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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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eidtlbrrger Zeilung.

N 27«


Freitag, 16 November

18««

* Politische Umscheru.

Heidetberg, 15. November.

Den Unterzeichnern des Frankfurter Protestcs
ist von der dorti.qen Polizei eröffnet worden,
daß das Ministerium dem Könige zwar den
Protest übergeben, derselbe aber nach Form und
Jnhalt sich nicht zur Beantwortung eigne.

DaS Gerücht von einer beabsichtigten Zusam-
menkunft des Königs von Preußen mit dem
Kaifer Napoleon und von einem bevorstehenden
Besuch dcS letzteren in Berlin wird officiös für
unbcgründet erklärt.

Officiös wird crklärt, daß der Entwurf der
Verfassung des norddeutschen Bundes noch nicht
vollendet sei.

Professor Tellkampf, eines dcr liberalen Mit-
glieder des Herrenhauses, hat'in Berlin eine
Broschüre, „der norddeutsche Bund und die
Verfassung dcs deutschen Reiches", erscheincn
laffen. Herr Tcllkampf sieht in der bundes-
staatlichen Umgcstaltung Deutschlands das ein-
zige Mittel, den Süden mit dem Norden zu
einigen. Die, wenn auch im Augcnblicke nicht,
beunruhigende 2age Europas machc die rasche
Einigung ganz Deutschlands dringend wün-
schjnswerth. Hr. Tellkampf schlägt nun vor,
die fertige Reichsverfaffung alS Grundlage der
Neugestaltung zu benutzen und dieselbe dem
norddeutschen Parlamcnte mit den unumgäng-
lichen Abänderungen vorzulegen. Der Vcrfas-
ser versucht den Nachweis, daß die Bestimmun-
gen der Neichsverfassung über die Centralge-
walt den Jnteressen der preußischen Negierung
entsprechen; daß andcrerseits auch die im Ab-
schnitte VI. garantirten Grundrcchte des deut-
I schen Volkes die Annahme der Verfassung von
! Seiten der Süddeutschen beschleunigen werde.

Nach der „Gazzetta di Venezia" hat König
Victor Emanuel aus seiner Privatkaffe eine
Summe von 100,000 Frs. angcwiescn, welche
unter die minder Begütcrten vertheilt werden
! sollen, die sich auf irgendwelche ehrliche Weise
i nm die nationale Sache verdient gemacht haben.

' Eine besondere Commission, die vom k. Com-
mjssär gewahlt worden ist, soll die Vertheilung
unternehmen.

Die „Liberte" erfährt, daß die Verhöre der
in dem Cafe deS Boulevard „St. Michel" in
Paris verhafleten jungen Leute beendigt sind.
Die Anklage soll nicht auf ungcsetzliche Zusam-
menkunft, sondern, was den Fall sehr erschwe-
ren würde, auf Betheiligung an einer geheimen
Gesellschaft lauten.

D e u t s ch I n d.

Karlsruhe, 13. Novbr. Die hiesigen

Polizei- und städtischen Behörden sind z. Zeit
und gewiß mit Recht befchäftigt, sür die Be-
seitigung der übelriechenden und die Luft vergif-
renden Ausdünstungen in den Straßen der
Stadt zu sorgen. Nicht alkin, daß bei der
Entlehrnng der Aborte auf vorherige Desinfec-
tion strenge gehalten wird und die Abfälle von
Lebensmitteln und dergl. nun regelmäßig durch
Fuhren auf Kostcn der Gemcinde weggeführt
werden, ist man nun auch darauf bedacht, die
noch offenen Theile des Landgrabens im Be-
reiche der Stadt durch Gewslbe zu schließen
und wegen Beseitigung der Excremente das
Verfahren mit der Aufsaugmaschine einzufüh-
ren, wie dies schon in vielen, namentlich sranzö-
sischen Dtädten, sich so sehr bewährt. Auch die
Wasserleitung soll verbeffert und erweitcrt wer-
den, was nicht genug zu schätzen wäre, da viel-
fach das durch dic Pumpbrunnen gewonnene
Horizontalwasser gcradezu unbrauchbar ist. Das
vorhandene Cloakensystem bedarf in sofern eben-
falls einer Verbesserung, als den Straßengräb-
chen das crforderliche Gefäll mangclt, um das
Waffer den Cloaken zuzuführen. Weün diese
Verbesserungen auch mit einem bedeutenden
Kostenaufwande verknüpft sind, so sind doch
andererseits die Folgen derselben so wohlthätig,
daß auf die Kosten nicht allzuviel Rücksicht zu
nehmen sein dürfte. Die bezüglichen Vorlagcn
werden dieser Tage von Seiten der Gemeinde-
behörde dem großen Bürgerausschusse gemacht
werden.

