Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0450
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Eschweiler, Karl: Vom Individualismus: Wesen des neuzeitlichen Menschen
DOI article:Tessenow, Heinrich: Das Ornament
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INNEN-DEKORATION
ARCHITEKTEN FERBER & APPEL - MÜNCHEN FRQHSTOCKS-ZIMMER. HAUS KRANTZ-MÜNCHEN
VOM INDIVIDUALISMUS
wesen des neuzeitlichen menschen
Seit langem besteht die Übereinkunft, das Haupt- Ich-Bewußtsein wie von dem unbedingten Anfang
merkmal des neuzeitlichen Menschen in dem söge- aus und läßt die natürliche und geschichtliche Umwelt
nannten »Individualismus« zu sehen. . Das Wort Indi- nur gelten, soweit er sie in seine Ich-Welt wieder
vidualismus sagt aber von dem neuzeitlichen Menschen einbeziehen kann; im Ich-Selbst besitzt er das All, das
nur weniges und das Wenige zweideutig. Denn Indivi- »principium et finis omnium rerum«. . Hier ist in der
duum und »individuell« bedeutet eigentlich die be- Tat der Punkt getroffen, auf dem alle »Standpunkte«
sondere »konkrete« Existenz eines Allgemeinen«. In- der Neuzeit ihre gemeinsame Grundlage finden, und
dividualimus wäre also eine Haltung ?u nennen, die am diese Auffassung des Individualismus fällt, wie ohne
Besonderen und Konkreten haften bliebe. In diesem weiteres einleuchtet, unter den Begriff der absoluten
Sinne kann aber der Geist der Neuzeit offenbar nicht und funktionären Humanität. . . . karl eschweiler.
individualistisch heißen; hängt er doch als Protestant am *
»allgemeinen Priestertum«, als Aufklärer am »gemeinen T"^ AS ORNAMENT ist immer ein Beweis dafür, daß
Menschenverstand«,als Bürger an der »egalite«, als Öko- JLv es uns im Arbeiten an der nötigen geistigen Leben-
noman dem Grundsatz: »Die Masse muß es bringen«. . digkeit oder Kraft fehlte, das eigentlich Wesentliche
•k oder Erste unserer Aibeiten sehen oder verbessern zu
Je reiner sich die neue Gesellschaft darstellt, um so können, — ist sozusagen immer eine halbe Arbeit vor
strenger ist sie darauf bedacht, das Individuum unter der einem Schlafengehen. Das Ornament ist uns umso hin-
»Uniform« der Kleider und Gebärden verschwinden derlicher, je tiefer unsere Trauer oder je größer unsere
zu lassen . . Nicht Individualismus ist daher das rechte Freude, oder je lebendiger unser Vorwärtswollen ist; das
Kennzeichen des neuen Geistes, sondern eher »Atomis- tiefe Ergriffensein will kein Nebenbei, heinr. tessenow.
mus«; er hält die Individualität aller menschlichen *
Existenz ja gerne für ein Massenteilchen oder für eine T~\AS LEBENDIGE. Es gehört zum Begriff des
Assoziation von solchen . . Was mit der üblichen Formel 1 J Lebendigen, daß es wachsen muß, — daß es seine
»Individualismus« gemeint wird, ist wohl dieses: der Macht unausgesetzt erweitern und folglich fremde
Mensch des neuzeitlichen Geschehens geht von dem Kräfte in sich hineinnehmen muß. . Friedrich Nietzsche.
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKTEN FERBER & APPEL - MÜNCHEN FRQHSTOCKS-ZIMMER. HAUS KRANTZ-MÜNCHEN
VOM INDIVIDUALISMUS
wesen des neuzeitlichen menschen
Seit langem besteht die Übereinkunft, das Haupt- Ich-Bewußtsein wie von dem unbedingten Anfang
merkmal des neuzeitlichen Menschen in dem söge- aus und läßt die natürliche und geschichtliche Umwelt
nannten »Individualismus« zu sehen. . Das Wort Indi- nur gelten, soweit er sie in seine Ich-Welt wieder
vidualismus sagt aber von dem neuzeitlichen Menschen einbeziehen kann; im Ich-Selbst besitzt er das All, das
nur weniges und das Wenige zweideutig. Denn Indivi- »principium et finis omnium rerum«. . Hier ist in der
duum und »individuell« bedeutet eigentlich die be- Tat der Punkt getroffen, auf dem alle »Standpunkte«
sondere »konkrete« Existenz eines Allgemeinen«. In- der Neuzeit ihre gemeinsame Grundlage finden, und
dividualimus wäre also eine Haltung ?u nennen, die am diese Auffassung des Individualismus fällt, wie ohne
Besonderen und Konkreten haften bliebe. In diesem weiteres einleuchtet, unter den Begriff der absoluten
Sinne kann aber der Geist der Neuzeit offenbar nicht und funktionären Humanität. . . . karl eschweiler.
individualistisch heißen; hängt er doch als Protestant am *
»allgemeinen Priestertum«, als Aufklärer am »gemeinen T"^ AS ORNAMENT ist immer ein Beweis dafür, daß
Menschenverstand«,als Bürger an der »egalite«, als Öko- JLv es uns im Arbeiten an der nötigen geistigen Leben-
noman dem Grundsatz: »Die Masse muß es bringen«. . digkeit oder Kraft fehlte, das eigentlich Wesentliche
•k oder Erste unserer Aibeiten sehen oder verbessern zu
Je reiner sich die neue Gesellschaft darstellt, um so können, — ist sozusagen immer eine halbe Arbeit vor
strenger ist sie darauf bedacht, das Individuum unter der einem Schlafengehen. Das Ornament ist uns umso hin-
»Uniform« der Kleider und Gebärden verschwinden derlicher, je tiefer unsere Trauer oder je größer unsere
zu lassen . . Nicht Individualismus ist daher das rechte Freude, oder je lebendiger unser Vorwärtswollen ist; das
Kennzeichen des neuen Geistes, sondern eher »Atomis- tiefe Ergriffensein will kein Nebenbei, heinr. tessenow.
mus«; er hält die Individualität aller menschlichen *
Existenz ja gerne für ein Massenteilchen oder für eine T~\AS LEBENDIGE. Es gehört zum Begriff des
Assoziation von solchen . . Was mit der üblichen Formel 1 J Lebendigen, daß es wachsen muß, — daß es seine
»Individualismus« gemeint wird, ist wohl dieses: der Macht unausgesetzt erweitern und folglich fremde
Mensch des neuzeitlichen Geschehens geht von dem Kräfte in sich hineinnehmen muß. . Friedrich Nietzsche.