Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0079
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Eberhardt, Hugo: Moderne Bauforderungen, [2]
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ARCHITEKT MAX WIEDERANDERS —MÜNCHEN KAMIN PLATZ IN DER DIELE. HAUS A. v. M.
MODERNE BAUFORDERUNGEN
VON PROFESSOR HUGO EBERHARDT (SCHLUSS)
Diese Darlegung darf nicht bedeuten, daß Bauherr und man feststellen dürfen: der Zwang zur Einfachheit der
Bauherrin zwar hinsichtlich des im Grundriß festzu- Gestaltung wird zumeist das Aussehen der Häuser nur
legenden wirtschaftlichen AufbausdasbestimmendeWort verbessern. Kunst ist nicht von dem Überfluß oder
sprechen, hingegen die formale Seite des Außenbildes der Beschränkung der Mittel abhängig. Wir brauchen
ihres Hauses völlig dem einmal gewählten Architekten nur in der Geschichte der Kunst etwas zurückzugehen,
überlassen sollen. Der Architekt von Erfahrung und um greifbare Belege für diese Wahrheit zu finden. Die
Können weiß, daß er nicht für sich, sondern für den Bau- deutsche Not zur Zeit der Freiheitskriege hat außeror-
herrn baut. Sein Bau-Ideal ist bei jeder Bau-Aufgabe, bei dentlich wertvolle Bauten geschaffen, die Zeit nach 1870
jedem Bauherrn ein anderes. Es ist erstaunlich, wie hau- dagegen hat einen Tiefstand unseres Bauens gebracht,
fig Bauherrn ihrer Überraschung darüber Ausdruck geben, wie er trauriger nicht denkbar ist. Wie um die Wende
daß Architekten von Ruf in unerhoifter Weise bereit- des 18. Jahrhunderts wird nun der Archibkt sein wah-
willigst auch kleinen Wünschen, Forderungen und Ge- res Können zeigen, denn Aufputz und Verzierung wird
pflogenheiten Form und Körper geben, und doch er- nicht mehr wie in den letzten 50 Jahren den Mangel
scheint es so natürlich, daß der seine Aufgabe beherr- an tatsächlicher Beherrschung des Berufs verschleiern,
sehende Künstler gerade den kleinen oder größeren, viel- Gefühl und Empfinden des Architekten allein werden
fach so charakteristischen Liebhabereien der Bauherr- in Rhythmus und Proportion dem neuen deutschen
schaft nachspürt, um sie zum Ausgangspunkt reizvoller Wohnhause bei aller Schlichtheit in Material und
architektonischer Gestaltungen werden zu lassen, die dem Schmuck seine Haltung und Schönheit zu geben vermögen.
Hause dann eine besondere Note zu geben vermögen. Wir werden den Verlust an Raum durch rationellere
Man sieht sich heute so oft vor die Frage gestellt: Gestaltung des Innenbaus, durch wohlbedachte Wirt-
wie werden die wirtschaftlichen Verhältnisse auf die schafilichkeit und Wohnlichkeit ersetzen. Die durch
künstlerische Entwicklung des Hausbaus einwirken, wer- die Verkleinerung des Hauses erreichte Verbilligung wird
den sie nicht die deutsche Baukunst in ihrer Entfaltung einen Ausgleich herbeiführen, er vermag zum Teil der
ungeheuerlich hemmen? Daist zu sagen: Gewiß, wir sind Gediegenheit im kleineren Bauwerk zu gute zu kommen,
um viele Möglichkeiten gebracht. Und doch, eines wird Wir werden weniger Mobiliar in unsere Zimmer stellen,
1925. II. 2.
ARCHITEKT MAX WIEDERANDERS —MÜNCHEN KAMIN PLATZ IN DER DIELE. HAUS A. v. M.
MODERNE BAUFORDERUNGEN
VON PROFESSOR HUGO EBERHARDT (SCHLUSS)
Diese Darlegung darf nicht bedeuten, daß Bauherr und man feststellen dürfen: der Zwang zur Einfachheit der
Bauherrin zwar hinsichtlich des im Grundriß festzu- Gestaltung wird zumeist das Aussehen der Häuser nur
legenden wirtschaftlichen AufbausdasbestimmendeWort verbessern. Kunst ist nicht von dem Überfluß oder
sprechen, hingegen die formale Seite des Außenbildes der Beschränkung der Mittel abhängig. Wir brauchen
ihres Hauses völlig dem einmal gewählten Architekten nur in der Geschichte der Kunst etwas zurückzugehen,
überlassen sollen. Der Architekt von Erfahrung und um greifbare Belege für diese Wahrheit zu finden. Die
Können weiß, daß er nicht für sich, sondern für den Bau- deutsche Not zur Zeit der Freiheitskriege hat außeror-
herrn baut. Sein Bau-Ideal ist bei jeder Bau-Aufgabe, bei dentlich wertvolle Bauten geschaffen, die Zeit nach 1870
jedem Bauherrn ein anderes. Es ist erstaunlich, wie hau- dagegen hat einen Tiefstand unseres Bauens gebracht,
fig Bauherrn ihrer Überraschung darüber Ausdruck geben, wie er trauriger nicht denkbar ist. Wie um die Wende
daß Architekten von Ruf in unerhoifter Weise bereit- des 18. Jahrhunderts wird nun der Archibkt sein wah-
willigst auch kleinen Wünschen, Forderungen und Ge- res Können zeigen, denn Aufputz und Verzierung wird
pflogenheiten Form und Körper geben, und doch er- nicht mehr wie in den letzten 50 Jahren den Mangel
scheint es so natürlich, daß der seine Aufgabe beherr- an tatsächlicher Beherrschung des Berufs verschleiern,
sehende Künstler gerade den kleinen oder größeren, viel- Gefühl und Empfinden des Architekten allein werden
fach so charakteristischen Liebhabereien der Bauherr- in Rhythmus und Proportion dem neuen deutschen
schaft nachspürt, um sie zum Ausgangspunkt reizvoller Wohnhause bei aller Schlichtheit in Material und
architektonischer Gestaltungen werden zu lassen, die dem Schmuck seine Haltung und Schönheit zu geben vermögen.
Hause dann eine besondere Note zu geben vermögen. Wir werden den Verlust an Raum durch rationellere
Man sieht sich heute so oft vor die Frage gestellt: Gestaltung des Innenbaus, durch wohlbedachte Wirt-
wie werden die wirtschaftlichen Verhältnisse auf die schafilichkeit und Wohnlichkeit ersetzen. Die durch
künstlerische Entwicklung des Hausbaus einwirken, wer- die Verkleinerung des Hauses erreichte Verbilligung wird
den sie nicht die deutsche Baukunst in ihrer Entfaltung einen Ausgleich herbeiführen, er vermag zum Teil der
ungeheuerlich hemmen? Daist zu sagen: Gewiß, wir sind Gediegenheit im kleineren Bauwerk zu gute zu kommen,
um viele Möglichkeiten gebracht. Und doch, eines wird Wir werden weniger Mobiliar in unsere Zimmer stellen,
1925. II. 2.