F Vom 9teckar, 7. Novbr. Durch die
Thäler der Etsch und des Jnn bewegen sich
seit einigen Wochen größere weiße und kleinere
schwarze Colonnen., Die weißen sind die öfter-
reichischen Truppen, die das Fcstungsviereck
und die für sie ehrenvollen Schlachtfelder Ober-
italiens räumen, 'oie schwarzcn sind die Jesui-
ten und andere Ordensleute, welche mit ihren
gesammelten Kapitalien aus dem für sie un-
heimlich gewordenen Jtälien ausziehen, und in
Ocsterreich ein neues gelobtes Land suchen.
Nachdcm das Haus Habsburg auf die Ober-
herrschaft in Jtalien verzichtet hat, hängt an
ihm noch zähe das welsche Monchsthum, mit
dessen Bundesgenossenschaft es geistig und ma-
teriell ein halbesJahrhundertJtalien beherrschte.
Es folgt jetzt Oesterreich, da ihm dieses unter
den jetzigen Umständen eine sicherere ZufluchtS-
stätte dünkt, als selbst — Rom. Nun wirkten
anerkannicrmaßen in Tyrol südlich vom Bren-
ner die reichen welschen Klosterherren durch ihre
zahlreichen Nicderlassungen längst zersetzend auf
das deutsche Elcment. Wenn dies schon bis-
her dort vielen Boden verlor, und eine deutsche

Einwanderung nach Südtyrol sich nicht lercht
hineinwagte, so wird dieses natürlich von jetzt
an in einem weit höheren Maße der Fall sein.
So wird, wenn der neue Minister von Beust
nicht Einhalt gebietet, nach und nach daS
deutsche Element in jenen Gegenden durch gei-
stige Waffen gerade jcnes Territorium verlie-
ren, welches die österreichischen Truppen und
die ihm verbündeten Tyroler Schützen mit den
Waffen in der Hand sö todesmuthig gegen alle
welsche Gelüste, und in neucster Zeit auch ge-
gen das Freischaarenheer Garibaldi's verthei-
digt haben. — Es ist dieses aber nur eine
Folge der Anwanderung der schwarzen, frem-
den Zugvögel in Oesterreich; über die andern
unausbleiblichen Nachwehen in der Folge mchr.

Darrnstadt, 13. Nov. Hier ist seit ge-
stern wegen der neuen Wahl zum Landtage
eine ungewöhnliche Ausregung. Die Polemik
der Partciführer wird nicht allein in den Ta-
geSblättern, sondern auch auf Straßenplacaten
in allen Farben des Papiers geführt. Jetzt
hei'ßt die Firma der Metzischen Partei: „Das
Wahl-Comite der freisinnigen Urwähler der
Stadt", die andere: „die conservativ-liberalen
Wähler". Jn allen Tonarten wird sich da
gegenseitig verdächtigt; jede Partei will natür-
lich nur Las Wohl des Landes. Sicher ist,
daß, siegen die „freisinnigen Urwähler", die
preußische Partei obenan kommt, und siegt die
„conservativ-libcrale Partei", wir wieder mit
cinem „Beamten-Landtag" beglückt werden.

Dnrmftadt, 13. Novbr. Die gestern an
vielen Orten stattgehabten Urwahlen waren meist
resultatlos, da sich die gesetzliche Anzahl Ur-
wähler nicht eingefunden. Der zweite Wahl-
gang findct' noch in dieser Woche statt.

Butzbach, 13. Novbr. Das Resultat der
hicsigen Wahl der Wahlmänner ist, daß von
416 Stimmberechtigten 291 abgestimmt haben.
Die Candidaten der Fortschrittspartei erhielten:
249 und 210 Stimmen. Die Candidaten der
Gegenpartei nur 32 bis 80 Stimmen.

