Regierung gegen
das „Memor. Diplomat." wegen Beleidigung
der Person des Königs von Preußen angestrengt
hat, soll den 16. Nov. vor der 6. Kammer des
Zuchtpolizeigerichts zur Verhandlung kommen.

DaS Berliner Kammergericht vom 5. Novem-
ber bestatigte das freisprechende Erkenntniß des
Stadtgerichts gegen den Abgeordneten Twesten
wegen seincr in dem Abgeordnetenhause gehal-
tenen Rede über die Justizverwaltung. Der
Staatsanwalt beanlragte eine zweijährige Ge-
fängnißstrafe.

Der König von Sachsen empfing am 5.
November eine aus 140 Lcipziger Bürgern
bestehende, mit Extrazug angekommene Depu-
tation, welche eine mil übcr 2000 Unterschrif-
ten versehene Begrüßungsadresse überbrachte.

Die „Patrie" erfährt aus Vera-Cruz vom
5. Octbr., daß die mexikanische Armee auf die
definitive Zahl von 45,000 Mann gebracht wor-
den ist. Dieser Effectivbestand wird bei Ab-
gang deS französischen Expeditionscorps voll-
ständig sein.

Deutfchl«, nd.

Aus Baden, 4. Nov. wird dcm „Schw.
M." geschrieben: Jn sonst zuverlässigen Krcisen
wird versichert, daß ähnlich wie bei Ulm auch
auf eine Mitbesetzung von Rastatt seitens Preu-
ßcns nicht eingegangen werden will. Offenbar
beabsichtigt Preußen nicht, seinen militärischen
Verpflichtungen eine Ausdehnung zu geben, die
große Gefahrcn in sich schließen kann, ohne
daß bisher von den südwestdeutschen Staaten
irgend genügende Gegenleistungen in politischer
oder militärischer Beziehung zu gewärtigen
wären.

Marburq, 3. Nov. Auf die von einer
Deputation dcs hiesigen Stadtraths bezüglich
der Univcrsitätsangelegenheit dem Hrn. Admini-
strator Kurhessens, v. Möller, in Kassel über-

reichte Petition ist von demselben vor einigen
Tagen ein Schreiben folgenden Jnhalts an den
hiesigen Oberbürgermeistcr eingelaufen: „Auf
die Eingabe vom 24. d. M. eröffne ich dem
Stadtralh, daß nichts vorliegt, was aus die
Absicht der k. Staatsregierung schließen ließe,
dic Universität Marburg aufzuhebcn. Jch habe
vielmehr die feste Ueberzcugung, daß die Uni-
versität Marburg bestehen bleiben wird. Kassel,
29. Oct. 1866. Der königl. Administrator von
Kurhessen. v. Möller."

Kaffel, 2. Nov. Die Bestimmung der im
Dienste gebliebenen kurhessischen Officiere ist
heute bekannt geworden. Es sind nur wenige,
welche nicht eine Versctzung zu andern Regi-
mcntern betroffen hätte.

Stuttgart, 4. Nov. Die hier seit einigen
Tagen durch eine besondere hiezu eingesetzte
Commission vorgenommenen Schießversuche mit
Hinterladern haben zum Zweck, ein Gewehr zu
probiren, dessen gemeinsame Einführung in
Bayern und Württemberg von den Kriegsmi-
nisterien beider Staaten für den Fall verab-
redet worden sein soll, daß eS sich bewährt.
Bis jetzt sollen diese Schießveriuche ein der
Einführung nur günstiges Rcsultat ergebcn ha-
ben. — Jin Ministerium des Innern ist vor
einigen Tagen eine Commission, bestehend aus
Beamten und Kammcrmitgliedern, zusammen-
getreten, um über die neue VerwaltungSorga-
nisation zu berathen. Nach dieser Neorganisa-
tion sollen auch die Kreisregierungen, wclche
schon seit Jahren bei unserer Kammeropposi-
tion einen Stein deS Anstoßes gebildet haben,
in Wcgfall kommen.

