Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0312
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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Von der Küche und Kochkunst, [2]
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294 INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT J. J. P. OUD — ROTTERDAM WOHNSIEDLUNG »OUD MATHENESSE«
VON DER KÜCHE UND KOCHKUNST
VON KUNO GRAF VON HARDENBERG. (SCHLUSS)
Die Vorstellungen, die man sich im Altertum von der soll freistehen. Anrichten sollen vor den Fenstern sein,
Heiligkeit des Herdes machte, waren ihm und Ventilation soll sein und die Heizung und ihr Material
der Menschheit von Segen und Vorteil. Der heilige sollen in geistreicher Verbindung stehen, — das Eis soll
Herd der Römer zeitigte Lucullus, wir wollen das nicht zur Hand und der Keller, der gutlastige, soll nicht weiter
vergessen — man aß glänzend bei ihm, wie übereinstim- sein wie das Schatzhaus des Gaumens: die Speisekammer,
mend berichtet wird . . Seit die Herde im Zeichen der Ja und eine Uhr muß in der Küche sein, die das Ge-
Wissenschaft stehen, ist die Kochkunst nicht besser ge- wissen schärft und aufpassen lehrt. Es gibt eine Küchen-
worden, Surrogate und schlechte Ingredienzen tragen krankheit, die heißt Herd-Verdrossenheit, die darf nie
nicht allein die Schuld daran . . Man kann mit nüch- aufkommen! Statt dessen muß jeder Winkel Kochliebe
ternem Verstand, mit unfehlbarer Sicherheit, mit über- und eifrig blitzende Augen wecken! Und endlich
legenem Geist kochen, — besser ist immer das, was mit braucht's in der Küche etlicher sauberer Schemel: wenn
Seele und Leidenschaft gekocht wurde! . Es gibt Fein- die großen Schlachten mit Brodel und Sudel und Krisch
schmecker von Rang, die alle männlichen Kochkünste und Zisch geschlagen sind, — darauf zu sitzen und dem
ablehnen, sie als widernatürlich, ungenial, allzutechnisch Himmel zu danken, daß alles gut gegangen ist, und zu
verwerfen und nur der ewig fluktuierenden, stimmungs- ruhn und behaglich des eigenen Leibes zu gedenken. . .
mäßigen Kochkunst der Frauen das Wort reden und sie In kleinen Häusern — da ist Herr und Diener,
für die heilsamere, anregendere und bessere erklären. Frau, Kind und Kegel, Magd und Knecht oft nur ein Trio,
Man soll sichs überlegen, ehe man hier Partei ergreift, das ein ganzes Orchester agiert: da ist eine »Wohn-
Hier Kochkunst! — Hier ErnähruDgs-Technik! Es geht küche« nicht zu verachten, die auch gleich die Vorzüge
da um Fundamentales — Weltanschauliches!..... von sechs verschiedenen Räumen in sich vereint! In den
Wie sieht eine gute, moderne Küche aus? Es ist Zeiten der Wohn-Misere haben ihren Reiz viele kennen
mit wenig Worten gesagt: hell, sonnig, fröhlich, blitz- gelernt, die sichs nicht haben träumen lassen und sind
sauber soll's in ihr ausschauen, groß soll sie sein, aber ihr schließlich Freund geworden, und manche Ehe-Gour-
nicht allzugroß, Wasser soll bis zum Raffinement in ihr mets meinen, daß die Wohnküchen die Frauen besonders
zapfbar sein, der Herd soll frei stehen, der Anrichtetisch lieb machen und sie in ganz eigenem Zauber zeigen!
ARCHITEKT J. J. P. OUD — ROTTERDAM WOHNSIEDLUNG »OUD MATHENESSE«
VON DER KÜCHE UND KOCHKUNST
VON KUNO GRAF VON HARDENBERG. (SCHLUSS)
Die Vorstellungen, die man sich im Altertum von der soll freistehen. Anrichten sollen vor den Fenstern sein,
Heiligkeit des Herdes machte, waren ihm und Ventilation soll sein und die Heizung und ihr Material
der Menschheit von Segen und Vorteil. Der heilige sollen in geistreicher Verbindung stehen, — das Eis soll
Herd der Römer zeitigte Lucullus, wir wollen das nicht zur Hand und der Keller, der gutlastige, soll nicht weiter
vergessen — man aß glänzend bei ihm, wie übereinstim- sein wie das Schatzhaus des Gaumens: die Speisekammer,
mend berichtet wird . . Seit die Herde im Zeichen der Ja und eine Uhr muß in der Küche sein, die das Ge-
Wissenschaft stehen, ist die Kochkunst nicht besser ge- wissen schärft und aufpassen lehrt. Es gibt eine Küchen-
worden, Surrogate und schlechte Ingredienzen tragen krankheit, die heißt Herd-Verdrossenheit, die darf nie
nicht allein die Schuld daran . . Man kann mit nüch- aufkommen! Statt dessen muß jeder Winkel Kochliebe
ternem Verstand, mit unfehlbarer Sicherheit, mit über- und eifrig blitzende Augen wecken! Und endlich
legenem Geist kochen, — besser ist immer das, was mit braucht's in der Küche etlicher sauberer Schemel: wenn
Seele und Leidenschaft gekocht wurde! . Es gibt Fein- die großen Schlachten mit Brodel und Sudel und Krisch
schmecker von Rang, die alle männlichen Kochkünste und Zisch geschlagen sind, — darauf zu sitzen und dem
ablehnen, sie als widernatürlich, ungenial, allzutechnisch Himmel zu danken, daß alles gut gegangen ist, und zu
verwerfen und nur der ewig fluktuierenden, stimmungs- ruhn und behaglich des eigenen Leibes zu gedenken. . .
mäßigen Kochkunst der Frauen das Wort reden und sie In kleinen Häusern — da ist Herr und Diener,
für die heilsamere, anregendere und bessere erklären. Frau, Kind und Kegel, Magd und Knecht oft nur ein Trio,
Man soll sichs überlegen, ehe man hier Partei ergreift, das ein ganzes Orchester agiert: da ist eine »Wohn-
Hier Kochkunst! — Hier ErnähruDgs-Technik! Es geht küche« nicht zu verachten, die auch gleich die Vorzüge
da um Fundamentales — Weltanschauliches!..... von sechs verschiedenen Räumen in sich vereint! In den
Wie sieht eine gute, moderne Küche aus? Es ist Zeiten der Wohn-Misere haben ihren Reiz viele kennen
mit wenig Worten gesagt: hell, sonnig, fröhlich, blitz- gelernt, die sichs nicht haben träumen lassen und sind
sauber soll's in ihr ausschauen, groß soll sie sein, aber ihr schließlich Freund geworden, und manche Ehe-Gour-
nicht allzugroß, Wasser soll bis zum Raffinement in ihr mets meinen, daß die Wohnküchen die Frauen besonders
zapfbar sein, der Herd soll frei stehen, der Anrichtetisch lieb machen und sie in ganz eigenem Zauber zeigen!