Dresden, 12. Nov. Die Zusammenkunft
dcs Königs Johann mit König Wilhelm ist
festgesetzt. Die Anregung dazu ging vom Preu-
ßenkönige aus. (N. F. Z.)

Leipzig, 11. Nov. Der morgen zusam-
mentretende Landtag wird von kurzer Dauer
sein. Ein nenes Budget wird die Regierung
nicht vorlegen, sondern die Verlängerung des
Budgets der gegenwärtigen Finanzperiode auf
ein Jahr beantragen. Jm Frühjahr will dann
die Ncgierung cinen außcrordentlichen Landkag
berufcn, dem legislative Vorlagen gemacht wer-
den sollen.

Paris. Ucbcr das AusstellungSgebäude im Mars-
feldebringtder„Constitutionnel"folgendeAngaben:

litärschule als der Jenabrücke nähert, hat imGrund-
riß die Form eines Rechtecks von 110 Metres Länge
und 384 Metres Breite und enbigt an seinen bei-

fläche brträgt 16 Hectaren, was etnem Quadrat
von 400 Metres an jeder Seite entspricht. ES be-
steht auS etner Reihe concentrischer Galerien, die

Galerien gekreuzt. Der KreiSgalerien gtbt es 13,
der vom Mittelpunkte nach dem Umkreise verlau-
fenden 16. Das nur ein Stockwerk hohe Gebäude

Centralgarten einschließen, auS Eisen erbaut. DaS
Dach selbst tst fast überall aus Eisenblech; nur ein
Theil dksselben ist mit Zink bedrckt. Wcnn man
durch eine der sechszehn Thüren, die den radialen

Breite, der eine AuSdehnung von 1425 Metres
hat. Eine Galerie.von 10 Metres Breite, die für
die Ausstellung von Nahrungsmitteln aller Art
Zubereitung bestimmt tst, ist den RestaurantS aller
Länber reservirt. Die darauf folgende Galerie ist
die der Maschinen. Sie ist 35 Metres breik und
höh'rr alS die ayderen. Gegen außen hin verbtrgt
fie den Blick allen solgenden Galerien. Jhr Dach
wird durch kreisbogenförmige Dachstühle getragen
von 35 Metres O'ffnung, die ungefähr 14 Metres
von einander entfernt sind. Die freie Höhe unter
dem Dachstuhl ist 26 Metres. Man kann sich eine
ziemlich deutliche Jdee von der Ausdehnung machen,
wenn man fich den Boulevard de Sebastopol von

zur Höhe der Schornsteine der Häufer erhebt. Das
ist der bedeutendste Theil des AusstellungsgebäudeS.
Die Aussteller find bereits bei Aufstellung der Ma-
schtnen beschäftigt. Dte darauf folgenden Galerien
baben eine Brette von 23 MetreS. Die betden, den
Garten zunächst einschließenden Galerien auS Mau-

rerarbeit sind, die erste für die Ausstellung der
schönen Künste, dte zweite zur Geschichte der Arbeit
(Jnstrumente aus dem Steinalter u. s. w.) be-

gang von 6 Metres Breite. Für Licht tst tm Ge-
bäude im Ueberfluß gesorgt. Die Maschinengalerie
hat zu jeder Seite etwa 260 kolossale Fenster von
7 Metres Höhe und 4 Metres Breite. Die inneren
Galerien werden durch Oberlicht erhellt. Auch für
den nöthigen Luftwechsel tst hinreichend gesorgt durch
unterirbische Galerien, welche in alle Theile deS
Gebäudes die frische Luft von außen leiten. Sauge-
Maschtnen werden die Luft von außen durch Gitter,
die im Boden, ähnlich wie bet der Luftheizung,
angebracht find, ins Innere hineinpumpen. Für
den Abfluß deck Wassers auf dieser Oberfläche von
1,600,000 Quadrat - Metres hat man durch ein
eigenes System Sorge getragen. Auch für die
Vertheilung von Wasser inS Innere des GebäudeS
war zu sorgen, und damit dadurch ntckt dte Be-
sucher ^estört würden, hat man zu untertrdischen
Leitungen seine Zuflucht genommen. Die Keller-
gewölbe unter der Galerie drr Nahrungsmittel
 
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