München, 2. Nov. Durch einen heute
erlassenen Hirtenbrief des Erzbischofs wird „für
die Zukunst über alle Anstifter und Theilneh-
mxr des sogenannten Haberfeldtreibens die grö-
ßere Excommunication oder der größexe Kir-
chenbann verhängt" — und hicbei unter An-
derm bestimmt, daß von derselben kein Priester
der Erddiöcese, den Fall der Todesgefahr allein
ausgenommen, ohne die von dem Erzbischof be-
sonverS zu erbittende Vollmacht lossprechen
dürfe.

München, 3. Nov. König Ludwig I. hat
diesen Morgcn die Reise nach Nom angetreten
und bcabsichtigt, biS zum Frühjahre daselbst
zu.verweilen.

Berlin, 3. Nov. Vorstern sind 3 Mill.
Thaler aus Dresdcn, die erste Rate der säch-
sischen Kriegskosten, dahicr eingetroffen.

Berlin, 4. Nov. Der österreichische Ge-
sandte, v. Wimpffen, machte gestern Bcsuche

auf dem auswärtigen Amte und bei einigen
Mitgliedern des diplomatischen Corps.

Oefterreichifche Monarchie.

Wien, 2. Nov. Dic Preffe beglcitet die
Nachricht von der Entlaffung des Grafen
Esterhazy mit folgenden Bcmerkungen: „Mit
ungetrübter Freude wird gauz Oesterreich —
die paar Hände voll Altconservativer und Ul-
tramontaner ausgenommen — dic Pcnsioni-
rung Estcrhazy's begrüßen, deffen Verdienste
um Oesterreichs Unglück kaum hinter denen
Mettcrnichs zurückbleiben. und der sich von
dem ehemaligen Staatscanzler nicht durch Cha-
rakter oder Grundsätze, sondern nur durch die
Geschicklichkeit unterscheidet, mit welcher er den
traurigen Ruhm seiner Wirksamkeit an die
Namen seiner Collegen zu knüpfcn wußte.
Graf Moritz Esterhazy wari die Seele jener
Partei, die — gleich dem Fatum unsichlbar,
aber unfehlbar operirend — die Keime des
Constitutionalismus vernichtete, ehe sic sich zur
Blüthe entfalten konnten. Obwohl niemals
activer Minister,^ leitcte er durch pcrsönliche
Einwirkungen die auswärtigen Geichäfte und
hinderte die innere Entwickelung. Gerade aber
dieses unbemcrkte, unfaßbare Wirken wurde zum
schwcrsten Verhängniß für Oesterrcich, weil die
öffentliche Meinung ihm nicht rechtzeitig entge-
gentreten konnte. Den Ausschlag für seinen
Sturz gab die Ersolglostgkeit der bedingungs-
losen Verschenkung Vcnetiens, die sein eigen-
stes Werk war, und die er schon vor ber
Schlacht bei Königgrätz angeregt hatte. Das
gänzliche Mißlingen dieses Schachzuges entzog
ihm die bfs dahin unbegränzte Guust Und gab
dein Grafen Belcredi Gelegenheit, mit seinem
Plane zur Negelung der ungarischen Angele-
genheiten durchzudringen. Den ganzen Um-
fang des Einfluffes, den Esterhazy lange Jahre
hindurch auf die Gcschicke OesterreichS geübt
Hat, werden erst die Memoiren der Zeitgenos-
sen enthüllen. Scine Stimme hat meist den
AuSschlag im Ministerrathe gegeben. Sein
Axiom, daß der kaiserlichen Machtvollkommen-
heit nicht der gcringste Abbruch gethan werden
dürfe — als ob nicht der Beistand der Ver-
treter deS Volkes die fürstliche Machtvollkom-
menheit verdoppelte! — hat zahlreiche, von
seinen Collcgen beabsichtigte Reformen gehin-
dert. Seine Scheu vor durchgreifender Thä-
tigkeit verurtheilte den Kaiserstaat zum Still-
stande. Ungestört ließ er den Bohrwurm an
den stärksten Pfosten des Staatbaues nagen,
so daß sie beim ersten Stoße zusammenbrachen.
Der wärmste Freund der Jcsuiten, wußte er

Konstanz, 25. Oct. Die Festrede, welche Herr
Oberamtmann Stößer bri der Entbüllung der
Wessenberg-Büste gehalten hat, lautet, wie folgt:

Durchlauckttgster Großberzog!

D urchlauchtigste Großherzogin!

Hochgeehrteste Festversammlun g !

Am 9. August 1860 war es dem Manne, zu
dessen Audcnken wir heute vrrsammelt sind, be-
stimmt, aus diesem Leben in ein besseres JenseitS
hinüber zu gehen. Wenn irgend ein Mensck An-
spruch hat, zu sagen, daß er Gott wohlgefällig
gelebt, daß er der Aufgabe, welche ihm der Schöpfer
gestellt, genügt, so war hiezu der heute von uns
gefeierte tugendhafte GreiS berechtigt, tn der Stunde,
da ihm der Todeskelch gereicht ward. Und Heinrich
von Wessenberg hatte eine große Aufgabe zu er-
füllen. Mit den reichsten Gaben des Geistes, mit
drn edelsten Anlagrn des Willens vyn Gott aus-
gestattet, war ihm ein weites Feld ter Pflichten
vorgezeichnet; aber mit unermübeter Thätigkeit hat
er dieseS Feld bebaut und noch über seinen Tod
hinaus die Welt mit seinen Früchten gesegnet. Als
treuer Verwalter eines hohen Kirchenamtes hat er

fruchtbarer Schriftsteller hat er den Samen relt-
giöser, fittlicker, wiffenschaftlicher Wahrheit zu er-
giebiger Ernte ausgestreut, als Staatsbürger hat
er für den Wohlstand, für die Bildung, für die
Freiheit seiner Mitbürger, für die Größe seines
VaterlandeS mit Erfolg gekämpft; alS Mensch bat
er sich des leiblichen und geistigen Elends seiner
Mitmenschen immerdar erbarmt und Alles, waS
ihm Gott geschenkt, treulich und freudig mit thnen
getheilt. Und wie er liebevoll und thätig in seinem
Leben gewirkt, so waren dem Srgen der kömmen-
den Geschlechter noch seine letztwilligen Verfügungen
geweiht, denn AUes, was er besaß, hat er im >
Sterben gemeinnützigen und wohlthätigen Zwecken
dahingegeben. Seine mit Liebe angrlegte Gemäldc- !
sammlung gab er alS ein Vermächtniß an unsern !
virlgelirbten Fürüen mit der Auflage etnrr dem
Werthe der Sammlung etwa gleichkommenden Ge-
genleistung für das Taubstummen- und Blinden- !
Institut, die RettungSanstalt dahier und die Volks-
schule in Feldkirch, dem HeimathSorte bes Verbliche- ^

Gnade deS durchlauchtigsten Eigenthümers in dem
gegenüberliegendkn Hause und ist der allgemeinen
Beschauung geöffnet. Seine reiche Kupferstich- und
Büchersammlung hinterließ er der Stadt Konstanz
mit dcr Bestimmung, daß fie vorzugsweise der Be-
lehrung der das Lyceum und dte höhexe Bürger-
schule dahier besuchenden Jugend dtenkn solle. All'
setne sonstige irbische Habe vermachte er der Ret-
tungsanstalt dahier, deren Zöglinge unserer hru-
tigen ErinnerungSfeier beiwohnen.

So viele im Leben wie im Tode bewährte Tüch-
tigkeit mußte baS Bedürfniß erwecken, dem Manne,
welcher fie in einem weiten Zeitraume grübt, ein
bleibendeS Gedäcktniß zu fichern. Im Iuli 1862
beschloß daher der Gemeinderath von Konstanz einen
Aufruf zu Beiträgen für ein Wessenberg-Denkmal.
Diesem Aufruf wurde aus Baden und den angren-
zenden Ländern, insbesondere der benachbarten
Schweiz, freudig Folge geleistet. Als nun die
Sammlung geschlossen ersckien, warf fich dem für
die Errichtung des Denkmals niedergesrtzten AuS-
schuß dte Frage auf, ob die von Anfang vorzugS-
 
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